Einleitung
Hauptaufgaben der Bildgebung bei der Behandlung von Gliomen sind zuvorderst folgende 2 Anforderungen:
Im vorliegenden Übersichtsartikel sollen die wesentlichen neuen Erkenntnisse der letzten Jahre zu beiden Aufgaben der MR-Bildgebung von Gliomen vorgestellt werden. Dabei werden zunächst Änderungen durch die 2010 veröffentlichten RANO-Kriterien (Kriterien für das Radiology Assessment in der Neuroonkologie) und ihr Einfluss auf die Verlaufsbeurteilung bei Gliomen geschildert. Im Anschluss werden die in der Klinik am häufigsten verwendeten sog. funktionellen MR-Sequenzen vorgestellt und es wird ihr potenzieller klinischer Nutzen für die MR-Bildgebung der Gliome diskutiert.
Traditionell erfolgte die MR-Bildgebung höhergradiger Gliome (WHO-Grad III, IV [Grade der Tumorklassifikation der World Health Organisation]), die zumeist mit einer Störung der Blut-Hirn-Schranke verbunden sind, mit kontrastverstärkten T1w Aufnahmen [1]. In den letzten Jahren wurden jedoch insbesondere bei höhergradigen Gliomen vermehrt sog. antiangiogene Therapieregime verwendet, die innerhalb kurzer Zeit zu einer signifikanten Reduktion kontrastmittelaufnehmender Tumoranteile auf T1w Aufnahmen führen können, ohne dass sich dies in einem verlängerten Gesamtüberleben niederschlagen würde [2]. Im Jahre 2010 wurde durch die Einführung der RANO-Kriterien für höhergradige Gliome den neuen Herausforderungen antiangiogener Therapien bei höhergradigen Gliomen in einem ersten Ansatz Rechnung getragen, indem T2w Sequenzen in die Beurteilung des Therapieansprechens einbezogen werden [1].
Die Entwicklung der MR-Bildgebung bei Gliomen war in den letzten Jahren des Weiteren geprägt durch die zunehmende Verwendung neuer, sog. funktioneller MR-Sequenzen. Diese funktionellen Sequenzen unterscheiden sich von den traditionell verwendeten T1w und T2w Sequenzen dadurch, dass sie unmittelbar Aspekte der Tumorpathophysiologie visualisieren können. In diesem Übersichtsartikel werden aus der Vielzahl der neuen Sequenzen die MR-Diffusion, die MR-Perfusion sowie die SWI (suszeptibilitätsgewichtete Bildgebung) dargestellt. Ferner wird der Bereich der Ultrahochfeld-Bildgebung bei 7 T (Tesla) angeschnitten und das sog. CEST-Imaging (Chemical Exchange saturated Transfer Imaging) vorgestellt. Letzteres befindet sich noch in einem experimentellen Stadium. Es könnte in der Zukunft möglicherweise zu einer In-vivo-Messung des pH-Wertes oder zur Darstellung von Glukoseanreicherung im Hirngewebe verwendet werden. Abschließend wird ein kurzer Ausflug in die Radiomics gemacht, einen Bereich der radiologischen Grundlagenforschung, der in der wissenschaftlichen Debatte derzeit eine zentrale Stellung einnimmt.
Kriterien für das Radiology Assessment in der Neuroonkologie
Kriterien für das Radiology Assessment in der Neuroonkologie
Die RANO-Kriterien [1] wurden im Jahre 2010 von der RANO-Arbeitsgruppe entwickelt und stellen eine Fortentwicklung der bis dato verwendeten MacDonald-Kriterien [3] dar. Gemeinsam ist beiden Kriterien, dass sie das Therapieansprechen in die 4 Kategorien
-
Stable Disease,
-
Partial Response,
-
Complete Response und
-
Progressive Disease
unterteilen und als Grundlage der Messung die Ausdehnung der Kontrastmittelaufnahme auf T1w Serien heranziehen.
Im Gegensatz zu den MacDonald-Kriterien verwenden die RANO-Kriterien jedoch als zusätzliches Korrektiv T2w Aufnahmen. Grund für den Einschluss von T2w Sequenzen in die Verlaufsbeurteilung bei höhergradigen Gliomen ist der Einfluss antiangiogener Therapien auf eine Störung der Blut-Hirn-Schranke. Studien bei Glioblastomen mit dem antiangiogen wirkenden Antikörper Bevacizumab beschrieben oftmals einen starken Rückgang kontrastmittelaufnehmender Tumoranteile, der jedoch von einem infiltrativen Progress begleitet wurde, der nur auf T2w Aufnahmen sichtbar war. Um diesen sog. T2-Progress zu erfassen, wird von den RANO-Kriterien die Aufnahme sowohl einer kontrastverstärkten T1w Sequenz als auch einer T2w Sequenz zur Verlaufsbeurteilung gefordert. Progressive Disease wird nach den RANO-Kriterien bei signifikant zunehmendem T2w Signal (T2-Progress) angenommen [4]. Die Diagnose eines T2-Progresses ist dabei unabhängig davon, ob die Kontrastmittelaufnahme auf den T1w Sequenzen stabil oder gar rückläufig ist. Darüber hinaus können nach den RANO-Kriterien Stable Disease, Complete Response oder Partial Response nur bei konstanten oder abnehmenden T2w Hyperintensitäten diagnostiziert werden (Tab. [1]).
Tabelle 1
Zusammenfassung der RANO-Kriterien für höhergradige Gliome.
Kriterien
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Complete Response
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Partial Response
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Stable Disease
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Progressive Disease
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T1w kontrastmittelaufnehmende Läsion
|
keine
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≥ 50 % ↓
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< 50 % ↓,
aber < 25 % ↑
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≥ 25 % ↑[1]
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T2w/FLAIR
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stabil oder ↓
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stabil oder ↓
|
stabil oder ↓
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↑
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neue Läsion
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keine
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keine
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keine
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vorhanden
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Kortikosteroide
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keine
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stabil oder ↓
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stabil oder ↓
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nicht anwendbar[2]
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klinischer Status
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stabil oder ↑
|
stabil oder ↑
|
stabil oder ↑
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↓
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erforderliche Kriterien
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alle
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alle
|
alle
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mindestens 1 Kriterium
|
FLAIR = Fluid-attenuated Inversion Recovery
↓ = abnehmende Signalintensität
↑ = zunehmende Signalintensität
1 Progressive Disease wird nicht innerhalb der ersten 3 Monate nach Beendigung einer Radiochemotherapie angenommen, wenn die neu aufgetretene Kontrastmittelaufnahme im Bereich des Strahlungsfelds liegt, da es sich bei dieser Kontrastmittelaufnahme um Pseudoprogression handeln könnte.
2 Ein alleiniger Anstieg der Kortikosteroidkonzentration wird bei der Klassifizierung als Progressive Disease nicht berücksichtigt, falls der klinische Befund sich nicht verschlechtert.
Die RANO-Kriterien fordern die Verwendung von T1w und T2w Aufnahmen.
Neben der Einführung des T2-Progresses war die Anerkennung der Pseudoprogression die 2. wichtige Neuerung der RANO-Kriterien. Als „Pseudoprogression“ wird eine Verstärkung der Kontrastmittelaufnahme oder das erstmalige Auftreten einer Kontrastmittelaufnahme auf T1w Sequenzen nach Abschluss einer Radiochemotherapie bezeichnet, die in der Folge wieder verschwindet, ohne dass die Therapie umgestellt worden wäre [5]. Vermutet wird, dass Pseudoprogression gehäuft nach der Therapie mit Temozolomid sowie in den ersten 3 Monaten nach Beendigung der Radiochemotherapie auftritt. Um eine fehlerhafte Einordnung von Patienten mit Pseudoprogression als Patienten mit Progressive Disease zu vermeiden, wählte die RANO-Arbeitsgruppe einen pragmatischen Ansatz: Unter der Annahme, dass Pseudoprogression gehäuft in den ersten 12 Wochen nach Beendigung der Strahlentherapie auftritt, wurde ein Ausnahmetatbestand für die Beurteilung des Therapieansprechens dieser Patienten geschaffen. Demnach soll Progressive Disease innerhalb der ersten 12 Wochen nach Beendigung der Strahlentherapie nur angenommen werden, wenn die Mehrheit der Kontrastmittelanreicherung außerhalb des Bestrahlungsfelds liegt (außerhalb der 80 %-Isodenslinie) oder eine bioptische histologische Sicherung vorliegt, die Malignität eindeutig nachweist. Andernfalls ist der Befund als Stable Disease zu bewerten. Patienten, die eine neu aufgetretene Kontrastmittelaufnahme aufweisen, sollen nur nach diesem Zeitraum für Rezidivstudien zugelassen werden.
Die RANO-Kriterien erkennen das radiologische Phänomen der Pseudoprogression an.
In den RANO-Kriterien wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass diese als Work in Progress zu verstehen sind. Ob sich die in den RANO-Kriterien eingeführten Konzepte des T2-Progresses und der Behandlung der Pseudoprogression in der Praxis bewährt haben, ist derzeit noch schwer zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, ob neue Versionen der RANO-Kriterien an ihnen festhalten werden.
Gliombeurteilung mit funktionellen Magnetresonanzsequenzen
Gliombeurteilung mit funktionellen Magnetresonanzsequenzen
Im Gegensatz zu den traditionell verwendeten T1w und T2w Sequenzen ist es mit sog. funktionellen MR-Sequenzen möglich, einzelne pathophysiologische Aspekte des Tumorwachstums isoliert darzustellen, wie beispielsweise die Zellularität oder die Vaskularität des Tumors. In den letzten Jahren wurden viele dieser neuen funktionellen MR-Techniken in Studien zur MR-Bildgebung der Gliome untersucht [6]
[7]. Die untersuchten Fragestellungen beziehen sich dabei nicht nur auf die Abgrenzung von Tumor und gesundem Gewebe in der Rezidivdiagnostik. Vielmehr wird darüber hinaus auch das Potenzial unterschiedlicher MR-Sequenzen für die Differenzialdiagnose sowie für ihre Anwendung als prognostische und prädiktive Biomarker für unterschiedliche Therapieansätze untersucht. Bis heute existiert kein Konsens darüber, für welche Fragestellung welche MR-Sequenz in der MR-Bildgebung der Gliome angewendet werden sollte.
Funktionelle MR-Sequenzen werden bislang nicht zur Therapiebeurteilung von Gliomen verwendet.
Die RANO-Arbeitsgruppe berät jedoch derzeit, ob und inwiefern funktionelle Techniken in die Response-Kriterien mit aufgenommen werden können. Bei der Erstellung der RANO-Kriterien des Jahres 2010 wurde der wissenschaftliche Stand dieser MR-Sequenzen als nicht hinreichend für eine weiterreichende, standardisierte Anwendung an mehreren Zentren erachtet. Es bleibt abzuwarten, ob neuere Versionen der RANO-Kriterien davon abweichen werden.
Im Folgenden werden die in der Praxis gebräuchlichsten Sequenzen MR-Diffusion, MR-Perfusion und SWI vorgestellt und mögliche Anwendungen in der Klinik aufgezeigt.
Magnetresonanzperfusion
Allgemein misst die MR-Perfusion die Tumorvaskularisierung, die indirekt als Neoangiogenese bei Gliomen einen Marker für Malignität darstellt. Wichtigste Parameter sind dabei das CBV (zerebrales Blutvolumen) und die Tumorgefäßpermeabilität.
Einige Arbeiten betonen das Potenzial dieser Technik zum Grading der Gliome und zu deren Prognoseeinschätzung auf Basis des CBV [8]. Da jedoch auch niedriggradige Hirntumoren, wie Oligodendrogliome und einige pilozytische Astrozytome, gefäßreicher sein können, sind der diagnostischen Aussagekraft der Perfusion bezüglich des Grading Grenzen gesetzt [9]
[10]. Weiterhin fanden Burth u. Mitarb. in einer Arbeit aus dem Jahre 2016 heraus, dass der Prognoseeinschätzung auf der Basis der MR-Perfusion bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom Grenzen gesetzt sind. Eine signifikante Korrelation des CBV und des progressionsfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens zeigte sich in der univariaten Analyse. In der multivariaten Analyse, in der klinische Parameter (vor allem Patientenalter und Karonvsky-Index) einbezogen wurden, konnte dieser Zusammenhang hingegen für das Gesamtüberleben nicht bestätigt werden [11]. Besondere Aufmerksamkeit kam der Perfusionsmessung nach Einführung antiangiogener Therapie zu, weil dadurch ein direktes Therapiemonitoring dieser antiangiogenen Effekte möglich wurde [12]
[13]
[14]
[15]. Da bislang jedoch kein Nachweis einer sicher antitumorösen Wirkung der antiangiogenen Therapie gezeigt werden konnte [16]
[17]
[18], ist der Nachweis wirksamer antiangiogener Effekte bezüglich der Überlebensprognose noch unklar [19]
[20]. Die MR-Perfusion wurde darüber hinaus zur Differenzierung von Pseudoprogression und wirklicher Progression verwendet [21]. Es wurden jedoch in diesem Zusammenhang methodische Probleme geltend gemacht. Eine verlässliche Differenzierung ist bis heute nicht erreicht [22].
Der Stellenwert der MR-Perfusion für das Gliom-Grading, für die Prognoseeinschätzung sowie für das Erkennen von Pseudoprogression ist umstritten.
In mehreren Arbeiten wurde gezeigt, dass sich die MR-Perfusion zur Differenzialdiagnose maligner solider Hirntumoren eignet [23]
[24]. Primäre ZNS-Lymphome (Lymphome des zentralen Nervensystems) sind im Gegensatz zu den malignen Gliomen nur gering vaskularisiert, sodass das intratumorale CBV nicht oder nur mäßiggradig erhöht ist. Metastasen sind in der Regel scharf vom gesunden Hirngewebe abgegrenzt, während Gliome und Lymphome infiltrativ wachsen. Eine Erhöhung des CBV außerhalb des kontrastmittelanreichernden Tumors markiert die Infiltrationszone der Gliome und Lymphome und spricht daher gegen eine Metastase.
Die MR-Perfusion kann zur Differenzialdiagnose von Glioblastom und primärem ZNS-Lymphom verwendet werden.
Magnetresonanzdiffusion
Die MR-Diffusion spiegelt vor allem Veränderungen der Gewebetextur wider, ohne für bestimmte Veränderungen spezifisch zu sein.
In der Routinediagnostik wird dabei der ADC (apparenter Diffusionskoeffizient) verwendet, der die nicht direktionale Diffusion der Wasserprotonen misst, die durch Diffusionsbarrieren, wie Zellwände oder Eiter, eingeschränkt sein kann. Die ADC-Messung wird dabei u. a. zur Differenzialdiagnose zentral-nekrotischer Raumforderungen verwendet: Vor allem Abszesse können deutliche Absenkungen der ADC-Werte aufweisen. Zudem wird angenommen, dass in zelldichten Tumoren der Extrazellularraum verengt und die Diffusion daher eingeschränkt ist. Diese Theorie wurde durch die Studien unterstützt, die niedrige ADC-Werte in Tumoren hoher Zelldichte fanden, wie embryonalen Tumoren und Lymphomen [24]. Darüber hinaus wurde berichtet, dass das Verteilungsmuster im ADC-Histogramm bei Gliomen potenziell prognostisch ungünstigere Tumorentitäten identifizieren kann [25].
Wichtigster Parameter der MR-Diffusion ist der ADC.
Im Therapiemonitoring sind Diffusionsveränderungen vieldeutig: Postoperatives Blut zeigt abszessähnliche Erniedrigungen der ADC-Werte, während postoperative Abszesse auch ohne Erniedrigungen der ADC-Werte vorkommen. Unter antiangiogener Therapie werden Minderungen der ADC-Werte sowohl in atypischen Nekrosen (oft infarktähnlich) beobachtet als auch in oft progredienter, häufig nicht kontrastmittelanreichernder Tumorinfiltration [26]
[27]. Niedrige ADC-Werte eines neu diagnostizierten Glioblastoms korrelierten in der im Abschnitt zur MR-Perfusion zitierten Arbeit von Burth u. Mitarb. [11] in univariater Analyse mit einem niedrigen Gesamtüberleben. Bei multivariater Analyse und Einbeziehung klinischer Parameter konnte diese Korrelation jedoch nicht bestätigt werden. Auch hier zeigte sich – wie schon bei der MR-Perfusion – der dominante Effekt klinischer Parameter, die für die Prognoseabschätzung nach der Studie von Burth u. Mitarb. relevanter zu sein scheinen als die Bildgebungsparameter der MR-Diffusion und der MR-Perfusion.
Der Stellenwert der MR-Diffusion für das Therapiemonitoring sowie zur Prognoseeinschätzung ist umstritten.
Suszeptibilitätsgewichtete Bildgebung
Die SWI ist eine flusskompensierte, hochauflösende 3D-Gradienten-Echo-Sequenz, die durch die Verwendung von Phasen- und Magnitudeinformationen Gewebe mit hoher Suszeptibilität darstellt, wie beispielsweise Blutabbauprodukte oder venöse Gefäße [28]
[29].
Während der diagnostische Mehrwert der MR-Perfusion und der MR-Diffusion in der Neuroonkologie schon seit längerer Zeit untersucht wurde, ist der Nutzen der SWI in der neuroonkologischen Diagnostik erst seit etwa 5 Jahren Ziel intensiverer Untersuchungen.
Der mögliche Nutzen der SWI in der Neuroonkologie wird erst seit etwa 5 Jahren intensiv untersucht.
Grundlage der Diagnostik mithilfe der SWI sind unregelmäßig konfigurierte Hypointensitäten innerhalb des Tumors, sog. ITSS (intratumorale Suszeptibilitätssignale) [30]. Prinzipiell können die ITSS durch Verkalkungen oder Desoxyhämoglobin aus Mikroblutungen oder venösen Gefäßen verursacht werden. Für Glioblastome konnte gezeigt werden, dass die ITSS Mikroblutungen innerhalb des Tumors entsprechen [31] und zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung von primären ZNS-Lymphomen verwendet werden können, bei denen ITSS deutlich seltener beobachtet werden (Abb. [1] und Abb. [2]) [24]. Eine weitere Studie lieferte Hinweise dafür, dass eine Quantifizierung der ITSS zur Prognoseabschätzung unterschiedlicher Kombinationstherapien bei Glioblastompatienten verwendet werden könnte [32].
Abb. 1 Links-frontal gelegenes primäres ZNS-Lymphom mit solider kontrastmittelaufnehmender Läsion in den T1w Sequenzen (a). Dazu korrespondierend zeigen sich die für primäre Lymphome des ZNS typischen Befunde in den anderen Sequenzen (b – d) (Acknowledgment: These images are modified and reproduced from Kickingereder et al. Radiology 2014; 272 (3): 843 – 850 with the permission of the RSNA as the copyright owner). a T1w Sequenz mit Kontrastmittelaufnahme der Läsion. b Fehlende Erhöhung des intratumoralen relativen CBV. c Keine ITSS. d Jedoch deutliche intratumorale Absenkung des ADC-Wertes.
Abb. 2 Glioblastom. Es zeigt sich in diesem Fall wie beim primären ZNS-Lymphom in Abb. [1] eine solide kontrastmittelaufnehmende Läsion rechts-parietal in den T1w Sequenzen (a). Die Befunde in den anderen Sequenzen (b – d) unterscheiden sich von denen des primären ZNS-Lymphoms (Acknowledgment: These images are modified and reproduced from Kickingereder et al. Radiology 2014; 272 (3): 843 – 850 with the permission of the RSNA as the copyright owner). a T1w Sequenz mit Kontrastmittelaufnahme der Läsion. b Deutliche Erhöhung des intratumoralen relativen CBV. c Vereinzelte ITSS (Pfeil). d Fehlende intratumorale Absenkung des ADC-Wertes.
Eine Fortentwicklung der SWI ist das sog. QSM (Quantitative Susceptibility Mapping), das – anders als die SWI – eine sichere Unterscheidung von Kalzifizierungen und Einblutungen im Tumor ermöglicht [33]. Differenzialdiagnostisch kann die Methode potenziell zur Identifizierung von Tumoren mit einer Neigung zu Verkalkungen, wie beispielsweise Oligodendrogliomen, verwendet werden. Zudem könnte QSM in der Bewertung des Therapieansprechens höhergradiger Gliome bei der Rezidivtherapie mit Bevacizumab Anwendung finden: Kalzifizierungen wurden bei diesen Patienten als prädiktiver Bildgebungsmarker beschrieben [34].
Eine Fortentwicklung der SWI ist das QSM.
Zukunftsträchtige Bildgebungstechniken für die Gliombeurteilung
Zukunftsträchtige Bildgebungstechniken für die Gliombeurteilung
Ultrahochfeld-Magnetresonanztomografie
Die Ultrahochfeld-MRT bei 7 T ist bis heute nur an wenigen Zentren verfügbar. Erste Ergebnisse von Messungen an Hirntumorpatienten zeigen jedoch das Potenzial der hohen Feldstärke auf [35]
[36]. Hauptvorteil der Ultrahochfeld-MRT ist das bessere Signal-zu-Rausch-Verhältnis, das sowohl eine verbesserte räumliche Auflösung als auch die Anwendung von neuen Bildgebungstechniken ermöglicht.
Eine Technik, die in besonderem Maße von der erhöhten räumlichen Auflösung bei 7 T profitiert, ist die Time-of-Flight-Angiografie. Diese ist im Tumorprotokoll bei 3 T üblicherweise nicht vorhanden, da die räumliche Auflösung bei 3 T zumeist nicht für die Darstellung der Tumorgefäße ausreicht. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass mit der Time-of-Flight-Angiografie bei 7 T die Tumorgefäße von Glioblastompatienten bis zu einem Durchmesser von 300 µm in vivo dargestellt und quantifiziert werden können (Abb. [3]) [37]. Diese Methode hat somit das Potenzial zum direkten Therapiemonitoring antiangiogener Therapien.
Abb. 3 Links-frontal gelegenes Glioblastom. In der SWI in b sind venöse Gefäße und Mikroblutungen sichtbar, in der Time-of-Flight-Angiografie in c Tumorgefäße. a Kontrastmittelverstärkte T1w Aufnahme bei 3 T. b SWI bei 7 T. c Time-of-Flight-Angiografie bei 7 T.
Tumorgefäße können mit der Time-of-Flight-Angiografie bei 7 T erstmals direkt visualisiert werden.
Darüber hinaus ermöglicht die Ultrahochfeld-MRT die Bildgebung von anderen Atomkernen als dem in der konventionellen MRT verwendeten Wasserstoff. So konnte mit der Natriumbildgebung bei 7 T erstmals eine Störung des Natriumgleichgewichts in Tumoren visualisiert werden, wie sie in malignen Tumoren oder bei Zellschädigungen auftritt. Zudem konnte eine Differenzierung von intra- und extrazellulärem Natrium vorgenommen werden [38]. Ferner konnten kürzlich erstmals Machbarkeitsstudien zeigen, dass sowohl die Chlor- [39] als auch die Sauerstoffbildgebung [40] prinzipiell bei Glioblastompatienten angewandt werden können.
Eine Methode, die ebenfalls stark von der erhöhten Feldstärke bei 7 T profitiert und die in letzter Zeit verstärkt in der neuroonkologischen Bildgebung eingesetzt wird, ist das CEST-Imaging [41]
[42]. Diese Methode basiert auf einem Übertrag von Protonen niedrig konzentrierter intra- und extrazellulärer Metabolite auf freie Wassermoleküle, die das schließlich zu messende Wassersignal modifizieren. Potenziell können mit der CEST-Technik sowohl pH-Wert als auch Proteinfaltungszustände im Tumor bestimmt werden [43]
[44]. Kürzlich wurde ferner erstmals gezeigt, dass basierend auf dem CEST-Imaging potenziell die Glukoseaufnahme im Tumor nach intravenöser Glukoseapplikation visualisiert werden kann [45].
Eine erste Studie zeigt, dass Glukosebildgebung mit der MRT prinzipiell machbar ist.
Radiomics
„Radiomics“ bezeichnet ein Teilgebiet der medizinischen Bildverarbeitung und radiologischen Grundlagenforschung, das sich mit der Analyse von quantitativen Bildmerkmalen beschäftigt [46]. Die Vorgehensweise besteht vor allem in der automatischen Extraktion einer großen Anzahl (in der Regel mehrerer Hunderter oder Tausender) quantitativer Merkmale aus den Bilddaten. Damit lassen sich Informationen über (zum Teil subtile) Tumoreigenschaften gewinnen, die bis dato in der klinischen Routine – anhand der konventionellen Interpretation der multimodalen MR-Bildgebung – noch nicht verfügbar sind. In einem 2. Schritt werden diese Daten statistisch analysiert und anhand maschineller Lernverfahren zur Generierung von klinischen Vorhersagemodellen verwendet.
Zentrale Elemente der Radiomics sind die automatische Extraktion von Bildgebungsparametern und maschinelle Lernverfahren.
In mehreren aktuellen Studien wurde bereits das Potenzial dieser automatisierten Hochdurchsatzmethode sowohl bei Hirntumoren [47]
[48]
[49] als auch bei extrakraniellen Tumoren [50]
[51] aufgezeigt. Exemplarisch konnte in der Anwendung bei Hirntumoren bereits gezeigt werden: Auf Radiomics basierende Vorhersagemodelle, die sich einzig auf quantitative Bildmerkmale aus den kontrastmittelverstärkten T1w sowie FLAIR-Sequenzen (Fluid-attenuated-Inversion-Recovery-Sequenzen) stützen, haben folgende Vorteile:
-
Sie können den klinischen Verlauf von Patienten mit Glioblastomen mit einer höheren Präzision vorhersagen als bis dato etablierte klinische oder radiologische Vorhersagemodelle (z. B. basierend auf Diffusions- oder Perfusionsparametern der ADC bzw. des CBV) [48].
-
Mit ihrer Hilfe kann das Therapieansprechen auf eine antiangiogene Therapie bei Patienten mit Glioblastomrezidiv vorhergesagt werden [47]
[49].
Zukünftige Arbeiten werden den Stellenwert von Radiomics und deren Potenzial zur computerbasierten Interpretation von radiologischen Bilddaten weiter untersuchen [52].
Fazit
Schwerpunkte des wissenschaftlichen Diskurses der letzten Jahre in der MR-Bildgebung der Gliome waren zum einen die RANO-Kriterien, zum anderen die Anwendung neuer funktioneller MR-Sequenzen. Eine wesentliche Neuerung der RANO-Kriterien für höhergradige Gliome ist die Anerkennung des T2-Progresses sowie der Pseudoprogression. Neue funktionelle MR-Sequenzen werden vermehrt sowohl für die Differenzialdiagnose neu diagnostizierter Raumforderungen als auch für das Therapiemonitoring verwendet. Der klinische Mehrwert dieser Sequenzen ist dabei weiterhin Gegenstand der Forschung. Zukünftige Forschungsgebiete mit potenzieller klinischer Anwendung sind die Radiomics sowie neue Formen der Hochfeld-MRT.