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DOI: 10.1055/s-0043-111884
Wassergefilterte Infrarot-Hyperthermie – Lassen sich muskuloskelettale Schmerzen wegschmelzen?
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
20 June 2017 (online)
- Summary
- Einleitung
- Entwicklung
- Physikalische Grundlagen und Wirkung
- Technische Realisierung und Durchführung
- Indikationen und klinische Forschung
- Verträglichkeit und Sicherheit
- Kostenerstattung
- Ausblick
- Literatur
Summary
Wassergefilterte Infrarot-Hyperthermie wird außerhalb der Onkologie auch für weichteilrheumatische Beschwerden und Arthrosen genutzt. Erste Studien zur seriellen Anwendung der Ganzkörperhyperthermie mit Fibromyalgiepatienten sowie bei ankolysierender Spondylitis liefern vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich Schmerzreduktion sowie der Auslösung adaptiver Prozesse.
Der Beitrag gibt einen Überblick zur bisherigen Studienlage bei muskuloskelettalen Schmerzen, den Applikationsformen, der Anwendung in der Praxis, Verträglichkeit und Sicherheit sowie den Möglichkeiten der Kostenerstattung.
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Schmerzreduktion und Auslösung adaptiver Prozesse – Erste Studien zur Anwendung der Infrarot-Ganzkörperhyperthermie liefern vielversprechende Ergebnisse bei muskuloskelettalen Erkrankungen Ein Überblick
Einleitung
Wassergefilterte Infrarot-Hyperthermie (wIRA) wird außerhalb der Onkologie seit etwa zwei Jahrzehnten v. a. für weichteilrheumatische Beschwerden und Arthrosen genutzt. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Fibromyalgiesyndrom. Es stehen sowohl für lokale als auch für systemische Anwendungen mehrere erprobte und als Medizinprodukte zugelassene Geräte zur Verfügung, die insbesondere in Kliniken und größeren Zentren für Physikalische Medizin zum Einsatz kommen. Die Anwendung erscheint einfach und sicher. Erste Studien sind veröffentlicht. Eine Anerkennung im Bereich der ambulanten Versorgung im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung steht aus.
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Entwicklung
Günstige Wirkungen von Wärme auf muskuloskelettale Schmerzen nutzten alle Heilkulturen, die schriftliche Überlieferungen oder anderweitige Nachweise hinterließen. Jedem Laien scheinen sie auch im Industrie- und IT-Zeitalter immer noch grundsätzlich plausibel. Genutzt wurden Sonnenwärme, heiße Quellen und verschiedenste erwärmt vorgefundene Peloide. Künstliche Substitute für diese natürlichen, unbelassenen Heilmittel erfolgten an Orten und / oder in Zeiten ihrer schlechten Verfügbarkeit von jeher durch Erwärmung von Luft, Wasser oder festen Substanzen, letztere selektiert durch eine möglichst hohe Wärmekapazität. Die Liste der so in die Therapie eingeführten Applikationsformen ist lang. Aus heutiger Sicht kommen ihnen jedoch unterschiedslos entscheidende Limitierungen zu:
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1. Beim unmittelbaren Kontakt eines Wärmemediums mit dem Körper erfolgt der Wärmeeintrag überwiegend durch Wärmeleitung. Hier stellt zunächst die Toleranz der Haut eine Obergrenze für die Temperatur des Wärmemediums dar. Diese ist abhängig von Wärmeübergangskoeffizienten zwischen dem Medium und der Haut und kann zwar im Extremfall trockener Luft der Sauna bei ca. 100 °C liegen, für Wasser und vergleichbar feuchte Medien wie Fango liegt sie jedoch bei maximal 45 °C. Beim Wärmeübertrag in die Tiefe erwärmen sich sukzessive alle Schichten. Dies setzt die äußerst komplexe Thermoregulation in Gang, deren wichtigste Aufgabe es ist, innere Organe vor einem thermischen Schaden zu schützen. Sie kann sehr effektiv Wärme aus erwärmten Gebieten durch vermehrten Blutfluss und Abgabe in Kopf und Extremitäten abtransportieren. Sämtliche peripheren Körperteile dienen somit als Radiator. Dies kann insbesondere im Kopf vom Patienten als unangenehm empfunden werden. Abhängig von Ausmaß und Kontinuität auch einer lokalen Wärmezufuhr treten irgendwann systemische Reaktionen hinzu, die insbesondere das pulmonale und kardiovaskuläre System zunächst unangenehm, später riskant belasten.
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2. Der kontaktfreie Eintrag von Wärme über Strahlung ist praktisch nur durch den infraroten Anteil am gesamten elektromagnetischen Spektrum möglich. Dessen spektrale Verteilung hängt stark von der Temperatur des Strahlers ab. Für biologisch-medizinische Fragestellungen ausreichend genau unterliegen alle infrage kommenden Strahlungsquellen unabhängig von ihren Materialeigenschaften und dem zugrundeliegenden Erwärmungsmechanismus dem Gesetz des sog. schwarzen Strahlers. Dieser liefert für die hier infrage kommenden Temperaturbereiche überwiegend langwelliges Infrarot B und C, weniger Infrarot A (s. u.). Die Sonne stellt eine Ausnahme dar, da ihre Strahlungstemperatur im Inneren etwa 15 Mio. K beträgt, an der Oberfläche mit ca. 6000 K immer noch deutlich höher als die aus den meisten künstlichen Quellen liegt, die Strahlung beim Durchgang durch die Erdatmosphäre jedoch entscheidend gefiltert wird. Entscheidend ist v. a., dass Wasserdampf bestimmte sog. Banden absorbiert, die sonst als schmerzhaft wahrgenommen durch das Körperwasser absorbiert würden. Das für den Menschen so als natürliche Sonnenstrahlung nutzbare Spektrum ist letztlich sehr stark abhängig vom Aufenthaltsort bezüglich seiner geographischen Breite, Höhe über NN, aktuellen meteorologischen Bedingungen einschließlich Luftverschmutzung sowie der Jahres- und Tageszeit ([ Abb. 2 ]). Die klinische IR-Forschung hat sich wegen dieser multiplen, unabhängigen und z. T. sehr rasch (Wetter) fluktuierenden Variablen sehr früh ausschließlich technischen Strahlern zugewandt. Die Prüfung der Übertragbarkeit der so gewonnenen Ergebnisse (s. u.) auf definierte natürliche Bedingungen bleibt aus naturheilkundlicher Sicht grundsätzlich wünschenswert, da dem natürlichen Heilmittel des ubiquitären Sonnenlichts bei gleicher Wirksamkeit eine Priorität gegenüber technischen Applikationen zukäme. Auch wird die Mehrheit der Weltbevölkerung auf unabsehbare Zeit keinen Zugang zu den hier vorgestellten Strahlungsquellen haben, findet z. T. jedoch günstigere Solarspektren vor als bspw. wir in Mitteleuropa.
Wassergefilterte Infrarot-Hyperthermie wird außerhalb der Onkologie auch für weichteilrheumatische Beschwerden und Arthrosen genutzt. Erste Studien zur seriellen Anwendung der Ganzkörperhyperthermie mit Fibromyalgiepatienten sowie bei ankolysierender Spondylitis liefern vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich Schmerzreduktion sowie der Auslösung adaptiver Prozesse.
Der Beitrag gibt einen Überblick zur bisherigen Studienlage bei muskuloskelettalen Schmerzen, den Applikationsformen, der Anwendung in der Praxis, Verträglichkeit und Sicherheit sowie den Möglichkeiten der Kostenerstattung.
Sir William Herschel (1738–1822) entdeckte 1800 die Infrarotstrahlung (IR). Erste Versuche mit wassergefilterter IR datieren bereits aus 1926. Ab etwa 1930 wurde die Tiefenabsorption im menschlichen Körper in Abhängigkeit vom IR-Spektrum systematisch untersucht.
1960 begann der Radiologe Martin Heckel in Esslingen / Baden-Württemberg, Geräte mit reflektierter Strahlung („Heckel-Bett“) für die moderate IR-Ganzkörperhyperthermie einzusetzen. Seit 1987 entwickelten Manfred Baron von Ardenne und sein Sohn Alexander in Dresden leistungsfähige wassergefilterte IR-Geräte für die moderate Ganzkörperhyperthermie.
Somit blicken wir heute auf etwa 90 Jahre technisch modifizierter Hyperthermie zurück – die hier nicht besprochene, davon streng abzugrenzende Induktion körpereigenen Fiebers durch Pyrogene weist dagegen bereits eine 150-jährige Geschichte auf. Nicht-onkologische Indikationen stellen dabei eine vergleichsweise späte Entwicklung und immer noch den kleineren Teil der klinischen Forschungsaktivitäten dar.
In der Vergangenheit wurden zahlreiche thermotherapeutische Verfahren zum lokalen oder systemischen Wärmeeintrag in Gewebe erprobt (Heißluft, Überwärmungsbad, induktive Hochfrequenztherapie u. a.), wovon einige aus verschiedenen Gründen, z. B. wegen nicht zu tolerierender Nebenwirkungen, wieder verlassen wurden. Auf der Suche nach geeigneten Medien erwies sich die Infrarot-Strahlung aufgrund guter Erwärmungseffekte und geringer Nebenwirkungen insbesondere für die Erzeugung einer Ganzkörperhyperthermie als vielversprechend. Die technischen Voraussetzungen wurden im Laufe der Zeit stetig verbessert.
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Physikalische Grundlagen und Wirkung
Bei Infrarot-Strahlung handelt es sich um elektromagnetische Wellenstrahlung als Teil der optischen Strahlung im Wellenlängenbereich 780nm bis 1 mm. Es werden drei Teilbereiche unterschieden:
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Infrarot A: kurzwellige Infrarot-Strahlung (780–1400 nm)
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Infrarot B: mittlere Infrarot-Strahlung (1400–3000 nm)
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Infrarot C: langwellige Infrarot-Strahlung (3000 nm–1 mm)
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Technische Realisierung und Durchführung
Die milde bis moderate („fever-range“) Ganzkörperwärmetherapie kann heute sowohl unter vollstationären, rehabilitativen, aber auch ambulanten Bedingungen mit kommerziellen Geräten durchgeführt werden. Der gesamte Zeitaufwand für die Durchführung beträgt je nach Zielsetzung und Belastbarkeit etwa 50 min und 3–4 h. Beide Gerätehersteller liefern Sonden und Displays für Rektal- und Axillartemperatur, Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz zur Beobachtung des Therapieverlaufs mit. In der einen von zwei Realisierungen (IRA®1000, Von Ardenne Institut für Angewandte Medizinische Forschung GmbH, Dresden) liegt der von dorsal bestrahlte Patient in Rückenlage auf einem löcherigen Plastiktrapez und wird mit einer reflektierenden Folie abgedeckt, um die Einstrahlung durch Reflexion zu verstärken und Wärmeverlusten entgegenzuwirken. In der anderen (heckel-HT3000, Hydrosun Medizintechnik GmbH, Müllheim) liegt der Patient ebenfalls in Rückenlage auf einem konventionellen Klinikbett und wird von ventral innerhalb einer abgedeckten, reflektierenden Kabine bestrahlt. Der Kopf ist hier üblicherweise außerhalb des Bestrahlungsfeldes. Der letztere Hersteller bietet auch Einzelstrahler für den loko-regionären Einsatz an.
Dabei erscheint insbesondere die Behandlung weichteilrheumatischer und ausgewählter entzündlich rheumatischer Schmerzbilder besonders hoffnungsvoll, da die wIRA sicher und verträglich eine deutlichere Erwärmung erzielen kann als die bis dahin bekannte Oberflächenhyperthermie. Vorarbeiten stammen u. a. aus der Saunaforschung, z. B. [4].
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Indikationen und klinische Forschung
Die serielle Anwendung einer Ganzkörperwärmetherapie im Intervall wurde von mehreren Autoren als erfolgversprechend hinsichtlich der Schmerzreduktion und der Auslösung adaptiver Prozesse beschrieben und bietet damit einen weiteren Therapieansatz für das Fibromyalgiesyndrom. Nach einer offenen Pilotstudie mit nur 11 Patienten [6] wurden zwei größere randomisierte und eine nicht-randomisierte Studien veröffentlicht:
Brockow et al. konnten 139 Patienten mit Fibromyalgiesyndrom (FMS) einer Rehaklinik zusätzlich zu einer sog. multimodalen Therapie mit Trainings- und Verhaltenstherapie entweder insgesamt 6 Hyperthermiesitzungen (2-mal pro Woche) oder keine zukommen lassen. Der Hauptzielparameter Schmerz auf dem McGill Pain Questionnaire, aber auch Nebenzielparameter wie der die gesamte Lebensqualität von FMS-Patienten erfassende Fibromyalgia Health Impact Score (FHI) fielen in der Hyperthermiegruppe bis 6 Monate nach der Behandlung günstiger aus. Durchschnittliche Effektstärken als Differenzen zwischen beiden Gruppen waren in der schriftlichen Nachbefragung der überregional rekrutierten Patienten nach 3 bzw. 6 Monaten noch deutlicher als unmittelbar am Ende der Rehamaßnahme. In den auch bezüglich Verträglichkeit auswertbaren etwa 420 Sitzungen traten 19 unerwünschte Ereignisse auf, die jedoch in keinem Fall zum Abbruch der Therapie führten [1].
Walz et al. wählten ein ähnliches Design: 67 Patienten mit Fibromyalgiesyndrom erhielten ebenfalls während einer stationären Rehamaßnahme randomisiert zusätzlich zu ihrem Routinetherapieprogramm in 3 Gruppen randomisiert gar keine, ein oder 2 Hyperthermiebehandlungen pro Woche, maximal 6 insgesamt. Der Hauptzielparameter Gesamtschmerz wurde zu Beginn und am Ende des Aufenthalts erhoben sowie ebenfalls in einer schriftlichen Nachbefragung nach 3 und 6 Monaten. Die Ergebnisse für den Haupt- wie die Nebenzielparameter allgemeine Lebensqualität und Depressivität zeigten einen Vorteil für die zusätzliche Hyperthermie, überraschenderweise deutlicher für die niederfrequente Anwendung [9].
In einer weiteren, als Dissertation veröffentlichten Studie erhielten 20 FMS-Patienten unter ambulanten Bedingungen ausschließlich wIRA 2-mal pro Woche. Die VAS für den Gesamtschmerz wurde zwar nach jeder Therapie deutlich gesenkt, nicht jedoch über den Gesamtverlauf. Darüber hinaus wurden druckalgometrische Messungen durchgeführt. Es konnte hier gezeigt werden, dass die serielle Behandlung mit wIRA jeweils zu einer gut reproduzierbaren Reduktion des globalen Schmerzempfindens führte, nicht jedoch zum Aufbau eines anhaltenden Gesamteffekts [7].
Dies steht im Widerspruch zu den Ergebnissen der 3 vorangegangenen Studien, der derzeit nicht klärbar ist. Die Patientenauswahl spielt bei Studien zu FMS naturgemäß eine große Rolle, denkbar ist jedoch auch, dass die Reizstärke einer wIRA für die ambulante Situation zu groß ist und unter stationären Bedingungen besser physiologisch verarbeitet wird. Auch kamen in den anderen 3 Studien weitere Therapiemodalitäten simultan zum Einsatz.
Lange et al. behandelten in einer randomisierten Studie 35 vollstationäre Patienten mit ankylosierender Spondylitis (AS) mit wIRA. 15 erhielten eine standardisierte physikalische Therapie als Kontrolle, 20 zusätzlich 6 wIRA-Behandlungen. Wichtige primäre und sekundäre Zielparameter wie Schmerzen (VAS), Aktivitäts- und Funktionsparameter (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index – BASDAI, Bath Ankylosing Spondylitis Disease Functional Index – BASFI, Health Assessment Questionnaire – HAQ, Funktionsfragebogen Hannover – FFbH), Patientenzufriedenheit waren für die Hyperthermiegruppe bis zu 3 Monate nach Entlassung deutlich besser. Nur in der Hyperthermiegruppe erfolgte eine weitere Erhebung 6 Monate nach der Therapie, wo die wichtigsten Parameter immer noch deutlich gegenüber Beginn gebessert waren [3].
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Verträglichkeit und Sicherheit
Insbesondere in der ambulanten Situation ist eine mindestens 30-minütige Nachbeobachtungsdauer in einem ruhigen Raum mit der bedarfsweise vorzunehmenden Beobachtung von Kreislaufparametern nötig. Aufgrund der Vasodilatation und unterstützt durch den Flüssigkeitsverlust kommt es zur Blutdruckabsenkung, die individuell sehr unterschiedlich ausfallen und symptomatisch werden kann, so dass auch innerhalb einer Klinik begleiteter Rücktransport und Bettruhe indiziert sein können. Selten treten Kopfschmerzen auf. Weitere Unverträglichkeiten oder Zwischenfälle sind bislang nicht bekannt geworden. Allerdings ist auch keine systematische Sicherheitsforschung publiziert.
Eine Vielzahl von Kontraindikationen werden insbesondere von den Herstellern offenbar eher aus Gründen der Absicherung, denn einer rationellen Überprüfung genannt: Dies gilt insbesondere für die meist ohne Stadien oder Symptome angeführte Herzinsuffizienz. Patienten mit fortgeschrittenen Stadien profitierten dagegen in neueren Studien von wesentlich belastenderen Formen der Hyperthermie [ ]. Auch Herzrhythmusstörungen werden ohne Klassifizierung genannt, während in der eigenen Klinik etwa die absolute Arrhythmie als häufigste Herzrhythmusstörung bei uns keine Kontraindikation darstellt. Akute Infekte stellen nachvollziehbar zumindest temporäre Ausschlussgründe dar. Erhöhte Vorsicht ist wie bei allen Thermotherapien bei Diabetikern mit der zu unterstellenden autonomen Polyneuropathie, des dadurch reduzierten Empfindungsvermögens für unzuträgliche Erwärmung und der Gefahr von Verbrennungen angebracht.
Derzeit sind bundesweit etwa 200 Geräte der beiden einzigen Hersteller für wassergefilterte Infrarot-Ganzkörperhyperthermie aufgestellt, die ganz oder überwiegend für nicht-onkologische Indikationen eingesetzt werden. Damit wurden seit Ende der 1990er-Jahre bis mindestens 150 000 Behandlungen durchgeführt. Ein schwieriger Zwischenfall ist nicht bekannt geworden. In den klinischen Studien mit systematisierter Erfassung von Zwischenfällen gemäß GCP-Richtlinien sind max. 1000 Behandlungen dokumentiert.
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Kostenerstattung
In der vollstationären sowie der ambulanten oder stationären Rehabehandlung fällt die Hyperthermie wie jede Maßnahme unter das DRG-Entgelt bzw. den Erlös im Tagessatz. Ökonomische Grenzen sind hier insbesondere durch die Investitionen für die Geräte (25 000–40 000 €), weniger durch laufende Kosten gesetzt. Der Personalaufwand lässt sich vertreten, wenn die i. d. R. physiotherapeutische Kraft während der Gesamtdauer der Hyperthermie einschließlich Nachruhe von 90–120 Min. teilweise auch noch andere Aufgaben wahrnehmen kann.
In der GOÄ wird sie zwar unter Ziffer 5854 (Tiefenhyperthermie) mit 145,15 € (nur 1,0-fach abrechenbar) angeführt, allerdings nur für onkologische Indikationen und nur, wenn gleichzeitig u. a. Chemo- oder Strahlentherapie verabreicht wird. D. h. die nicht-onkologische wIRA als Ganzkörpertherapie ist derzeit in der GOÄ nicht abgebildet. Eine Abrechenbarkeit nach Ziffer 5854 außerhalb der Onkologie ist in Ausnahmefällen nur möglich, wenn der Kostenträger vorab zustimmt, ähnlich wie für die Analogberechnung der Ziffer 5851. Die Ziffer 538 (Infrarotbehandlung, je Sitzung) ist mit 2,33 € (1,0-fach, steigerbar bis 4,19 €) abrechenbar und ist aus der Ära vor wIRA für die früher sehr beliebten lokalen Infrarotanwendungen mit einfachen Strahlern (Investition ca. 100,– € Stromverbrauch pro Anwendung wenige Cent) ohne jegliche Überwachung etwa für Nasennebenhöhlen gedacht. Für eine wIRA-Ganzkörperhyperthermie lassen sich mit 4,19 € nicht einmal Stromverbrauch und Bettwäsche bzw. Trapezreinigung finanzieren. Die nicht-onkologische wIRA kann bis zur GOÄ-Reform also nur mit Analogziffern, z. B. für aufwändigere, bis 4 h dauernde „fever-range“-Hyperthermien auch nach GOÄ 5851, oder frei verhandelten Honoraren abgerechnet werden.
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Ausblick
Die bisherigen Studienergebnisse sowie die eigene Praxis haben die wIRA-Ganzkörperhyperthermie in einigen naturheilkundlichen sowie Rehakliniken zum festen Bestandteil des klinischen Alltags werden lassen. Im Bereich muskuloskelettaler Schmerzen hat sich diese Applikationsform in der Breite allerdings noch nicht durchgesetzt.
Es bleibt abzuwarten, ob erste hoffnungsvolle Studien in neuen, nicht-onkologischen und nicht muskuloskelettalen Indikationsgebieten wie Depression [2] oder Reizdarm [5] der wIRA zum weiteren Durchbruch verhelfen. Dieser kann vermutlich nur in Ländern erfolgen, die über eine Tradition und große Akzeptanz physikalischer Medizin bei Ärzten, Patienten und natürlich auch in der Gesundheitspolitik und bei Kostenträgern verfügen. Andererseits ist etwa für Deutschland in den Umverteilungen innerhalb der Ausgaben für beide, die Gesetzliche wie die Private Krankenversicherung (GKV bzw. PKV), ein ähnlicher Trend klar erkennbar, gemäß dem die Krankenhausbehandlung generell und sog. innovative Arzneimittel, meist in der Onkologie, Rheumatologie, für Multiple Sklerose oder Hepatitis C, einen größeren Anteil an den Budgets beanspruchen. Die Physikalische Medizin hat hier wie einige andere Sektoren eher Stagnation bis Kürzungen hinnehmen müssen. Die Aufnahme einer neuen, durchaus kostenträchtigen Maßnahme aus diesem Bereich etwa in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) wäre eine kleine Sensation, für deren Realisierung es noch großer Anstrengungen bedarf.
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Verbindungen bestehen.
Online zu finden unter
http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-111884
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Dr. med. Rainer Stange
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Immanuel Krankenhaus
Königstr. 63, 14109 Berlin
r.stange@immanuel.de
www.naturheilkunde.immanuel.de
Rainer Stange ist Internist mit den Zusatzbezeichnungen Naturheilverfahren und Physikalische Therapie. 1989–1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Naturheilkunde des Klinikums Benjamin Franklin in Berlin, 1994–2003 Oberarzt der Klinischen Abteilung des Lehrstuhls für Naturheilkunde. Seit 2003 Chefarzt der Abteilung für Naturheilkunde – Immanuel-Krankenhaus Berlin-Wannsee und Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin, seit Besetzung der Stiftungsprofessur für klinische Naturheilkunde 2009 leitender Arzt.
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Literatur
- 1 Brockow T, Wagner A, Franke A. et al. A randomized controlled trial on the effectiveness of mild water-filtered near infrared whole-body hyperthermia as an to a standard multimodal rehabilitation in the treatment of fibromyalgia. Clin J Pain 2007; 23 (01) 67-75
- 2 Janssen CW, Lowry CA, Mehl MR. et al. Whole-body hyperthermia for the treatment of major depressive disorder: a randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 2016; 73 (08) 789-795 doi: 10.1001/jamapsychiatry.2016.1031
- 3 Lange U, Müller-Ladner U, Dischereit G. Wirkung iterativer Ganzkörperhyperthermie mit wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung bei ankylosierender Spondylitis – eine kontrollierte, randomisierte, prospektive Studie. Akt Rheumatol 2017; 42 (02) 122-128 doi: 10.1055/s-0042–116945
- 4 Piso U, Küther G, Gutenbrunner C. et al. Analgetische Wirkungen der Sauna bei der Fibromyalgie. Phys Rehab Kur Med 2001; 11 (03) 94-99
- 5 Sachse C, Guendling PW, Michalsen A. et al. Randomized controlled pilot study on the effectiveness and tolerance of mild whole body hyperthermia for patients with irritable bowel syndrome. Abstract ICIMH-ECIM Berlin 2017. BMC Complement Altern Med; 2017. [in press]
- 6 Schleenbecker HG, Schmidt KL. Zur Wirkung einer iterativen milden Ganzkörperhyperthermie auf den Fibromyalgieschmerz. Phys Rehab Kur Med 1998; 8: 113-117
- 7 Schwedtke C. Evaluierung von Kurzzeit- und Serieneffekten von milder Infrarot A-Hyperthermie auf die Schmerzempfindung bei Patienten mit Fibromyalgie [Dissertation]. Berlin: Medizinische Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin; 2010
- 8 von Felbert V, Simon D, Braathen LR. et al. Treatment of linear scleroderma with water-filtered infrared-A irradiation. Hautarzt 2007; 58 (11) 923-924
- 9 Walz J, Hinzmann J, Haase I. et al. Whole body hyperthermia in pain therapy. A controlled trial on patients with fibromyalgia. Schmerz 2013; 27 (01) 38-45 doi: 10.1007/s00482-012–1288–4
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