Aktuelle Dermatologie 2016; 42(06): 219
DOI: 10.1055/s-0042-108109
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Allergologie – Welchen Einfluss hat die Säuglingsnahrung?

Contributor(s):
Marion Rukavina

BMJ 2016;
352: i974
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Publication Date:
15 June 2016 (online)

 

    Bei der Säuglingsnahrung gibt es keine gesündere Alternative zur Muttermilch. Wenn jedoch mindestens ein enges Familienmitglied eine Nahrungsmittelallergie hat, empfehlen die Leitlinien, das Kind entweder 6 Monate lang zu stillen oder ihm hydrolysierte Säuglingsnahrung zu geben. Vergangene Studien wiesen bereits darauf hin, dass diese einen präventiven Schutz bewirken kann. In einem systemischen Review mit Metaanalyse hat eine britische Arbeitsgruppe diese These nun näher untersucht und kam dabei zu einem anderen Ergebnis.
    BMJ 2016; 352: i974

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    Die Forscher durchsuchten die medizinischen Datenbanken Medline, Embase, Web of Science, CENTRAL und LILACS 37 nach prospektiven Interventionsstudien aus dem Zeitraum Januar 1946 bis April 2015. Diese Studien verglichen die hydrolysierte Kuhmilchnahrung mit anderen hydrolysierten Ersatznahrungen, humaner Brustmilch oder einem standardisierten Kuhmilchrezept und untersuchten deren Effekt auf Allergien, autoimmune Zustände oder allergischen Sensibilisierungen. Die Studie schloss Daten von über 19 000 Teilnehmern ein. Die allergischen Parameter waren u. a. Asthma, Ekzeme, allergische Rhinitis und / oder Konjunktivitis, Nahrungsmittelallergie, allergische Sensibilisierung und Typ-1-Diabetes.

    Das Odds Ratio (OR) für Ekzeme bei Kindern im Alter von 0–4 Jahren lag bei 0,84 (95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,67 – 1,07) für die teilweise hydrolysierte Muttermilch verglichen mit Kuhmilchnahrung. Für extensiv hydrolysierte Kasein-basierte Milch lag das OR bei 0,55 (95 %-KI 0,28– 1,09) und für extensiv hydrolysierte Molke- basierte Milch bei 1,12 (95 %-KI: 0,88–1,42). Verglichen zum Stillen gab es keinen Unterschied hinsichtlich des Risikos für das Entstehen einer Lebensmittelallergie (OR für die hydrolysierte Säuglingsmilch 1,73, 95 %-KI, 0,79–3,80); für die extensiv hydrolysierte Säuglingsmilch lag das OR bei 0,86 (95 %-KI, 0,26–2,82). Auch auf den Typ-1-Diabetes hatte die extensiv hydrolysierte Säuglingsmilch keinen positiven Effekt: Das Risk Ratio lag bei 1,12 (95 %-KI, 0,62–2,02).

    Fazit

    Diese systematische Übersichtsarbeit lieferte keine Evidenz, dass die Anwendung von hydrolysierter Säuglingsnahrung bei Kindern mit familiärem Risiko effektiv Allergien oder Autoimmunerkrankungen verhindern kann. Vor diesem Hintergrund fordern die Autoren eine entsprechende Änderung der Ernährungsleitlinien, um bei den Eltern keine falschen Erwartungen zu wecken und um die Anreize zum Stillen nicht zu schwächen. Sie plädieren außerdem für mehr Forschung zu diesem Thema.


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