Das deutsche Handwerk mit dem berühmten „goldenen Boden“ ist ein weltweit gültiges Gütezeichen. Im
„Megatrend Gesundheit“ breitet sich dieser goldene Boden derzeit im Bereich des
Gesundheitswesens aus. „Sport und Bewegung“ werden mehr denn je nicht nur Versorgungselemente im
Gesundheitswesen, sondern auch Wirtschaftsfaktoren. Gepusht wird diese Entwicklung durch die
Ratlosigkeit in der Politik angesichts des demografischen Wandels und der damit verbundenen
Kostenentwicklung. Das Thema „Späterer Renteneintritt und Gesunderhaltung“ ist mittlerweile auch
im Finanzministerium angekommen.
Der große gesellschaftliche und gesundheitsökonomische Bedarf an evidenzbasierter Bewegung und
Bewegungsförderung wird immer deutlicher – nicht von ungefähr entwickelt das Bundesministerium
für Gesundheit gerade „Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“. Daran
anknüpfend wird die große Aufgabe darin bestehen, die nahezu unüberschaubare Vielfalt an
Tätigkeitsfeldern „Sport und Bewegung“ zu analysieren, zu sichten und strukturiert zu vernetzen.
Daran knüpft sich die Analyse und strukturierte Vernetzung der Akteure und Akteurinnen der
Bewegung und Bewegungsförderung an – mit deren Qualifikationsentsprechungen.
Diese Sichtung wurde durch das BOLOGNA-Verfahren immens erschwert. Der genannte große Bedarf an
Bewegung und Bewegungsförderung macht eine Professionalisierung dringend notwendig: Aus dem
Tätigkeitsfeld Sport und Bewegung muss ein Beruf entstehen (vgl. Seite 128). Qualifikationsziele
und Kompetenzen können aber nur Bildungsstätten vermitteln, die selbst qualifiziert und
kompetent sind. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Mit dem Megatrend Gesundheit, Sport und
Bewegung drängen kommerzialisierte Anbieter und Ausbilder in den Markt, die weder qualifiziert
noch kompetent sind. Professionalisierung braucht klare Kompetenzhierarchien – und die fehlen im
Tätigkeitsfeld „Bewegung und Sport“ eindeutig. Das Gefälle an Qualität und Kompetenzen ist im
Sport ausgeprägt.
Die Nationale Präventionskonferenz wird sich bei Umsetzung der Bundesrahmenempfehlungen Prävention
entscheiden müssen, ob sie politische Wirtschaftsinteressen Qualitätskriterien vorziehen wird.
Professionalisierte Bewegungsfachkräfte brauchen eine Identität, die ihnen die Modulvielfalt der
Hochschulen und Fachhochschulen derzeit nicht mehr geben kann. In der Gesundheitsversorgung
(hier: Rehabilitation) werden Bewegungsangebote häufig durch andere Professionen „fremd besetzt“
– beispielsweise durch Mediziner oder Psychologen.
Die Zeichen der Zeit hat auch der Fakultätentag Sportwissenschaft erkannt (vgl. Seite 158). Dieser
gründete sich mit der Aufgabe, ein neues Memorandum zur Sportwissenschaft zu erstellen – und
daraus ein Core Curriculum für die Sportwissenschaft zu definieren. Im Zusammenhang mit der
Adaption einer EQR-Vorgabe wird dies eine mögliche Lösung des Kompetenz-Dilemmas bieten
können.
Herzlichst Ihre
Angelika Baldus