Schlüsselwörter
E-Zigarette - Tabakentwöhnung - Schadensreduzierung - Passivdampfen
Keywords
E-cigarette - smoking cessation - harm reduction - secondhand vaping
Was sind E-Zigaretten?
In elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) wird eine – zumeist nikotinhaltige – aromatisierte Flüssigkeit (Liquid) mithilfe eines elektronisch betriebenen Verdampfers erhitzt und vernebelt. Das dabei entstehende Aerosol wird vom Konsumenten in ähnlicher Weise wie beim Rauchen inhaliert.
E-Zigaretten wurden in den letzten Jahren intensiv weiterentwickelt, sodass es heute viele verschiedene Typen gibt. E-Zigaretten der ersten Generation, die in Deutschland seit etwa 2008 erhältlich sind, sehen zumeist wie Zigaretten aus („cigalikes“), haben eine kleine Batterie und ein geringes Füllvolumen. Geräte der zweiten Generation verfügen über einen Tank und einen aufladbaren Akku ( [Abb. 1]). E-Zigaretten der dritten Generation sind zudem in ihrer Leistung regulierbar und haben in der Regel ein größeres Fassungsvermögen. Es gibt vorbefüllte Einwegprodukte, die weggeworfen werden, wenn sie leer sind; die meisten Geräte sind aber nachfüllbar, wobei je nach E-Zigaretten-Typ entweder vorgefertigte Kapseln eingesetzt werden oder Flüssigkeit aus Fläschchen in den Tank der E-Zigarette pipettiert wird.
Abb. 1 Grundaufbau einer E-Zigarette: nachfüllbares und wieder aufladbares Produkt. Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum.
Die Liquids gibt es in Tausenden Varianten von Aromen. Die Geschmacksrichtungen reichen von Tabak- über Minz- und Fruchtaromen bis hin zu Getränkearomen (Kaffee, Tee, Energydrink etc.), Süßigkeiten (Bubblegum, Vanillepudding, Waffel etc.) und Fantasiearomen (Loch Ness, Einhorn Pups, Juke Box Hero etc.). Anfangs wurden E-Zigaretten nur von kleinen Händlern vermarktet, seit 2012 haben auch alle Tabakhersteller entweder selbst eigene E-Zigaretten entwickelt oder E-Zigaretten-Unternehmen aufgekauft. Auch wenn die Tabakhersteller in der Öffentlichkeit das Potenzial der Schadensminderung von E-Zigaretten in den Vordergrund stellen, so wird doch auf längere Sicht der Zigarettenmarkt ihr Hauptinteresse bleiben.
Es gibt viele verschiedene Typen von E-Zigaretten, die zudem ständig weiterentwickelt werden. Außerdem gibt es Tausende verschiedener Liquids. Daher sind auch die Eigenschaften des von den E-Zigaretten produzierten Aerosols unterschiedlich.
Epidemiologie
Der E-Zigaretten-Konsum ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen, wobei die meisten Menschen E-Zigaretten nur ausprobieren oder diese gelegentlich verwenden, ein regelmäßiger Konsum ist selten. Jüngere Menschen greifen eher zu E-Zigaretten als ältere [1].
Im Jahr 2016 hatte in Deutschland fast jeder Zehnte E-Zigaretten zumindest einmal ausprobiert oder verwendete sie gegenwärtig. Von diesen sog. Jemalskonsumenten ist der weitaus größte Teil (86 %) Raucher. Unter Rauchern benutzt annähernd jeder Vierte (23 %) E-Zigaretten oder hat sie geraucht, unter Ex-Rauchern rund 4 % und unter Nie-Rauchern weniger als 1 %. Regelmäßig (wöchentlich oder täglich) benutzt lediglich 1 % E-Zigaretten; von den Rauchern sind 3 % regelmäßige Konsumenten ([Abb. 2]). Die meisten Raucher (39 %) probieren E-Zigaretten nach eigener Angabe als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten aus. 23 % nutzen E-Zigaretten, um weniger zu rauchen, und 15 %, um mit dem Rauchen aufzuhören. 13 % der Raucher möchten E-Zigaretten in Nichtraucherbereichen verwenden, und 10 % wollen die Gesundheit der Menschen in ihrer Umgebung schützen [1].
Abb. 2 Konsum von E-Zigaretten nach Rauchstatus im Jahr 2016 [1].
Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Jemalskonsum von E-Zigaretten zunächst angestiegen und im Jahr 2015 wieder etwas zurückgegangen. Der Jemalskonsum ist in diesen Altersgruppen mit 11 % bzw. 19 % ähnlich hoch wie die Prävalenz des regelmäßigen Rauchens, der regelmäßigere Konsum von E-Zigaretten (30-Tage-Prävalenz) ist mit 2 % bzw. 3 % allerdings eher gering ([Abb. 3]) [2].
Abb. 3 Jemalskonsum von E-Zigaretten und Konsum innerhalb der letzten 30 Tage unter Jugendlichen (12 – 17 Jahre) und jungen Erwachsenen (18 – 25 Jahre) [2].
Inhaltsstoffe der Liquids und des Aerosols
Inhaltsstoffe der Liquids und des Aerosols
Die Liquids bestehen aus den beiden Grundsubstanzen Propylenglykol und Glyzerin, wobei diese alleine, meist aber beide zusammen in verschiedenen Mischungsverhältnissen eingesetzt werden. Aromen machen 1 – 4 % der Flüssigkeit aus. Die meisten Liquids enthalten außerdem Nikotin in unterschiedlicher Konzentration, in der Regel von 0,6 – 2,4 %; es gibt aber auch nikotinfreie Liquids.
Das beim Konsum entstehende Aerosol besteht aus feinen und ultrafeinen Flüssigkeitspartikeln. Es kann, neben den im Liquid enthaltenen Substanzen, in Abhängigkeit von der Leistung und der Art der E-Zigarette, dem verwendeten Liquid und dem Nutzerverhalten außerdem Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein, reaktive Sauerstoffverbindungen und Metalle, darunter Nickel, Chrom und Blei, enthalten. Die Schadstoffe liegen im E-Zigaretten-Aerosol zumeist in deutlich geringeren Mengen als in Tabakrauch vor, einzelne Substanzen können unter bestimmten Betriebsbedingungen aber auch ähnlich hohe oder sogar höhere Konzentrationen erreichen. So liegt Formaldehyd v. a. bei Überhitzung der E-Zigarette im Aerosol in ähnlich hoher Konzentration vor wie in Tabakrauch, Blei und Chrom wurden in Tabakrauch vergleichbaren Konzentrationen detektiert und Nickel sogar in höherer Menge [3]
[4]. Das Aerosol evaporiert schnell, mit einer Halbwertszeit von nur wenigen Sekunden [5].
In E-Zigaretten-Aerosol sind Schadstoffe nachweisbar, zumeist in geringerer Konzentration als in Tabakrauch. Einzelne Schadstoffe sind bei nicht sachgemäßem Gebrauch auch in ähnlich hoher oder höherer Konzentration als in Tabakrauch nachweisbar.
Schadenspotenzial der Inhaltsstoffe des Aerosols
Schadenspotenzial der Inhaltsstoffe des Aerosols
Propylenglykol, Glyzerin und Aromen sind für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen; toxikologische Daten zu einer langfristigen, täglich bis zu rund 200 Mal wiederholten Inhalation liegen aber nicht vor. Propylenglykol und Glyzerin können bei Erhitzung – wie es beim E-Zigaretten-Konsum der Fall ist – Acrolein, Acetaldehyd und Formaldehyd erzeugen. Für manche der verwendeten Aromen ist bekannt, dass sie reizend und zytotoxisch wirken können; dies gilt beispielsweise für Benzaldehyd und Zimtaldehyd. Das Aroma Diacetyl, das einen butterigen Geschmack hat, steht im Verdacht, bei Inhalation eine Bronchiolitis obliterans („popcorn lung“) zu verursachen. Unbekannt ist, ob sich die Aromen bei Erhitzung zersetzen und ob sie im Aerosolgemisch miteinander in Wechselwirkung treten. Die Partikel des Aerosols können aufgrund ihrer geringen Größe tief in die Lunge vordringen und werden Berechnungen zufolge v. a. in den Alveolen abgelagert, wobei Kinder größere Mengen aufnehmen als Erwachsene [6]. Sie unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung von denen des Tabakrauchs; ihre gesundheitlichen Auswirkungen sind derzeit unbekannt [3]
[4]
[5].
Das Nikotin, das moderne E-Zigaretten in ähnlichen Mengen wie Tabakzigaretten abgeben, birgt ein hohes Abhängigkeitspotenzial und steht zunehmend im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und das Wachstum von Tumoren zu fördern. Besonders in Schwangerschaft und Adoleszenz ist es bedenklich, da es Tierversuchen zufolge beim Konsum während der Schwangerschaft die Lungenentwicklung des Ungeborenen und beim Konsum durch Jugendliche deren Gehirnreifung beeinträchtigt [7]. Aufgrund der Toxizität des Nikotins kam es bereits zu akzidentellen Vergiftungen, die allerdings nur in wenigen Einzelfällen tödlich verliefen. Es vergiften sich v. a. Kinder bis zum Alter von 5 Jahren infolge einer oralen Aufnahme von Liquids. Diese Vergiftungsgefahr lässt sich durch kindersichere Verpackungen, eine eindeutige Kennzeichnung der Behälter und eine kindersichere Lagerung minimieren [3]
[8].
Das Schadenspotenzial der Inhaltsstoffe des Aerosols von E-Zigaretten ist in [Tab. 1] zusammengefasst.
Tab. 1
Ausgewählte Substanzen im E-Zigaretten-Aerosol und ihre Wirkungen.
Substanz
|
Funktion im Liquid/Herkunft
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Gesundheitsschädigende Wirkungen
|
Propylenglykol
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Hauptbestandteil des Liquids zur Erzeugung des Aerosols
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Glyzerin
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Hauptbestandteil des Liquids zur Erzeugung des Aerosols
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Wirkung langfristiger Inhalation unbekannt
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Nikotin
|
Bestandteil des Liquids
|
-
Abhängigkeitspotenzial
-
ggf. Förderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Tumorwachstum
-
wahrscheinlich Beeinträchtigung der Lungenentwicklung von Ungeborenen und der Hirnreifung von Jugendlichen
-
toxisch
|
feine und ultrafeine Partikel (PM2,5, PM10)
|
entstehen bei Verdampfung des Liquids
|
-
gelangen in die Alveolen
-
Partikel werden mit Atemwegsproblemen, Exazerbationen chronischer Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, reduzierter Lungenfunktion und vorzeitigem Tod in Verbindung gebracht
-
gesundheitliche Auswirkungen der Partikel im E-Zigaretten-Aerosol unbekannt
|
Diacetyl
|
Aroma in vielen süßen Liquids
|
steht im Verdacht, Bronchiolitis obliterans zu verursachen
|
Benzaldehyd
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Aroma (künstliches Bittermandelöl)
|
atemwegsreizend
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Zimtaldehyd
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Aroma (Zimt)
|
im E-Zigaretten-Aerosol zytotoxisch in Zellkultur
|
Acrolein
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entsteht beim Erhitzen des Liquids
|
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Acetaldehyd
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entsteht beim Erhitzen des Liquids
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möglicherweise krebserzeugend (Kategorie 2B)
|
Formaldehyd
|
entsteht beim Erhitzen des Liquids
|
krebserzeugend (Kategorie 1)
|
Blei
|
wahrscheinlich von Docht/Lötstellen
|
|
Chrom
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wahrscheinlich von Docht/Lötstellen
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krebserzeugend (Kategorie 1 für Chrom-IV-Verbindungen)
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Nickel
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wahrscheinlich von Docht/Lötstellen
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krebserzeugend bei Inhalation (Kategorie 1)
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tabakspezifische Nitrosamine
|
seltene Verunreinigung in einzelnen Liquids
|
krebserzeugend
|
Die Inhaltsstoffe der Liquids sind – abgesehen von Nikotin – für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie auch bei Inhalation harmlos sind. Toxikologische Daten für eine langfristige Inhalation fehlen derzeit.
Die Einschätzung der Gesundheitsgefahr wird erschwert durch:
– unterschiedliche Schadstoffproduktion je nach E-Zigaretten-Typ, -Leistung, -Liquid und Nutzerverhalten,
– keine standardisierten Testmethoden,
– unklare Übertragbarkeit von Tier- und Zellversuchen auf Menschen.
Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten-Konsum
Gesundheitsgefährdung durch E-Zigaretten-Konsum
Mögliche akute und chronische Gesundheitsgefahren des E-Zigaretten-Konsums sind zunehmend Gegenstand der Forschung, bislang aber insgesamt noch wenig untersucht. Zudem erschweren die große Vielzahl der E-Zigaretten-Typen, deren ständige Weiterentwicklung, die Vielfalt der Liquids sowie das Fehlen standardisierter Untersuchungsprotokolle die Einschätzung des Gefährdungspotenzials.
Als Nebenwirkungen des E-Zigaretten-Konsums werden am häufigsten Reizungen des Rachenraums, Husten, Übelkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwindel beschrieben [3]
[4].
Beobachtungen am Menschen zeigen, dass die Verwendung von E-Zigaretten kurzfristig die Lungenfunktion beeinträchtigen und zu einer milden entzündlichen Reaktion in den Atemwegen, insbesondere bei Asthmatikern, führen kann [3]
[9]. Die Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System ist derzeit nicht eindeutig geklärt; möglicherweise stellt der E-Zigaretten-Konsum für Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Risikoerhöhung dar [10]. Bislang wurden 2 Fälle beschrieben, bei denen E-Zigaretten-Konsum die Sauerstoffversorgung von Hauttransplantaten beeinträchtigte, was auf das Nikotin zurückgeführt wird [11]
[12].
Freie Lappenplastik
Ein 21-jähriger Mann zog sich am Arm eine tiefe Weichteilverletzung mit Schädigung der Strecksehne zu. Die Verletzung wurde mit einer freien anterolateralen Oberschenkel-Lappenplastik (ALT) versorgt. Die Sauerstoffversorgung des Lappens lag im unteren 70 %-Bereich. Weniger als 24 Stunden nach der Operation sank der Wert auf 19 %. Der Lappen war blass, hatte aber gefüllte Kapillaren sowie arterielle und venöse Dopplersignale.
Auf Nachfrage gab der Patient an, sich vom Überwachungsmonitor getrennt zu haben, im Bad eine E-Zigarette konsumiert zu haben und sich dann wieder mit dem Monitor verbunden zu haben. Daraufhin wurde auf eine erneute chirurgische Intervention verzichtet und der Lappen überwacht; sein Zustand verbesserte sich innerhalb von 3 Stunden auf den Ausgangszustand. Der Patient konsumierte keine weitere E-Zigarette und wurde 5 Tage postoperativ entlassen.
Da sich die vasokonstriktorische Wirkung des Nikotins negativ auf den freien Lappen ausgewirkt hat, sollte postoperativ von der Verwendung von E-Zigaretten in gleicher Weise wie von Zigaretten abgeraten werden [12].
Bei einem Patienten wurde eine akute eosinophile Pneumonie im Zusammenhang mit E-Zigaretten-Konsum beschrieben [13], ein weiterer Fallbericht liegt zu einer metastasierenden krebsähnlichen entzündlichen Reaktion in der Lunge vor [14].
Akute eosinophile Pneumonie
Ein 20-Jähriger stellte sich wegen eines seit 3 Tagen andauernden Hustens, Kurzatmigkeit und anfallsartig auftretender Gesichtsrötung vor. Die Symptome hatten eine Stunde nach dem Konsum einer E-Zigarette begonnen. Der Patient wurde zunächst – ohne Besserung der Symptome – mit Salbutamol behandelt. Er benutzte erneut eine E-Zigarette, die Symptome verschlimmerten sich.
Er hatte einen Blutdruck von 140/78 mmHg, Tachykardie (128 Schläge/min) ohne Herzgeräusche, Reiben oder Rhythmusstörung, Tachypnoe (32 Atemzüge/min), eine Sauerstoffsättigung von 100 % bei Raumtemperatur, kein Fieber (36,9 °C). Die Lunge war auskultatorisch frei, der Patient sprach ohne Zeichen von Atemnot. Es bestand eine leichte Leukozytose. Eine Röntgenaufnahme der Lunge zeigte eine subtile, diffus fleckige retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung. Eine CT ergab keine Anzeichen einer Lungenembolie und vorwiegend diffuse Milchglastrübungen.
Aufgrund der Möglichkeit einer Tuberkulose wurde eine Bronchoskopie mit Bronchiallavage durchgeführt, die zahlreiche Makrophagen, Eosinophile und verstreut gutartige Epithelzellen zeigte. Im rechten oberen Lappen fanden sich 3268 weiße Blutzellen (3 % Neutrophile, 2 % Basophile, 17 % Makrophagen, 74 % Eosinophile). Es bestand kein Hinweis auf infektiöse Ursachen.
Der Patient erhielt 60 mg Prednison; nach 7 Tagen waren die Symptome nahezu vollständig verschwunden, und der radiologische Befund war rückläufig. Wahrscheinliche Ursache für die akute eosinophile Pneumonie ist der E-Zigaretten-Konsum [13].
Respiratorische Bronchiolitis mit interstitieller Lungenerkrankung (RB-ILD)
Ein 33-jähriger Raucher erhielt wegen eines embryonalen Karzinoms, eines Hodentumors mit Lungenmetastasen, eine Chemotherapie, die 6 Monate nach der Therapie zur Auflösung der Lungenmetastasen führte. Alle Lungenfunktionstests waren innerhalb der Normbereiche.
Im Anschluss an die Therapie reduzierte der Patient das Rauchen mithilfe einer E-Zigarette, die er 10- bis 15-mal pro Tag verwendete, auf 10 Zigaretten pro Tag. 3 Monate nach Beginn des E-Zigaretten-Konsums (9 Monate nach Chemotherapie) zeigten sich bei einer Kontroll-CT der Lunge entlang der terminalen bronchovaskulären Einheiten multiple, wenig abgegrenzte Knoten mit Milchglastrübungen des Parenchyms. Der Patient hatte minimale Symptome einer Kurzatmigkeit.
Da Tumormarker, Bronchoskopie und Bronchiallavage keine richtungsweisenden Ergebnisse zeigten, wurde eine offene Lungenbiopsie durchgeführt. Makroskopisch zeigten sich eine schwarze Pigmentierung und einige Bullae. Histologisch stellte sich intrabronchial und angrenzend intraalveolär eine Akkumulation pigmentierter Makrophagen sowie eine milde interstitielle Fibrosierung mit interstitieller Akkumulierung von Makrophagen, milder Lymphozyteninfiltration, einzelnen Plasmazellen sowie ein moderates subpleurales und paraseptales Emphysem dar. Anhand der mikroskopischen Daten diagnostizierte das Ärzteteam eine respiratorische Bronchiolitis mit interstitieller Lungenerkrankung (RB-ILD).
Nach Beendigung des E-Zigaretten-Konsums unter Beibehaltung des Rauchens von 10 Zigaretten pro Tag verschwanden die Auffälligkeiten [37].
Vereinzelte Explosionen von E-Zigaretten, die wahrscheinlich zumeist auf eine falsche Verwendung zurückzuführen sind, zogen zum Teil schwere Verbrennungen nach sich; in einem Fall erlitt der Konsument gravierende Verletzungen im Mundraum, als seine E-Zigarette während des Konsums explodierte [3].
In Tierversuchen mit Ratten und Mäusen wirkte eine Behandlung mit E-Zigaretten-Aerosol entzündungsfördernd, erhöhte oxidativen Stress, beeinträchtigte die Funktion von Makrophagen und der Lunge, verschlechterte die antimikrobielle Abwehr in den Atemwegen und verursachte bei Neugeborenen eine beeinträchtigte Lungenentwicklung. Zudem führte E-Zigaretten-Aerosol zu Veränderungen der Genexpression, aktivierte Karzinogen-metabolisierende Enzyme und verursachte Strangbrüche der DNA [3]
[4]. Auch in Versuchen mit verschiedenen Zellkulturen wirkte E-Zigaretten-Aerosol entzündungsfördernd und zytotoxisch, es beeinträchtigte die Zellproliferation, verursachte oxidativen Stress und veränderte die Genexpression [3]
[4]. All diese Wirkungen sind den wenigen vorliegenden Studien zufolge im Vergleich zu Zigarettenrauch weniger stark ausgeprägt.
Mögliche langfristige gesundheitliche Auswirkungen des E-Zigarettenkonsums wurden bislang kaum untersucht. Aufgrund der insgesamt schwachen Datenlage kann derzeit keine gesicherte Aussage zum langfristigen Schadenspotenzial von E-Zigaretten getroffen werden. Das gesundheitliche Gefährdungspotenzial von E-Zigaretten wird in [Tab. 2] zusammengefasst.
Tab. 2
Gesundheitliches Gefährdungspotenzial von E-Zigaretten.
Beobachtungen am Menschen
|
Tierversuche
|
Zellversuche
|
-
Nebenwirkungen: Reizungen des Rachenraums, Husten, Übelkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel
-
kurzfristige Beeinträchtigung der Lungenfunktion
-
Wirkung auf Herz-Kreislauf-System unklar
-
Fallbericht: beeinträchtigte Sauerstoffversorgung von Hauttransplantaten
-
Fallbericht: entzündliche Reaktion in der Lunge
-
Fallbericht: möglicherweise akute eosinophile Pneumonie
-
Fallberichte: Verbrennungen durch Explosion
-
Fallberichte: Vergiftung durch orale Aufnahme (v. a. Kinder bis 5 Jahre)
-
langfristige Gesundheitsgefährdung unbekannt
|
-
entzündungsfördernd
-
oxidativer Stress ↑
-
Makrophagenfunktion ↓
-
antimikrobielle Abwehr in den Atemwegen ↓
-
Veränderungen der Genexpression
-
Aktivierung Karzinogen-metabolisierender Enzyme
-
Strangbrüche der DNA
-
Beeinträchtigung der Lungenfunktion
-
beeinträchtigte Lungenentwicklung von Neugeborenen bei Behandlung trächtiger Tiere mit E-Zigaretten-Aerosol
|
|
Aufgrund der unklaren langfristigen Gesundheitsschäden und wegen der zunehmenden Zahl von Fallberichten über gesundheitsschädliche Auswirkungen des E-Zigaretten-Konsums sollten Patienten bei der Anamnese grundsätzlich nicht nur zum Rauchstatus befragt werden, sondern ebenso zur Verwendung von E-Zigaretten. Perioperativ erscheint es sinnvoll, Patienten wegen der vasokonstriktorischen Wirkung des Nikotins – wie vom Rauchen – auch von der Verwendung von E-Zigaretten abzuraten.
E-Zigaretten-Aerosol zeigt verschiedene akute gesundheitsschädliche Wirkungen. Mögliche langfristige Gesundheitsschäden wurden bislang kaum untersucht.
Schadenspotenzial im Vergleich zu Tabakzigaretten
Schadenspotenzial im Vergleich zu Tabakzigaretten
Es ist davon auszugehen, dass E-Zigaretten aufgrund der geringeren Schadstoffmenge im Aerosol im Vergleich zu Rauchtabak weniger schädlich sind. Das Ausmaß der Schadensreduktion lässt sich derzeit allerdings aufgrund der aktuell unzureichenden Datenlage und der großen Vielfalt der E-Zigaretten und Liquids nicht verlässlich beziffern. Das Krebspotenzial liegt einer Modellierungsstudie zufolge beim Gebrauch von E-Zigaretten deutlich unter dem von Tabakzigaretten, wobei sehr große Unterschiede zwischen verschiedenen E-Zigaretten bestehen. Die Risikospanne reicht dieser Berechnung zufolge von einem den Nikotinersatzprodukten vergleichbaren Risiko bei den meisten Produkten bis – in einer Minderheit der Fälle, insbesondere bei Überhitzung – zu einem dem Rauchen vergleichbaren Krebsrisiko [15].
E-Zigaretten sind keine harmlosen Life-Style-Produkte. Im Vergleich zu Tabakzigaretten sind sie jedoch sehr wahrscheinlich weniger schädlich.
Gesundheitliche Auswirkungen beim Umstieg von Tabak- auf E-Zigaretten
Gesundheitliche Auswirkungen beim Umstieg von Tabak- auf E-Zigaretten
Bei einem vollständigen Wechsel von Tabak- auf E-Zigaretten sinken die Werte für verschiedene Biomarker; dazu gehören v. a. Kohlenmonoxid und Metaboliten von Acrolein, Benzol und dem tabakspezifischen Nitrosamin NNAL sowie für Ethylenoxid und Acrylamid [4]. Verschiedenen Studien zufolge (bei denen ein Interessenkonflikt besteht) verbessern sich Husten, Kurzatmigkeit, Fitness sowie die Lungenfunktion, und es verringern sich Exazerbationen bei COPD [16]
[17]
[18]
[19]
[20]. Ein Wechsel von Tabak- zu E-Zigaretten verbesserte in einer Studie (mit Interessenkonflikt) bei Asthmapatienten die Lungenfunktion [3].
Bei einem unvollständigen Wechsel, bei dem sowohl Tabak- als auch E-Zigaretten verwendet werden (dualer Konsum), reduzieren sich die Werte für tabakspezifische Nitrosamine und Acrolein allerdings nur geringfügig [4]. Wenn ein Raucher E-Zigaretten verwendet und gleichzeitig – möglicherweise in geringerem Ausmaß – weiterraucht, kann dies langfristig zu einer höheren Belastung führen, falls der duale Konsum den Raucher von einem vollständigen Rauchstopp abhält. Aufgrund des wahrscheinlich deutlich geringeren gesundheitlichen Vorteils und des langfristig womöglich sogar größeren Schadens bei einem dualen Konsum sollten Raucher vollständig auf E-Zigaretten umsteigen und ganz auf Tabakzigaretten verzichten. Langfristig sollten sie wegen des grundsätzlichen Schadenspotenzials der E-Zigarette idealerweise auch deren Konsum einstellen.
Bei vielen der derzeit vorliegenden Studien zu gesundheitlichen Vorteilen eines Umstiegs von Tabak- auf E-Zigaretten besteht ein Interessenkonflikt.
Gesundheitliche Vorteile eines vollständigen Umstiegs von Tabak- auf E-Zigaretten
Es kommt zu einer Reduzierung von
-
Biomarkern für Kohlenmonoxid, Acrolein, Benzol, NNAL, Ethylenoxid, Acrylamid,
-
Husten, Kurzatmigkeit,
-
Exazerbationen bei COPD,
und zu einer Verbesserung von
Nutzen in der Tabakentwöhnung
Nutzen in der Tabakentwöhnung
Raucher sterben durchschnittlich 10 Jahre früher als Nichtraucher – ein Rauchstopp reduziert diesen Unterschied wesentlich. Bei COPD-Patienten ist der Verzicht auf das Rauchen die effektivste Einzelmaßnahme. Bereits eine weniger als dreiminütige Beratung durch den Arzt mit Ansprache des Rauchens und der Empfehlung eines Rauchstopps erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient erfolgreich mit dem Rauchen aufhört. Die erfolgreichste Unterstützung für einen Rauchstopp ist eine Verhaltenstherapie, ergänzt durch Nikotinersatzprodukte.
Zur Wirksamkeit von E-Zigaretten in der Tabakentwöhnung liegen bislang nur wenige randomisierte doppelblinde Studien (RCT) und einige wenige Kohortenstudien vor. Eine gesicherte Aussage zu dieser Fragestellung ist auf Basis dieser Studien nicht möglich, da die Evidenz insgesamt als gering oder sehr gering eingestuft wird. Die vorliegenden RCT weisen darauf hin, dass E-Zigaretten mit Nikotin besser als solche ohne Nikotin einen Rauchstopp unterstützen können und möglicherweise ähnlich gut wirken wie Nikotinpflaster. Die Kohortenstudien deuten darauf hin, dass E-Zigaretten-Konsum möglicherweise zu einer höheren Rate von Aufhörversuchen führt als kein E-Zigaretten-Konsum [21]
[22].
Ein Review, das 15 Kohortenstudien, 3 Querschnittsstudien und 2 klinische Studien einbezog, kam hingegen zu dem Schluss, dass diejenigen, die E-Zigaretten verwenden, mit geringerer Wahrscheinlichkeit mit dem Rauchen aufhören als Nichtkonsumenten. Allerdings wird die Evidenz der Beobachtungsstudien und einer randomisiert-kontrollierten Studie als gering bewertet [22]. Grundsätzlich gilt außerdem, dass die publizierten klinischen Studien E-Zigaretten der ersten Generation verwendet haben – die heutigen weiterentwickelten Geräte sind möglicherweise effektiver.
Entsprechend der aktuell gültigen S3-Leitlinie zur Tabakentwöhnung aus dem Jahr 2015 sollen E-Zigaretten „nicht empfohlen werden, bevor sie nicht unter den Bedingungen der Arzneimittelprüfung auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit bei der Harm Reduction und Tabakentwöhnung untersucht worden sind“ [23] ([Abb. 4]).
Abb. 4 Verschiedene Empfehlungen zu E-Zigaretten im Zeitverlauf [23]
[24]
[25]
[26]
[27].
Tabakentwöhnung
Eine 30-Jährige stellt sich erstmals für eine Routineuntersuchung vor. Sie hat keine bekannten Vorerkrankungen, ihr BMI liegt bei 27. Bei der Abfrage des Rauchstatus zeigt sich, dass sie seit ihrem 15. Lebensjahr raucht, anfangs gelegentlich, seit 10 Jahren täglich etwa 20 Zigaretten. Der Arzt empfiehlt ihr einen Rauchstopp unter Zuhilfenahme einer verhaltenstherapeutischen Intervention und von Nikotinersatzprodukten. Die Patientin gibt an, bereits zweimal, vor 4 und anderthalb Jahren, mit diesen Hilfsmitteln aufgehört zu haben, aber jeweils nach wenigen Wochen bis Monaten rückfällig geworden zu sein. Weitere medikamentöse und verhaltenstherapeutische Unterstützung lehnt die Patientin von sich aus ab und erwähnt, sie wolle es stattdessen mit E-Zigaretten probieren. Der Arzt erklärt der Patientin, dass E-Zigaretten derzeit keine zur Tabakentwöhnung zugelassenen Produkte sind, nicht harmlos sind und mögliche langfristige Gesundheitsauswirkungen derzeit unbekannt sind. Er weist darauf hin, dass er keine ärztlichen Empfehlungen zur Dosierung der Nikotinmenge oder zu bestimmten Produkten geben kann. Wenn sie einen Rauchstoppversuch mit E-Zigaretten unternehmen wolle, so solle sie beim Umstieg auf E-Zigaretten vollständig auf das Rauchen verzichten und wegen der unklaren Gesundheitsgefährdung langfristig möglichst auch den E-Zigarettenkonsum beenden.
E-Zigaretten sind derzeit kein zur Tabakentwöhnung zugelassenes Hilfsmittel. Rauchenden Patienten mit tabakassoziierten Krankheiten soll leitliniengerecht eine verhaltenstherapeutische Maßnahme, kombiniert mit Nikotinersatztherapie, empfohlen werden.
Schadensreduzierung („Harm Reduction“)
Schadensreduzierung („Harm Reduction“)
Die Hersteller preisen E-Zigaretten vielfach als weniger schädliche Alternative zu Tabakzigaretten an. Die Schadensreduzierung (engl. harm reduction) ist eine – übrigens von der Tabakindustrie stark unterstützte – Strategie, die das Ziel hat, bei Rauchern, die nicht mit dem Rauchen aufhören wollen oder die den Rauchstopp nicht schaffen, tabakbedingte Gesundheitsschäden durch eine Verringerung der Anzahl gerauchter Zigaretten oder den Umstieg auf weniger schädliche Tabak- oder Nikotinprodukte zu reduzieren. Der wesentliche positive Effekt einer Rauchreduktion mithilfe von Nikotinersatzprodukten und Verhaltenstherapie ist, dass dies die Wahrscheinlichkeit für einen Rauchstoppversuch erhöht [23].
E-Zigaretten können von gesundheitlichem Vorteil sein, wenn ein Raucher vollständig auf E-Zigaretten umsteigt und den Tabakkonsum beendet. Vom dualen Konsum wird abgeraten. E-Zigaretten sollten wegen des unklaren Restrisikos nicht dauerhaft verwendet werden.
Welche Rolle die E-Zigarette in der Harm Reduction spielen kann, ist derzeit Gegenstand einer intensiven Debatte. Es gilt, ihr Potenzial zur Reduzierung der Gesundheitsschäden – insbesondere auch bei einer gleichzeitigen Verwendung mit Tabakzigaretten – sowie ihr Potenzial zur Unterstützung einer Rauchreduktion und langfristig möglichst auch eines vollständigen Rauchstopps abzuschätzen.
Auf Basis der aktuell verfügbaren Daten empfiehlt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen in ihrem Positionspapier zur Schadensreduktion, dass Rauchern, denen der Rauchstopp mit anderen Hilfsmitteln nicht gelungen ist und die die E-Zigarette ausprobieren möchten, erklärt werden sollte, dass E-Zigaretten zwar im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger schädlich, die langfristigen Gesundheitsauswirkungen aber nicht bekannt sind. Die Verwendung von E-Zigaretten sollte diesen Rauchern zwar nicht empfohlen, es sollte aber auch nicht von deren Verwendung abgeraten werden [24].
Die Dachgesellschaft Sucht geht einen Schritt weiter und empfiehlt Rauchern, die nicht für einen Rauchstopp mithilfe von Beratung, psychotherapeutischen Verfahren und/oder First-Line-Medikation zu gewinnen sind, zu raten, nach Möglichkeit vollständig auf E-Zigaretten umzusteigen, vom dualem Konsum aber abzuraten [25].
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin verweist auf die Empfehlungen im Positionspapier der American Heart Association aus dem Jahr 2014 und ergänzt, dass Patienten mit allen tabakassoziierten Krankheiten so rasch wie möglich eine intensive Rauchstoppberatung und Pharmakotherapie anzubieten ist ( [Abb.4]) [26].
Bei Rauchern, denen der Rauchstopp mit einer leitliniengerechten Tabakentwöhnung nicht gelingt und die E-Zigaretten probieren möchten, kann der Umstieg auf E-Zigaretten mit Hinweis auf die unklaren langfristigen Gesundheitsauswirkungen unterstützt werden.
Bezüglich der Tabakentwöhnung durch Verwendung von E-Zigaretten ist zu konstatieren:
-
Der vollständige Rauchstopp ist aus medizinischer Sicht das Mittel der Wahl, um tabakassoziierten Erkrankungen vorzubeugen.
-
E-Zigaretten sind derzeit nicht zur Tabakentwöhnung zugelassen.
-
Hinsichtlich des Potenzials von E-Zigaretten in der Tabakentwöhnung ist die Evidenzlage schwach; sie deutet aber darauf hin, dass E-Zigaretten Rauchern bei einem Rauchstopp helfen können.
Bezüglich der Schadensreduzierung gilt:
-
Für Raucher können E-Zigaretten eine weniger schädliche Alternative zu Rauchtabakprodukten sein.
-
Das Ausmaß der Schadensreduzierung eines vollständigen Umstiegs lässt sich derzeit nicht verlässlich beziffern.
Belastung Dritter („Passivdampfen”)
Belastung Dritter („Passivdampfen”)
Die passive Belastung durch E-Zigaretten-Aerosol unterscheidet sich vom Passivrauchen grundsätzlich darin, dass Aerosol nur dann produziert wird, wenn der Konsument die E-Zigarette aktiviert. Anders als beim Rauchen gibt es also keinen Nebenstromrauch, der beim Glimmen der aktuell nicht verwendeten Zigarette entsteht. Beim E-Zigaretten-Konsum belastet demnach ausschließlich das vom Konsumenten ausgeatmete Aerosol die Raumluft. Das Aerosol hat zudem eine wesentlich kürzere Halbwertszeit als Tabakrauch [5].
Dennoch gelangen mit dem Aerosol in Abhängigkeit von E-Zigaretten-Typ, -leistung und Liquid verschiedene Substanzen in die Raumluft. Dazu gehören Propylenglykol, Glyzerin, Aromen, Nikotin, feine und ultrafeine Partikel, flüchtige organische Substanzen, Aldehyde (Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein), Metalle, Carbonyle und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe [5]. Die Mengen sind deutlich geringer als beim Passivrauchen. Die Belastung der Raumluft mit Partikeln kann aber, wenn gleichzeitig viele E-Zigaretten verwendet werden, auf Werte wie in einer verrauchten Bar ansteigen [28]. Das Nikotin gelangt nicht nur in die Raumluft, sondern lagert sich auch auf Oberflächen und der Kleidung ab; es wird von Nichtkonsumenten aus der Raumluft in den Körper aufgenommen [5]
[29].
E-Zigaretten tragen somit zur Belastung der Raumluft bei, wenn auch in wesentlich geringerem Maße als Tabakrauch. Das Ausmaß der daraus resultierenden Gesundheitsgefährdung ist derzeit unbekannt. Dennoch empfiehlt die Innenraumhygienekommission des Umweltbundesamtes im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes, Bestimmungen und Beschränkungen, die für Tabakrauchen gelten, auch für E-Zigaretten anzuwenden [30]. Dies gilt umso mehr, als Innenräume in der Öffentlichkeit aufgrund der Nichtraucherschutzgesetze rauchfrei sind und somit in diesem Bereich die Belastung nicht mit Tabakrauch, sondern mit einer Nullbelastung verglichen werden muss, insbesondere für besonders sensible Personen wie Kinder, Allergiker, Asthmatiker, Herzpatienten oder Menschen mit Lungenerkrankungen.
Beim E-Zigaretten-Konsum gelangen verschiedene Substanzen, auch schädliche, in die Raumluft. Es ist davon auszugehen, dass die gesundheitliche Belastung geringer ist als durch Rauchen. Zur Abschätzung der Gesundheitsgefährdung besteht Forschungsbedarf.
Belastung Dritter
-
Aerosol wird nur bei Aktivierung der E-Zigarette gebildet.
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In die Raumluft gelangt nur das vom Konsumenten inhalierte und wieder ausgeatmete Aerosol.
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Mit dem Aerosol gelangen Schadstoffe in die Raumluft.
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Nikotin aus dem Aerosol wird von Nichtkonsumenten in den Körper aufgenommen.
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Eine Gesundheitsgefährdung – insbesondere von sensiblen Personen wie Kindern und Asthmatikern – ist nicht auszuschließen.
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Das Ausmaß einer möglichen Gesundheitsgefährdung ist unbekannt.
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Weitere Forschung ist notwendig.
E-Zigaretten-Konsum bei Jugendlichen
E-Zigaretten-Konsum bei Jugendlichen
In Deutschland ist es Jugendlichen seit 2016 durch das Jugendschutzgesetz verboten, E-Zigaretten zu kaufen und diese in der Öffentlichkeit zu verwenden. Da bei nichtrauchenden Jugendlichen der E-Zigaretten-Konsum hinsichtlich des gesundheitlichen Schadenspotenzials nicht mit dem Rauchen, sondern mit einer Nullbelastung verglichen werden muss, bedeuten E-Zigaretten für Jugendliche eine Gesundheitsgefährdung mit Abhängigkeitspotenzial.
Abgesehen von dem der E-Zigarette inhärenten Schadenspotenzial ist zu befürchten, dass E-Zigaretten Jugendlichen den Einstieg ins Rauchen erleichtern. Mehrere Längsschnittstudien deuten darauf hin, dass nichtrauchende Jugendliche, die jemals E-Zigaretten verwendet haben, später mit erhöhter Wahrscheinlichkeit Zigaretten ausprobieren [31]
[32]. Einen Kausalzusammenhang können diese Studien allerdings nicht belegen; weitere Forschung ist notwendig.
E-Zigaretten sind keine harmlosen Life-Style-Produkte für Jugendliche. Mehrere Längsschnittstudien legen einen Zusammenhang zwischen E-Zigaretten-Konsum und Rauchbeginn nahe, einen Kausalzusammenhang können sie aber nicht belegen.
E-Zigaretten aus Public-Health-Perspektive
E-Zigaretten aus Public-Health-Perspektive
Die Frage, ob E-Zigaretten für die öffentliche Gesundheit von Vorteil oder Nachteil sind, ist Gegenstand einer kontroversen wissenschaftlichen Diskussion [33]. Problematisch ist, dass E-Zigaretten für Jugendliche interessante Life-Style-Produkte sein könnten, die jedoch ein gesundheitliches Schadenspotenzial bergen und zudem möglicherweise den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern. Daneben bedeuten die Produkte für Nichtkonsumenten eine neue Raumluftbelastung, die es im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes zu vermeiden gilt.
Einen Vorteil verschaffen E-Zigaretten der öffentlichen Gesundheit nur dann, wenn viele Raucher vollständig auf E-Zigaretten umsteigen und gleichzeitig möglichst wenige Neukonsumenten unter Nichtrauchern gewonnen werden. Verschiedene Modellierungsstudien zeigen Potenzial für einen Nettonutzen, sofern die regulatorischen Rahmenbedingungen derart gestaltet werden, dass E-Zigaretten attraktiv für Raucher sind, aber unattraktiv für Nichtraucher [34]
[35].
E-Zigaretten können für die öffentliche Gesundheit von Vorteil sein, wenn
– möglichst viele Raucher E-Zigaretten nutzen, um ihren Tabakkonsum zu beenden,
– möglichst wenige Neukonsumenten gewonnen werden,
– Nichtkonsumenten vor dem Aerosol geschützt werden.
Tabakprodukte zum Erhitzen
Tabakprodukte zum Erhitzen
Ein Tabakhersteller brachte im Jahr 2016 ein neuartiges Tabakprodukt auf den deutschen Markt, bei dem eine spezielle Mini-Zigarette in einem Halter elektronisch erhitzt wird, wobei ein Aerosol entsteht, das vom Konsumenten inhaliert wird.
Eine zuverlässige Bewertung der Produkte ist nach der aktuellen wissenschaftlichen Studienlage nicht möglich, da fast ausschließlich vom Hersteller durchgeführte Studien vorliegen. Diese Studien legen nahe, dass das Aerosol weniger Schadstoffe enthält als der Rauch herkömmlicher Zigaretten. Entsprechend einer unabhängigen Studie erreichte die Temperatur im Gerät 330 °C, und im Aerosol fanden sich etwa 80 % der in Tabakrauch enthaltenen Nikotinmenge. Das Aerosol enthielt eine Reihe derselben Schadstoffe wie Tabakrauch, darunter Kohlenmonoxid und krebserzeugende Substanzen, jedoch in geringeren Mengen. In verhältnismäßig großen Mengen wurden im Aerosol folgende Substanzen gemessen: Acrolein (82 % der Menge in Tabakrauch) Formaldehyd (74 % der Menge in Tabakrauch), Benzaldehyd (50 % der Menge in Tabakrauch), Acetaldehyd (22 % der Menge in Tabakrauch) [36].
Somit ist davon auszugehen, dass die Produkte für Raucher wahrscheinlich weniger schädlich sind als Tabakzigaretten – sie sind aber auch keine harmlosen Life-Style-Produkte. Wie groß die Schadensreduktion tatsächlich ist, lässt sich nach aktuellem Kenntnisstand nicht abschätzen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass eine Belastung der Raumluft mit solchen Substanzen entsteht, die auch von anderen im Raum anwesenden Personen in gewisser Menge aufgenommen werden. Daher sind Tabakprodukte zum Erhitzen für Nichtraucher nicht geeignet. Ebenso sollten die Produkte zum Schutz Dritter nicht in Nichtraucherbereichen verwendet werden.
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In E-Zigaretten wird eine – meist nikotinhaltige – aromatisierte Flüssigkeit erhitzt und vernebelt und das dabei entstehende Aerosol vom Konsumenten inhaliert.
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Es gibt viele E-Zigaretten-Typen, die ständig weiterentwickelt werden, und viele verschiedene Liquids, sodass sich die Produkte stark voneinander unterscheiden können.
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Die meisten Inhaltsstoffe der Liquids sind für die orale oder dermale Aufnahme zugelassen, toxikologische Daten zu einer langfristigen Inhalation fehlen aber.
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Das zumeist in den Liquids enthaltene Nikotin wird aus modernen Geräten ähnlich gut abgegeben wie aus Tabakzigaretten. Nikotin macht abhängig und steht zunehmend im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und Tumorwachstum zu fördern; es beeinträchtigt sehr wahrscheinlich die Lungenentwicklung des Ungeborenen und bei Jugendlichen die Hirnreifung.
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E-Zigaretten-Aerosol wirkt in Tier- und Zellversuchen entzündungsfördernd, zytotoxisch, beeinträchtigt die Zellproliferation, verursacht oxidativen Stress und verändert die Genexpression.
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E-Zigaretten-Konsum kann kurzfristig die Lungenfunktion beeinträchtigen und zu einer entzündlichen Reaktion in den Atemwegen führen, insbesondere bei Asthmatikern.
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Mögliche langfristige Gesundheitsschäden wurden bislang kaum untersucht.
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Im Vergleich zu Tabakzigaretten sind E-Zigaretten sehr wahrscheinlich weniger schädlich.
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E-Zigaretten sind derzeit nicht zur Tabakentwöhnung zugelassen, können für Raucher aber eine weniger schädliche Alternative zum Rauchen sein, wobei sich das Ausmaß der Schadensreduzierung derzeit nicht verlässlich beziffern lässt.
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E-Zigaretten tragen zur Belastung der Raumluft bei, wenn auch in wesentlich geringerem Maß als Tabakrauch. Das Ausmaß einer möglichen Gesundheitsgefährdung ist derzeit unbekannt.