Die Therapie von Nagelmykosen ist bei Patienten mit Diabetes eine besondere Herausforderung. Worauf besonders zu achten ist, das fragten wir Prof. Dietrich Abeck, Mitautor der Leitlinie Nagelpilz, niedergelassener Dermatologe und Konsiliararzt.
Sind Nagelmykosen bei Diabetikern mehr als ein „kosmetisches Problem“ und falls ja, weshalb sollten sie behandelt werden?
Prof. Dietrich Abeck: Vom Nagelpilz befallene Nägel können auch Schmerzen bereiten, beispielsweise beim Gehen, und viele Aspekte des täglichen Lebens beeinträchtigen. Eine Nagelmykose ist aber vor allem ein signifikanter Risikofaktor für bakterielle, teilweise lebensbedrohliche Infektionen der unteren Extremitäten. Nahezu ein Drittel der Patienten mit Diabetes leidet an einer Onychomykose und unbehandelt ist diese eine für den Erhalt der Gliedmaßen bedrohliche Infektion.
Topisch oder systemisch? Was ist bei diabetischen Patienten zu beachten?
Abeck: Bei der Entscheidung, ob eine topische Behandlung ausreicht oder eine topisch-orale Kombinationsbehandlung notwendig ist, unterscheiden sich diabetische und nichtdiabetische Patienten nicht. Das richtet sich nach dem Ausmaß des Nagelbefalls und der Anzahl betroffener Nägel. Ein mehr als 50 %iger Befall des Nagels spricht auf eine alleinige topische Behandlung oft nicht an, und auch ein Befall von 4 oder mehr Nägeln rechtfertigt eine Kombinationsbehandlung.
Die Bedeutung eines Diabetes für die Therapie ist bis heute nur unzureichend untersucht. Es wird aber postuliert, dass diabetische Patienten mit Nagelmykose wegen einer eventuellen Hypoglykämie oder schlechter Fußpflege schwieriger zu behandeln seien.
Welche Kriterien sollten bei der Wahl eines Produkts zur topischen Therapie bei Diabetikern beachtet werden?
Abeck: Hier ist vor allem auf die Einfachheit bei der Anwendung zu achten. Topika, die ein regelmäßiges Abfeilen der pilzbefallenen Nagelanteile verlangen, sind eher schlecht geeignet. Dies spricht für den Gebrauch von topischen Antimykotika auf der Grundlage wasserlöslicher Lackzubereitungen.
Wie wichtig ist der Behandlungsrhythmus?
Abeck: Die kontinuierliche Applikation ist wichtig, um konstante antimykotische Wirkspiegel zu erreichen. Wenn die Anwendung aber gelegentlich einmal vergessen wird, ist der Therapieerfolg nicht infrage gestellt.
Wie können sich Diabetiker vor Nagelpilzinfektionen schützen?
Abeck: Zur Primärprävention ist es sinnvoll, konsequent jede Fuß- oder Zehenzwischenraummykose zu behandeln! Leider erkranken etwa 10 bis teilweise über 50 % der Patienten nach einer erfolgreichen Behandlung ihrer Nagelpilzinfektion erneut. Das Risiko für eine wiederholte Ansteckung durch die gleichen Erreger steigt mit der Zeit und ist 3 Jahre nach Behandlungsende am höchsten.
Nach aktuellen Studien ist bis heute nur eine Diabeteserkrankung ein bedeutender Risikofaktor für ein erhöhtes Wiederauftreten einer Nagelpilzinfektion. Somit sollte neben der örtlichen Behandlung der betroffenen Nägel das Augenmerk insbesondere auf einer guten medikamentösen Einstellung des Diabetes mit dauerhaft normalen Blutzuckerwerten liegen.
Die Autoren einer aktuellen Studie [13]empfehlen folgende Maßnahmen zur Verminderung des Risikos für eine erneute Nagelpilzerkrankung nach erfolgreicher Therapie: das Auftragen eines antimykotischen Nagellacks auf die Nägel 2-mal pro Monat über einen Zeitraum von 3 Jahren, die konsequente Behandlung einer Pilzinfektion in den Zehenzwischenräumen und anderen Teilen des Fußes, die konsequente Mitbehandlung von Fuß- und Nagelpilz bei Familienmitgliedern und das Meiden öffentlicher Einrichtungen mit erhöhter Pilzgefahr, wie zum Beispiel Schwimmbäder. Zudem sollten für die Schuhe konsequent Antipilzsprays verwendet werden.
! Herr Professor Abeck, vielen Dank für das Gespräch!