Key words
decision analysis - cost-effectiveness - health policy and practice
Einleitung
Radiologische Röntgendemonstrationen oder Visiten sind klinische Konferenzen, in denen
radiologische Untersuchungen aus der klinischen Routine von einem Radiologen den jeweiligen
klinischen Partnern präsentiert werden. Im Anschluss an die jeweilige radiologische
Befunddemonstration werden die Fälle zudem von den anwesenden behandelnden Ärzten
diskutiert und weitere diagnostische oder therapeutische Entscheidungen getroffen.
Durch das Zusammenspiel von Radiologen und patientenführenden Ärzten in diesen radiologischen
Visiten bzw. Röntgendemonstrationen wird in der klinischen Routine effizient und fokussiert
in einer kurzen Diskussion eine Entscheidungsfindung herbeigeführt. Dabei werden in
diesen Gesprächen häufig auch weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen
beschlossen. Röntgendemonstrationen in klinischen Konferenzen haben als Gesprächspartner
im Gegensatz zu Tumorboards lediglich zwei klinische Partner, nämlich den demonstrierenden
Radiologen und den behandelnden patientenführenden Arzt. Im Gegensatz dazu sind Tumorboards
multidisziplinär ausgelegt und beschränken sich aufgrund der Spezialisierung der Teilnehmer
häufig auf einzelne Organregionen oder einzelne dezidierte klinische Fragestellungen
[1].
Radiologische Visiten sind an Kliniken eine fest etablierte Institution, die bei größeren
Fächern zum Teil täglich und mit einem ritualisierten Ablauf und Umfeld stattfinden.
Obgleich Röntgendemonstrationen und Befundbesprechungen einen wichtigen und festen
Bestandteil der klinischen Radiologie im Sinne der „sprechenden Radiologie“ darstellen,
fehlen gegenwärtig genauere Daten, wieviel zeitliche Ressourcen die intensive Vorbereitung
und Demonstration beanspruchen. Aus radiologischer Sicht stellt sich dabei die Frage,
ob sich die häufig zeitintensive Vorbereitung auch ausreichend in Änderungen von Diagnose-
und Therapiepfaden und somit zugunsten einer besseren Patientenversorgung abbilden.
Als Radiologe bieten diese Besprechungen aber auch die Möglichkeit, zusätzliche wichtige
Informationen über den Patienten zu erfahren und damit die Befundqualität und Arbeitszufriedenheit
in der Radiologie durch die bessere klinische Einbindung in Diagnose- und Therapiefade
zu steigern. Zusätzlich ist es für den Radiologen wichtig, weitere diagnostische und
auch radiologisch therapeutische und interventionelle Entscheidungen unmittelbar in
den klinischen Konferenzen indizieren oder beeinflussen zu können. Als dritter Vorteil
kann eine potenzielle Verbesserung der Ergebnisqualität angenommen werden, da der
radiologische Erstbefund im Rahmen der Vorbereitung durch einen weiteren erfahrenen
und spezialisierten Kollegen reevaluiert wird und in einem weiteren Schritt zusätzlich
in der gemeinsamen Konferenz durch das Zusammenführen aller relevanten klinischen
Informationen und Kommentare der behandelnden Ärzte verbessert werden kann.
Aus den zahlreichen radiologischen Konferenzen unserer Klinik wählten wir zur weiteren
Evaluation eine arbeitstäglich stattfindende Besprechung, die ein breites Feld der
nicht operativen Medizin abdeckt. Ziel der Arbeit ist es nun, anhand einer systematischen
prospektiven Analyse radiologischer Befunddemonstrationen in einer klinischen Konferenz
der Gastroenterologie, Endokrinologie, Rheumatologie, Hepatologie, Intensivmedizin
und Infektiologie an einem Klinikum der Maximalversorgung (Universitätsklinikum) zu
evaluieren, inwieweit die Vorbereitung der Röntgenvisite durch den radiologischen
Facharzt als zusätzliche Befundungsinstanz radiologische Befunde verbessert. In einem
zweiten Teil der Analyse soll ausgewertet werden, inwieweit die radiologische Besprechung
in Anwesenheit der primär patientenführenden Kollegen durch Zusammenführen aller relevanter
Informationen im Gespräch noch einmal zu einer nachträglichen Veränderung im Sinne
eines ergänzenden Nachtragbefundes führt und inwieweit die Röntgendemonstration das
weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen beeinflusst. Neben Aspekten der
möglichen Verbesserung der Ergebnis- und Strukturqualität soll aber auch die zeitliche
Beanspruchung durch radiologische Visiten und der Vorbereitung der Röntgendemonstration
systematisch dokumentiert und ausgewertet werden.
Material und Methodik
Ein positives Votum der zuständigen Ethikkommission zur Dokumentation und Auswertung
der radiologischen Besprechung und deren Auswirkung auf Diagnose und Therapie liegt
vor (Referenznummer 15 -160- 0287). Die prospektive Datenakquisition wurde über den
Zeitraum von 12 Monaten zwischen August 2014 und August 2015 durchgeführt. Wir evaluierten
dazu die werktäglich durchgeführte klinische Visite mit Röntgendemonstration der Inneren
Medizin mit den Schwerpunkten Hepatologie, Gastroenterologie, Infektiologie, Endokrinologie
und Rheumatologie an einem Krankenhaus der Maximalversorgung (Universitätsklinikum).
Die Röntgendemonstration findet jeweils werktäglich zwischen 14:00 Uhr und 14:45 Uhr
statt. Die patientenführenden internistischen Kollegen müssen dazu die für sie interessanten
Fälle, die zusammen mit den Röntgenaufnahmen diskutiert werden sollen, bis spätestens
3 Stunden vor Durchführung der Röntgenbesprechung schriftlich mit Angabe des Patientennamen,
der Erkrankung und Fragestellung anmelden. Die Anmeldung geschieht dabei in Papierform
durch eine hausinterne Faxübertragung. Zusätzlich wird die Möglichkeit gegeben, Fremdbilder,
also Bilder, die nicht in der Radiologie im Hause erstellt wurden, in der Röntgendemonstration
vorzustellen und zu diskutieren. Dazu wird von radiologischer Seite gefordert, dass
der Originalbefund der auswärts erstellten Bilder, die in der Regel Schnittbildverfahren
wie CT oder MRT darstellen, der Anforderung beiliegt. Die Vorbereitung und Durchführung
der Röntgendemonstration erfolgt durch einen radiologischen Oberarzt oder Facharzt.
Bei unserer Auswertung wurden nur die Röntgendemonstrationen prospektiv in die Evaluation
eingeschlossen, die von demselben, insbesondere in der Abdominalbildgebung erfahrenen,
Radiologen gehalten wurden. Die nach der Röntgendemonstration durchgeführte Besprechung
bezüglich der Auswirkung auf Diagnose und Therapie wurde von internistischer Seite
ebenfalls von einem einzigen erfahrenen, gastroenterologisch und hepatologisch spezialisierten
Internisten durchgeführt, sodass in der Datenauswertung eine Konstanz seitens der
Radiologie und der Inneren Medizin angenommen werden kann.
Die Vorbereitung der radiologischen Röntgendemonstration erfolgte nach Erstellung
einer Röntgendemonstrationsliste im PACS (Picture Archiving and Communication System)
in der Regel etwa 2 Stunden vor Durchführung der Röntgendemonstration. Dazu wurden
alle zur Demonstration gewünschten radiologischen bildgebenden Verfahren der jeweiligen
Patienten vom Radiologen vorbereitet. Die hausinternen bzw. externen radiologischen
Befunde wurde dazu eingesehen und es wurde eine Reevaluation des Falles sowie des
weiteren diagnostischen und therapeutischen Vorgehens vorgenommen.
In der Auswertung wurde diese Vorbereitungsphase der Röntgendemonstration als Phase
1 bezeichnet. Dokumentiert wurde das Datum der Röntgenbesprechung, die Namen und Geburtsdaten
der Patienten sowie die auf den Anforderungsscheinen dokumentierte(n) Grunderkrankung(en).
Nach Abschluss der Studieninklusion im August 2015 gab es eine retrospektive Sortierung
der häufigsten vorkommenden Fragestellungen und Erkrankungen mit anschließender Kodierung
und Subsummierung mit den Überbegriffen Tumore (A), Gefäßerkrankungen (B), chronische
Entzündungen und Erkrankungen (C), akute Entzündungen bzw. Abszesse (D) und radiologische
Evaluation bei unklarem Fokus oder Blutung unklarere Lokalisation (E). Im Weiteren
wurde in Phase 1 die Anzahl der CT-, MRT- und angiografischen Untersuchungen sowie
die Vorbereitungszeit, die der Radiologe zum Sichten der Untersuchungen und zur intellektuellen
Vorbereitung für jeden Patienten benötigte, prospektiv dokumentiert. Dabei wurde die
benötigte Zeit zur Vorbereitung externer radiologischer Untersuchungen, die nicht
im eigenen Institut angefertigt und befundet worden waren, gesondert dokumentiert.
Zur Evaluation der internen und externen radiologischen Befunde erfolgte eine schriftliche
Dokumentation im Rahmen der Studie. Dabei wurde bei Fehlen des schriftlichen Befundes
aktueller Untersuchungen aus dem eigenen Institut ein Vermerk in der Spalte Rx ([Tab. 1]) vorgenommen. Bei identischer eigener Begutachtung mit dem vorliegenden schriftlichen
Vorbefund wurde der Fall als R0 dokumentiert. Zusätzlich wurde bei klinisch nicht
relevanten Nebenbefunden eine Klassifikation als R1a und bei zusätzlich relevanten
Hauptbefunden als R1b vorgenommen. Wurde der vorliegende schriftliche Befund als zu
sensitiv bezüglich eines Sachverhaltes betrachtet, wurde also eine Abmilderung der
Diagnosen vorgenommen, erfolgte eine Dokumentation in der Spalte R2.
Tab. 1
Auswertung der Radiologischen Diagnostik – Anzahl der Änderungen (mit Prozentangabe)
zum schriftlichen Vorbefund durch die Vorbereitung der Röntgendemonstration (Phase
1) und die Vorstellung und Diskussion der Fälle (Phase 2) bei 487 Fällen und 1067
radiologischen Untersuchungen über 1 Jahr.
|
Rx
kein schriftlicher Vorbefund vorliegend
|
R0
keine Änderung zum schriftlichen Vorbefund
|
R1a
zusätzlicher Befund (klinisch nicht relevanter Befund)
|
R1b
zusätzlicher Befund (klinisch relevant)
|
R2
„Downgrading“ zum schriftlichen Vorbefund
|
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Phase 1
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35 (7,2 %)
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445 (91,4 %)
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0 (0 %)
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6 (1,2 %)
|
1 (0,2 %)
|
|
Phase 2
|
n/a
|
482 (99 %)
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1 (0,2 %)
|
3 (0,6 %)
|
1 (0,2 %)
|
Bei Demonstration auswärtiger Aufnahmen wurde sowohl die Qualität der Bilder als auch
der Befunde nach subjektiven Kriterien des demonstrierenden Arztes evaluiert. Bei
AR-Qa wurden die Bilder als diagnostisch ausreichend angesehen, bei AR-Qb als nicht
ausreichend, um weitere diagnostische und therapeutische Konsequenzen zu veranlassen,
was zumeist die Durchführung einer Wiederholungsuntersuchung implizierte. Die auswärtigen
Befunde wurden analog zum oben genannten radiologischen System der eigenen Befundung
mit AR0 bei Übereinstimmung des auswärtigen Befundes mit der eigenen Meinung dokumentiert.
Ansonsten erfolgte analog eine Dokumentation mit AR1 und AR2.
Die Auswertung der Phase 1 erfolgte mittels deskriptiver Statistik. So wurde sowohl
die durchschnittlich benötigte Zeit für die Vorbereitung als auch die Anzahl der demonstrierten
Schnittbildverfahren (CT, MRT und Angiografie) kumulativ erfasst.
Um den Einfluss der radiologischen Röntgendemonstration innerhalb der klinischen Visite
zu evaluieren, wurde die sogenannte Phase 2 definiert. In der Phase 2 wurden die radiologischen
Aufnahmen durch den Radiologen in der klinischen Visite demonstriert. Nach der Vorstellung
des jeweiligen Patienten aus Sicht der patientenführenden Kollegen wurde dann eine
Diskussion unter allen anwesenden Assistenz-, Fach- und Oberärzten sowie der Klinikleitung
bezüglich des weiteren diagnostischen und therapeutischen Vorgehens geführt. Änderungen
des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens wurden von den zuständigen patientenführenden
Ärzten für die Kurvenvisite schriftlich dokumentiert. Am Ende dieser 45-minütigen
radiologischen Visite wurde dann vom demonstrierenden Radiologen sowie dem erfahrenen
Internisten eine gemeinsame, schriftlich dokumentierte Auswertung vorgenommen, inwieweit
der radiologische Befund bzw. die Röntgendemonstration das weitere diagnostische und
therapeutische Vorgehen verändert hatten.
Um den Einfluss der nun komplementierten klinischen Informationen auf den radiologischen
Befund zu dokumentieren, wurde die Information aus [Tab. 1] erneut bezüglich einer vorgenommenen Befundänderung zum initialen schriftlichen
Befund analysiert (R0, R1a, R1b, R2, siehe oben).
Um die klinischen Auswirkungen der radiologischen Röntgendemonstration auszuwerten,
wurden zunächst bei den jeweiligen Patienten die diagnostischen Konsequenzen dokumentiert.
So ergab sich bei D0 keine relevante Änderung in der weiteren Diagnostik ([Tab. 2]). Die Durchführung einer weiteren radiologischen Diagnostik (D1a) sowie einer weiteren
interventionellen radiologischen Diagnostik, wie etwa Gewebepunktion oder Durchführung
einer angiografischen Intervention zur Diagnostik (D1b) wurde ergänzend notiert. Zusätzliche
Optionen waren die Durchführung zusätzlicher technischer Diagnostik (z. B. Echokardiografie,
Lungenfunktion, etc.) (D2), die Durchführung weiterer endoskopischer Diagnostik (D3),
und die Durchführung ergänzender Labordiagnostik (D4) sowie sonstiger, nicht näher
definierter Diagnostik (D5).
Tab. 2
Auswertung der diagnostische Konsequenzen – Änderung beim weiteren diagnostischen
Vorgehen bei 487 Fällen über ein Jahr durch die radiologische Röntgendemonstration
in Prozent.
|
D0
keine Änderung in der weiteren Diagnostik
|
D1a
Indikation zur weiteren radiologischen Bildgebung
|
D1b
Indikation zur weiteren interventionellen radiologischen Diagnostik (Punktionen, Angiografie
etc.)
|
D2
Indikation zur weiteren technischen Diagnostik
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D3
Indikation zur weiteren endoskopischen Diagnostik
|
D4
Indikation zu weiterer Labordiagnostik
|
D5
sonstige Diagnostik
|
|
83,2 %
|
9,0 %
|
2,7 %
|
1,6 %
|
2,9 %
|
0,4 %
|
0,2 %
|
Bezüglich der therapeutischen Konsequenzen wurde mit T0 keine relevante Änderung der
Therapie, basierend auf der Besprechung, dokumentiert ([Tab. 3]). Eine zusätzliche radiologische Therapie, etwa angiografische oder CT-gesteuerte
Interventionen wie z. B. lokale Ablation oder Drainagetherapie wurde mit T1 bezeichnet.
Zusätzliche endoskopische Therapien (T2), zusätzliche chirurgische Therapien im Sinne
einer Operation (T3) sowie Änderungen der Medikation (T4) wurden zusätzlich vermerkt.
Erfolgte im Anschluss an die Röntgenbesprechung eine Therapiereduktion wurde dies
als T5 festgehalten. Die Dokumentation der Änderung in Diagnostik und Therapie wurden
im Konsens zwischen dem die Besprechung leitenden Radiologen und dem zuständigen Internisten
im Anschluss an die Besprechung vorgenommen.
Tab. 3
Auswertung der therapeutische Konsequenzen – Änderung bei den therapeutischen Konsequenzen
von insgesamt 487 Fällen durch die Diskussion in der Röntgendemonstration in Prozent.
|
T0
keine entscheidende Änderung der Therapie durch die Röntgenbesprechung
|
T1
Indikationsstellung zur weiteren radiologischen Therapie
|
T2
Indikationsstellung zur endoskopischen Therapie
|
T3
Indikationsstellung zur chirurgischen Therapie (OP)
|
T4
Indikationsstellung zur medikamentösen Therapie
|
T5
Indikationsstellung zur Therapiereduktion
|
|
78,5 %
|
7,0 %
|
2,4 %
|
6,8 %
|
3,7 %
|
1,6 %
|
Bei lediglich deskriptiver Statistik erfolgte eine Datenerhebung und Auswertung mithilfe
einer Tabellenkalkulation (Microsoft Excel für Mac 2016, Version 15.13.1, Microsoft,
WA, USA).
Ergebnisse
Patientenkollektiv
Das in der Röntgendemonstration vorgestellte Patientenkollektiv umfasste 487 einzelne
Fälle mit einem Durchschnittsalter der Patienten von 59 Jahren (Range 18 – 91 Jahre).
Der Großteil der vorgestellten Patienten hatte mit 48 % (n = 235) eine Tumorerkrankung,
gefolgt von 20 % (n = 98) mit akut entzündlichen Veränderungen. Bei 18 % (n = 90)
lagen chronische Erkrankungen vor und bei 13 % (n = 61) war der Grund der Vorstellung
in der gemeinsamen Besprechung ein unklarer Entzündungs- oder Blutungsfokus.
Zahl der Fälle, Untersuchungen und Vorbereitungszeiten
In die prospektive einjährige Evaluation zwischen August 2014 und August 2015 wurden
insgesamt 69 radiologische Visiten in der klinischen Konferenz der Inneren Medizin
mit den Schwerpunkten Hepatologie, Gastroenterologie, Infektiologie, Endokrinologie
und Rheumatologie eingeschlossen, die jeweils von demselben radiologischen und internistischen
Ansprechpartner durchgeführt wurden. Insgesamt wurden in den 69 Besprechungstagen
487 Fälle besprochen und ausgewertet. Bei den 487 vorgestellten Fällen lagen insgesamt
1067 radiologische Untersuchungen vor. Davon waren 69,5 % (n = 742) CT-Untersuchungen,
26,4 % (n = 282) MRT-Untersuchungen und 4,0 % (n = 43) angiografische Darstellungen
bzw. Interventionen. Die durchschnittliche tägliche Vorbereitungszeit für die Konferenz
lag durchschnittlich bei 35,8 min (Range 9 – 83 min). Dabei wurden pro Konferenz im
Durchschnitt 7,1 Patienten (Range 0 – 15) besprochen. Arbeitstäglich wurden durchschnittlich
10,8 CTs (Range 1 – 40), 4,1 MRTs (Range 0 – 11) sowie 0,6 Angiografien (Range 0 – 7)
vorgestellt.
Für jeden einzelnen vorgestellten Fall lag die durchschnittliche Vorbereitungsdauer
bei 5,1 min (Range 1 – 20 min). Pro Fall waren dabei durchschnittlich 1,5 CT Untersuchungen
(Range 0 – 7), 0,6 MRT Untersuchungen (Range 0 – 4) und 0,1 Angiografien (Range 0 – 4)
zu bearbeiten.
Die durchschnittliche Vorbereitungszeit für auswärtige radiologische Bilder lag pro
Konferenztag bei durchschnittlich 4,6 min (Range 1 – 20 min).
Analyse der Vorbereitungsphase (Phase 1)
Von den 487 evaluierten Fällen lag zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Röntgendemonstration
(Phase 1) in 35 Fällen kein schriftlicher oder mündlicher Vorbefund vor ([Tab. 1]). Bei 6 Fällen (1,2 %) wurde ein zusätzlicher, relevanter vorstellungswürdiger Befund
(R1b) vom demonstrierenden Radiologen entdeckt, der in der schriftlichen Vorbefundung
nicht erwähnt war. In drei Fällen handelte es sich hier um Patienten mit der Grunderkrankung
eines M. Crohn und eine folglich durchgeführte MR-Enterografie, bei denen im ursprünglichen
schriftlichen Befund jeweils eine unspezifische Darmwandverdickung beschrieben wurde,
die jedoch durch den demonstrierenden Radiologen, basierend auf der Diffusionsbildgebung,
als eindeutig entzündliches Korrelat gewertet wurden. Bei zwei Patienten wurden im
schriftlichen Befund von Computertomografien knöcherne Veränderungen nicht gewürdigt,
welche in dem einen Fall eine 8 mm große Osteolyse der BWS und in dem zweiten Fall
eine osteoporotische Wirbelkörpersinterung der Lendenwirbelsäule zeigten, und im Rahmen
der Vorbereitung der Röntgenbesprechung detektiert wurden. In einem weiteren Fall
fanden vergrößerte hiläre Lymphknoten bei bekannter Sarkoidose im schriftlichen Befund
keine Erwähnung, wurden aber durch die Vorbereitung identifiziert.
Eine Abmilderung, bzw. ein „Downgrading“, also die Interpretation eines Befundes mit
geringerer klinischer Auswirkung als im schriftlichen Befund (R2), wurde durch die
Vorbereitung der Röntgendemonstration in lediglich einem Fall (0,2 %) vorgenommen.
In diesem Fall wurde bei einer 91-jährigen Patientin im schriftlichen Befund eine
nekrotisierende Pankreatitis diagnostiziert, die vom demonstrierenden Radiologen als
exsudative Pankreatitis ohne Nekroseanteile interpretiert wurde.
Bei 445 von 487 Fällen (91,4 %) ergab sich keine Änderung des radiologischen Befundes
(R0) durch den demonstrierenden Radiologen im Vergleich zu dem schriftlichen Vorbefund.
Bei 69 Konferenzen wurden insgesamt in 64 Fällen Fremdaufnahmen ausgewertet. Davon
wurden 60 Fremdaufnahmen als qualitativ ausreichend betrachtet. Bei 4 Fällen wurden
die Bilder qualitativ bzw. bezüglich der inhaltlichen radiologischen Durchführung
der Untersuchung als nicht adäquat angesehen und es wurde eine Empfehlung zur Untersuchungswiederholung
vom demonstrierenden Radiologen gegeben. Dabei musste bei Leberbildgebung in vier
Fällen eine MRT-Untersuchung mit weiteren Kontrastmittelphasen und diffusionsgewichteten
Sequenzen zur Abklärung fraglicher Leberraumforderungen durchgeführt werden. Inhaltlich
ergab sich bei den 64 auswärtigen Untersuchungen bezüglich der Befunde keine relevante
Diskrepanz. Lediglich in einem Fall wurde ein Downgrading des auswärtigen Befundes
durch die eigene Befundung vorgenommen. In diesem Fall wurde ein extern als bösartiger
Lebertumor interpretierter Befund in der Röntgenbesprechung als unkomplizierte FNH
diagnostiziert.
Analyse der Röntgenbesprechungsphase (Phase 2)
Insgesamt bei 5 der 487 vorgestellten Patienten ergab sich durch die Röntgenbesprechung
noch einmal eine Änderung der radiologischen Diagnose im Vergleich zum schriftlichen
Vorbefund ([Tab. 1]). Ein zusätzlicher, nicht relevanter Nebenbefund (R1a) wurde in einem Fall durch
das Gespräch und zusätzliche klinische Information entdeckt. Dabei wurden ältere,
konsolidierte Rippenfrakturen durch die vorgetragene Anamnese entdeckt, die jedoch
weder klinisch apparent noch von therapeutischer Relevanz waren. In insgesamt drei
Fällen wurden zusätzliche, klinisch relevante Befunde (R1b) durch die gemeinsame Diskussion
aufgedeckt. In einem Fall wurde durch die ausführliche Falldiskussion eine Knochenmetastase
im nativen Schädel-CT identifiziert, welche in der Primärbefundung keine Erwähnung
gefunden hatte. In einem weiteren Fall wurde bei der Angabe ausgeprägter Rückenschmerzen
in der Fallbesprechung eine LWK 2-Sinterungsfraktur entdeckt. Der dritte Fall war
ein in der Primärbefundung übersehenes thorakales Weichteilhämatom eines intensivpflichtigen
Patienten, welches unter Berücksichtigung der klinischen Angabe einer rasch progredienten
lokalen Raumforderung angrenzend an eine erst vor kurzer Zeit eingebrachte Thoraxdrainage
während der Röntgendemonstration entdeckt wurde ([Abb. 1]). Lediglich in einem Fall ergab sich im Rahmen der Befundbesprechung ein Downgrading
des Befundes. So konnte bei einem Patienten mit Leberzirrhose und hepatozellulärem
Karzinom durch den Vergleich mit Voraufnahmen, die zur Besprechung mitgebracht wurden,
unter Berücksichtigung des konstanten Befundes die Diagnose eines Regeneratknotens
gestellt werden.
Abb. 1 Bei dem axialen kontrastgestützten CT eines intensivpflichtigen Patienten wurde ein
Hämatom an der linken vorderen Thoraxwand (Pfeilspitze) zunächst nicht beschrieben
a. Bei der Diskussion nach der radiologischen Befunddemonstration wurde vom betreuenden
internistischen Arzt angemerkt, dass nach Anlage einer Thoraxdrainage (Pfeil) eine
neu aufgetretene thorakale Schwellung sowie Blutung dieser Lokalisation aufgefallen
waren b, sodass hierdurch die klinische Diskussion der wichtige Befund des akuten Hämatoms
ergänzt werden konnte.
Bezüglich der weiteren diagnostischen Konsequenzen gab es bei 405 von 487 Fällen (83,2 %)
der vorgestellten Patienten keine relevante Änderung zum Beschluss von neuen diagnostischen
Verfahren ([Tab. 2]). Bei 9 % (n = 44) wurden während der Besprechung weitere radiologische diagnostische
Verfahren indiziert, bei 2,7 % (n = 13) wurden weitere interventionelle radiologisch
diagnostische Verfahren wie etwa CT-grafisch gestützte Histologiegewinnung oder interventionelle
angiografische Abklärungen empfohlen. Bei 1,6 % (n = 8) wurden weitere technische
diagnostische Verfahren beschlossen und bei 2,9 % (n = 14) weitere endoskopische Diagnostik
veranlasst. Bei zwei Patienten wurde weitere Labordiagnostik und bei einem Patienten
wurde „sonstige Diagnostik“ (D5, [Tab. 3]), in diesem Fall nuklearmedizinische Abklärung durch eine PET-CT, indiziert. Insgesamt
wurden also bei 16,8 % der vorgestellten Patienten weitere diagnostische Modalitäten
durch die radiologische Konferenz indiziert.
Bezüglich weiterer therapeutischer Konsequenzen, basierend auf der radiologischen
Demonstration, ergab sich bei 78,5 % (n = 382) keine akute Änderung des therapeutischen
Vorgehens ([Tab. 3]). Bei 7,0 % (n = 34) wurde im Rahmen der Röntgenbesprechung eine weitere radiologische
Therapie, wie z. B. die Durchführung einer lokalen Ablation (RFA etc.) bzw. angiografischen
Intervention (z. B. TACE, TIPSS etc.) empfohlen. Bei 2,4 % (n = 12) wurde eine zusätzliche
endoskopische Therapie angeraten und bei 6,8 % (n = 33) eine zusätzliche chirurgische
Therapie im Sinne eines operativen Vorgehens. In 3,7 % der Fälle (n = 18) erfolgte
durch die interdisziplinäre Besprechung eine Therapieänderung mit zusätzlicher medikamentöser
Therapie und bei 1,6 % (n = 8) wurde durch die radiologische Vorstellung das weitere
therapeutische Vorgehen im Ausmaß reduziert bzw. die therapeutischen Maßnahmen verringert.
Bezüglich der in der Röntgenbesprechung vorgestellten Fremdaufnahmen kam es in insgesamt
fünf Fällen zu einer gemeinsam indizierten Forderung, die Fremdaufnahmen aufgrund
unzureichender Bildqualität oder entscheidender fehlender Sequenzen oder Kontrastmittelphasen
zu wiederholen.
Diskussion
In der vorliegenden Arbeit wurde eine radiologische Röntgendemonstration in der klinischen
Visite einer universitären Klinik für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Hepatologie,
Gastroenterologie, Infektiologie, Endokrinologie und Rheumatologie prospektiv ausgewertet
und analysiert. Dabei wurden über den Zeitraum eines Jahres 69 Röntgendemonstrationen
mit 487 einzelnen Fällen und 1067 radiologischen Untersuchungen, die von demselben
Radiologen demonstriert wurden, analysiert. Dabei zeigte sich mit 69,5 % eine Dominanz
der CT-Untersuchungen über die MRT-Untersuchungen mit 26,4 %. Die durchschnittliche
tägliche Vorbereitungszeit von ca. 36 Minuten, die als reine Bildvorbereitungszeit
ohne den weiteren organisatorischen Aufwand für die Vorbereitung und eventuell notwendige
Nachbereitung zu rechnen ist, ergibt somit zusammen mit der eigentlichen Röntgendemonstration
eine Arbeitskraftbindung eines erfahrenen Radiologen über mehr als 1 Stunde pro Tag
für eine in der Routine durchgeführte Röntgenbesprechung alleine in der Gastroenterologie
und Hepatologie. Anzumerken ist hier insbesondere, dass im Routinebetrieb an einer
Klinik der Maximalversorgung neben den zahlreichen Tumorboards täglich etwa 5 – 10
solcher Röntgendemonstrationen innerhalb klinischer Visiten angeboten werden. So wurde
in einer Analyse von McDonald und Kollegen aus dem Jahre 2013 festgestellt, dass die
Hauptarbeitslast eines klinisch tätigen Radiologen mit etwa 35 % in der eigentlichen
Befundung, zu 23 % bei radiologischen Eingriffen und zu 15 % in der Ausbildung junger
Kollegen liegt, jedoch 14 % der täglichen Arbeitszeit mit der Durchführung von Konferenzen
und 10 % der Zeit durch informelle Falldemonstration belegt sind [2].
Die Hypothese, dass durch das erneute Sichten und Vorbereiten der radiologischen Untersuchungen
im Vorfeld von Röntgendemonstrationen durch einen Facharzt, in der Regel nach bereits
vorliegender schriftlicher Befundung, eine Verbesserung der Ergebnisqualität von Befunden
erzielt wird, konnte durch unsere Zahlen nicht belegt werden. Bei 91,4 % ergibt sich
keine entscheidende Änderung zu den Vorbefunden und in 1,2 % der Fälle werden in der
Vorbereitungsphase zusätzliche, klinisch relevante Befunde entdeckt. Bei 7,2 % der
Untersuchungen, für die zum Vorbereitungszeitpunkt für Röntgendemonstration noch keine
schriftlichen Befunde vorliegen, muss durch den vorbereitenden Arzt eine selbstständige
Befundung vorgenommen werden, was erneut den Zeitaufwand steigert.
In Bezug auf den sehr niedrigen Anteil von relevanten Befundänderungen ist einschränkend
davon auszugehen, dass in der klinischen Realität im Rahmen der Vorbereitung der Röntgendemonstration
durch den radiologischen Facharzt keine vollständige Neubefundung erfolgt. In dem
meisten Fällen wird der initiale Befund übernommen, aufgrund der hohen Anzahl der
angeforderten Untersuchungen einer Röntgendemonstration kann lediglich befund- bzw.
problemorientiert eine unabhängige Neubefundung erfolgen. Auch die Zahl der geänderten
radiologischen Befunde durch die anschließend durchgeführte gemeinsame Besprechung
der Röntgenbilder mit jeweiliger Falldiskussion ergibt, dass in bis zu 99 % der Fälle
keine relevante Änderung zum schriftlichen Vorbefund vorgenommen wird. Lediglich in
weniger als 1 % werden hier durch ergänzende klinische Angabe der unmittelbar betreuenden
Kollegen wichtige zusätzliche Befunde an den Tag gebracht. Die Ergebnisse zeigen daher
eine sehr zufriedenstellend hohe Übereinstimmung der initialen radiologischen Befunde
mit der endgültigen Aussage nach einer erfolgten interdisziplinären Besprechung. An
dieser Stelle muss jedoch auch angemerkt werden, dass während der initialen Befunderstellung
bereits häufig Rücksprache mit den primär patientenführenden Kollegen erfolgt, um
so beispielsweise insbesondere bei komplexen intensivmedizinischen Fällen mögliche
Differenzialdiagnosen besser bewerten und in Kontext setzen zu können.
Zudem muss man, wie bereits oben angemerkt, bei unserem untersuchten Kollektiv davon
ausgehen, dass die zusätzliche Befundung in der Vorbereitung der Röntgendemonstration
nicht als eine Art gutachterliche Zweitmeinung angefertigt wird, sondern dass die
Vorbereitung einer Röntgendemonstration zu einem großen Teil auf Vertrauen auf die
eigene Institution und die hohe Qualität der Vorbefunde in der eigenen Abteilung basiert.
In der uns bekannten Literatur wurden Röntgenbesprechungen bzw. Änderungen radiologischer
Befunde und Ergebnisse, basierend auf dem kommunikativen bzw. diskussionsgeprägten
Teil einer Röntgenbesprechung und deren Vorbereitung, bisher noch nicht systematisch
analysiert. Es existieren lediglich Arbeiten, die den Einfluss einer hoch spezialisierten
radiologischen Zweitmeinung auf das weitere Management von Tumoren oder speziellen
Erkrankungen analysieren. Lysack und Kollegen untersuchten in einer im Jahre 2013
erschienenen Studie an 94 Patienten mit gesicherten Kopf- und Halstumoren die Unterschiede
der auswärtigen radiologischen Primärbefundung im Vergleich zur Befundung eines Neuroradiologen
bezüglich des Tumorstagings [3]. In dieser Studie wurde das Tumorstaging in 56 % und das empfohlene Tumormanagement
in 38 % basierend auf der Expertenmeinung des Neuroradiologen geändert. In einer Studie
von Eakens aus dem Jahre 2012 wurde ebenfalls eine hochspezialisierte radiologische
Untergruppe der Kinderradiologen bezüglich des Einflusses ihrer Zweitmeinung untersucht
[4]. Hier wurden bei 773 untersuchten radiologischen Befunden in bis zu 41,8 % eine
fehlende Übereinstimmung von Initialbefund und Zweitmeinung der Kinderradiologen detektiert.
Nach eigener Definition der Autoren handelt es sich dabei in 21,7 % der Fälle um entscheidende
Nichtübereinstimmungen. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Diskrepanz
zu fundierten Zweitmeinungen in der pädiatrischen Radiologie zwischen 12,6 % bei neuroradiologischer
Bildgebung und 32,6 % bei der Bildgebung des restlichen Körpers auftreten können.
Die bei uns untersuchten Patienten einer Gastroenterologie und Hepatologie stellen
jedoch prinzipiell einen Schwerpunkt des gesamten Klinikums dar, sodass bereits die
Initialbefunde auf hohem Niveau erstellt werden und es daher keine vergleichbar ausgeprägten
Diskrepanzen wie in oben erwähnten Studien beim Vergleich auswärtiger Befunde von
sekundären und tertiären Zentren zu der Befundung durch hochspezialisierte Radiologen
der Neuroradiologie und Kinderradiologie ergeben.
Auch bezüglich der Analyse des Einflusses von Röntgendemonstrationen in klinischen
Visiten auf eine weitere diagnostische Abklärung des Patienten gibt es nach unserer
Kenntnis keine systematische Evaluation in der Literatur. In unserer Studie gab es
bei 83,2 % der Patienten keine relevante Änderung in der weiteren Diagnostik, sodass
die diagnostische Kaskade bei diesen Patienten nach der Besprechung in der Röntgendemonstration
abgeschlossen erschien. Immerhin bei 11,7 % aller Patienten wurde durch die Röntgendemonstration
die Indikation zu weiteren radiologischen Untersuchungen gestellt, was rein diagnostisch
nicht invasiv, immerhin bei 9,0 % der vorgestellten Patienten, zu einer direkten Empfehlung
des Radiologen für eine weitere radiologische, meist komplementäre Methode führte.
Bei 2,7 % der Patienten ergab sich die erneute Indikation bzw. Empfehlung durch den
Radiologen zu einer weiteren interventionellen radiologischen Diagnostik. Insgesamt
konnte bei 16,8 % aller vorgestellten Patienten durch die radiologische Besprechung
und Bilddemonstration das weitere diagnostische Vorgehen konkret festgelegt werden.
Als Einschränkung der eigenen Studie muss gesehen werden, dass nicht definitiv analysiert
werden konnte, ob die Durchführung der weiteren Diagnostik alleine durch das Gespräch
in der Röntgenbesprechung entstanden ist. Hypothetisch wäre es auch möglich, dass
allein durch den schriftlichen radiologischen Befund das weitere Vorgehen in einigen
Fällen identisch durchgeführt worden wäre. Insgesamt kann man, basierend auf dem bekanntermaßen
hohen klinischen Einfluss radiologischer Besprechungen auf die weitere diagnostische
und therapeutische Kaskade, davon ausgehen, dass die in unserer Studie erzielten Endpunkte
(Änderung des Therapiekonzeptes, zusätzlich veranlasste Diagnostik) repräsentativ
sind. Dies ist insbesondere bei schwierigen Fällen an einem tertiären Versorgungszentrum
der Fall [1].
Bezüglich der Änderung des therapeutischen Vorgehens lagen ähnliche Zahlen wie in
der weiteren Diagnostik vor. Bei 78,5 % der Patienten gab es durch die radiologische
Besprechung keine relevante Änderung bezüglich des therapeutischen Vorgehens. Immerhin
bei 7,0 % der besprochenen Patienten wurde eine weitere radiologische Therapie indiziert.
Dies beinhaltete z. B. lokal ablative Verfahren bei Leberraumforderungen oder aber
auch Entlastungen von Verhalten und Abszessen bzw. angiografische Therapieansätze,
wie beispielsweise die Anlage eines TIPSS. Hierin ist sicherlich eine wichtige Begründung
radiologischer Besprechungen im klinischen Kontext zu sehen, da durch bezüglich interventionserfahrene
Radiologen auch interventionell-radiologische Verfahren angeboten und zusammen mit
dem klinisch betreuenden Kollegen diskutiert und indiziert werden können. Auch die
Indikationsstellung zu weiteren chirurgischen therapeutischen Verfahren war bei 6,8 %
der untersuchten Fälle gegeben. Somit konnte gezeigt werden, dass basierend auf der
radiologischen Diagnostik, zusammen mit der Diskussion der Fälle mit dem klinisch
betreuenden Kollegen, auch hier sehr zeitnah und effizient Änderungen im therapeutischen
Management erreicht werden konnten. In der uns bekannten Literatur liegt eine Analyse
von Röntgenbesprechungen bezüglich therapeutischer Verfahren bzw. dem sogenannten
„Wechsel des Managements“ nicht vor. Es liegen lediglich Analysen von Tumorboards
vor, die wie bereits eingangs erwähnt, multidisziplinär und ebenfalls unter der Beteiligung
von Radiologen durchgeführt werden. So beschreiben Chafe et al. in ihrer Analyse den
Einfluss von Pathologen in gynäkologischen Tumorboards als durchaus gewichtig [5]. Alleine durch die Vorbereitung für das Tumorboard wurde bei dieser Publikation,
bei der 414 Patienten retrospektiv analysiert wurden, in 33 % der pathologische Befund
geändert und eine Änderung des Managements im Tumorboard bei 12 % erreicht. In einer
prospektiven Studie bezüglich des klinischen Einflusses multidisziplinärer Tumorboards
von Halstumoren wurden 120 Patienten prospektiv untersucht. In dieser Studie wurde
gefolgert, dass sich bei 27 Patienten durch das Tumorboard eine Änderung der Tumordiagnose,
des Stagings und des Behandlungsplans ergab [6]. Ähnlich den hier zitierten Ergebnissen aus Tumorboards konnte auch in unserer Studie
gezeigt werden, dass durch die gemeinsame Patientenbesprechung bei 37,3 % der Fälle
ein „Change of Management“ im Sinne der diagnostischen oder therapeutischen Änderung
erreicht wurde. Wie bei Tumorboards ist ebenfalls davon auszugehen, dass durch die
gemeinsame klinische Diskussion der patientenführenden internistischen Kollegen zusammen
mit erfahrenen Radiologen insgesamt eine Verbesserung der Versorgung der Patienten
erreicht werden kann.
Zusammenfassung
In unserer Studie wurde erstmals versucht, Röntgendemonstrationen in klinischen Visiten
mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie und Hepatologie systematisch bezüglich der radiologischen
Tätigkeit zu analysieren, besonders aber auch die entscheidenden Auswirkungen der
Röntgendemonstration auf die weitere Diagnostik und Therapie des Patienten zu erfassen.
Wir konnten feststellen, dass durch die zusätzliche Analyse der Röntgenaufnahmen durch
den demonstrierenden Arzt sowohl in der Vorbereitungsphase als auch in der Röntgenbesprechung
mit den patientenführenden klinischen Kollegen in der Regel in den wenigsten Fällen
eine zusätzliche, relevante Diagnose hinzukommt, was für eine gute primäre radiologische
Befundungsqualität spricht. Jedoch konnte durch die gemeinsame Besprechung in 38,3 %
ein Wechsel im Patientenmanagement (16,8 % Diagnostik, 21,5 % Therapie) durch die
gemeinsame Röntgenbesprechung erreicht werden. Gerade bei den therapeutischen Konsequenzen
in 21,5 % ist bezüglich der klinischen Relevanz bemerkenswert, dass durch die Röntgenbesprechung
bei 6,8 % der Wechsel zu chirurgischen Eingriffen und in bis zu 7,0 % der therapeutische
Wechsel zu radiologischen Interventionen mit therapeutischem Ansatz erfolgte.
Zusammenfassend kann daraus abgeleitet werden, dass interdisziplinäre radiologisch-klinische
Besprechungen einen „Change of Management“ in über ⅓ der besprochenen Fälle induzieren
und eine Verbesserung für die Patientenversorgung und Qualität der Behandlung in der
klinischen Routine darstellen.
Klinische Relevanz der Studie
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Die Zweitbefundung durch die nochmalige Fallvorbereitung eines erfahrenen Radiologen
änderte lediglich in etwa 1 % den primären radiologischen Befund.
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Durch die interdisziplinäre Röntgenbesprechung in der gastrointestinalen Inneren Medizin
konnte in weit über ⅓ der Fälle eine Änderung des Behandlungsregimes für die Patienten
erreicht werden.
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Interdisziplinäre Röntgenbesprechungen tragen entscheidend zu einer Verbesserung der
Patientenversorgung durch die Integration des Wissens sowie aller relevanter Patienteninformationen
bei.