Erste Untersuchungen zur diagnostischen Rolle der Gruppe natriuretischer Propeptide in der neonatalen Periode finden sich bereits in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wo unter anderem bei Neugeborenen mit angeborenen Herzfehlern und Patienten mit anderweitig ursächlicher Zyanose eine Beziehung der Konzentration des atrialen natriuretischen Peptids und dem Ausmaß der Zyanose beschrieben wurden [6]. Die atriale Komponente des natriuretischen Peptids wurde in ihrer pathophysiologischen Rolle als Reaktion der Kardiomyozyten im Bereich des Atriums auf eine erhöhte Volumenbelastung interpretiert [5].
Zunächst fokussierte die Diskussion um die pathophysiologische Rolle der genannten Substanzgruppe auf die Frage, inwieweit diese eine kardiale oder pulmonale Pathologie bei jungen Säuglingen reflektieren [7]. Weiterhin wurde bei Neugeborenen mit primär transienter Tachypnoe die Konzentration von natriuretischen Propeptiden als Marker für schwerwiegende Verläufe bestätigt [1], ohne dass bislang eine nachvollziehbare Differenzierung in kardiale oder pulmonale Ursachen für die Erhöhung möglich war [9].
Die Forschung an der genannten Substanzgruppe fokussiert in der laufenden Dekade in der Neonatologie weiter auf den B (brain) Typ des natriuretischen Propeptids NT-proBNP. Es sind mehrere Studienprojekte um einen prädiktiven Wert des Markers für das Risiko der BPD und assoziierter Störungen publiziert worden [4]
[10], darüber hinaus finden sich in der Literatur unter anderem auch die Frage der Wertigkeit der genannten Variable für die Prognose von Patienten mit angeborener Zwerchfellhernie untersucht [11].
So konnte die dänische Gruppe um Sellmer [10] belegen, dass die Messung des genannten Peptids – hier an knapp 200 Kindern eines Gestationsalters von < 32 Wochen entnommen an Lebenstag 3 - einen prädiktiven Wert für das Merkmal BPD oder Tod beinhaltet. Die Gruppe war weiterhin in der Lage zu differenzieren, dass ein klinisch hämodynamisch relevanter Ductus bzw. echokardiografische Variablen assoziiert mit einem Ductus wie z. B. der links-atriale zum Aorten-Durchmesser hierbei als Zusatzvariablen keine Veränderung der genannten Ergebnisse erbrachten. Ähnliche Daten wurden von einer US-amerikanischen Gruppe [4] publiziert. Hingegen war die europäische Gruppe zum Studium von Neugeborenen mit angeborenen Zwerchfellhernien nicht in der Lage, an insgesamt 128 Neugeborenen mit angeborener Zwerchfellhernie einen prognostischen Wert für das NT-proBNP zur Notwendigkeit unter anderem einer Therapie mittels extrakorporaler Membranoxygenierung zu belegen [11]. Somit lässt sich auf dem
Hintergrund der beispielhaft aufgeführten Arbeiten derzeit eine Risikoprädiktion für das Merkmal Tod oder BPD bei sehr unreifen Frühgeborene belegen, welche eine Erhöhung der genannten Laborvariable früh postnatal innerhalb der ersten 48 bis 72 Lebensstunden aufweisen. Da diese Variable gut standardisiert zu bestimmen ist und das Volumen der Blutentnahme zum Zeitpunkt des 2.− 3. Lebenstages als unproblematisch angesehen werden kann, sollten weitere prospektive Studien durchgeführt werden, welche die zuvor geschilderten Zusammenhänge im Rahmen großer Patientenzahlen zum Gegenstand haben. Dies sollte selbstredend – obgleich in oben erwähnter Studie nicht belegt – das Vorliegen sowie die hämodynamische Relevanz eines persistierenden Ductus arteriosus- neben anderen klinischen Komplikationen zum Gegenstand haben [4].
Bei einer möglichen Etablierung eines Grenzwertes des NT-proBNP für die genannten Risikofaktoren Tod oder BPD früh in der 1. Lebenswoche sind unter anderem Szenarien denkbar, welche eine frühe und gezielte Therapie der drohenden BPD beinhalten. Darüber hinaus erscheinen Fragestellungen in speziellen Risikokollektiven sehr unreifer Frühgeborene z. B. nach lang dauernden vorzeitigen Blasensprung vor Beginn der Überlebensfähigkeit, welche mit einer hohen Mortalität einhergeht, als prognostische Wertung ebenfalls vorstellbar und erscheint eine attraktive Fragestellung zu sein [2]
[12].
Die im vorliegenden Heft der Klinischen Pädiatrie gedruckte Arbeit der spanischen Gruppe stellt einen weiteren Mosaikstein auf der Suche nach adäquaten frühen Biomarkern der BPD dar und ist daher ein bedeutsamer Beitrag zur Frage der früheren Risikoidentifikation des Risikos von Tod oder BPD bei sehr unreifen Frühgeborenen. Bei einer möglichen Etablierung der Laborvariable als zuverlässiger Prädiktor einer BPD wäre dies Teil einer Grundlage für eine mögliche Indikation neuer Therapieformen, welche früh zu applizieren sind, ohne dass zum Applikationszeitpunkt eine BPD auf dem Hintergrund des klassischen Zeitpunkts der Diagnose zu stellen ist [3].