Die Hoffnung der Prostatakarzinom-Patienten in fokale Therapiealternativen ist groß und auch die Autoren in dieser Studie sprechen von einer Fülle von Anfragen, die sie telefonisch und über Email erreichten. Jedoch steht die fokale Therapie von im mpMRT sichtbaren Prostatakarzinomen mit niedrig- bis früh intermediärem Risiko im Vergleich zur Datenlage etablierter Therapieverfahren erst am Anfang einer spannenden wissenschaftlichen Evaluation.
Für die fokale Ablation sind mittlerweile zahlreiche Systeme in der klinisch-experimentellen Anwendung. Die Laser-basierte Ablation kontrolliert durch die MR-Thermometrie unterscheidet sich durch die Behandlung im MRT grundlegend von anderen fokalen Therapieverfahren wie z. B. der HIFU, der Kryotherapie und der irreversiblen Elektroporation (IRE): sie ist aufwendiger und kann nicht durch den Urologen allein durchgeführt werden. Um eine Vergleichbarkeit der Ablations-Techniken zu ermöglichen, ist eine detaillierte Angabe von Informationen in den Studien notwendig. Optimal für die Evidenz-basierte Einführung einer neuen Technik ist die stufenweise wissenschaftliche Evaluation mittels den IDEAL (Idea, Development, Exploration, Assessment, Long-term Follow-up) Empfehlungen. In dieser Studie wird der Visualase® Laser in einer frühen Entwicklungsphase (Development) untersucht. Leider fehlt die durch IDEAL empfohlene einzelne Auflistung der Fälle.
Die Basis für die Patientenselektion für die fokale Therapie ist die gezielte MRT/TRUS-Fusionsbiopsie oder die template mapping Biopsie zur Tumorcharakterisierung. Seit 2013 sind zahlreiche neue Plattformen für die Fusionsbiopsie auf den Markt gekommen, die mittlerweile eine weite Verbreitung gefunden haben [1]. Über das Biopsieverfahren zur Patientenselektion geben die Autoren keine Informationen an. Eine 26 % Tumorrate außerhalb der Ablationszone 12 Monate nach Biopsie zeigt, dass das Biopsieprotokoll für den Studieneinschluss nicht ausreichend für die Patientenselektion war. Die Einschlusskriterien entsprechen weitestgehend denen verbreiteter Konsensusempfehlungen. Die Volumengrenze von 2 ml bedeutet bei gleichzeitigem Einschluss von fast ausschließlich Gleason 6 Tumoren, dass nur 20 – 50 % der Patienten mit passenden Tumorcharakterista eingeschlossen werden konnten. Mehr Gleason 6 Tumore dieses Volumens sind nicht im mpMRT sichtbar.
Die hohe Tumorfreiheitsrate des Ablationsareals verwundert bei einem Sicherheitsabstand von 5 mm zur Läsion. Schlüsselpublikationen von Le Nobin und Priester et al. haben gezeigt, dass das mpMRT das Ausmaß des Tumors verglichen zum Großflächenschnitt deutlich unterschätzt [2, 3]. 9 mm Sicherheitsabstand werden empfohlen. Somit steht die Frage im Raum, ob die Autoren durch die Kontrollbiopsie-Strategie (nach 3 Monaten 2 gezielte Zylinder, nach 12 Monate systematische 12er Biopsie) überhaupt das primäre Studienziel der Tumorfreiheitsrate des Ablationsareals beantworten können. Sollten die Autoren gemäß IDEAL Kriterien die Explorations-Phase der Laser Ablation beginnen? Nein. Vielmehr sollte eine weitere Development-Phase angeschlossen werden, in der die Kontrollbiopsie-Strategie verändert wird, um Aussagen über die Tumorfreiheitsrate des Ablationsareals treffen zu können.
Als Fazit für die Praxis kann geschlossen werden, dass diese Studie aufgrund oben genannter Schwächen keinen Rückschluss auf die onkologische Effektivität der fokalen Laserablation zulässt. Patienten mit Prostatakarzinomen des niedrig- früh intermediären Risikos, die eine fokale Therapie wünschen, müssen über den experimentellen Charakter aufgeklärt werden und sollten ausschließlich in Studien behandelt werden.
Der Autor
Dr. Jost von Hardenberg, Klinik für Urologie der Universitätsmedizin Mannheim der Universität Heidelberg
Literatur
[1] Franz T, von Hardenberg J, Blana A, Cash H, Baumunk D, Salomon G, Hadaschik B, Henkel T, Herrmann J, Kahmann F, Köhrmann K-U, Köllermann J, Kruck S, Liehr U-B, Machtens S, Peters I, Radtke JP, Roosen A, Schlemmer H-P, Sentker L, Wendler JJ, Witzsch U, Stolzenburg J‑U, Schostak M, Ganzer R. MRI/TRUS fusion-guided prostate biopsy: Value in the context of focal therapy. Urologe 2017; 56
[2] Le Nobin J, Rosenkrantz AB, Villers A, Orczyk C, Deng F-M, Melamed J, Mikheev A, Rusinek H, Taneja SS. Image Guided Focal Therapy for Magnetic Resonance Imaging Visible Prostate Cancer: Defining a 3-Dimensional Treatment Margin Based on Magnetic Resonance Imaging Histology Co-Registration Analysis. J Urol 2015; 194: 364 – 370
[3] Priester A, Natarajan S, Khoshnoodi P, Margolis DJ, Raman SS, Reiter RE, Huang J, Grundfest W, Marks LS: Magnetic Resonance Imaging Underestimation of Prostate Cancer Geometry: Use of Patient Specific Molds to Correlate Images with Whole Mount Pathology. J Urol 2017; 197: 320 – 326