Aktuelle Dermatologie 2017; 43(07): 301-304
DOI: 10.1055/s-0043-112334
Eine Klinik im Blickpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Forschung der Dermatologischen Klinik heute – Fokus Immuntherapien in Dermatoonkologie und schweren entzündlichen Hautkrankheiten

Research at the Department of Dermatology, USZ-Today – Focus on Immuno- and Targeted Therapies in Dermatooncology and Severe Inflammatory Skin Diseases
T. Kündig
Dermatologische Klinik, UniversitätsSpital Zürich, Schweiz
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Thomas Kündig
Dermatologische Klinik
UniversitätsSpital Zürich
Gloriastrasse 31
8091 Zürich
Schweiz   

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
12. Juli 2017 (online)

 

Zusammenfassung

Die nachfolgend vorgestellten Publikationen dienen exemplarisch zur Beleuchtung des Fokus der Forschung der Dermatologischen Klinik des UniversitätsSpitals Zürich auf schwere entzündliche Hautkrankheiten und auf die Dermatoonkologie. Sie reflektieren beispielhaft die umfangreiche publizistische Aktivität der Klinik und geben Einblick in die Forschungsschwerpunkte wie metastasierendes Melanom, schwere entzündliche Hautkrankheiten wie beispielsweise Pyoderma gangrenosum und der Mycosis fungoides/dem Sézary Syndrom.


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Abstract

The publications presented below serve as an example to illustrate the focus of research of the Department of Dermatology of University Hospital Zurich on severe inflammatory skin diseases and on dermato-oncology. They reflect, for example, the extensive publicist activity of the department and give insights into research areas such as metastasizing melanoma, severe inflammatory skin diseases such as, for example, Pyoderma gangrenosum and Mycosis fungoides/Sézary syndrome.


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BRAF als Biomarker bei Melanomen

Frauchiger et al. untersuchten in ihrer Arbeit [1] den prognostischen Wert der BRAF-Mutation bei metastasiertem Melanom im Stadium IV, zudem wurden diverse Biomarker zum Mutationsstatus korreliert.

Das BRAF- (serine-threonine kinase v-raf murine sarcoma viral oncogene homolog B1-) Gen ist der stärkste Aktivator des Mitogen-Activated Protein Kinase (MAPK) pathway. Dieser onkogene Pathway regelt die Proliferation, Differenzierung und das Überleben der Zellen bei verschiedenen Krebsarten.

Aktivierende Mutationen des BRAF-Gens sind wichtige therapeutische Ziele in der Melanom-Behandlung. Zur prognostischen Aussagekraft der BRAF-Mutation beim metastasierten Melanom im Stadium IV gibt es jedoch kontroverse Daten.

Es wurden 162 Melanompatienten im Stadium IV mit bekanntem BRAF-Mutationsstatus in die retrospektive Analyse eingeschlossen. Klinische, histopathologische und laborchemische Parameter wurden zum Zeitpunkt der ersten Fernmetastasierung zwischen BRAF-mutierten und BRAF-Wildtyp-Patienten verglichen.

88 Patienten (54,3 %) waren BRAF-mutiert (V600E or K). Zum Zeitpunkt der ersten Fernmetastasierung waren die S100B-Spiegel häufiger erhöht und zeigten signifikant höhere Werte (p = 0,013 resp. p = 0,021). Das mediane Gesamtüberleben war bei BRAF-Wildtyp-Patienten mit normalen S100B-Werten signifikant länger, verglichen zu BRAF-Wildtyp-Patienten mit erhöhten S100B-Werten (p < 0,001). Eine prognostische Relevanz konnte jedoch für erhöhte S100B-Spiegel in der BRAF-mutierten Population nicht nachgewiesen werden (p = 0,18). Erhöhte LDH-Werte hatten sowohl für die BRAF-mutierte Patientengruppe als auch für BRAF-Wildtyp-Patienten einen negativen Einfluss in Bezug auf das mediane Gesamtüberleben. Dieses war für BRAF-mutierte Patienten, welche mittels BRAF-Inhibitoren behandelt wurden, signifikant erhöht im Vergleich zu den BRAF-mutierten Patienten, welche keine BRAF-Inhibitor-Behandlung bekamen (p = 0,012). Allerdings zeigte sich kein Unterschied im Gesamtüberleben zwischen BRAF-mutierten Patienten ohne BRAF-Inhibitor-Behandlung im Vergleich zu BRAF-Wildtyp-Patienten ([Abb. 1]).

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Abb. 1 a Overall survival (OS) korreliert zum BRAF-Mutationsstatus, b OS korreliert zu LDH-Erhöhung und BRAF-Mutationsstatus, c OS korreliert zu S100B und BRAF-Mutationsstatus, d OS korreliert zu LDH-Spiegel und Therapien bei BRAF-mutierten Patienten, e OS korreliert zu S100B-Spiegel und Therapien bei BRAF-mutierten Patienten.

Zusammenfassend bestätigt die Arbeit das bessere Überleben von BRAF-mutierten Patienten, die mit BRAF-Inhibitoren behandelt wurden. Interessanterweise zeigten sich zwischen der BRAF-mutierten Gruppe, die keine Kinaseinhibitor-Behandlung erhielt, und der BRAF-Wildtyp-Gruppe keine Unterschiede hinsichtlich des Gesamtüberlebens.

Erhöhte LDH-Spiegel waren unabhängig vom BRAF-Mutationsstatus ein prognostischer Marker, hingegen waren erhöhte S100B-Werte lediglich bei BRAF-Wildtyp-Patienten prognoseverschlechternd.


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Brentuximab für die Behandlung von CD30+-Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom

Kolios et al. zeigen in dieser Arbeit [2] über Canakinumb bei steroid-refraktärem Pyoderma gangrenosum (PG), dass die Blockade von IL-1beta in dieser Neutrophilen-mediierten Erkrankung einen positiven Effekt bei 4 von 5 behandelten Patienten hat.

Genetische Analysen fanden bei Patienten mit PAPA-Syndrom (Pyogenic Arthritis, Pyoderma Gangrenosum and Acne) Mutationen im Proline-Serine-Threonine-Phosphatase-Interacting Protein 1 (PSTPIP1 /CD2BP1), was zu einer Aktivierung des Inflammasoms führt und somit inflammatorische Zytokine wie IL-1beta und IL-18 vermehrt gebildet werden. Canakinumab ist ein rekombinanter, humaner monoklonaler Antikörper gegen das Zytokin IL-1beta, der für die Behandlung von CAPS (Cryoporin-Associated Periodic Syndrome) zugelassen ist. Canakinumab zeigte bei PAPA-Syndrom sowie dem damit assoziierten PG eine gute Wirkung.

In der Studie wurden 5 Patienten mit nachgewiesenem steroid-refraktärem PG mit Canakinumab 150 mg zu Woche 0 behandelt, bei PGA (Physician’s Global Assessment) > 2 ebenfalls zu Woche 2 sowie zu Woche 8 je nach Ansprechen eine Dosis zwischen 150 – 300 mg oder bei keinem Ansprechen keine weitere Dosis.

In Hautbiopsien vor Behandlungsbeginn zeigte sich eine signifikant erhöhte mRNA-Expression von IL-1beta im Vergleich zu gesunder Haut und dies wurde mittels Immunhistochemie von IL-1beta bestätigt. 60 % der Patienten zeigten eine komplette Heilung des PG zu Woche 16 (PGA 0). Ein Patient mit Drop-Out zu Woche 8 hatte trotzdem eine PGA-Verbesserung von 2 Punkten. Der DLQI (Dermatology Life Quality Index) verbesserte sich im Median von 15 (schwere Einschränkung der Lebensqualität) auf 8 (moderat) zu Woche 16. Adverse Events wurden bei 2 Patienten verzeichnet, ein Patient berichtete Müdigkeit, beim 2. Patienten sprachen zwar die initialen Läsionen an, jedoch entwickelte er im Verlauf ein skrotales PG, was zur Hospitalisation und Therapie-Eskalation führte (SAE).

Insgesamt wurde das Medikament gut vertragen und zeigte ein rasches Ansprechen der behandelten PG-Patienten (60 % komplett, 20 % teilweise).

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Abb. 2 Durchmesser der Hautulzeration, Scoring durch den Arzt (Physicians Global Assessment (PGA) score) und Dermatologischer Life Quality Index (DLQI). Durchschnittswerte aller 5 Patienten.

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Anti-CD30-Therapie bei kutanen T-Zell-Lymphomen

Fortgeschrittene primär-kutane T-Zell-Lymphome (CTCL), unter Einbezug des Sézary-Syndroms und Mycosis funcoides, haben eine schlechte Prognose. Abgesehen von einer allogenen Stammzelltransplantation können den Patienten in Europa keine Therapien mit einer Aussicht auf Heilung angeboten werden. Die für kutane T-Zell-Lymphome zugelassenen Therapien wie Interferon-alpha und Bexaroten können den Krankheitsverlauf zwar verlangsamen, jedoch nicht aufhalten.

Mehrere moderne Therapieverfahren befinden sich aktuell in der klinischen Erprobung für die Behandlung von kutanen T-Zell-Lymphomen. Besonders vielversprechend scheint die Anwendung von Brentuximab in CD30-exprimierenden primär-kutanen T-Zell-Lymphomen zu sein. CD30 ist ein Transmembranprotein, welches einerseits auf Reed-Sternberg-Zellen des Hodgkin-Lymphoms, anderseits auch auf größeren, maligne-transformierten kutanen Tumorzellen der lymphatischen T-Zell-Reihe exprimiert wird. Zudem geht die CD30-Expression in kutanen T-Zell-Lymphomen gehäuft mit einem aggressiveren klinischen Verlauf einher.

Das Medikament-Konjugat Brentuximab vedotin, bestehend aus einem gegen CD30 gerichteten monoklonalen Antikörper, welches mit dem Zellteilungsinhibitor Monomethylauristatin E konjugiert ist, wurde schon für die Behandlung von therapieresistenten Hodgkin-Lymphomen (HL) und CD30+-systemischen anaplastisch-großzelligen Lymphomen zugelassen. Dr. Mehra und die Arbeitsgruppe um Dr. Guenova aus der Dermatologischen Klinik des UniversitätsSpitals Zürich berichteten kürzlich über die erfolgreiche Anwendung von Brentuximab vedotin bei Patienten, welche an fortgeschrittenen Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom erkrankt waren [3]. In 2 von 4 Fällen konnte eine Remission der Erkrankung mit anschließender allogener Stammzelltransplantation erreicht werden [3]. Diese Fallserie sowie zwei weitere, anschließend veröffentlichte Phase-II-Studien von Madelein Duvic (The University of Texas MD Anderson Cancer Center, Houston) [4] und Youn H. Kim (Stanford University, Stanford, CA) [5] konnten zeigen, dass Brentuximab vedotin eine nebenwirkungsarme, vielversprechende neue therapeutische Option in der Behandlung der fortgeschrittenen CTCL darstellt, welche unter anderem zur Depletion maligner CD30+-T-Zellen im Rahmen einer kurativen, allogenen Stammzelltransplantation eingesetzt werden kann.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Frauchiger AL, Mangana J, Rechsteiner M. et al. Prognostic relevance of lactate dehydrogenase and serum S100 levels in stage IV melanoma with known BRAF mutation status. Br J Dermatol 2016; 174: 823-830
  • 2 Kolios AG, Maul JT, Meier B. et al. Canakinumab in adults with steroid-refractory pyoderma gangrenosum. Br J Dermatol 2015; 173: 1216-1223
  • 3 Mehra T, Ikenberg K, Moos RM. et al. Brentuximab as a treatment for CD30+ mycosis fungoides and Sézary syndrome. JAMA Dermatol 2015; 151: 73-77
  • 4 Duvic M, Tetzlaff MT, Gangar P. et al. Results of a Phase II Trial of Brentuximab Vedotin for CD30+ Cutaneous T-Cell Lymphoma and Lymphomatoid Papulosis. J Clin Oncol 2015; 33: 3759-3765
  • 5 Kim YH, Tavallaee M, Sundram U. et al. Phase II Investigator-Initiated Study of Brentuximab Vedotin in Mycosis Fungoides and Sezary Syndrome With Variable CD30 Expression Level: A Multi-Institution Collaborative Project. J Clin Oncol 2015; 33: 3750-3758

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Thomas Kündig
Dermatologische Klinik
UniversitätsSpital Zürich
Gloriastrasse 31
8091 Zürich
Schweiz   

  • Literatur

  • 1 Frauchiger AL, Mangana J, Rechsteiner M. et al. Prognostic relevance of lactate dehydrogenase and serum S100 levels in stage IV melanoma with known BRAF mutation status. Br J Dermatol 2016; 174: 823-830
  • 2 Kolios AG, Maul JT, Meier B. et al. Canakinumab in adults with steroid-refractory pyoderma gangrenosum. Br J Dermatol 2015; 173: 1216-1223
  • 3 Mehra T, Ikenberg K, Moos RM. et al. Brentuximab as a treatment for CD30+ mycosis fungoides and Sézary syndrome. JAMA Dermatol 2015; 151: 73-77
  • 4 Duvic M, Tetzlaff MT, Gangar P. et al. Results of a Phase II Trial of Brentuximab Vedotin for CD30+ Cutaneous T-Cell Lymphoma and Lymphomatoid Papulosis. J Clin Oncol 2015; 33: 3759-3765
  • 5 Kim YH, Tavallaee M, Sundram U. et al. Phase II Investigator-Initiated Study of Brentuximab Vedotin in Mycosis Fungoides and Sezary Syndrome With Variable CD30 Expression Level: A Multi-Institution Collaborative Project. J Clin Oncol 2015; 33: 3750-3758

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Abb. 1 a Overall survival (OS) korreliert zum BRAF-Mutationsstatus, b OS korreliert zu LDH-Erhöhung und BRAF-Mutationsstatus, c OS korreliert zu S100B und BRAF-Mutationsstatus, d OS korreliert zu LDH-Spiegel und Therapien bei BRAF-mutierten Patienten, e OS korreliert zu S100B-Spiegel und Therapien bei BRAF-mutierten Patienten.
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Abb. 2 Durchmesser der Hautulzeration, Scoring durch den Arzt (Physicians Global Assessment (PGA) score) und Dermatologischer Life Quality Index (DLQI). Durchschnittswerte aller 5 Patienten.