Die Herzinsuffizienz ist trotz großer therapeutischer Fortschritte weiterhin eine
Erkrankung mit hoher Prävalenz und Inzidenz. Die Herzinsuffizienz ist der häufigste
Grund für Krankenhauseinweisungen; jährlich werden in Deutschland ca. 400 000 Patienten
wegen Herzinsuffizienz im Krankenhaus behandelt, 50 000 versterben daran.
Bis vor wenigen Jahrzehnten bestand die Therapie der Herzinsuffizienz weitgehend aus
Diuretika und Digitalis. Die prä-klinische und klinische Forschung hat jedoch in den
letzten 50 Jahren zur Einführung von mehreren Medikamentenklassen geführt, welche
die Morbidität und Mortalität bei der systolischen Herzinsuffizienz drastisch verbessert
haben. Darüber hinaus ist die Device-Therapie zu nennen, insbesondere implantierbare
Defibrillatoren sowie die Resynchronisationstherapie (CRT), durch welche eine weitere
entscheidende Verbesserung der Symptomatik und Prognose erzielt werden konnte.
Die Optimierung der medikamentösen Therapie der systolischen Herzinsuffizienz in den
letzten Jahrzehnten beruhte vor allem auf einem besseren pathophysiologischen Verständnis
der Krankheit. Vom ursprünglich kardiorenalen Modell der Herzinsuffizienz kam man
in den Sechziger- und Siebzigerjahren zum hämodynamischen Modell; die Entwicklung
positiv inotroper Substanzen war jedoch nicht mit einer signifikanten Verbesserung
des Überlebens verbunden. Erst durch das pathophysiologische Konzept des linksventrikulären
Remodelings und der neurohormonalen Aktivierung konnte auf der Basis von in Tiermodellen
entwickelten therapeutischen Ansätzen in zahlreichen klinischen Studien eine medikamentöse
Kombinationstherapie der systolischen Herzinsuffizienz erarbeitet werden, die heute
der Evidenz-basierte Standard ist.
Zunächst konnte mit Hemmstoffen des Angiotensin Converting-Enzyms (ACE) gezeigt werden,
dass die Erweiterung der linken Herzkammer nach einem großen Herzinfarkt deutlich
verringert wurde. In translationalen klinischen Studien wurde mit ACE-Hemmern bei
Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz eine hochsignifikante Reduktion der Mortalität
und der Krankenhausaufnahmen wegen Herzinsuffizienz erreicht. Die zusätzliche Gabe
von Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten (Spironolacton, Eplerenon) führte zu einer
additiven Verbesserung sowohl des linksventrikulären Remodelings in Tiermodellen als
auch des Überlebens und der Rate an Krankenhauseinweisungen bei Patienten mit systolischer
Herzinsuffizienz.
Während die Betablocker über Jahrzehnte bei der systolischen Herzinsuffizienz aufgrund
ihrer negativ-inotropen Wirkung als kontraindiziert galten, konnte durch mehrere klinische
Studien in den Neunzigerjahren nachgewiesen werden, dass eine Therapie mit Betablockern
(nach Beginn mit niedriger Dosis und Dosissteigerung über Wochen bis Monate) zu einer
hochsignifikanten Verminderung der Mortalität und auch zu einer Verbesserung der Herzerweiterung
und der linksventrikulären Auswurffraktion führt. Auf dieser Basis konnte auch für
den Sinusknotenhemmer Ivabradin gezeigt werden, dass eine Verringerung der Herzfrequenz
zu einer Prognoseverbesserung führt.
Außerdem ist kürzlich mit Valsartan/Sacubitril der erste Vertreter einer neuen Klasse
der Angiotensin-Rezeptor/Neprilysin-Inhibitoren in die Therapie der systolischen Herzinsuffizienz
eingeführt worden. Diese Substanz wird vermutlich mittelfristig den ACE-Hemmer in
der Therapie der Herzinsuffizienz ersetzen, nachdem in der PARADIGM-Studie nachgewiesen
werden konnte, dass im Vergleich zur Standardbehandlung mit dem ACE-Hemmer Enalapril
die Behandlung mit Sacubitril/Valsartan zu einer weiteren Verminderung von Mortalität
und Krankenhausaufnahmen bei systolischer Herzinsuffizienz führt.
Auch wenn durch die ausgefeilte medikamentöse Kombinationstherapie die Prognose der
systolischen Herzinsuffizienz in den letzten Jahrzehnten dramatisch verbessert werden
konnte, gibt es jedoch immer noch zahlreiche Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz,
die aufgrund von Hypotonie, Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie nicht mit den Zieldosierungen
der ACE-Hemmer, Betablocker und Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten behandelt werden
können. Bei diesen Patienten könnte die Therapie mit Digitalis immer noch eine hilfreiche
Rolle spielen. In der BMBF-geförderten DIGIT HF-Studie untersuchen wir aktuell, ob
die Gabe von Digitoxin bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit einer Verbesserung
der Prognose verbunden ist.
Trotz der erheblichen Fortschritte in der Behandlung der Herzinsuffizienz ist die
Inzidenz und Prävalenz der Herzinsuffizienz weiterhin hoch, zum einen aufgrund der
demografischen Entwicklung mit älterwerdender Bevölkerung, zum anderen aufgrund von
durch optimierte Intensivmedizin verbessertem Überleben auch bei schwerer akuter Form
der Herzinsuffizienz wie dem akuten Myokardinfarkt. Daher sind weitere Forschungsanstrengungen
nötig, um den Patienten mit Herzinsuffizienz noch besser helfen zu können. Dies gilt
insbesondere auch für die zahlreichen Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz
bei erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion, für die es leider nahezu keine
prognose- verbessernden Medikamente gibt.
Persönlich habe ich mit meiner Forschung im Bereich der Herzinsuffizienz im hohen
Maße von der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft seit 20 Jahren profitiert,
insbesondere in den Sonderforschungsbereichen 355 und 688 in Würzburg, im Exzellenzcluster
REBIRTH in Hannover und jetzt auch in unserer gerade bewilligten Klinischen Forschergruppe
KFO 311 „(Prä)-terminale Herz- und Lungeninsuffizienz: Entlastung und Reparatur“ an
der Medizinischen Hochschule Hannover. Interessante therapeutische Ansätze, die möglicherweise
in neue Herzinsuffizienz-Medikamente münden könnten, sind beispielsweise die nicht-codierenden
RNAs, zum einen microRNAs, zum anderen sogenannte long non-coding RNAs.