ergopraxis 2017; 10(06): 14-16
DOI: 10.1055/s-0043-106261
Wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
09 June 2017 (online)

 

Spiegeltherapie reduziert Schmerzen – CRPS Typ I

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Spiegeltherapie mit uni- und/oder bilateralen Bewegungsübungen hilft, Schmerzen bei akutem CRPS Typ I zu reduzieren.
Abb.: Oskar Vogel

Ein akutes komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) ohne periphere Nervenverletzung (Typ I) kann zum Beispiel nach einem Schlaganfall auftreten. Spiegeltherapie hilft, die Schmerzen zu reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommen Kathrin Matuschek, Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Fresenius in Idstein und Anna Faißt, Ergotherapeutin am Bethesda Spital in Basel, Schweiz.

Die beiden Forscherinnen evaluierten in einem systematischen Review sechs Studien zur Wirksamkeit der Spiegeltherapie in Bezug auf die Schmerzreduktion bei Klienten mit CRPS Typ I. Die Studien umfassten drei randomisierte kontrollierte Studien, eine nicht randomisierte klinische Studie und zwei Einzelfallstudien. Damit nahmen insgesamt 125 überwiegend weibliche Klienten teil, die im Durchschnitt 33 Jahre alt waren. Bei der Analyse und dem Vergleich der Studien stellten die Forscherinnen deutliche Unterschiede bezüglich der Teilnehmerzahlen oder den Krankheitsverläufen fest (akut oder chronisch, CRPS nach Apoplex oder Verletzung). Außerdem fanden sie Varianten in Messzeitraum, Intensität und Methode der Spiegeltherapie (uni-/bilaterale Bewegungsübungen, mit/ohne Gegenstände). Allen sechs Studien lag jedoch die Visuelle Analogskala (VAS) als Messinstrument der Schmerzintensität zugrunde. Auf diese Weise dokumentieren alle Studien positive Effekte der Spiegeltherapie in der akuten Phase des CRPS Typ I hinsichtlich der Schmerzen.

Damit zeigt das Review, dass Spiegeltherapie die Schmerzen bei akutem CRPS, im Besonderen nach Schlaganfall, reduzieren kann. Zudem verweisen alle untersuchten Studien auch auf eine positive Tendenz beim Einsatz im chronischen Stadium. Dies entspricht der aktuellen S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Empfehlungen in der Fachliteratur. Für die ergotherapeutische Praxis gilt also: Spiegeltherapie mit uni- und/oder bilateralen Bewegungsübungen hilft, Schmerzen bei akutem CRPS Typ I zu reduzieren.

nk

ergoscience 2017; 12: 11–21


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Bewegung im Kindesalter schützt vor Depressionen – Prävention

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Abb.: FS-Stock/fotolia.com (nachgestellte Situation)

Kinder, die sich viel bewegen, zeigen weniger depressive Symptome. Umgekehrt gilt jedoch nicht, dass depressive Symptome das Bewegungsverhalten reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommen die Psychologen Tonje Zahl, Silje Steinsbeckk und Lars Wichstrøm von der Universität Trondheim, Norwegen.

Sie führten eine Langzeituntersuchung durch, um den Zusammenhang zwischen Bewegungsverhalten und Stimmung im Kindesalter zu ermitteln. Die erste Datenerhebung erfolgte mit 799 in Norwegen lebenden Kindern, die zum ersten Messzeitpunkt sechs Jahre alt waren. Mithilfe von semistrukturierten Interviews erfassten die Forscher potenzielle depressive Symptome der Kinder. Dabei orientierten sie sich an den DSM-IV-Kriterien für eine Depression und befragten sowohl Eltern als auch Kinder. Zur Unterstützung dieser Aussagen nutzen sie das „Preschool Age Psychiatric Assessment“ (PAPA). Das Bewegungsverhalten maßen sie, indem die Kinder jeweils für sieben aufeinanderfolgende Tage einen Aktimeter um die Hüfte trugen. Von 6–23 Uhr zeichnete er alle Aktivitäts- und Inaktivitätsphasen auf. Zusätzlich berechneten die Forscher den BMI aller Kinder und befragten deren Eltern zu potenziellen psychischen Komorbiditäten, da bei Depressionen oftmals auch Angststörungen oder andere psychische Störungen vorliegen. Nach zwei und vier Jahren wiederholten sie die Untersuchungen.

Das Vorkommen von Depressionen im Grundschulalter war mit 0,3–0,4 % gering. Die Symptome wie Grübeln über negative Ereignisse sanken im Alter von 6–8 Jahren und stiegen mit 8–10 Jahren minimal an. Bei den Sechs- und bei den Achtjährigen zeigte sich, dass jene Kinder, die sich viel bewegten, weniger Symptome einer Depression aufwiesen. Mit jeder zusätzlichen Stunde Bewegung sanken die depressiven Symptome um 0,20 Punkte.

Sechs- und Achtjährige bewegten sich im Schnitt 1,11 Stunden, Zehnjährige 6 Minuten weniger. Die Zeit, in denen die Kinder inaktiv waren, stieg von 8,5 Stunden bei den Sechsjährigen auf 10 Stunden bei den Zehnjährigen. Allerdings hatte die Zunahme an Inaktivität keinerlei Einfluss auf depressive Symptome.

Das bedeutet, dass es für die Stimmung von Kindern weniger entscheidend ist, wie viel Zeit sie ohne Bewegung verbringen – dafür ist es umso wichtiger, wie viel Zeit sie sich bewegen. Auffällig ist, dass Kinder ihrem Bewegungsverhalten treu bleiben: Jene, die sich mit 6 Jahren viel bewegten, waren auch mit 10 Jahren noch sehr aktiv. Geschlechterunterschiede gab es keine. Potenzielle Komorbiditäten blieben unabhängig vom Bewegungslevel.

Die Forscher schlussfolgern, dass Bewegung Kinder vor Depressionen schützt und als Präventions- und Therapieangebot sinnvoll ist.

lk

Pediatrics 2017; 139: e20161711


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Folgen von Bewegungsmangel

  • Übergewicht

    • Mehr als 42 Mio. Kinder unter 5 Jahren sind weltweit übergewichtig.

    • Fast jedes 10. Kindergartenkind in Deutschland ist zu dick.

    • Bis zum 10. Lebensjahr gibt es keine Geschlechtsunterschiede, ab 11 Jahren sind mehr Mädchen betroffen.

    • Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern sind überproportional häufig betroffen.

  • mangelnde körperliche Fitness

  • 30–60 % der Erstklässler haben Haltungsschäden.

  • Beeinträchtigung von Körperkoordination und Gleichgewicht

  • geringere geistige Leistungsfähigkeit

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen, höhere Infektanfälligkeit

Kinderschutzbund-nrw. Bewegungsmangel bei Kindern – Ursachen, Folgen und Veränderungsmöglichkeiten. Im Internet: www.kinderschutzbund-nrw.de/denkanst/Bewegungsmangel.htm ; Stand: 17.5.2017


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Positive Auswirkungen

Bewegung im Kindesalter …

  • formt Körper- und Selbstbewusstsein,

  • verbessert die soziale Integration, da Kinder meist in Anwesenheit anderer Kinder herumtollen,

  • hat einen positiven Einfluss auf neuronale Funktionen und Strukturen und verbessert so die kognitiven Fähigkeiten,

  • wirkt stimmungsaufhellend durch die Ausschüttung antidepressiv wirkender Neurotransmitter und

  • reduziert Grübeln über Negatives.

Pediatrics 2017; 139: e20161711


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Gemeinsam zu besseren Leistungen – Teambasiertes Lernen

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Ein teambasierter Lernansatz befähigt angehende Therapeuten in besonderem Maße dazu, neues Wissen zu erlangen und gemeinsam Probleme zu lösen.
Abb.: Jacob Lund/fotolia.com (nachgestellte Situation)

Ein teambasierter Lernansatz verhilft angehenden Therapeuten zu besseren Studienleistungen als ein traditioneller Lernansatz. Zu diesem Ergebnis kam ein interprofessionelles Forschungsteam um den Physiotherapeuten John Lowman von der University of Alabama in Birmingham, USA.

In ihrer retrospektiven Kohortenstudie verglichen die Forscher die Noten von Physiotherapiestudenten, die entweder einen teambasierten oder einen traditionellen Lernansatz durchlaufen hatten. Dazu analysierten sie, welche schriftlichen und praxisbezogenen Noten die Studenten aus insgesamt neun Jahrgängen in den Fächern „Basisfertigkeiten“ und „Kardiopulmonale Dysfunktion“ erzielt hatten. Abgesehen vom Lernansatz lag den Prüfungen jeweils das gleiche Prozedere zugrunde. Das heißt, die angehenden Therapeuten hatten jeweils die gleichen Aufgaben erhalten, an einer bestimmten Anzahl von Unterrichtsstunden sowie Praktika teilgenommen und dieselben Dozenten im Unterricht erlebt.

Laut Ergebnissen schneiden Studenten bei einem teambasierten Lernansatz signifikant besser in Prüfungen ab als jene, die einem traditionellen Lernansatz wie dem Lektürestudium folgen. Zudem scheinen angehende Therapeuten von den Erfahrungen ihrer Universität mit der teambasierten Didaktik zu profitieren: Denn je länger die Einführung des Ansatzes zurückliegt, desto besser sind ihre Leistungen.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ein teambasierter Lernansatz angehende Therapeuten in besonderem Maße dazu befähigt, neues Wissen zu erlangen und gemeinsam Probleme zu lösen. Aus ihrer Sicht besitzt die teambasierte Didaktik damit gleichermaßen das Potenzial, den Wissenserwerb zu fördern und die Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit zu stärken. Weitere Forschungen sollten die Langzeitwirkung des Ansatzes untersuchen und dabei auch klientenbezogene Outcomes berücksichtigen, etwa die Zufriedenheit mit dem therapeutischen Angebot.

fk

J Educ Eval Health Prof 2017; doi: 10.3352/jeehp.2017.14.3


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Teambasiertes Lernen

Das teambasierte Lernen beruht auf einer gemeinschaftlichen Lernstrategie, welche Gruppenarbeit, individualisiertes Lernen, gegenseitiges Feedback und anwendungsorientierte Aufgaben miteinander kombiniert. Dabei sollte eine Lerneinheit vier Elemente berücksichtigen:

  • Die Dozenten unterstützen die Teilnehmer bei der Gruppenbildung und bei gruppendynamischen Prozessen.

  • Die Studenten sind für den eigenen und den gruppenbezogenen Lernerfolg verantwortlich.

  • Sie erhalten regelmäßig Feedback.

  • Sowohl ihr fachliches Lernen als auch ihre soziale Entwicklung werden durch die Teambildung unterstützt.

Schmal J. Unterrichten und Präsentieren in Gesundheitsfachberufen. Methodik und Didaktik für Praktiker. Berlin: Springer; 2017

Lernende profitieren dreifach vom teambasierten Lernen: durch das selbstgesteuerte Lernen, den Austausch in der Gruppe und der Bearbeitung einer anwendungsorientierten Transferaufgabe.
Jörg Schmal, Pflegepädagoge, Gesundheits- und Krankenpfleger


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Spiegeltherapie mit uni- und/oder bilateralen Bewegungsübungen hilft, Schmerzen bei akutem CRPS Typ I zu reduzieren.
Abb.: Oskar Vogel
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Abb.: FS-Stock/fotolia.com (nachgestellte Situation)
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Ein teambasierter Lernansatz befähigt angehende Therapeuten in besonderem Maße dazu, neues Wissen zu erlangen und gemeinsam Probleme zu lösen.
Abb.: Jacob Lund/fotolia.com (nachgestellte Situation)