Pneumologie 2017; 71(06): 321-322
DOI: 10.1055/s-0043-104346
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwellenländer: hohe Säuglingssterblichkeit durch RS-Virusinfektion

Geoghegan S. et al.
Mortality due to Respiratory Sycytial Virus. Burden and Risk Factors.

Am J Resp Crit Care Med 2017;
195: 96-103
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Publication History

Publication Date:
26 June 2017 (online)

 

    Tiefe Atemwegsinfekte durch das Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) sind weltweit die führende Todesursache in der Postneonatalperiode. 99 % der letalen Verläufe betreffen Babys aus armen Regionen in Schwellenländern. Eine unzureichende Molekulardiagnostik, seltene Autopsien und häusliche Todesfälle verschleiern die tatsächliche Prävalenz und Mortalität. Die prospektive Studie im Bundesland Buenos Aires bestätigte die RSV-Infektion als Haupttodesursache bei Säuglingen. Einfluss hatten weniger die sozioökonomischen Gegebenheiten als die medizinische Risikokonstellation.


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    2011 – 2013 lebten in den armen, südlichen Regionen von Buenos Aires 28 280 Babys, die < 12 Monate alt und nicht krankenversichert waren. Während 3 Infektionsperioden kamen 4045 Kinder wegen einer schweren Infektion der unteren Atemwege (LRTI) ins Krankenhaus. 65,5 % hatten eine RSV-Infektion. Verglichen mit LRTI durch andere Infektionen betrug die Hospitalisierungsrate bei RSV-LRTI mehr als das Doppelte (30,08 vs. 14,59/1000). Die meisten Erkrankungen traten im 2. Lebensmonat auf. 9 Kinder entwickelten ein Lungenversagen oder starben in der Neonatal- (Tag 0 – 28) und 148 in der Postneonatalperiode (Tag 29 – 364). Das RSV mit LRTI verursachte 50 % der neonatalen und 54 % der postneonatalen Säuglingstode.

    Zahlreiche sozioökonomische Faktoren waren nicht mit dem Krankheitsverlauf assoziiert: unzureichender Impfschutz, weite Entfernung zum nächsten Krankenhaus, Teenagermütter, Spätgebärende, Bildungsstand und fließendes Wasser. Risikofaktoren für Lungenversagen und Tod waren offene Feuerstellen in Wohnräumen und fehlende Abwassersysteme. Bedeutsamer waren in multivariater Analyse die biologische Vulnerabilität und medizinische Komplikationen:

    • Lebensalter < 6 Monate,

    • Beatmung bei der Geburt,

    • Untergewicht,

    • neurologische Erkrankungen,

    • Sepsis,

    • Pneumonie,

    • Pneumothorax.

    Medizinische Komplikationen beeinflussten die Prognose am stärksten. Septikämien, Pneumonien und Pneumothoraces steigerten das Risiko für ein Lungenversagen und Tod signifikant (jeweils p < 0,001). In der Subgruppenanalyse mit 20 gestorbenen Kindern hatten 13 eine Sepsis, 7 eine Pneumonie und 8 einen Pneumothorax.

    Das Gesundheitsregister des Bundeslandes registrierte von 2011 – 2013 62 neonatale und 342 postneonatale Todesfälle. Bei häuslichen Todesfällen verliefen die Altersverteilung, saisonalen Spitzen und die Häufigkeitsgipfel parallel zu den Daten für die Krankenhaussterblichkeit. Dies ergab eine geschätzte Gesamtmortalität durch RSV von 0,94/1000 Lebendgeburten.

    Fazit

    Die Autoren diskutieren insbesondere die häufigen Pneumothoraces als Risikofaktor für ein Lungenversagen und Tod durch RSV. Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit gesteigerten Entzündungsreaktionen und Überblähungen bei einer maschinellen Beatmung. Wenn Kinder aus armen Regionen zunehmend lebensrettenden Technologien zugeführt würden, müsste ein Expertentraining des medizinischen Personals Voraussetzung sein. Entscheidend sei aber die Entwicklung spezifischer Antikörper und effizienter Impfstoffe.

    Dr. med. Susanne Krome, Melle


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