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DOI: 10.1055/s-0042-124038
Kohlenmonoxid: Unterschätzte Gefahr für Patienten und Retter
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Publication Date:
06 July 2017 (online)
- CO: Eigenschaften und Wirkung
- Symptomatik der CO-Vergiftung
- Sauerstoff als Mittel der Wahl
- Technische Tücken bei der Diagnostik
- CO-Quellen im Haushalt
- Todesfälle durch CO aus Holzpellets
- Eigenschutz und Einsatztaktik
- Hinweise für den Notarzt- und Rettungsdienst
- Literatur
Das Atemgift Kohlenmonoxid (CO) entsteht nicht nur bei unvollständigen Verbrennungen. CO-Gefahren drohen auch bei unsachgemäß betriebenen Holzkohlegrills, beim Wasserpfeiferauchen oder bei der Lagerung von Holzpellets. Dabei können chronische oder akute Vergiftungen entstehen, die auch das Rettungspersonal gefährden. Dieser Beitrag beschreibt Symptomatik und Therapie der CO-Vergiftung sowie einsatztaktische Aspekte in CO-belasteten Räumen.
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CO: Eigenschaften und Wirkung
Kohlenmonoxid (CO) ist ein toxisch wirkendes Gas. Es entsteht bei unvollständiger Verbrennung und kann akute, oft tödliche, aber auch leichte, nicht sofort erkennbare Vergiftungen verursachen.
Menschen nehmen CO nicht wahr, denn es ist farb- und geruchlos. Da es leichter als Luft ist, verteilt es sich aufgrund seiner Diffusionsfähigkeit ungleich in Räumen. Während Kohlendioxid (CO2) schwerer als Luft ist und sich am Boden sammelt, kann CO Wände und Decken durchdringen und sich über Etagen verteilen („Sickergas“). In unbelüfteten Räumen besteht durch CO Explosionsgefahr.
Beim Einatmen gelangt CO über die Lunge zu den roten Blutkörperchen. Für die Giftwirkung von CO sind drei Mechanismen verantwortlich [1] [17] [18]:
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CO verdrängt den Sauerstoff aufgrund seiner 200 – 300-fach höheren Affinität zum zweiwertigen Eisen des Hämoglobins in den Erythrozyten und bildet statt O-Hb das stabilere Carboxy-Hämoglobin (CO-Hb).
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CO bindet das noch vorhandene O2 stärker an das Hämoglobin, was die O2-Abgabe an das Gewebe vermindert und einer Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve entspricht (Haldane-Effekt).
-
CO beeinträchtigt die Funktion wichtiger Enzyme in den Zellen und führt zu einem zellschädigenden Sauerstoffmangel (Hypoxie).
Das farb- und geruchslose Gas CO kann sich durch Decken und Wände ausbreiten und im Blut Sauerstoff aus den roten Blutkörperchen verdrängen.
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Symptomatik der CO-Vergiftung
Die Symptome einer CO-Vergiftung können sehr variabel sein. Sie hängen vom CO-Hb-Gehalt des Blutes, der Expositionsdauer und der individuellen Empfindlichkeit des Patienten sowie seinen Vorerkrankungen ab. Deshalb müssen die folgenden Symptome nicht zwingend mit den gemessenen CO-Hb-Werten korrelieren.
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Leichte Vergiftungen (ab ca. 10 – 15 % CO-Hb-Gehalt im Blut)
Die Betroffenen klagen über Stirn- und Schläfenkopfschmerzen, Sehstörungen, Kurzatmigkeit, Herzsensationen und Schwindel.
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Mittelschwere Intoxikationen (30 – 40 % CO-Hb-Gehalt)
Die Betroffenen können reizbar, müde, verwirrt oder erregt sein und ihre Urteils- und Entschlussfähigkeit ist beeinträchtigt, so dass sie sich selbst nicht mehr retten können. Weiterhin wurden beschrieben: Schwäche, Konzentrationsstörungen, optische und akustische Sensationen, Schmerzen in den Extremitäten, pathologische Reflexe und Pupillenreaktionen sowie Krampfanfälle. Ein Anstieg oder Abfall des Blutdrucks sowie Tachykardien können ebenso auftreten wie eine unregelmäßige oder oberflächliche Atmung im Wechsel mit Hyperventilation. Wegen Übelkeit und Erbrechens besteht Aspirationsgefahr. Zyanosezeichen können auftreten, und die lehrbuchmäßige kirschrote Hautfarbe zeigt sich nicht immer [17] [19]. Kinder weisen ein eher blasses Hautkolorit auf.
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Schwere Intoxikationen (ab 50 % CO-Hb-Gehalt)
Es treten unmittelbar Bewusstlosigkeit, Koma, Hyperthermie und Tod durch Atemlähmung oder Herzversagen mit Lungenödem ein.
Vergiftungen mit CO können je nach Konzentration in der Luft, Expositionsdauer und individueller Empfindlichkeit unterschiedliche Symptome hervorrufen. Unklare neurologische und kardiale Symptome sollten immer auch an eine CO-Intoxikation denken lassen.
Differenzialdiagnostische Erwägungen
Zunehmend wird auf die Gefahr chronischer CO-Expositionen hingewiesen, die mit neurologischen Symptomen einhergehen können [15] [16]. Diese treten abhängig von der Expositionsdauer und der erreichten Serumkonzentration vor allem an den hypoxieempfindlichen Zielorganen ZNS, Herz, Lunge und Haut in Erscheinung. Besonders kardiopulmonal vorgeschädigte und anämische Patienten sind schneller betroffen [17]. Rauchgasinhalationen sind fast immer auch mit einer CO-Intoxikation verbunden, das darf nicht übersehen werden [20]. Zu beachten sind auch CO-Einflüsse bei alkoholisierten Patienten [21] und bei dunkelhäutigen Menschen, bei denen wegweisende Änderungen der Hautfarbe schwer erkennbar sind [19]. Auch bei Leichenschauen werden CO-Intoxikationen leicht übersehen bzw. nicht bedacht [19].
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Sauerstoff als Mittel der Wahl
Die Notfalltherapie besteht in der Rettung des Betroffenen aus der CO-haltigen Atmosphäre (unter Beachten des Eigenschutzes) an die frische Luft. Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist O2-Gabe, die den CO-Gehalt des Blutes um 30 – 50 % pro Stunde senkt [25]. Auch nach Wiedererlangen des Bewusstseins soll weiterhin O2 gegeben werden. Je nach Schweregrad kann eine Intubation und Überdruckbeatmung notwendig sein, zumindest bis ein Blut-CO-Hb unter 20 % erreicht ist [25]. In schweren Fällen ist eine hyperbare Oxygenation in einer Druckkammer notwendig.
Die Vitalfunktionen müssen überwacht und Störungen von Blutdruck, Herzfrequenz, Herzrhythmus und Säure-Basen-Haushalt therapiert werden. Folgende Wechselwirkungen sind zu bedenken: eine die Toxizität steigernde Wirkung der Katecholamine sowie die ZNS-dämpfende Wirkung von Sedativa [25]. Das wichtigste „Gegengift“ ist O2. Übliche Antidota wie Thionin (Katalysin®), Methylthionin, Hydroxocobalamin (Cyanokit®) etc. haben keinen wesentlichen Einfluss auf CO-Vergiftungen und bedeuten nur unnötigen Zeitverlust [25].
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Technische Tücken bei der Diagnostik
Neben einer verwirrenden Symptomvielfalt bestehen bei CO-Vergiftungen zusätzlich technische Schwierigkeiten: Konventionelle Pulsoxymeter erkennen kein CO-Hb und zeigen vermeintlich normale SpO2-Werte ([Abb. 1]). CO-Hb absorbiert Licht in einer ähnlichen Wellenlänge wie oxygeniertes Hämoglobin, so dass CO-Hb fälschlicherweise als O-Hb gewertet wird. Deshalb dürfen bei Rauchgas-Verletzten normale Sättigungswerte im Pulsoxymeter nicht darüber hinwegtäuschen, dass dennoch eine relevante CO-Vergiftung vorliegen kann und die Patienten dringend O2 benötigen.
Zur Bestätigung einer CO-Vergiftung ist eine frühzeitige Blutentnahme notwendig. Da im Rettungsdienst nicht immer Abnahmeröhrchen für eine Blutgasanalyse mitgeführt werden ([Abb. 2]), kann zur Blutentnahme ersatzweise eine 2ml-Spritze verwendet werden, die mit Heparin benetzt wurde. Dazu wird der Inhalt einer Heparin-Ampulle in eine 2ml-Spritze aufgezogen und wieder ausgespritzt, so dass Konus und Spritzenwände benetzt sind. In der Klinik sollte diese Probe umgehend in einem Blutgasanalysegerät untersucht werden.
Nicht verwirren lassen sollte man sich durch Messwerte und Einheiten. Konzentrationen der Gase werden in Warn- und Messgeräten in ppm (parts per million, Teile einer Million bzw. millionster Teil) angegeben. Pulsoxymeter dagegen zeigen den Anteil von mit Sauerstoff beladenem Hämoglobin in Prozentwerten an. Da konventionelle Pulsoxymeter mit CO beladenes Hb jedoch nicht erkennen, benötigt man spezielle Pulsoxymeter. Diese bestimmen mithilfe eines separaten Messverfahrens im Absorptionsmaximum von CO-Hb, wie viel Prozent Hb mit CO beladen sind. In der Blutgasanalyse ([Abb. 2]) werden die Anteile von CO-Hb und O-Hb ebenfalls in Prozentwerten angegeben.
Konventionelle Pulsoxymeter können den lebensbedrohlichen Sauerstoffmangel bei einer CO-Intoxikation aus messtechnischen Gründen nicht erkennen. Sie zeigen fälschlicherweise Normalwerte an.
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CO-Quellen im Haushalt
Seitdem Menschen das Feuer nutzen, ist die Giftwirkung von CO bekannt. Über die verschiedenen CO-Quellen und deren gesundheitsschädliche Auswirkungen wurde immer wieder berichtet. Abgesehen vom klassischen Brandereignis treten in jüngster Zeit neben schweren akuten vermehrt auch leichte und chronische Intoxikationen in den Vordergrund, die im häuslichen Umfeld auftreten können [26]. Mit einem handelsüblichen Warngerät lassen sich im Haushalt gesundheitsgefährdende CO-Konzentrationen nachweisen: Beim Anfeuern eines Kamin- oder Kachelofens kann der erste Rauch kurzzeitig CO-Konzentrationen bis 300 ppm und mehr enthalten ([Abb. 3]). Sofern dieser Rauch in geringen Mengen in gut belüftete Räume austritt, dürfte die Belastung nicht relevant sein. Bei gestörter Kaminfunktion können jedoch schnell gefährliche Konzentrationen erreicht werden.
CO-Intoxikation beim Kaffeekochen
Der weltberühmte isländische Schriftsteller Gunnar Gunnarsson beschreibt in seiner Novelle „Advent im Hochgebirge“ eine klassische CO- und CO2-Mischintoxikation mit ihren pulmonalen und neurologischen Symptomen. Der Schafhirte Benedikt wird in seiner Hütte im Hochland derart eingeschneit, dass die Belüftung beeinträchtigt ist: „In demselben Augenblick saß Benedikt im Finstern [Kerze erlischt infolge CO2]. … Es war eine höchst unnatürliche Dunkelheit, die geradezu in den Augen brannte und einen am Halse packte und erwürgen wollte. Und zugleich war sie so freundlich, sie lockte einen zu schlafen – nur umzusinken und zu schlafen. … Er versuchte sich zurechtzufinden, sich zu sammeln, zu denken. … Sie sollten wohl hier unten ersticken? Da sollte doch gleich …! Benedikt erhob sich, so schwer es ihm auch fiel, die Schlaftrunkenheit abzuschütteln; er schwankte zur Luke, stieß sie auf.“ [27]
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Brandgase können erheblich CO enthalten
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Gasöfen, Heizungen, Durchlauferhitzer und Badezimmerthermen
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Abgase von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor
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Holzkohlegrills (bei Betrieb in geschlossenen Räumen ohne ausreichende Belüftung)
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Wasserpfeifenrauch
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CO emittierende Chemikalien in geschlossenen Räumen
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CO in Leuchtgas, Flüssiggas
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Explosions- und Sprenggase (Bergbau, Steinbrüche)
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Gaswerke, Kokereien, Gichtgase von Hochöfen
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Abbeizmittel Methylenchlorid
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Holzpelletlager
CO wird bei allen Verbrennungsvorgängen mit unvollständiger Verbrennung von Kohlenstoff freigesetzt.
Wasserpfeifen und Tischgrills
Die unsachgemäße Benutzung von Holzkohlegrills in unzureichend belüfteten Räumen führt immer wieder zu schweren Vergiftungen oft ganzer Familien oder Gruppen. In den letzten Jahren wurden vermehrt Suizidversuche mit Verbrennungsgasen aus Holzkohlegrills unternommen, die in geschlossenen oder gezielt abgedichteten Räumen angezündet wurden [5].
Zu CO-Vergiftungen kommt es bei jungen Menschen durch den populären Genuss von Wasserpfeifen. Mit 8 – 10 % sind die CO-Hb-Konzentrationen von Rauchern gegenüber Nichtrauchern (4 – 5 %) ohnehin erhöht. Wasserpfeifen werden zu Unrecht als die harmlosere und gesündere Alternative zu Zigaretten betrachtet. Der Wasserpfeifenrauch enthält neben Nikotin und Teer auch erhebliche CO-Mengen. Dabei spielt der Faktor Zeit eine Rolle: Aufgrund der längeren Inhalationsdauer wird bis zu zehnmal mehr CO als beim Zigarettenrauchen aufgenommen. Man schätzt weltweit 100 Millionen Wasserpfeifenraucher und damit eine entsprechend hohe Dunkelziffer an CO-Vergiftungen, die entweder chronisch verlaufen oder auch akute neurologische Symptome bis hin zu Bewusstseinsstörungen hervorrufen. Spätfolgen wie Gedächtnisstörungen, Ängste und Depressionen sind möglich. Mitunter finden sich erhöhte CO-Werte ohne entsprechende Symptomatik.
Familiengrillen im Gartenhaus
Wegen Regenfällen verlegt eine Großfamilie ihr sonntägliches Grillfest in die kleine, schlecht belüftete Gartenhütte. Dort wird der Holzkohlegrill in Betrieb genommen. Nach einiger Zeit klagen mehrere Familienmitglieder über Kopfschmerzen, Schwindel und schwere Atemnot. Manche Betroffene zeigen eine rosige Gesichtsfarbe. Der alarmierte Rettungsdienst versorgt die Familie mit der Gabe von Sauerstoff über Reservoirmaske bzw. Nasensonde. Zwei Erwachsene mit schwerer Atemnot werden in die nächstgelegene Intensivstation aufgenommen und wegen hoher CO-Konzentrationen in eine Klinik mit Druckkammer zur hyperbaren O2-Therapie verlegt.
Bewusstlos nach Wasserpfeife
Der Rettungsdienst wird zu einer 18-jährigen bewusstlosen Frau gerufen. Die kreislaufstabile Patientin wird mit GCS 3 in eine Klinik gebracht. In der Anamnese finden sich keine Hinweise auf Epilepsie, Drogen- oder Alkoholkonsum. Nach 15 min Bewusstlosigkeit erreicht die Patientin in der Notaufnahme einen GCS-Wert von 15 und ist beschwerdefrei. Auf Befragen berichtet sie vom Besuch einer Shisha-Bar, in der sie eine Stunde lang Wasserpfeife geraucht habe. Danach hatte sie starke Kopfschmerzen, Kribbelparästhesien, verschwommenes Sehen und ist schließlich kollabiert. In der Blutgasanalyse findet sich ein CO-Hb-Gehalt von 25 %. Nach 4 h O2-Therapie mit Reservoirmaske und einem Flow > 10 l/min ist der Wert auf 7 % gefallen. (Kasuistik nach [6])
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Todesfälle durch CO aus Holzpellets
Die Gefahr von CO-Emissionen aus Holzpellets ist Rettungsdienstmitarbeitern häufig nicht bekannt und bewusst, obwohl Holzpellets zunehmend als alternative Energieträger auch in Privathaushalten in größerer Menge gelagert werden. Im Jahr 2013 soll es in Deutschland 320 000 Pelletheizanlagen mit einem Lagervolumen von 2,3 Millionen Tonnen gegeben haben.
Erste Hinweise auf CO-Ausgasungen bei der Lagerung von Holzpellets wurden aus Schweden bekannt [7]. Auf Transportschiffen, die Pellets von Kanada nach Europa brachten, wurden in den Laderäumen und Treppengängen CO-Konzentrationen bis 14 650 ppm gemessen. Neben CO wurden in Pelletlagern auch CO2, Methan, Butan, Ethylen, Propylen, Ethan und Aldehyde nachgewiesen [8]. CO, andere Gase und „volatile organische Komponenten“ (VOCs) entstehen in Holzpellets durch autooxidative Prozesse von Fett, ungesättigten Fettsäuren und Harzsäuren im Holz [2]. Das Ausmaß der CO-Emissionen ist unkalkulierbar, da es von vielen Faktoren abhängt, wie z. B. der verarbeiteten Holzart, von der Raumtemperatur im Lager, der Sauerstoffverfügbarkeit und der Oberflächenausdehnung der Pellets sowie von deren Alter bzw. Lagerungsdauer [2] [3] [9] [10] [11]. Zwischen 2002 und 2012 kam es in Europa zu mindestens 14 dokumentierten und gesicherten CO-bedingten Todesfällen im Zusammenhang mit Holzpellets [3]. Ein tödlicher Fall bei Wartungsarbeiten in einem Pelletbunker wurde 2015 aus Deutschland berichtet [2].
Holzpellets können unter Umständen CO in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen freisetzen. Auch in Privathaushalten ist mit einer CO-Belastung zu rechnen.
CO aus Holzpellets im Hauskeller
Die in Privathaushalten üblichen Gewebetanks können erfahrungsgemäß erhebliche CO-Mengen abgeben: Nach Befüllen mit 4,8 Tonnen frischen Pellets im Frühjahr gab das installierte CO-Warngerät wochenlang regelmäßig Alarm. Je nach Belüftung wurden Werte zwischen 30 und 65 ppm gemessen. Mit fortschreitender Lagerungsdauer blieben weitere Alarme aus. Die Werte liegen über der „Aufmerksamkeitsschwelle“ ([Tab. 1]) und stellen bei längerer Exposition, wie z. B. mehrstündige Arbeiten im Keller, ein Gesundheitsrisiko dar. Die in [Tab. 1] aufgelisteten, in Holzpelletlagern ermittelten CO-Werte dokumentieren eindrücklich, dass der Großteil der Messergebnisse entweder im „Aufmerksamkeitsbereich“ oder über 500 ppm und damit über der „Rückzugsschwelle“ lag. Auch wenn die Bedingungen in Pelletlagern unterschiedlich sind, zeigt die Tabelle, dass in solchen Lagern und ihrer Umgebung mit CO-Konzentrationen unterschiedlicher Höhe gerechnet werden muss, die sogar zum Rückzug zwingen können.
Literatur |
Messort |
< 30 ppm |
30 – 200 ppm Aufmerksamkeitsschwelle |
200 – 500 ppm Gefährdungs-schwelle |
> 500 ppm Rückzugs-schwelle |
[7] |
Warenlager |
56 |
|||
[8] |
Transportschiffe |
1460 – 14 650 |
|||
[13] |
Schiffscontainer |
max. 1502 |
|||
eigene Messungen |
Gewebesilo 4,8 t |
phasenweise bis 65 |
|||
[14] |
2/3 aller Pelletlager |
> 30 |
|||
[14] |
9 % aller Pelletlager |
> 1000 |
|||
[3] |
Pelletlager 82 m3 |
2000 – 7500 |
|||
[2] |
Pelletbunker, Todesfall unter dem Verschlussdeckel |
1000 |
|||
[2] |
derselbe Bunker, in 280 cm Tiefe |
2500 |
|||
[11] |
Pelletlager Schrägboden |
max. 717 |
|||
[11] |
Pelletlager Silo |
max. 614 |
|||
[11] |
Pelletlager Gewebesilo |
max. 2 |
|||
[11] |
Kellerraum/kubisches Lager |
max. 60 |
|||
[7] |
Lager im Haushalt |
123 |
Tod im Pelletbunker
Ein 43-jähriger Mann steigt ohne Schutzvorkehrungen zu Wartungsarbeiten in einen unterirdischen Pelletbunker. Einige Zeit später liegt er leblos bäuchlings auf der Pelletoberfläche. Eine weitere Person steigt ein, um nach ihm zu sehen. Sie hält die Luft an und verlässt den Bunker umgehend wieder, da der Mann offensichtlich tot ist. Die hinzugerufene Feuerwehr kann ihn nur noch tot bergen und misst am Bunkereingang – trotz geöffneter Luken – noch 1000 ppm CO, auf Höhe des Leichnams 2500 ppm. Bei der Obduktion finden sich hellrote Leichenflecke, Nagelbetten und Organverfärbungen, kirschrotes Blut und Pelletpartikel in den Atemwegen. (Kasuistik nach [2])
Rettungsdienstliche Aspekte
Holzpellets können aufgrund diverser Faktoren CO in unterschiedlich hohen Konzentrationen abgeben ([Tab. 1]). Selbst kleine Lager in Privathaushalten haben für den Rettungsdienst in mehrfacher Hinsicht Bedeutung: Je nach Lagerung (Silo, Gewebetank, Schrägboden) können durch lose Materialmassen Personen verschüttet werden. Durch Pelletabrieb entsteht eine staubhaltige explosionsgefährdete Atmosphäre. Alle aufgeführten Risiken betreffen Eigenschutz, Einsatztaktik und differenzialdiagnostische Erwägungen.
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Eigenschutz und Einsatztaktik
Rettungspersonal ist gegen CO-Einflüsse nicht geschützt. Deshalb werden zunehmend CO-Warngeräte mitgeführt, um eine Gefahr frühzeitig zu erkennen. Bei der Feuerwehr wird bereits für 60 ppm eine klare Empfehlung zum Rückzug ausgesprochen und nur ein Zugang mit umluftunabhängigen Atemschutzgeräten empfohlen [23] [24]. Ein abgestuftes und situationsadaptiertes Vorgehen trägt dazu bei, dem Dilemma einer verzögerten Patientenversorgung zu entgehen. Sinnvolle Strategien, an denen sich das Rettungspersonal mithilfe von CO-Warngeräten orientieren kann, sind in [Tab. 2] zusammengefasst [12]. Bestimmende Faktoren sind dabei die vorhandene CO-Konzentration und die Aufenthaltsdauer in der jeweiligen Atmosphäre.
CO-Konzentration in ppm |
Klinisch-toxikologische Risikobewertung |
Empfohlenes Verhalten im Rettungsdiensteinsatz |
< 30 ppm |
Arbeitsplatzgrenzwert |
Keine Gefährdung |
33 ppm |
Einsatztoleranzwert |
für ungeschütztes Rettungspersonal |
30 – 200 ppm |
Aufmerksamkeitsschwelle |
|
≥ 60 ppm |
Feuerwehr: Rückzugsempfehlung [23] |
Zugang nur mit umluftunabhängigem Atemschutzgerät |
60 ppm |
Kurzzeitgrenzwert Keine Gefährdung für ungeschütztes Rettungspersonal bei Exposition < 1 Stunde |
|
200 – 500 ppm |
Gefährdungsschwelle nach 30 min leichte Vergiftungssymptome möglich |
|
500 ppm |
Messbereichsgrenze vieler CO-Warngeräte! Vergiftungssymptome möglich
|
|
> 500 ppm |
Rückzugsschwelle |
|
1000 ppm |
Vergiftungssymptome möglich
|
|
3000 ppm |
Vergiftungssymptome möglich
|
|
10 000 ppm |
|
Um weder das Rettungspersonal zu gefährden noch dem Patienten eine Notfallbehandlung unnötig lange vorzuenthalten, wurden Grenzwerte empfohlen, bei denen eine kurzzeitige Exposition des Rettungspersonals während der Erstversorgung als vertretbar angesehen wird.
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Hinweise für den Notarzt- und Rettungsdienst
Für den Rettungsdienst ergeben sich folgende Empfehlungen im Hinblick auf mögliche CO-Expositionen im Einsatz:
... bezüglich Pelletlagern
Bei Herstellung, Lagerung und Transport, aber auch bei Lagerung in Privathaushalten ist mit CO-Ausgasungen aus Holzpellets zu rechnen. Teilweise werden CO-Konzentrationen erreicht, die ungeschütztes Rettungspersonal zum Rückzug zwingen (CO > 500 ppm). Eine Reihe tragischer Todesfälle unterstreicht dies deutlich.
Daher wird der konsequente Einsatz von CO-Warngeräten bei Rettungseinsätzen empfohlen. Sie ermöglichen aufgrund ihrer Messergebnisse ein differenziertes Vorgehen und verhindern so, dass einerseits Rettungspersonal gefährdet und andererseits Patienten aus übertriebener Vorsicht verzögert versorgt werden.
CO-Warngeräte ([Abb. 4]) werden für jedes Rettungsmittel empfohlen [1] [24]. Sie nützen jedoch nur, wenn sie im Einsatz immer konsequent am Körper getragen werden. Da CO-Gefahren auch drohen, wenn es am Einsatzort nicht brennt, sollten die Geräte bei jedem Einsatz mitgeführt werden. Auch die Befestigung am Rucksack ist ungünstig: Wird er abgestellt und die Helfer dringen weiter vor, haben sie kein Warngerät mehr.
CO wird nur dann sicher erkannt, wenn die Geräte offen zugänglich am Körper und nicht in der Brusttasche oder von der Jacke bedeckt getragen werden. Bauartbedingt warnen CO-Warngeräte bei unterschiedlichen Schwellen bzw. Grenzwerten. Über diese Grenzen muss man sich vor dem Einsatz informieren, um richtig handeln zu können.
CO-Warngeräte liefern wichtige differenzialdiagnostische Hinweise, um Symptome richtig zu deuten.
Warnungen vor CO – wie Schilder an Lagerräumen oder stationäre Warngeräte – niemals ignorieren [22], sondern auf Eigenschutz achten und ggf. kompetente Fachhilfe nachfordern.
Je nach Ausführung (Silo, Gewebetank, Schrägbodenlager) besteht in Pelletlagern Rutsch-, Verschüttungs- und staubbedingte Explosionsgefahr.
CO-Warngeräte im Rettungsdienst helfen nur, wenn sie immer konsequent und „offen“ am Körper getragen werden.
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... bezüglich CO-Expositionen
Bereits bei der Notrufabfrage in der Leitstelle können sich Hinweise auf CO-Gefahren ergeben, z. B. „bewusstlose Person hinter verschlossener Tür/im Keller/im Pelletlager“ [23], was die gleichzeitige Alarmierung entsprechender Rettungskräfte erfordert.
Bei Verdacht auf eine Intoxikation sollen CO-Messungen durchgeführt werden. Dies kann präklinisch mit CO-Hb-detektierenden Pulsoxymetern oder nachträglich in der Klinik mit einem Blutgasanalysegerät aus vor Ort entnommenen, heparinisierten Blutproben erfolgen. Konventionelle Pulsoxymeter erkennen CO-Hb nicht und zeigen vermeintlich normale SpO2-Werte.
Bei unklaren neurologischen oder kardialen Symptomen sollte CO immer differenzialdiagnostisch erwogen und die Anamnese auf mögliche Expositionen gelenkt werden (Pelletlager? Längerer Aufenthalt in oder in der Nähe von CO-Quellen?; siehe Box).
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CO ist ein farb- und geruchloses Atemgift, das leichter ist als Luft und durch Wände und Decken diffundiert.
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Es entsteht bei allen unvollständigen Verbrennungsvorgängen, aber auch durch andere Quellen, bspw. bei der Lagerung von Holzpellets oder in Wasserpfeifen.
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Erste Symptome einer CO-Intoxikation sind: Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel und Kurzatmigkeit.
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Konventionelle Pulsoxymeter sind zum Nachweis einer CO-Intoxikation ungeeignet.
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Das Mittel der Wahl bei einer CO-Vergiftung ist sofortige, hochdosierte Gabe von Sauerstoff.
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Rettungspersonal sollte im Einsatz immer CO-Warngeräte offen am Körper tragen.
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No conflict of interest has been declared by the author(s).
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Literatur
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Korrespondenzadresse
-
Literatur
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