Pneumologie 2016; 70(11): 696
DOI: 10.1055/s-0042-118656
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hot Topic – Endobronchialventile bei Patienten mit homogenem Lungenemphysem

Valipour A, Slebos DJ, Herth F et al.
Endobronchial valve therapy in patients with homogeneous emphysema: results from the IMPACT Study.

Am J Respir Crit Care Med 2016; DOI:
DOI: 10.1164/rccm.201607-1383OC.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. November 2016 (online)

 

    Einleitung Bisher gilt bei Patienten mit hetereogenem Emphysem ohne Kollateralventilation bzw. mit intakten Fissuren die bronchoskopische Implantation von Ventilen als Option zur Lungenvolumenreduktion. In der vorliegenden Untersuchung wurde nun geprüft, ob Patienten mit homogenem Emphysem ebenfalls vom Einsatz von Endobronchialventilen (Endobronchial Valves, EBV) profitieren.

    Methodik In diese randomisierte Studie wurden insgesamt 93 Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) der Stadien Gold III und IV und schwerem Lungenemphysem eingeschlossen. Im Behandlungsarm erhielten die Patienten eine Standardtherapie plus Ventilimplantation, im Kontrollarm nur eine Standardtherapie. Patienten mit homogenem Emphysem wurden über eine quantitative CT-Software identifiziert. Zudem wurde in der Perfusionsszintigraphie ein Seitenunterschied von weniger als 20 % gefordert. Eine Kollateralventilation wurde über das Chartis-System untersucht; Patienten, die in 2 potenziellen Arealen eine Kollateralventilation aufwiesen, wurden von der Studie ausgeschlossen.

    Ergebnisse Die Patienten hatten ein mittleres Alter von 63,7 Jahren. Die mittlere FEV1 betrug 29,3 % des Solls, das Residualvolumen 275,4 % des Solls. In der Intention-to-treat-Population 3 Monate nach Ventilimplantation besserte sich die FEV1 im Mittel um 17,0 %; p = 0,0002. Der 6-Minuten-Gehtest betrug 22,63 ± 66,63 m vs. -17,34 ± 52,8 m). Der Wert für die Lebensqualität nach dem St. George´s Respiratory Questionnaire (SGRQ) betrug -8,6 Punkte, -8,63 ± 11,25 vs. 1,01 ± 9,36. Bei 97,2 % der EBV wurde eine Volumenreduktion im Zielareal erzielt (p < 0,0001). Insgesamt wurde ein Pneumothorax in 25,6 % der Fälle beobachtet.

    Kommentar

    Die Autoren schlussfolgern, dass sich auch Patienten mit homogenem Emphysem, die definierte Ein- und Ausschlußkriterien erfüllen, für eine Volumenreduktion durch Ventilimplantation qualifizieren. Verbesserungen umfassen Lungenfunktionswerte, den 6-Minuten-Gehtest sowie die Lebensqualität. Diese Studie ist sehr sorgfältig und methodisch aufwändig durchgeführt und die erste, die solche Effekte bei Patienten mit homogenem Emphysem zeigen konnte. Dennoch bleiben eine Reihe von Fragen offen.

    Von den 93 in die Studie eingeschlossenen Patienten konnten nur 33 von 43 der Ventilimplantation zugeordnete Patienten ausgewertet werden. Die Behandlungsgruppe wies mit einer Gehstrecke von 308,02 ± 91,28 m noch eine akzeptable Mobilität auf. Sind das wirklich die Patienten, die einer solch aufwändigen und teuren Therapie über die Standardbehandlung hinaus bedürfen?

    Die Effekte auf die FEV1 und das Residualvolumen zeigen, dass eine Volumenreduktion gelungen ist. Aber sind zusätzlich 40 m Gehstrecke für Patienten mit einer Ausgangsgestrecke von 308 m klinisch relevant? Die hohen Konfidenzintervalle zeigen an, dass sich die positiven Effekte nur bei einer Untergruppe von Patienten darstellen; tatsächlich erreichen maximal die Hälfte der Patienten die minimal wichtigen Unterschiede.

    Auffällig ist, dass der numerisch beste Effekt hinsichtlich der Lebensqualität nach SGRQ besteht. Dies nährt den Verdacht auf zumindest teilweise wirksame Placeboeffekte. Anderseits ist eine Rate von 25,6 % Pneumothoraces durchaus erheblich. Insgesamt wurden bei 44,2 % der Patienten „respiratory events“ beobachtet, gegenüber jediglich 12 % in der Kontrollgruppe.

    Schließlich muss kritisch gefragt werden, ob die in dieser Studie gezeigten Effekte auch außerhalb klinischer Kompetenzzentren tatsächlich reproduziert werden können.

    Schlussfolgerungen Was bedeuten diese Ergebnisse nun für die Praxis? Nach jetzigem Wissen handelt es sich um eine palliative Therapie. Entsprechend der in der Onkologie mühevoll gelernten Lektionen sind Risiken und Belastung durch eine palliative Therapie so gering wie möglich zu halten. Weiterhin sind eine sorgfältige Auswahl der Patienten sowie ihre umfassende Beratung über Nutzen und Risiken der Lungenvolumenreduktion notwendig.

    Persönlich halte ich die bronchoskopischen Methoden der Lungenvolumenreduktion erst dann für gesichert wirksam, wenn die Effekte auch in einer Sham-kontrollierten Studie reproduziert werden können. Das letzte eindrückliche Beispiel für unerwartet hohe Placebo- effekte betraf die Sympathikusablation bei Hypertonie.

    Prof. Santiago Ewig, Bochum


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