Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37(05): 220-221
DOI: 10.1055/s-0042-115219
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9th Joint Natural Products Conference 2016

Kopenhagen, 24.-27. Juli 2016
Matthias F. Melzig
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. November 2016 (online)

 

Zum 9. Mal trafen sich Naturstoffforscher aus der ganzen Welt, um über neueste Ergebnisse und Trends zu berichten. Nach Kopenhagen waren ca. 1000 Wissenschaftler aus 27 Ländern gereist, um auf etwa 1000 Postern und in mehr als 70 Vorträgen über eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen zur Analytik, Wirkung und Wirksamkeit von Naturstoffen aus allen Lebensbereichen zu berichten.

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Der Botanische Garten in Kopenhagen. © B. Gehrmann

In diesem Jahr waren insgesamt 6 multinationale wissenschaftliche Gesellschaften vertreten, wie die Gesellschaft für Arzneipflanzen und Naturstoffforschung (GA), die American Society of Pharmacognosy (ASP), die Phytochemical Society of Europe (PSE), die Società Italiana di Fito­chimica (SIF), die Association Francophone pour l’Enseignement et la Recherche en Pharmacognosie (AFERP) sowie erstmalig auch die Japanese Society of Pharmacognosy (JSP).

Hervorzuheben ist die methodische Breite, die gegenwärtig in der Naturstoffforschung Alltag geworden ist. Neben vielfältigen massenspektrometrischen und molekularbiologischen Methoden spielen die Bioinformatik und Metabolom-Forschung eine immer wich­tigere Rolle. Aus den USA und Japan wurde auch über gezielte Eingriffe in das ­Genom von Pflanzen berichtet, die als Produzenten von Wirkstoffen Bedeutung erhalten sollen, oder es wurden Gene verändert, die die Resistenz gegen Schädlinge verbessern helfen sollten bzw. es gab Berichte zur Stilllegung von Genen, die für die menschliche Ernährung eher schädliche Naturstoffe kodieren, wie z. B. Steroidalkaloide in der Kartoffel (Prof. Saito, Japan).

TCM meets EbM

Traditionelle Arzneidrogen und Thera­pien nahmen auch in Kopenhagen wieder breiten Raum in der Diskussion ein. In ­einem bemerkenswerten Vortrag stellte Prof. Guo aus Schanghai die gegenwärtigen Anstrengungen in China heraus, die TCM als holistische Therapie mit den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin zu vereinen. Für seine Leistungen, solche Grundsätze, wie Qualität, Wirkung und Unbedenklichkeit auf die Anwendung von TCM-Drogen zu übertragen, wurde er mit dem Tyler-Preis der Amerikanischen Gesellschaft für Pharmakognosie (ASP) ausgezeichnet. Die zunehmende Angleichung der Arzneibuchmonografien für Drogen der TCM und der westlichen Medizin ist ein deutliches Zeichen für ein gestiegenes Qualitätsbewusstsein der chinesischen Kollegen.

Ein für die Phytotherapie interessantes Beispiel zu moderner Naturstoffforschung gab Prof. Morazzoni von IDENA (Italien) in seinem Vortrag über Curcuma und seine vielfältigen Anwendungen, wobei moderne Arzneiformen für die Applikation der Extrakte zu deutlich gesteigerten Wirksamkeiten beitragen. Gleichzeitig wurde die Erhaltung der Komplexität des Extraktes als wichtige Voraussetzung für die pharmakologische Aktivität herausgestellt. Insgesamt betrachtet, scheint die Tendenz aber eher in Richtung der Entwicklung von Nahrungsergänzungsmitteln zu gehen, um die hohen Zulassungshürden zu umgehen.

Für einige etablierte Naturstoffe, wie bestimmte herzwirksame Steroidglyko­side scheint sich eine neue Indikation außerhalb der klassischen Anwendung bei Herzinsuffizienz zu ergeben, wie Ergebnisse von Prof. Kinghorn (USA) im Zusammenhang mit Daten zur Behandlung von Leukämien durch Strebloside zeigten. Die breite Wirksamkeit von Polyphenolen und im Besonderen von Xanthohumol bzw. seinen Metaboliten, wie prenylierte Flavonoide, stellten mehrere Vortragende in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, wie Prof. Butterweck (Schweiz) und Dr. Grienke (Österreich). Dazu zählten sowohl protektive Effekte zur Erhaltung bzw. „Abdichtung“ der Darmepithelien nach entzündlicher Schädigung, als auch ihre Fähigkeit, als duale Neuraminidase-Hemmer sowohl bakterielle und virale Infektionen zu hemmen sowie die Biofilmbildung als wesentliche pathogene Begleiterscheinung bei bakteriellen Resistenzen zu beeinflussen.


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Cannabis: Auch Nicht-THC-­Substanzen zeigen Wirkungen

Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Vortrag von Prof. Di Marzo (Italien), der über pharmakologische Effekte von Cannabis berichtete und insbesondere die vielfältigen Wirkungen der Nicht-THC-Wirk­stoffe in den Mittelpunkt stellte. Entsprechende Extrakte wurden bei der Behandlung von Epilepsie zur Senkung der Krampffrequenz erfolgreich in klinischen Versuchen getestet. Neben Pflanzen spielten marine Wirkstoffe in einer Reihe von Ergebnisberichten wieder eine herausragende Rolle. Prof. Tasdemir (Deutschland) verwies auf die im marinen Mikrobiom schlummernden Wirkstoffe und die noch weitgehend ungenutzten Möglichkeiten ihrer Anwendung. Hier werden wir zukünftig sicher mehr Naturstoffe als potenzielle Arzneistoffe kennenlernen.

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Unterwegs in Kopenhagen. © M.F. Melzig

Neben dem Schwerpunkt zu antimikrobiellen Wirkstoffen, die im Zuge der WHO-Strategie zur Resistenz-Überwindung in vielen Vorträgen und Postern zu hören und zu sehen waren, wurden auch Daten zu Nahrungsmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln unter einer eher ganzheit­lichen Betrachtungsweise vorgestellt. Prof. Barron vom Nestlé-Forschungs­institut (Schweiz) berichtete über Nahrungsmittel und ihre Sekundärstoffe bzw. mikrobiellen Metabolite, die eine Reihe von gesundheitsrelevanten Wirkungen aufweisen und offensichtlich stärker in den Fokus der Nahrungsmittelindustrie Einzug halten. Neben vielen einfachen phenolischen Verbindungen spielen die Urolithine offensichtlich eine wichtige Rolle als entzündungshemmende Metabolite von Polyphenolen mit systemischer Wirkung. Auch auf die Wechsel­wirkungen zwischen Nahrungs- und Arz­neimitteln wurde verwiesen - ein sicher noch stärker zu bearbeitendes Forschungsfeld.


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Nachwuchs forscht thematisch breit

Die Vielzahl der Poster und die räumliche Enge während ihrer Präsentation machten es dem interessierten Kongressteilnehmer nicht einfach, sich einen Überblick zu verschaffen. Aber beeindruckend waren die thematische Breite und das Engagement der vorwiegend jungen Wissenschaftler bei der Vorstellung ihrer Arbeitsergebnisse. Wer sich im Detail informieren möchte, dem steht die Webseite des Kongresses mit allen Zusammenfassungen der Vorträge und Poster zur Verfügung: http://www.conferencemanager.dk/JointNaturalProductsConference2016/conference--and-abstract-books.html.

Prof. Dr. Matthias F. Melzig, Berlin


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Der Botanische Garten in Kopenhagen. © B. Gehrmann
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Unterwegs in Kopenhagen. © M.F. Melzig