Pneumologie 2017; 71(03): 142
DOI: 10.1055/s-0042-123880
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weaning-Klassifikation mit prognostischer Bedeutung

Béduneau G. et al.
Epidemiology of Weaning Outcome According to a New Definition. The WIND Study.

Am J Respir Crit Care Med 2016;
DOI: 10.1164/rccm.201602-0320OC.
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Publication History

Publication Date:
20 March 2017 (online)

 

Das Weaning ist ein entscheidender Prozess für alle mechanisch beatmeten Patienten. Die von einer internationalen Konsensuskonferenz (ICC) 2007 vorgeschlagene Klassifikation unterschied einfaches, verlängertes und schwieriges Weaning, erfasste aber nicht die Fälle, bei denen die Entwöhnung nicht gelang, kein spontaner Atemversuch unternommen worden war oder ein Tracheostoma vorlag. Eine französisch-spanisch-schweizerische Gruppe entwickelte in einer aktuellen Studie ein umfassenderes Konzept, das auch prognostisch relevant zu sein scheint.


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Die Studie WIND (WeanIng according to New Defintion) definierte den Start des Weaning-Prozesses mit dem ersten Versuch, den Patienten vom mechanischen Beatmungsgerät zu trennen, unabhängig von der Methode. Vorangegangene Maßnahmen zur Reduktion der Atemunterstützung und Spontanatmungsversuche werden dabei nicht explizit berücksichtigt. Die neu vorgeschlagene Klassifikation schließt auch tracheostomierte Patienten mit ein, die durch die ICC-Klassifikation nicht erfasst werden. Ein erfolgreiches Weaning wurde definiert als ein Zeitraum von 7 Tagen ohne mechanische Beatmung unabhängig davon, ob eine nichtinvasive Beatmung eingesetzt wurde. Es wurden 4 Gruppen unterschieden:

  • Gruppe ohne Weaning: kein einziger Versuch der Separierung von der mechanischen Beatmung

  • Gruppe 1 – kurzes Weaning: Der erste Versuch resultierte in einer Beendigung des Weaning-Prozesses innerhalb von 24 Stunden aufgrund erfolgreicher Separierung oder durch Tod

  • Gruppe 2 – schwieriges Weaning: Beendigung des Weanings nach 24 Stunden aber spätestens nach einer Woche aufgrund erfolgreicher Separierung oder durch Tod

  • Gruppe 3 – verzögertes Weaning: 7 Tage nach dem ersten Trennversuch noch nicht erfolgreich beendet oder Patient verstorben

An 36 Intensiveinheiten in Frankreich, Spanien und der Schweiz untersuchten die Autoren prospektiv 2729 Patienten, die in einem Dreimonatsszeitraum mechanisch beatmet worden waren. Daten zu Beatmung und Weaning wurden täglich erfasst, die Klassifizierung zunächst gemäß ICC und dann gemäß der neu definierten Kriterien vorgenommen.

Ergebnisse

Die ICC-Klassifikation erlaubte nur die Einteilung von 1379 Patienten (51 %), knapp die Hälfte konnte gar nicht klassifiziert werden, z. B. weil kein Spontanatmungstest durchgeführt worden war, nie eine Extubation vorgenommen worden war oder die Beatmung nichtinvasiv über mehr als 48 Stunden fortgeführt worden war. Die WIND-Klassifikation erlaubte demgegenüber die Einordnung von 99 % der Patienten: 24 % begannen nie den Weaning-Prozess, bei 57 % war das Weaning kurz (Gruppe 1), bei 10 % schwierig (Gruppe 2) und bei 9 % verzögert (Gruppe 3).

Von einer Gruppe zur anderen stieg die Dauer der Beatmung bis Tag 28 und die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation an. Die Mortalitätsrate nahm ebenfalls kontinuierlich zu von 6 % in Gruppe 1 auf 17 % in Gruppe 2 und 29 % in Gruppe 3. Das nicht adjustierte Sterberisiko lag nach dem ersten Trennversuch bei 19 % und stieg nach 10 Tagen kontinuierlich auf 37 % an.

Fazit

Die WIND-Klassifikation erlaubt durch eine veränderte Definition eines Weaning-Versuchs und nach der Dauer bis zum erfolgreichen Weaning eine Einordnung aller Weaning-Situationen. Die vorgeschlagenen Gruppen sind für Morbidität und Mortalität relevant und damit nach Meinung der Autoren sowohl im klinischen Alltag als auch in zukünftigen wissenschaftlichen Studien anwendbar.

Friederike Klein, München


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