Pneumologie 2017; 71(04): 199
DOI: 10.1055/s-0042-123759
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tuberkulose in Osteuropa: Neuere Medikamente verbessern das Überleben

Balabanova Y. et al.
Survival of patients with multidrug-resistant TB in Eastern Europe: what makes a difference?.

Thorax 2016;
71: 854-861
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Publication Date:
13 April 2017 (online)

 

    Trotz globaler Erfolge im Kampf gegen Tuberkulose nehmen Therapieresistenzen zu. In Osteuropa werden die höchsten Raten an multiresistenten (MDR-TB) und extensiv-resistenten (XDR-TB) Fällen registriert. Balabanova et al. analysierten das Überleben und damit assoziierte Faktoren von TB-Patienten in den baltischen Staaten und der Stadt Bukarest (Rumänien).


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    In die prospektive, 3-jährige Studie wurden konsekutiv neu- und wiederholt behandelte Patienten mit MDR- und XDR-TB eingeschlossen, deren Therapien im Jahr 2009 (bzw. 2007 in Lettland) registriert wurden. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit lag zwischen 2,1 und 2,8 Jahren.

    Die Mehrheit der insgesamt 737 Patienten war männlich, zwischen 40 und 60 Jahre alt und lebte in Städten. Die meisten Patienten waren Raucher, die Hälfte hatte einen Alkoholmissbrauch und 25 % waren erwerbstätig. Von den 530 auf HIV-Getesteten waren 4 % positiv. In 46 % der Fälle mit MDR- und XDR-TB handelte es sich um neu diagnostizierte Patienten. Dieser Anteil erreichte in Estland 85 %. Eine Kulturkonversion innerhalb von 6 Monaten Therapie wurde bei 71 % aller Patienten erreicht. Entsprechend den Daten zur Adhärenz von 137 Patienten nahmen 43 % die Medikamente konsequent ein. Es gab 56 % Fälle von MDR-TB ohne zusätzliche Resistenz gegenüber Fluorchinolonen oder injizierbaren Medikamenten, 33 % Fälle mit prä-XDR-TB und 11 % Fälle mit XDR-TB.

    Die durchschnittliche Mortalitätsrate erreichte 10,94 pro 1000 TB-Patienten pro Jahr und war mit 30,51 bei HIV-Positiven am höchsten. Bei diesen Patienten lag das mediane Überleben bei 1,9 Jahren, bei allen anderen TB-Patienten bei 5,9 Jahren. Unabhängige Faktoren, die Überlebenszeiten verkürzten, waren:

    • höheres Alter (adjustierte Hazard Ratio [aHR] > 2)

    • männliches Geschlecht (aHR 2,00)

    • Alkoholmissbrauch (aHR 1,70)

    • Ruhestand (aHR 2,69)

    • Komorbiditäten (aHR 2,33)

    • extrapulmonale Beteiligung (aHR 2,65)

    Gehörten Fluorchinolone und injizierbare Medikamente nicht zum Therapieregime, stieg die Mortalitätsrate unabhängig von Resistenzmustern auf 58,56. Dagegen reduzierte ihre Anwendung die Mortalitätsrate in allen Resistenzgruppen einschließlich XDR-TB auf 8,9. Bei Ofloxacin-empfindlichen Patienten schien die Gabe von Moxifloxacin das Überleben verglichen mit Fluorchinolonen älterer Generationen zu verbessern (aHR 0,54).

    Fazit

    Die Studie belegt in den baltischen Staaten und in Bukarest hohe Belastungen durch MDR- und XDR-TB. Die Autoren betonen die Notwendigkeit verbesserter Therapieregime und den frühen Einsatz von ≥ 4 aktiven Medikamenten. Gleichzeitig müsse die Adhärenz verbessert werden.

    Matthias Manych, Berlin


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