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DOI: 10.1055/s-0043-113328
Beratungskompetenz von Praxismitarbeiterinnen stärken!
Publication History
Publication Date:
14 July 2017 (online)
Der bng hat auf seiner Beiratstagung am 14.01.2017 die „Initiative Familiärer Darmkrebs“ gegründet. Ziel der Initiative ist, die Angehörigenaufklärung flächendeckend in der konkreten Krankenversorgung umzusetzen. Für diese Aufgabe sind niedergelassene Gastroenterologen besonders prädestiniert, da sie für die Vorsorgekoloskopie entsprechende Qualifikationen haben, häufig die Nachsorge durchführen und in der Regel engen Kontakt zu ihren Darmkrebspatienten pflegen.
Erfahrungen haben gezeigt, dass die notwendige Aufklärungsarbeit durch geschultes medizinisches Assistenzpersonal unterstützt werden kann und sich dadurch die Akzeptanz bei den Patienten erhöht. Es hat sich gezeigt, dass medizinische Fachangestellte (MFAs) solche Beratungen teilweise mit besserem Erfolg durchführen können als Ärzte, weil sie mit den Patienten auf „Augenhöhe“ kommunizieren und in einem persönlichen Beratungsgespräch mehr Zeit haben, auf Bedenken, Fragen und Zweifel einzugehen. Voraussetzung ist eine entsprechende Qualifizierung des Praxispersonals.
Im Rahmen der „Initiative Familiärer Darmkrebs“ soll eine strukturierte Beratung von Darmkrebspatienten in möglichst vielen Praxen implementiert werden. Es ist das Ziel, dass deutschlandweit und flächendeckend Darmkrebspatienten ihre Verwandten informieren und zur Wahrnehmung der Vorsorgemöglichkeiten motivieren. Die Beratung soll in fünf Phasen ablaufen:
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Die Patienten werden zu einem ausführlichen, strukturierten Beratungsgespräch eingeladen, das etwa vier bis sechs Wochen nach der Ersttherapie erfolgen soll.
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Die Patienten werden ausführlich informiert und erhalten nötiges Informationsmaterial (Flyer, Musterbrief etc.). Dabei wird die Familienanamnese erfasst, um Hochrisikogruppen (HNPCC etc.) zu identifizieren.
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Der Patient sollte daraufhin seine Verwandten informieren und aufklären.
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Nach einigen Wochen wird erneut Kontakt mit dem Patienten aufgenommen und bei Bedarf eine Zweitberatung angeboten. Verwandte, die sich zur Beratung melden, werden ausführlich über die für sie sinnvollen Vorsorgemaßnahmen informiert.
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Nach drei Monaten werden von der Beraterin die Ergebnisse der Beratung erfasst.
Die Evaluation erfolgt über eine online-gestützte Dokumentation in einer nationalen Datenbank.
Für das Gelingen des Projektes ist es erforderlich, dass die ausführenden Mitarbeiter/innen der Praxis die nötigen Kompetenzen in einer hierauf ausgerichteten Schulung erwerben. Neben dem nötigen Fachwissen sollen die MFAs in den Themen Beratungsstrategien, Gesprächsführung und Kommunikationstechniken ausgebildet werden. Voraussetzung sind auch Erfahrungen in der gastroenterologischen Endoskopie. Der Erfolg einer Beratung hängt wesentlich von einer qualifizierten Ausbildung und Umsetzung der Lerninhalte sowie Motivation in der Praxis ab.
Die projektbezogene Ausbildung und Qualifizierung der medizinischen Mitarbeiter/innen erfolgt in einer Schulung, die vier Ausbildungsmodule umfasst. Die Schulungen werden regional kostenfrei angeboten, alternativ ist auch eine Schulung in einzelnen Praxen denkbar. Sie können en bloc oder entsprechend den einzelnen Modulen absolviert werden. Die Ausbildungsinhalte sind in einem Curriculum festgelegt, das selbst noch evaluiert werden soll. Die Ausbildung schließt mit einer Lernerfolgskontrolle ab und wird mit einem Zertifikat bestätigt. Zur Unterstützung der Beratungstätigkeit stellt der bng Hilfsmittel (Flyer, Musterbrief für die Patienten, Fragenkataloge, Checklisten etc.) zur Verfügung.
Die ersten MFAs haben die Ausbildung bereits erfolgreich absolviert. In der Pilotphase werden in der zweiten Jahreshälfte 2017 die ersten regionalen Schulungen durchgeführt. 120 Praxen des bng haben bisher ihre Teilnahmebereitschaft an dem Projekt erklärt. Später sollen flächendeckend bundesweit qualifizierte Berater/innen zur Verfügung stehen. Die bei der Beratung erhobenen Daten sollen in einer zu erstellenden zentralen Datenbank online erfasst werden. Dies dient der Qualitätssicherung und ermöglicht eine spätere bundesweite oder regionale Auswertung. Es ist beabsichtigt, dass das Projekt in einer späteren Phase von einer Studie begleitet wird. Schirmherrschaften und ein Beirat werden die Arbeit unterstützen.
Der bng ruft alle interessierten Zentren auf, sich an diesem innovativen Vorsorgeprojekt zu beteiligen.
Priv.-Doz. Dr. Christoph Schmidt (Projektleiter der „Initiative Familiärer Darmkrebs“ in der Fachgruppe Kolorektales Karzinom)
Darmkrebs kommt in ca. 25 Prozent der Fälle familiär gehäuft vor. Verwandte von Darmkrebspatienten haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken. Deshalb sollten Vorsorgemaßnahmen bei dieser Risikogruppe früher einsetzen. Studien haben gezeigt, dass eine gezielte Beratung von Verwandten von Darmkrebspatienten diese motivieren kann, Vorsorgemaßnahmen in Anspruch zu nehmen, um das eigene Erkrankungsrisiko zu reduzieren. Der Zugang zu dieser Personengruppe kann nur über den an Darmkrebs erkrankten Patienten erfolgen. Dieser soll motiviert werden, genetisch Verwandte zu informieren und zur Wahrnehmung der Vorsorgemöglichkeiten aufzufordern.