Pneumologie 2017; 71(02): 75-76
DOI: 10.1055/s-0042-123892
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Experimentelle Radiologie: COPD: CT zur Diagnostik und Therapiesteuerung?

Ostridge K. et al.
Present and future utility of computed tomography scanning in the assessment and management of COPD.

Eur Respir J 2016;
48: 216-228
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 February 2017 (online)

 

    Die Computertomografie (CT) wird bei der differenzierten Diagnostik und Therapiesteuerung der COPD in ihrem Stellenwert unterschätzt, so die These der Übersichtsarbeit von Kristoffer Ostridge und Tom M. A. Wilkinson. Aktuelle Aspekte des Forschungsstandes stützen diese Vermutung der Autoren.


    #

    Die Diagnose COPD wird typischerweise klinisch gestellt. Dabei eröffnet die Verfügbarkeit neuer, für die COPD optimierter, CT-Auswertungsalgorithmen weiterführende Perspektiven. Ein entsprechender Paradigmenwechsel stößt in der Praxis jedoch auf geringe Akzeptanz. So hielten selbst bei schwerer COPD nur 32 % der in Großbritannien befragten Pulmonologen eine CT-Diagnostik für angezeigt. Aufgrund dieses konservativen Vorgehens bleiben, so die Meinung der Autoren, wertvolle Optionen ungenutzt.

    Für die bei der COPD wesentlich verbesserte Aussagekraft der Computertomografie sind neue densitometrische Auswertungsalgorithmen verantwortlich. Hierdurch können sowohl Veränderungen im Lungengewebe als auch im Aufbau der Luftwege exakter erkannt werden. Entsprechende Softwareprogramme stehen kommerziell zur Verfügung, sind allerdings noch nicht auf allen CT-Systemen implementierbar.

    Die diagnostische Relevanz der innovativen CT-Auswertung zeigt sich beispielhaft bei COPD-Patienten vom Emphysemtyp. Die rechtzeitige radiologische Identifizierung eines ausgeprägten Oberlappenemphysems erlaubt eine präzisere Indikationsstellung zur thoraxchirurgischen Intervention und verbessert somit die Prognose (National Emphysema Treatment Trial).

    Die neuen Auswertungstechniken ermöglichen es, den Zustand des Bronchialsystems bis in feinere Verästelungen hinein zu beurteilen. So gelingt die frühzeitige Detektion bronchiektatischer Prozesse. Dies ermöglicht eine individuellere therapeutische Betreuung, aber auch entsprechende Verlaufsbeobachtungen. Die Autoren halten diesen Aspekt für relevant, denn aktuelle CT-Studien zeigen, dass bei etwa 50 % der COPD-Patienten unerkannt Bronchiektasen bestehen.

    Im Weiteren ergibt sich die Möglichkeit einer systematischen Klassifizierung des COPD-assoziierten Lungenemphysems. Die Softwaresysteme ermöglichen die anatomische Differenzierung in zentrilobulär, panlobulär und paraseptal. Diese Befunde korrelieren, wie durch Untersuchungen belegt, mit dem klinischen Bild (GenKOLS-Studie). Problematisch bleiben dabei prognostische Aussagen, da sich, aufgrund methodischer Probleme, bei der Bewertung der Verlaufsparameter Inkonsistenzen ergaben (ECLIPSE-Studie).

    Auch der inflammatorische Aspekt wird im Rahmen der verbesserten CT-Auswertung erfasst. Dies geschieht indirekt, über die Vermessung der peribronchialen Wandstruktur. In ersten klinischen Untersuchungen zeigte sich, dass dieser radiologische Parameter zuverlässig mit spirometrischen Veränderungen im Krankheitsverlauf korreliert. Die sichere Ableitung individueller prognostischer Aussagen aus der CT-Diagnostik ist hier aber im Moment noch nicht möglich.

    Zwar können die kleinsten Atemwege aus technischen Gründen mit dem CT nicht dargestellt werden. Indirekt lässt sich ihr Zustand über das Phänomen „Airtrapping“ beschreiben. Das CT erlaubt dessen Quantifizierung und steht somit als Surrogatparameter der Lungenfunktion zur Verfügung.

    Fazit

    Die Kombination der Computertomografie mit COPD-spezifischer Auswertungssoftware eröffnet interessante Perspektiven der differenzierten Diagnose bzw. Therapiesteuerung. Aktuelle Langzeitstudien werden zeigen, welchem der neu eingeführten CT-Parameter zur Beschreibung der Lungenmorphologie dabei besondere klinische Bedeutung zukommt.

    Dr. med. Horst Gross, Berlin


    #