Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 705
DOI: 10.1055/s-0042-1753571
Abstracts | DGSMP/DGMS
Vorträge
Thema: Digitalisierung und soziale Gesundheit

„Dauernuckler“ oder „Genussdampfer“? Eine netnographische Analyse selbstberichteter Anzeichen möglicher Abhängigkeitssymptome in E-Zigaretten-Online-Foren

M Andreas
1   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Center for Preventive Medicine and Digital Health Baden-Württemberg (CPD-BW), Mannheim, Deutschland
,
D Szafran
1   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Center for Preventive Medicine and Digital Health Baden-Württemberg (CPD-BW), Mannheim, Deutschland
,
S Vollstädt-Klein
2   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Department of Addictive Behavior and Addiction Medicine, Central Institute of Mental Health, Mannheim, Deutschland
3   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Mannheim Center for Translational Neurosciences (MCTN), Mannheim, Deutschland
,
N Grundinger
2   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Department of Addictive Behavior and Addiction Medicine, Central Institute of Mental Health, Mannheim, Deutschland
,
U Mons
4   University of Cologne, Medical Faculty and University Hospital Cologne, Köln, Deutschland
,
V Lohner
4   University of Cologne, Medical Faculty and University Hospital Cologne, Köln, Deutschland
,
T Görig
5   Friedrich-Alexander-University Erlangen-Nürnberg, Institute for Medical Informatics, Biometry and Epidemiology, Erlangen, Deutschland
,
S Schneider
1   Medical Faculty of Mannheim, University of Heidelberg, Center for Preventive Medicine and Digital Health Baden-Württemberg (CPD-BW), Mannheim, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung Ein zentraler Aspekt in der anhaltenden Debatte über gesundheitliche Risiken des E-Zigarettenkonsums ist ein mögliches Abhängigkeitspotenzial. Im Rahmen der interdisziplinären EVAPE-Studie (Evaluation of the Addiction Potential of E-cigarettes) haben wir anhand einer qualitativen Analyse der Beiträge in E-Zigaretten-Foren untersucht, inwieweit E-Zigaretten-Nutzer:innen Kriterien einer Tabakkonsumstörung berichten.

    Methoden Basierend auf einem innovativen netnographischen Ansatz analysierten wir 5,337 Threads (d.h. Unterhaltungsstränge) in den drei größten deutschsprachigen E-Zigaretten-Onlineforen mithilfe des Programms MAXQDA. Data Base Lock war der 9. April 2021. Zunächst führten wir eine deduktive thematische Analyse nach Mayring in Anlehnung an die DSM-5-Kriterien für Tabakkonsumstörungen durch. Daraufhin führten wir eine induktive thematische Analyse nach Mayring durch, um die Daten ergebnisoffen zu betrachten.

    Ergebnisse In den E-Zigaretten-Foren konnten wir 451 Threads identifizieren, die Informationen über subjektiv erlebte Kriterien analog einer Tabakkonsumstörung enthielten. Die deduktive thematische Analyse ergab zum einen, dass E-Zigaretten-Nutzer:innen typische Kriterien einer Tabakkonsumstörung wie Craving und Toleranzentwicklung berichteten. Die anschließende induktive Analyse ergab zum anderen, dass in den durchsuchten E-Zigaretten-Foren auch explizit die Abwesenheit besagter Aspekte berichtet wurde. Zum Beispiel berichteten Nutzer:innen erfolgreiche Versuche, ihre Nikotindosierung zu reduzieren. Insgesamt wurde das Fehlen typischer DSM-5-Kriterien für Tabakkonsumstörungen häufiger als das Erleben berichtet und meistens im Gegensatz zum früheren Tabakkonsum wahrgenommen.

    Schlussfolgerung Mit Hilfe eines innovativen netnographischen Ansatzes konnten wir zeigen, dass einige E-Zigaretten-Konsument:innen in Online-Foren durchaus Aspekte berichten, die für eine Tabakkonsumstörung typisch sind. Unser ergebnisoffener Ansatz deutet aber auch darauf hin, dass die Nutzer:innen typische Anzeichen einer Abhängigkeit, etwa Craving und Toleranzentwicklung, im Vergleich zu Tabakzigaretten oft seltener und schwächer wahrnehmen.


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    Publication History

    Article published online:
    22 August 2022

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