Einleitung
Die chirurgische Therapie von Lungenmetastasen ist ein etabliertes Verfahren im Behandlungskonzept pulmonal metastasierter Primärtumoren. In den vergangenen Jahrzehnten zeigte sich in Studien mit verschiedenen Primärtumorentitäten für selektionierte Patienten eine Überlegenheit der Resektion von Lungenmetastasen gegenüber systemischen Therapien [1]
[2]. Patienten können der kurativen Metastasektomie zugeführt werden, wenn ein kontrolliertes Primärtumorgeschehen und keine extrapulmonale Tumormanifestation vorliegen, eine vollständige Metastasenresektion erreicht werden kann und die funktionelle Operabilität nicht durch schwerwiegende Ko-Morbiditäten eingeschränkt ist [3]. Eine palliative Metastasektomie ist in Einzelfällen bei symptomatischen Lungenmetastasen (Hämoptysen, tumorbedingte Obstruktion) unabhängig von diesen Kriterien zu erwägen. Die Indikationskriterien sind während der letzten Dekaden zwar nahezu konstant geblieben, doch die technischen Möglichkeiten haben sich weiterentwickelt. Ein vielversprechendes und standardisiertes Verfahren ist die Metastasektomie mittels Nd:YAG (Neodym-dotierter Yttrium-Aluminium-Granat)-Laser, dessen Einsatz erstmals in den 1960er Jahren durch Minton et al. im Tiermodell erprobt worden ist [4]. Zu Beginn wurde nach Einführung in die Humanmedizin eine Wellenlänge von 1064 nm eingesetzt, die ab 1988 durch die Arbeiten von Rolle und Kollegen zunehmend durch eine Wellenlänge von 1318 nm abgelöst worden ist [5]
[6]
[7]. Diese Übersichtsarbeit stellt das intraoperative Vorgehen vor, fasst die bisherige Evidenz zusammen, diskutiert die Laserresektion im Vergleich mit anderen Resektionsverfahren und beleuchtet weitere Einsatzmöglichkeiten.
Material und Methoden
Dieser Übersichtsartikel basiert auf einer systematischen Literaturrecherche. Unter Verwendung der Schlagwörter „Nd:YAG laser“, „laser“, „pulmonary resection“, „lung resection“, „pulmonary metastasis“, „lung metastasis“, „pulmonary lesion“, „lung lesion“ und unter Berücksichtigung deutsch- und englischsprachiger Originalarbeiten konnten am 23.11.2016 in der Medline 74 und in der Cochrane Library fünf Arbeiten identifiziert werden. Die Sichtung von Zusammenfassungen und Volltexten resultierte im Einschluss von neun Studien in diese Übersichtsarbeit (s. [Tab. 1]) [6]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]. Die Studienqualität wurde auf Basis der Oxford-Klassifikation für Evidenz-basierte Medizin beurteilt [20]. Unter den eingeschlossenen Studien befindet sich eine randomisierte Studie, die mit einem EbM-Level von 2 bewertet wird. [12]. Alle übrigen Studien sind als retrospektive Fallserien mit einem EbM-Level von 4 zu beurteilen [6]
[8]
[9]
[10]
[11]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]. Die vorliegende Studienqualität der Originalarbeiten erlaubte keine quantitative Analyse, sodass ein rein qualitativer Vergleich erfolgte.
Tab. 1
Übersicht der Studienpopulation.
Studie
|
Publikationsjahr
|
Land
|
Operationszeitraum
|
Patientenanzahl mit Laser-Metastasektomie
|
Wellenlänge des Lasersystems
|
Evidenzlevel
|
LoCicero III et al. [8]
|
1989
|
USA
|
1985 – 1988
|
n = 10
|
1064 nm
|
Level 4
|
Kodama et al. [9]
|
1991
|
Japan
|
1986 – 1989
|
n = 25
|
nicht berichtet
|
Level 4
|
Branscheid et al. [10]
|
1992
|
Deutschland
|
1990 – 1991
|
n = 65
|
1064 nm
|
Level 4
|
Rolle et al. [6]
|
1999
|
Deutschland
|
1996 – 1997
|
n = 61
|
1318 nm
|
Level 4
|
Mineo et al. [11]
[12]
[13]
|
2001
|
Italien
|
1987 – 1997
|
n = 29
|
nicht berichtet
|
Level 2 und 4
|
Rolle et al. [14]
Pereszlenyi et al. [15]
|
2006
|
Deutschland
|
1996 – 2003
|
n = 328
|
1318 nm
|
Level 4
|
Moghissi et al. [16]
[17]
|
1988/2009
|
Großbritannien
|
1985 – 2005
|
n = 10
|
1064 nm
|
Level 4
|
Osei-Agyemang et al. [18]
|
2014
|
Deutschland
|
2005 – 2010
|
n = 62
|
1318 nm
|
Level 4
|
Franzke et al. [19]
|
2016
|
Deutschland
|
2010 – 2015
|
n = 99
|
1318 nm
|
Level 4
|
Ergebnisse
Exemplarisches operatives Vorgehen
Laserresektionen können mittels verschiedener Geräte und Techniken durchgeführt werden. Im Wesentlichen kann man nach Wellenlängen, Leistungsdaten und Dioden-basierten versus nicht Dioden-basierten Lasergeräten unterscheiden. Abhängig von diesen Faktoren erlauben die Geräte zum einen die Resektion und zum anderen die Vaporisation. Im Folgenden erfolgt die exemplarische Darstellung einer Laserresektion mittels Nd:YAG-Laser und einer Wellenlänge von 1318 nm.
Die Laserresektion im Rahmen der Metastasektomie erfolgt in Intubationsnarkose unter Nutzung eines Doppellumentubus. Der Zugang erfolgt regelhaft über eine Thorakotomie. Eine anterolaterale ist der posterolateralen Thorakotomie vorzuziehen, weil sie sowohl Muskelgewebe als auch Leitungsbahnen schont. In Kombination mit einem Weichgewebsretraktor wird trotz kürzerer Inzision eine gute Übersicht erreicht (s. [Abb. 1]). Nach einseitiger Lungenventilation mit Deflation des zu operierenden Lungenflügels erfolgt die vorsichtige, bimanuelle Palpation des Lungenparenchyms. Mitunter werden zusätzliche Tastbefunde detektiert, die in der präoperativen Bildgebung, selbst mit geringer Schichtdicke, nicht aufgefallen sind [21]. Nach Identifikation einer suspekten Läsion wird die Lunge mit Lungenfasszangen durch die Assistenz fixiert (s. [Abb. 2]). Nun erfolgt die Resektion mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 5 mm (s. [Abb. 3]). Voraussetzungen für den Einsatz des Nd:YAG-Lasers sind für das Personal Schutzbrillen, ein spezieller Sauger und Mundschutz, um vor Komplikationen durch Emission und Vaporisation zu schützen. Da der Nd:YAG-Laser den schneidenden und koagulierenden Effekt vereint, sind regelhaft keine weiteren Instrumente nötig. Der Verschluss des Gewebsdefekts der Pleura visceralis nach Enukleation wird unterschiedlich gehandhabt. Zur Reduktion des Luftleckage-Risikos bietet sich eine Übernähung der Pleura visceralis an, wodurch Reoperationen wegen geringerer Narbenbildung erleichtert werden (s. [Abb. 4]). Nach Enukleation aller Läsionen erfolgt vor dem Verschluss des Thorax die Überprüfung der Dichtigkeit der Pleura visceralis. Hierzu wird der Hemithorax mit erwärmter Natriumchlorid-Lösung befüllt und nach beidseitiger Ventilation eine sogenannte Wasserprobe durchgeführt. Undichtigkeiten des Lungenparenchyms sollten adäquat versorgt werden, um die Drainageverweildauer zu begrenzen. Abschließend erfolgt die Einlage einer Thoraxdrainage und der Verschluss der Thoraxwand in Schichten.
Abb. 1 Minithorakotomie.
Abb. 2 Lungenparenchym in Lungenfasszange.
Abb. 3 Multiple Enukleationsdefekte.
Abb. 4 Enukleationsdefekt nach Übernähung.
Ergebnisse nach Laserresektion
Die analysierten Studien schlossen 689 Patienten mit Laserenukleation von mindestens einer Lungenmetastase ein (s. Tab. 2) [6]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]. Der Operationszeitraum erstreckte sich von 1985 bis 2015. Die Laser-Metastasektomie ist mit einer geringen postoperativen Mortalität verbunden. Acht Studien berichten eine postoperative Mortalitätsrate von 0 % [9]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]. Im größten Studienkollektiv erlitten 1,2 % der 328 Patienten perioperative Komplikationen [14]
[15]. In anderen Studien schwankte die Morbiditätsrate zwischen 8,7 % und 24,2 % [12]
[18]
[19]. In der postoperativen Phase sind Pneumo- und Hämatothoraces, Atelektasen oder Pneumonien die häufigsten pulmonalen Komplikationen. Die Laserenukleation von Lungenmetastasen unterschiedlicher Primärtumoren resultierte in 5-Jahres-Überlebensraten von 35 % bis 65,7 % [9]
[12]
[13]
[14]
[15]
[19]. Diese Überlebensraten wurden in Studienkollektiven mit gemischten Primärtumorentitäten ermittelt. Die Patientenprognose korreliert maßgeblich mit der Primärtumorentität und der vollständigen Resektion aller Läsionen [22]. Das Überleben nach Laser-Metastasektomie ist konkordant mit den 5-Jahres-Überlebensraten nach der Metastasektomie mittels anderer Resektionsverfahren [1]
[2]
[22].
Tab. 2
Resultate nach Laser-Metastasektomie.
Studie
|
Patientenanzahl mit Laser-Metastasektomie
|
R0-Resektionsrate
|
Mortalität
|
Morbidität
|
5-Jahres-Überlebensrate
|
LoCicero III et al. [8]
|
n = 10
|
–
|
–
|
–
|
–
|
Kodama et al. [9]
|
n = 25
|
–
|
0 %
|
–
|
61 %
|
Branscheid et al. [10]
|
n = 65
|
100 %
|
–
|
–
|
–
|
Rolle et al. [6]
|
n = 61
|
97,5 %
|
–
|
–
|
–
|
Mineo et al. [11]
[12]
[13]
|
n = 29
|
–
|
0 %
|
–
|
40 %
|
Rolle et al. [14]
Pereszlenyi et al. [15]
|
n = 328
|
84,8 %
|
0 %
|
1,2 %
|
35 %
|
Moghissi et al. [16]
[17]
|
n = 10
|
–
|
0 %
|
–
|
–
|
Osei-Agyemang et al. [18]
|
n = 62
|
62,9 %
|
0 %
|
24,2 %
|
–
|
Franzke et al. [19]
|
n = 99
|
100 %
|
0 %
|
13 %
|
65,7 %
|
R0-Resektion: makro- und mikroskopisch tumorfreies Resektat; –: nicht berichtet.
Diskussion
Laser-Metastasektomie versus alternative Resektionstechniken
Es gibt eine Vielzahl alternativer Resektionstechniken. Neben dem Laser kommen bei nicht-anatomischen Lungenresektionen beispielsweise Elektrokauter, Stapler- oder Ligasure-Systeme, Thermo- oder Radioablation zum Einsatz [23]. Diese werden im Folgenden zu „konventionellen Resektionstechniken“ zusammengefasst. Rolle et al. kalkulierten den Vergleich des Resektionsvolumens zwischen Laser und Stapler bei einer Metastasengröße von 2,5 cm [7]. Es zeigte sich, dass das Resektionsvolumen bei Staplerresektionen siebenmal größer war als bei Laserenukleation [7]. Im Tiermodell testeten Kirschbaum und Kollegen den Effekt eines monopolaren Elektrokauters und eines Nd:YAG-Lasers auf das Lungenparenchym [24]. Der Einsatz des Lasers war mit einer Erhöhung der Koagulationstiefe und einer Reduktion der Vaporisationstiefe verbunden [24]. Weiterhin sparte die Laserresektion im Vergleich zum Elektrokauter Lungengewebe ein. Folglich reduziert die Laserresektion den Verlust potenziell vitalen Lungenparenchyms im Vergleich zum Stapler oder dem Elektrokauter. Demgegenüber steht ein entscheidender Nachteil der Laserresektion. Durch den koagulierenden Effekt wird die Schnittrandbeurteilung durch den Pathologen erschwert bzw. unmöglich gemacht. Diesem Problem sollte intraoperativ durch eine adäquate Ausweitung des Resektionsabstandes begegnet werden.
Wichtige klinische Indikatoren für den Vergleich zwischen Laser- und konventionellen Resektionen sind Einlagezeit der Thoraxdrainage, Hospitalisierungsdauer und postoperatives Überleben.
Die eingelegten Thoraxdrainagen fördern sowohl Luft als auch Wundsekret oder Blut aus dem Pleuraspalt. Mineo et al. berichten über eine statistisch signifikante Verkürzung der Drainagezeit nach Laserresektion, absolut bedeutete dies für die Patienten eine Reduktion um einen Tag [11]
[12]
[13]. Im Gegensatz dazu ermittelten Franzke et al. eine absolute Verlängerung der Drainagezeit für Patienten mit Laserresektion [19]. Dieser Unterschied erreichte ebenfalls statistische Signifikanz.
Die Hospitalisierungsdauer ist nicht nur ein ökonomischer Parameter, vielmehr kann ein prolongierter Krankenhausaufenthalt prädispositionierend für einige postoperative Komplikationen wie nosokomiale Infektionen oder Thrombosen sein. In der Studie von Mineo et al. verblieben die Patienten mit konventioneller Resektion im Mittel zwei Tage länger im Krankenhaus [11]
[12]
[13]. Demgegenüber stehen die Resultate von Branscheid et al. und Franzke et al., die keinen evidenten, statistisch signifikanten Unterschied bzw. eine längere Hospitalisierung für Patienten mit Laser-Metastasektomie feststellten [10]
[19].
Zwei Studien untersuchten den Einfluss der Resektionsmethode auf das Postmetastasektomie-Überleben [11]
[12]
[13]
[19]. Franzke et al. und Mineo et al. wiesen jeweils nach, dass keine Evidenz für einen statistisch signifikanten Einfluss der Resektionsmethode auf das Langzeitüberleben besteht [11]
[12]
[13]
[19].
Schlussfolgerungen
Vorteile der Laserresektion auf einen Blick
Im Vergleich zur anatomischen Resektion sparen subsegmentale Resektionen potenziell vitales Lungengewebe ein und sollten bei entsprechender Konfiguration der Metastase (Größe, Lage) stets vorgezogen werden. Im Vergleich zu anderen nicht-anatomischen Resektionsmethoden ist die Laserresektion nicht nur mit einem geringen Parenchymverlust verbunden, sondern erlaubt durch die begleitende Koagulation eine präzise Schnittführung. In Zusammenschau dieser Eigenschaften eignet sich die Laser-Metastasektomie nicht nur für einzelne, peripher lokalisierte Metastasen. Vielmehr stellt sie überdies eine vielversprechende Behandlungsoption für Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion oder multiplen Metastasen dar.