Einleitung Es gibt immer mehr Belege für die Rolle
appetitregulierender Hormone in der Pathophysiologie der
Alkoholabhängigkeit. Zu diesen Hormonen gehört Leptin.
Präklinische und klinische Daten deuten darauf hin, dass Leptin die
Dopaminaktivität im Belohnungssystem modulieren kann und neuroprotektiv
wirkt. In den vorgestellten Arbeiten wurden die Effekte von Leptin auf die neurale
Alkohol-Reiz-Reaktivität, das Alkoholverlangen, das Volumen der grauen
Substanz und das Rückfall bei einer Stichprobe von Patienten mit
Alkoholabhängigkeit untersucht
Material und Methodik Insgesamt wurden N=70 Patienten mit
Alkoholabhängigkeit rekrutiert. Bei allen Probanden erfolgte eine
kombinierte psychometrische Testung und funktionelle und strukturelle
Magnetresonanztomographie (fMRT und sMRT) unter Verwendung eines validierten
Versuchsaufbaus. Die fMRT-Messung wurde mit einem Siemens MAGNETOM 3 Tesla
Ganzkörper-Tomographen (MAGNETOM Trio, TIM-Technologie, Siemens, Erlangen,
Deutschland) durchgeführt. Zusätzlich wurden die Plasmaspiegel von
Leptin vor der fMRT-Messung gemessen. Darüber hinaus wurden in den drei
Monaten nach der Untersuchung Rückfalldaten erhoben. Assoziationen zwischen
Hormonspiegeln, mesolimbischer Alkohol-Reizreaktivität, Gehirnvolumen,
Alkoholverlangen und Rückfallrisiko wurden mit multivariaten
Regressionsmodellen und Cox-Proportional-Hazards-Modellen getestet.
Ergebnisse Die Leptinspiegel zeigten einen signifikanten negativen
Zusammenhang mit der durch Alkohol ausgelösten Reizreaktivität im
Striatum (r = -0,316, p = 0,016, pFDR = 0,040) und dem
Alkoholverlangen. Darüber hinaus zeigte sich ein signifikanter Effekt von
Leptin auf die Zeit bis zum ersten schweren Rückfall, wobei höhere
Leptinspiegel eine längere Zeit bis zum ersten schweren Rückfall
vorhersagten (Chi2 Gesamtmodell = 4,308, HR = 0,922, 95%CI
0,853 – 0,996, p = 0,039). Darüber hinaus sagten die
Leptinspiegel zu Beginn der Behandlung die Zunahme des Volumens der grauen Substanz
und der kortikalen Dicke in Bereichen des frontalen Kortex und des mesolimbischen
Systems vorher (pFWE<0.05).
Zusammenfassung Die Ergebnisse unserer Studien weisen auf
mögliche rückfallprotektive und neuroprotektive Effekte von Leptin
bei Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit hin. Die berichteten Ergebnisse
unterstreichen die Bedeutung der appetitregulierenden Hormone in der
Pathophysiologie der Sucht und ihre potenzielle Rolle als künftige
Behandlungsziele.