Pneumologie 2016; 70(08): 498
DOI: 10.1055/s-0042-112857
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Asthma bronchiale – Schützt Vitamin D vor Erkältungen?

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Publication Date:
11 August 2016 (online)

 

    Eine Vitamin-D-Substitution reduziert bei Asthma bronchiale nicht die Anfälligkeit für saisonale, respiratorische Infekte. Zu diesem Ergebnis kam nun die prospektive Studie des US-amerikanischen Forscherteams um L. C. Denlinger.
    Am J Respir Crit Care Med 2016; 193: 634–641

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    Vitamin D ist auch für die zelluläre Abwehr essenziell. Der weitverbreitete Vitamin-D-Mangel hat deshalb auch immunologische Konsequenzen. Die Literatur lässt die Vermutung zu, dass eine Substitution die Vulnerabilität für respiratorische Infekte vermindert. Besonders für Asthmatiker ist dieser Aspekt von Relevanz. Bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel könnte die Substitution die Rate der Exazerbationen aufgrund viraler Infekte reduzieren. Falls sich diese Hypothese bestätigt, wären ein regelmäßiges Screening des Vitamin-D-Levels und die entsprechende Substitution bei Asthmatikern indiziert.

    Die Forscher prüften diesen Gesichtspunkt prospektiv bei 408 Erwachsenen mit mäßigem, symptomatischem Asthma bronchiale. Ein Mangel an Vitamin D (< 30 ng/dl) bildete das entscheidende Einschlusskriterium in die Studie. Randomisiert erhielten die Betroffenen entweder Vitamin D (initial 1-mal 100 000 IU; 4000 IU/die p. o.) oder Placebo, jeweils für 28 Wochen. Im Studienverlauf führten die Teilnehmer ein Infekttagebuch und quantifizierten respiratorische Symptome anhand des WURSS–21-Scores (Wisconsin Upper Respiratory Symptom Survey). Als Zielkriterien der Studie definierten die Forscher den Schweregrad und die Inzidenzraten der Erkältungsepisoden.

    Über die Hälfte der Teilnehmer (53 %) wiesen einen sehr niedrigen Vitamin-D-Wert (< 20 ng/ml) auf. Die Substitution normalisierte zwar den durchschnittlichen Vitaminspiegel (42 ng/dl), blieb aber ohne die erhofften günstigen Auswirkungen auf die Infektvulnerabilität. Im Mittel kam es zu einer klinisch apparenten Infektion pro Jahr. Dabei erwies sich das mittlere Infektrisiko als gruppenunabhängig (relatives Risiko 1,2). Ebenfalls unabhängig vom Substitutionserfolg blieb der Schweregrad eines durchgemachten Infekts.

    Die Autoren bemerkten zusätzlich eine paradoxe Wirkung. Die Subgruppe mit hohem Substitutionserfolg (>30 ng/dl) verzeichnete vermehrt saisonale Infekte. Hier kam es zu 1,7 Erkältungen pro Jahr, gegenüber 1,2 jährlichen Infekten bei geringem Substitutionserfolg (<30 ng/dl). Die Forscher vermuten, dass bei initial sehr niedrigen Vitamin-D-Spiegeln die Infekte gehäuft inapparent verlaufen. Ein überschießender Substitutionserfolg könnte dazu führen, dass die Symptome exazerbieren und die Erkältungen deshalb klinisch auffallen.

    Fazit

    Bei mildem symptomatischem Asthma und nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel kann auf eine Substitution verzichtet werden. Der erhoffte Effekt auf die Inzidenzraten saisonaler Infekte bleibt aus. Die Relevanz des Nebenbefunds, dass bei ausgeprägtem Substitutionserfolg sogar vermehrt mit Erkältungssymptomen zu rechnen ist, bleibt nach Angaben der Autoren unklar.

    Dr. Horst Gross, Berlin


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