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DOI: 10.1055/s-0042-110115
HCV-Therapie – Die unterschiedliche Preisentwicklung in Europa
Publication History
Publication Date:
19 July 2016 (online)
Die Therapie der chronischen Hepatitis C ist durch die interferonfreie Therapie mit direkt antiviralen Substanzen in der Effektivität und Verträglichkeit revolutioniert worden. Die hohen Kosten der Therapie bei gleichzeitiger Mengenausweitung durch Wegfall von Kontraindikationen und Erhöhung der Therapieakzeptanz durch Patienten hat zu massiver Kritik seitens der Krankenkassen, aber auch in den Medien geführt. Die Preisgestaltung stellt aus unserer Sicht auch eine Bewährungsprobe für das Verfahren der frühen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit anschließenden Preisverhandlungen durch den Spitzenverband der Krankenkassen dar.
Gut zwei Jahre nach Zulassung von Sofosbuvir zeichnet sich eine sehr heterogene Entwicklung der realen Therapiekosten für eine Standardtherapie der Hepatitis C in Europa ab. Die hier referierten Preise wurden durch eine Umfrage unter Ärzten und Kostenträgern ermittelt. Diese Preise sind eine Orientierung für die in dem jeweiligen Land existierenden Kosten und werden gerundet dargestellt. Dabei ist die Berechnung der Therapiekosten je nach Land unterschiedlich. Teils beziehen sich die Kosten auf den Behandlungsfall unabhängig von der Therapiedauer, teils sind die Kosten proportional zur Therapiedauer. Auch haben die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze auf Medikamente einen gewissen Einfluss auf den Endpreis: Deutschland (D) 19 %, Frankreich (F) 2,1 %, Großbritannien (GB) 0 %, Italien (I) 10 %, Niederlande (NL), 6 %, Spanien (E) 4 % ( [Abb. 1]). Exemplarisch wurden die Regime Harvoni® und Exviera®/Viekirax® gewählt, da diese in der Preisgestaltung als kompetitiv an zu sehen sind.
Die Therapiekosten in Spanien sind am niedrigsten in Europa und betragen unabhängig von der Therapiedauer pro Therapie etwa 10 000 Euro für Harvoni® und 9500 Euro für Exviera®/Viekirax®. In Italien sind die Preise ebenfalls unabhängig von der Therapiedauer und liegen umsatzabhängig zwischen 18 000 Euro und 20 000 Euro für Harvoni® und 18 000 Euro für Exviera®/Viekirax®. In Großbritannien zahlt der NHS für Harvoni® 27 500 Euro für eine 12-wöchige Therapie und für Exviera®/Viekirax® 25 000 Euro. Für die letztgenannte Therapie sind die Kosten für 12 oder 24 Wochen in Großbritannien identisch. Die offizielle Listenpreise in den Niederlanden liegen für Harvoni® bei 48 000 Euro für eine 12-wöchige Therapie und bei 41 000 Euro Exviera®/Viekirax®. Allerdings werden die jährlichen Gesamtkosten durch den Staat mit der Industrie nach verhandelt. Frankreich kommt den deutschen Preisen insbesondere unter Einbeziehung der hohen deutschen Mehrwertsteuer mit 47 000 Euro für Harvoni® und 43 500 Euro für Exviera®/Viekirax® am nächsten. Es wird die Therapiedauer proportional bezahlt.
Die deutschen Preise liegen laut Lauer-Taxe bei 60 000 Euro für eine 12-wöchige Therapie mit Harvoni® und bei 52 500 Euro für eine 12-wöchige Therapie mit Exviera®/Viekirax®. Einige größere deutsche Krankenkassen haben eine Begrenzung der Therapiekosten auf höchstens 12 Wochen auch bei längerer Anwendung von Harvoni® verhandelt und einen zusätzlichen Rabattvertrag in einstelliger prozentualer Größenordnung abgeschlossen. Ähnliche Vereinbarungen sind für Exviera®/Viekirax® nicht bekannt. Die Kosten werden in der Abbildung gegenüber gestellt.
Zusammenfassend zahlt damit Deutschland einen aus unserer Sicht überproportional hohen Preis trotz eines aufwendigen und komplexen staatlich implementierten Preisfindungsprozesses. Die hohe Mehrwertsteuer und vor allem die Tatsache, dass viele Krankenkassen wenigen Anbietern auf pharmazeutischer Seite gegenüber stehen, mag ein Übriges dazu beitragen.