Schlüsselwörter
Mammakarzinom - Operation - ambulanter Sektor - DRG (Diagnosis Related Groups) - EBM
(Einheitlicher Bewertungsmaßstab)
Einleitung
In Europa erkranken jährlich 2,45 Mio. Menschen an Krebs [1]. Das Mammakarzinom ist in Europa die häufigste Krebserkrankung der Frau. Insgesamt
entstehen in der EU Kosten von 126 Mrd. € pro Jahr infolge onkologischer Erkrankungen,
davon 28,4 Mrd. € für die stationäre Versorgung. Das Mammakarzinom stellt nicht nur
eine große diagnostische und therapeutische Herausforderung für die unterschiedlichen
Leistungserbringer dar, sondern hat aufgrund der hohen Inzidenz erhebliche gesundheitsökonomische
Implikationen. Die Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Patientinnen mit Mammakarzinom
erfordern ein äußerst komplexes, zeit- und personalintensives Leistungsspektrum, wie
es in dieser Form für kaum eine andere Erkrankung erforderlich ist. In Deutschland
erkranken pro Jahr 69 550 Frauen an einem Mammakarzinom. Des Weiteren erkranken mindestens
5500 Frauen an einem duktalen Carcinoma in situ (DCIS) [2]. Pro Einwohner und Jahr werden in der Europäischen Union im Durchschnitt 13 € für
das Mammakarzinom ausgegeben. In Ländern wie Litauen und Bulgarien werden 2 € pro
Einwohner und Jahr für das Mammakarzinom ausgegeben. Im Vergleich dazu sind es in
Deutschland 29 € je Einwohner und Jahr [1].
Seit der Einführung des diagnosebezogenen Fallpauschalensystems G-DRG (German Diagnosis
Related Groups) rücken neben den medizinischen Aspekten ökonomische Gesichtspunkte
zunehmend in den Vordergrund. Als vordringlichstes Ziel gilt die Kostenreduktion bei
gleich bleibender oder sogar steigender Versorgungsqualität. Ein vielfach intensiv
diskutierter Aspekt ist die operative Versorgung. Zur Kostenreduktion erfolgt zunehmend
eine Fallprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Die Folge sind
Abzüge in der Länge der stationären Verweildauer und bei Unterschreitung der unteren
Grenzverweildauer daraus resultierende Abschläge. Darüber hinaus wird immer häufiger
diskutiert, ob die operative Therapie der Patientin mit einem Mammakarzinom im ambulanten
Setting erfolgen kann. Eingriffe wie beispielsweise die Lumpektomie und die Sentinel-Node-Biopsie
werden z. T. bereits im ambulanten Operationskatalog geführt. Dieses wiederum belastet
die Leistungserbringer, die eine Kostendeckung anstreben. Insbesondere die zertifizierten
Zentren stehen unter Druck, da zahlreiche Leistungen eines zertifizierten Zentrums
nicht abgebildet sind, und zusätzlich ohne Vergütung erbracht werden, wie z. B. die
psychoonkologische Versorgung, die interdisziplinären Tumorkonferenzen, Fort- und
Weiterbildungsangebote als auch ein im Vergleich zu nicht zertifizierten Zentren deutlich
erhöhter Dokumentationsaufwand [3], [4]. Auf Basis der bestehenden Datenlage zeigt sich, dass zertifizierte Zentren eine
verbesserte Prozess- und Ergebnisqualität für die Patientinnen erbringen können [5], [6], [7]. In Folge der Diskussion um die ambulante Durchführung von Mammakarzinomoperationen
nimmt der Kostendruck auf die zertifizierten Zentren zu und gefährdet die Versorgungsqualität.
Entsprechend dem Jahresbericht der zertifizierten Zentren 2016 wurden im Jahr 2015
54 405 Mammakarzinome in den 228 zertifizierten Brustzentren behandelt [8]. 47 495 Primärfälle wurden operiert. Hierbei wurden 13 801 Primärfälle durch eine
Mastektomie und 33 695 Fälle durch eine brusterhaltende Therapie versorgt.
Aufgrund der dargestellten hohen operativen Fallzahl und der ökonomischen Problematik
wurde im Rahmen der vorliegenden gesundheitsökomischen Analyse die stationäre operative
Therapie der Patientin mit einem primären Mammakarzinom analysiert, die daraus resultierenden
Entgelte ermittelt und mit denen eines Modells der ambulanter OP-Durchführung im Krankenhaus
gemäß § 115b SGB V verglichen [9]. Die Fragestellung der Arbeit ist, ob eine komplette Leistungserbringung der operativen
Mammakarzinomtherapie im ambulanten Sektor aus Sicht der Leistungserbringer mit den
verfügbaren Ressourcen kostendeckend durchführbar ist. Darüber hinaus wird diskutiert,
welche positiven und negativen Folgen für die Patientinnen durch die Verlagerung der
Behandlungsfälle aus dem stationären in den ambulanten Bereich zu erwarten wären.
Material und Methoden
Auswertungslokalisation und Patientenkollektiv
Diagnostische und therapeutische Schritte, Operationsszenarios und die durchschnittliche
Verweildauer wurden entsprechend dem Kollektiv des Universitäts-Brustzentrums Franken
(UBF) der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen und des Comprehensive Cancer
Centers Erlangen-EMN ermittelt. Das UBF ist seit 2004 nach den Kriterien der Deutschen
Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V. (DGS)
zertifiziert. Insgesamt wurden 451 Primärfälle im Jahr 2015 betreut. Es wurden die
Daten der Patientinnen mit einem primären Mammakarzinom ausgewertet, die im Jahr 2015
am UBF betreut und erstmalig operiert wurden, keine relevanten Nebendiagnosen und
den R0-Status nach Operation erreicht hatten. Die jeweiligen Diagnosen wurden entsprechend
der deutschen Adaption der ICD-10 (ICD-10-GM) und die jeweiligen OPS-Codes entsprechend
der International Classification of Procedures in Medicine (ICPM) der WHO kodiert.
Vorgehen bei der DRG-Zuordnung und monetären Bewertung des stationären Leistungsumfangs
Die ausgewählten Operationsszenarien wurden anhand ihrer Hauptdiagnose- (ICD-10-GM)
und Prozedurenschlüssel (OPS) unter Beachtung der Deutschen Kodierrichtlinien 2015
mittels des Webgroupers der DRG Research Group der Universität Münster den relevanten
DRGs zugeordnet [10], [11]. Als durchschnittliches Alter wurde das des vorliegenden Kollektivs verwendet. Aufnahmeanlass
war die „Einweisung durch einen Arzt“ und Entlassungsart „Behandlung regulär beendet“.
Der Standardfall wurde als „vollstationäre Krankenhausbehandlung“ in einer „Hauptabteilung“
definiert. Bei der Berechnung der DRG-Entgelte wurde der Bundesbasisfallwert für das
Jahr 2015 von 3311,98 € zugrunde gelegt.
Um für jedes Operationsszenario Entgelte für eine 1-Tages-Behandlung analog dem ambulanten
Operieren ableiten zu können, wurden zusätzlich „Tagesfall-DRGs“ generiert.
Vorgehen zur Ermittlung der ambulanten Modellfälle und monetären Bewertung des ambulanten
Leistungsumfangs
Eine ambulante Operation wurde als ein instrumenteller, gynäkologischer Eingriff in
Vollanästhesie ohne anschließende Übernachtung (Hospitalisierung) definiert. Das ambulante
Operieren und sogenannte stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus sind im sogenannten
„AOP-Vertrag“ zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft
(DKG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) geregelt [9]. Der AOP-Fall wird direkt mit der Krankenkasse der Patientin abgerechnet. Bei GKV-Versicherten
erfolgt die Abrechnung auf Grundlage des jeweils gültigen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes
(EBM). Es erfolgte im vorliegenden Modell die Überführung von stationären Leistungen
des Kollektivs in den ambulanten Bereich (jeweils mit zugehörigem OPS-Kode) entsprechend
dem EBM 2015 und dem Orientierungspunktwert für das Jahr 2015 von 10,2718 Cent [12].
Für eine möglichst vollständige Vergleichbarkeit mit dem stationären Leistungsumfang
wurden neben operativen Leistungen auch präoperative, intraoperative und postoperative
Leistungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer vergleichbaren stationären
Operation stehen, berücksichtigt. Die Berechnungen beziehen sich auf abrechnungsfähige
Leistungen nach den Vorgaben des § 115b SGB V [9]. Einzelleistungen wurden zu Komplexen und Pauschalen zusammengeführt. Material-
und Sachkosten gingen in die Berechnung als ein pauschaler Zuschlag auf die ärztliche
Honorarsumme in Höhe von 7,0% ein (u. a. Arznei-, Verband- und Hilfsmittel, Materialien,
Einmalinfusionsbestecke, Biopsienadeln, etc.). Nicht unter diese Verträge fallen hingegen
ambulante Leistungen für privat versicherte Patientinnen, Leistungen, die in Kooperation
mit niedergelassenen Ärzten erbracht wurden, sowie die Vorstellung der Patientin im
Rahmen einer prä- und postoperativen Tumorkonferenz wie auch die psychoonkologische
und psychosoziale Betreuung.
Ergebnisse
Kollektiv
Insgesamt entsprachen 186 Behandlungsfälle den Einschlusskriterien. Jede Patientin
wurde prätherapeutisch wie auch postoperativ in der interdisziplinären Tumorkonferenz
vorgestellt. Die Galaktografie und die Kontrastmittel-MRT waren aufgrund der geringen
Fallzahl nicht repräsentativ und wurden als nicht bewertungsrelevant klassifiziert.
Insgesamt wurde zwischen 13 möglichen Operationsszenarien unterschieden ([Tab. 1]). Bei 147 (79%) Patientinnen erfolgte primär die brusterhaltende Therapie (BET);
in 58 Fällen mit alleiniger Sentinel-Node-Biopsie (SNB), in 74 Fällen mit regionaler
Lymphonodektomie aus Level I und in 15 Fällen mit Axilladissektion (ALND) Level I
und II. In 2 Fällen erfolgte die Nachresektion und in einem Fall die Mastektomie zum
Erreichen eines R0-Status. Eine modifizierte radikale Mastektomie (MRM) war bei 39
(21%) Frauen erforderlich, davon in 8 Fällen mit alleiniger SNB, in 20 Fällen mit
zusätzlicher regionaler Lymphonodektomie aus Level I und in 11 Fällen mit kompletter
Axilladissektion Level I und II. Das Durchschnittsalter betrug 61,3 Jahre. Die durchschnittliche
Verweildauer lag bei 4,85 Tagen.
Tab. 1 Verwendete Operationsszenarien.
|
OP-Szenario
|
OPS-Kombinationen
|
Beschreibung
|
|
BET = brusterhaltende Therapie; SNB = Sentinel-Node-Biopsie; ALND = Axilladissektion;
MRM = modifiziert radikale Mastektomie
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|
Szenario 1
|
5-870.a1 + 5-401.12
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung)
|
|
Szenario 1a
|
5-870.a1 + 5-401.12 + 5-406.11
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 1b
|
5-870.a1 + 5-401.12 + 5-406.12
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I und II)
|
|
Szenario 2
|
5-870.a1 + 5-401.13
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung)
|
|
Szenario 2a
|
5-870.a1 + 5-401.13 + 5-406.11
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 2b
|
5-870.a1 + 5-401.13 + 5-406.12
|
BET (< 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I und
II)
|
|
Szenario 3
|
5-870.a2 + 5-401.12
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung)
|
|
Szenario 3a
|
5-870.a2 + 5-401.12 + 5-406.11
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 3b
|
5-870.a2 + 5-401.12 + 5-406.12
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I und II)
|
|
Szenario 4
|
5-870.a2 + 5-401.13
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung)
|
|
Szenario 4a
|
5-870.a2 + 5-401.13 + 5-406.11
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 4b
|
5-870.a2 + 5-401.13 + 5-406.12
|
BET (> 1 Quadrant) + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I und
II)
|
|
Szenario 5
|
5-872.1 + 5-401.12
|
MRM + SNB (mit Farbmarkierung)
|
|
Szenario 5a
|
5-872.1 + 5-401.12 + 5-406.11
|
MRM + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 5b
|
5-872.1 + 5-401.12 + 5-406.12
|
MRM + SNB (mit Farbmarkierung) + ALND (Level I und II)
|
|
Szenario 6
|
5-872.1 + 5-401.13
|
MRM + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung)
|
|
Szenario 6a
|
5-872.1 + 5-401.13 + 5-406.11
|
MRM + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I)
|
|
Szenario 6b
|
5-872.1 + 5-401.13 + 5-406.12
|
MRM + SNB (mit Radionuklid- und Farbmarkierung) + ALND (Level I und II)
|
Vergütung der stationären Behandlung – DRG-Entgelte
Zunächst erfolgte die Zuordnung der Diagnose und durchgeführten Prozeduren des Kollektivs
zu den DRGs und die Berechnung der Entgelte ([Tab. 2]). Aus den 13 untersuchten Operationsszenarien ließen sich insgesamt 2 DRGs abbilden:
J07B und J23Z. Die prästationär erbrachten Leistungen (inkl. Basis- und Labordiagnostik)
waren nach § 8 Krankenhausentgeltgesetz nicht gesondert abrechnungsfähig, sondern
mit dem DRG-Entgelt abgegolten. Material- und Sachkosten sind im Rahmen der Vergleichsberechnung
bereits in der Fallpauschale enthalten. Dies gilt zudem für die üblichen Vorhaltekosten.
Tab. 2 DRG-Entgelte für die stationäre Diagnostik und Therapie – klassisch (DRG-Entgelt
relativ) und bei Annahme einer Tages-DRG (DRG-Entgelt effektiv „Tagesfall-DRG“) im
Vergleich zum theoretischen ambulanten Setting nach EBM.
|
OP-Szenario
|
OPS-Kombinationen
|
DRG
|
DRG-Entgelt relativ
|
DRG-Entgelt effektiv „Tagesfall-DRG“
|
EBM-Entgelt
|
Differenz stationär vs. ambulant
|
% Tagesfall-DRG
|
|
Szenario 1
|
5-870.a1 + 5-401.12
|
J07B
|
4580,47 €
|
3351,72 €
|
1313,81 €
|
2037,91 €
|
39,20%
|
|
Szenario 1a
|
5-870.a1 + 5-401.12 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 1b
|
5-870.a1 + 5-401.12 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 2
|
5-870.a1 + 5-401.13
|
J07B
|
4580,47 €
|
3351,72 €
|
1313,81 €
|
2037,91 €
|
39,20%
|
|
Szenario 2a
|
5-870.a1 + 5-401.13 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 2b
|
5-870.a1 + 5-401.13 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 3
|
5-870.a2 + 5-401.12
|
J07B
|
4580,47 €
|
3351,72 €
|
1313,81 €
|
2037,91 €
|
39,20%
|
|
Szenario 3a
|
5-870.a2 + 5-401.12 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 3b
|
5-870.a2 + 5-401.12 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 4
|
5-870.a2 + 5-401.13
|
J07B
|
4580,47 €
|
3351,72 €
|
1313,81 €
|
2037,91 €
|
39,20%
|
|
Szenario 4a
|
5-870.a2 + 5-401.13 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 4b
|
5-870.a2 + 5-401.13 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1313,81 €
|
1173,49 €
|
52,82%
|
|
Szenario 5
|
5-872.1 + 5-401.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
|
Szenario 5a
|
5-872.1 + 5-401.12 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
|
Szenario 5b
|
5-872.1 + 5-401.12 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
|
Szenario 6
|
5-872.1 + 5-401.13
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
|
Szenario 6a
|
5-872.1 + 5-401.13 + 5-406.11
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
|
Szenario 6b
|
5-872.1 + 5-401.13 + 5-406.12
|
J23Z
|
5140,19 €
|
2487,30 €
|
1205,31 €
|
1281,99 €
|
48,46%
|
Vergütung der theoretischen ambulanten operativen Therapie nach EBM
Gemäß § 4 des AOP-Vertrages und des vorliegenden Kollektivs wurde das Entgelt für
die präoperative Diagnostik für die BET in Höhe von 688,80 € und für die MRM in Höhe
von 459,02 € kalkuliert. Dieses beinhaltet die bildgebende Diagnostik, die Durchführung
der Stanzbiopsie, die histologische Diagnostik und das Staging (Ausbreitungsdiagnostik).
Die Differenz erklärt sich durch die Notwendigkeit der Drahtmarkierung und Präparateradiografie
im Falle einer BET. Die präoperative Labordiagnostik wurde mit 21,15 € kalkuliert.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Kosten dem Krankenhaus aktuell nicht erstattet
würden.
In Bezug auf die intraoperativen Leistungen sind nach § 5 des AOP-Vertrages Maßnahmen
abrechnungsfähig, die in einem unmittelbaren zeitlichen oder medizinischen Zusammenhang
mit dem Eingriff stehen. Hierzu gehört die Schnellschnittdiagnostik des Sentinellymphknotens
in Höhe von 33,39 €.
Im Rahmen der postoperativen Versorgung wird im EBM zwischen der postoperativen Überwachung
und der postoperativen Behandlung unterschieden. Im vorliegenden Kollektiv wurde die
postoperative Überwachung durch die Anästhesie und die postoperative Behandlung durch
den Operateur erbracht. Erstere beinhaltet die Kontrolle von Atmung, Kreislauf und
Vigilanz (obligater Leistungsinhalt) sowie EKG-Monitoring und Infusionstherapie (fakultativer
Leistungsinhalt). Letztere umfasst neben der Befundkontrolle und Befundbesprechung
fakultative Leistungen wie die Wundversorgung, Drainagen- und Nahtentfernung. Gemäß
§ 7 Abs. 2 des AOP-Vertrages erfolgte beim Operateur ein Abzug der Punktzahl in Höhe
von 27,5%. Der Abschlag wird vom Gesetzgeber damit begründet, dass der postoperative
Kontakt am Operationstag und der postoperative Kontakt am Tag danach bereits in der
Operationsleistung enthalten sind.
Nachfolgend werden 2 Beispielabrechnungen präsentiert – für die BET, die im untersuchten
Patientenkollektiv bei 38 Fällen durchgeführt wurde ([Tab. 3]), und für die MRM ([Tab. 4]). Dieses Szenario erfolgte in 17 Fällen.
Tab. 3 Entgelte ambulante Abrechnung einer brusterhaltenden Therapie (OPS 5-870.a2 inkl.
5-401.13 und 5-406.11).
|
BET 5-870.a2 + 5-401.13 + 5-406.11
|
EBM-Nr.
|
EBM-Punkte
|
Entgelt
|
|
Grundpauschale Gynäkologie für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahrs
|
08212
|
147
|
15,10 €
|
|
Grundpauschale Anästhesiologie für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahrs
|
05212
|
111
|
11,40 €
|
|
präanästhesiologische Untersuchung bei einer ambulanten Operation
|
05310
|
179
|
18,39 €
|
|
5-870.a2: partielle (brusterhaltende) Exzision der Mamma und Destruktion von Mammagewebe:
partielle Resektion: Defektdeckung durch Mobilisation und Adaptation von mehr als
25% des Brustgewebes (mehr als 1 Quadrant)
|
31113
|
2343
|
240,67 €
|
|
Anästhesie und/oder Narkose, im Rahmen der Durchführung von Leistungen entsprechend
der GOP 31113
|
31823
|
1542
|
158,39 €
|
|
5-401.13: Exzision einzelner Lymphknoten und Lymphgefäße: axillär: mit Radionuklid-
und Farbmarkierung, kombiniert (Sentinel-Lymphonodektomie); Eingriff der Kategorie
C2
|
31122
|
1542
|
158,39 €
|
|
5-406-11: regionale Lymphadenektomie (Ausräumung mehrerer Lymphknoten einer Region)
im Rahmen einer anderen Operation: axillär: Level 1; Eingriff der Kategorie B2
|
31112
|
1602
|
164,55 €
|
|
postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung der operativen Leistung entsprechend
der GOP 31113
|
31504
|
743
|
76,32 €
|
|
postoperative Behandlung durch den Operateur abzgl. 27,5% (obligater Leistungsinhalt:
Befundkontrolle, Befundbesprechung; Abrechnungsbestimmung: einmalig im Zeitraum vom
1. bis 14. Tag nach dem Eingriff)
|
31609
|
173
|
12,88 €
|
|
Entgelt
|
|
|
533,15 €
|
|
pauschaler Sachkostenzuschlag i. H. v. 7%
|
|
|
37,32 €
|
|
Zwischensumme
|
|
|
570,47 €
|
|
präoperative Diagnostik
|
|
|
688,80 €
|
|
Labordiagnostik
|
|
|
21,15 €
|
|
intraoperative Leistungen
|
|
|
33,39 €
|
|
Gesamtsumme brusterhaltende Therapie ambulant
|
|
|
1313,81 €
|
Tab. 4 Entgelte ambulante Abrechnung der Mastektomie (OPS 5-872.1 inkl. 5-401.12 und 5-406.11).
|
MRM 5-872.1 + 5-401.12 + 5-406.11
|
EBM-Nr.
|
EBM-Punkte
|
Entgelt
|
|
Grundpauschale Gynäkologie für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahrs
|
08212
|
147
|
15,10 €
|
|
Grundpauschale Anästhesiologie für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahrs
|
05212
|
111
|
11,40 €
|
|
präanästhesiologische Untersuchung bei einer ambulanten Operation
|
05310
|
179
|
18,39 €
|
|
5-872.1: modifizierte radikale Mastektomie: mit Resektion der M.-pectoralis-Faszie;
Eingriff der Kategorie B4
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31114
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3117
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320,17 €
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Anästhesie und/oder Narkose, im Rahmen der Durchführung von Leistungen entsprechend
der GOP 31 114
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31824
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1828
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187,77 €
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5-401.12: Exzision einzelner Lymphknoten und Lymphgefäße: axillär: mit Farbmarkierung,
kombiniert (Sentinel-Lymphonodektomie); Eingriff der Kategorie C2
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31122
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1542
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158,39 €
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5-406-11: regionale Lymphadenektomie (Ausräumung mehrerer Lymphknoten einer Region)
im Rahmen einer anderen Operation: axillär: Level 1; Eingriff der Kategorie B2
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31112
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1602
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164,55 €
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postoperative Überwachung im Anschluss an die Erbringung der operativen Leistung entsprechend
der GOP 31114
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31504
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743
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76,32 €
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postoperative Behandlung durch den Operateur abzgl. 27,5%
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31611
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233
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17,35 €
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Entgelt
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646,50 €
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pauschaler Sachkostenzuschlag i. H. v. 7%
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45,25 €
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Zwischensumme
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691,75 €
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präoperative Diagnostik
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459,02 €
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Labordiagnostik
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21,15 €
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intraoperative Leistungen
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33,39 €
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Gesamtsumme Mastektomie ambulant
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1205,31 €
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Obwohl es sich bei den untersuchten OP-Szenarien um 2 (BET bzw. MRM inkl. SNB) oder
um 3 (BET bzw. MRM inkl. SNB und ALND) Eingriffe mit unterschiedlichen Gebührenordnungspositionen
handelt, entfallen Zuschläge für den Simultaneingriff, da diese nur abgerechnet werden
können, wenn zusätzliche Eingriffe sich vom Haupteingriff durch die Diagnose und den
operativen Zugangsweg unterscheiden. Erfolgen mehrere operative Prozeduren unter einer
Diagnose, so kann nur der am höchsten bewertete Eingriff berechnet werden, also die
BET oder die MRM. Mit der Operationsleistung (hier EBM-Nr. 31113 und EBM-Nr. 31114)
sind sämtliche durch den Operateur erbrachten ärztlichen Leistungen, Untersuchungen
am Operationstag, ärztliche Abschlussuntersuchungen, ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt,
OP-Dokumentation und Beratungen einschließlich des Abschlussberichts an den weiterbehandelnden
Vertragsarzt abgegolten. Der unterschiedliche Verbrauch von Ressourcen bezogen auf
Art, Umfang und Schwere der Operation ist im EBM nicht abgebildet. Der pauschale Sachkostenzuschlag
in Höhe von 7% (§ 9 des AOP-Vertrages) auf die gesamte Honorarsumme umfasst alle von
der Klinik zur Verfügung gestellten Verbrauchsmaterialien, Verbands-, Arznei- und
Hilfsmittel.
Vergleich DRG-Entgelte versus EBM-Entgelte
[Tab. 2] verdeutlicht die Unterschiede zwischen der klassischen Abrechnung nach dem DRG-System,
der theoretischen 1-Tages-DRG und im Vergleich dazu der Abrechnung nach EBM. Auffällig
ist die unterschiedliche Vergütung vergleichbarer Leistungen im ambulanten und im
stationären Setting. Dies gilt selbst bei der Annahme einer 1-Tages-DRG. Sowohl bei
der BET als auch bei der MRM ist die DRG-Vergütung deutlich höher als für die gleichen
operativen Prozeduren innerhalb des EBM-Systems. Würde ein Krankenhaus eine Mammakarzinomoperation,
die bisher stationär durchgeführt wurde, durch einen ambulanten Eingriff substituieren,
so läge das Entgelt je nach Operation (Art und Anzahl der Prozeduren) zwischen 39,20
und 52,82% (MW 48,28%) der DRG-Entgelte, selbst bei der Annahme einer stationären
1-Tages-Behandlung. Beispielsweise würde sich die Leistungsvergütung einer stationär
als 1-Tages-Behandlung durchgeführten BET (OPS: 5-870.a1 bzw. 5-870.a2) samt SNB mit
Farbmarkierung (OPS: 5-401.12) bzw. mit Radionuklid- und Farbmarkierung (OPS: 5-401.13)
und inklusive präoperativer Diagnostik basierend auf einem durchschnittlichen Basisfallwert
von 3311,98 €, auf 3351,72 € belaufen. Bei ambulanter Leistungserbringung ergäbe sich
für das Krankenhaus eine Vergütung in Höhe von 540,47 € für den operativen Eingriff
zzgl. 688,80 € (präoperative Diagnostik), 21,15 € (Labordiagnostik) und 33,39 € (intraoperative
Leistungen), also insgesamt lediglich 1313,81 €. Bei ambulanter Erbringung einer MRM
könnte ein Entgelt von 1205,31 € (ca. 48,46% der DRG-Vergütung) erzielt werden.
Diskussion
In Deutschland erfolgt die onkologische Versorgung größtenteils in zertifizierten
Zentren, die sowohl durch die Leistungserbringer als auch die Kostenträger und die
Gesundheitspolitik, u. a. im Rahmen des Nationalen Krebsplans, unterstützt werden.
Im Bereich der Senologie sind insbesondere die zertifizierten Brustkrebszentren nach
DKG und DGS flächendeckend etabliert [13]. In mehreren Publikationen wurde bereits aufgezeigt, dass die Betreuung von Patientinnen
mit einem Mammakarzinom in zertifizierten Brustkrebszentren aktuell nicht adäquat
vergütet wird, und Zuschläge für ein kostendeckendes Arbeiten in zertifizierten Strukturen
dringend notwendig wären [14], [15], [16], [17]. Als besonders problematisch erweist sich vor allem die fehlende Erstattungsfähigkeit
bestimmter Zusatzkosten. Dabei handelt es sich u. a. um Aufwendungen für die (Re)-Zertifizierung
und Kosten für die Erfüllung obligater Qualitätskriterien wie Aus-, Fort- und Weiterbildung,
Forschung mittels molekularer und klinischer Studien sowie Mehrfachdokumentationen
[18]. In Bezug auf den Dokumentationsaufwand erfolgten bereits detaillierte Analysen
[3], [4]. Je nach Klinik bzw. Zentrum entstehen Kosten von 352,82 € bis 1084,08 € für den
Gesamtablauf der Behandlung von Erstdiagnose bis Abschluss der Nachsorge einer Mammakarzinompatientin.
In nicht zertifizierten Zentren zeigt sich demgegenüber ein reduzierter Aufwand und
somit geringere Kosten. Hinzu kommen Kosten für die Zentrumskoordination, zusätzliche
Unterstützung für Betroffene und ihre Familien sowie Vorhaltung der Infrastrukturen
interdisziplinärer Partner.
Auch wenn die Zentrumsbildung mit nachfolgender Zertifizierung mit deutlichen Mehrkosten
verbunden ist, zeigt die Datenlage, dass sich diese positiv auf die Ergebnisqualität
auswirken. Somit sind zertifizierte Zentren aus der Sicht des Gesundheitswesens kosteneffektiv
– es wird eine Verbesserung der Prozess- und Ergebnisqualität erreicht, ohne dass
die Kostenträger deutliche Mehrkosten haben. Es existiert zwar eine gesetzliche Grundlage
für die Finanzierung der Mehrkosten von zertifizierten Zentrumsstrukturen nach § 5
Absatz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG), allerdings werden Zuschläge selten
gewährt [13], [16], [19]. Dennoch erbringen die zertifizierten Zentren diese Leistungen meist ohne Zuschläge,
um eine adäquate Versorgung der Patientin zu gewährleisten und die hohe erreichte
Prozess- und Ergebnisqualität nicht zu gefährden.
Die ungedeckten Kosten in den Zentren stehen im Widerspruch zu den Forderungen der
Gesundheitspolitik, die Therapie- und Ergebnisqualität stetig zu optimieren. Anstatt
dem entgegen zu wirken, erfolgt eine zunehmende Konzentration der stationären Leistungen.
Mithilfe des MDK wird zunehmend die Verweildauer überprüft und stationäre Tage werden
gestrichen bzw. stationäre Leistungen in den ambulanten Bereich verdrängt. Kürzungen
der Verweildauer führen zu Abzügen der Honorierung, sodass der Kostendruck und das
Risiko der Unterdeckung weiterhin forciert werden.
In den Fallpauschalen ist die mittlere stationäre Verweildauer von Patientinnen für
eine ordnungsgemäße Behandlung anhand der von den InEK-Kalkulationshäusern übermittelten
Daten hinterlegt [20]. Um Patientinnen im G-DRG-System vor einer zu frühen Entlassung zu schützen, erhält
eine Klinik deutliche Abzüge, wenn sie die Patientinnen sehr schnell entlassen und
damit die untere Grenzverweildauer unterschreiten. Im Rahmen von MDK-Prüfungen werden
allerdings Aufenthaltstage von Patientinnen zunehmend nicht anerkannt, sodass diese
dann unter die untere Grenzverweildauer fallen. Aspekte, wie die psychoonkologische
Betreuung, die radioaktive Markierung im Rahmen der SNB, Gespräche mit der Patientin
und deren Angehörigen, die sozialmedizinische Beratung und weitere Betreuungsangebote
rechtfertigen aus Sicht der Kostenträger keinen stationären Aufenthalt. In den Anforderungen
an die zertifizierten Brustzentren heißt es, dass der stationäre Aufenthalt für eine
Patientin 4 Tage nicht unterschreiten sollte [21]. Grundlage für diese Anforderung ist die Notwendigkeit der ganzheitlichen Betreuung
inklusive der sozialmedizinischen und psychoonkologischen Betreuung im stationären
Bereich um die Operation. In Bezug auf letztere haben onkologische Patientinnen im
ambulanten Sektor nur eingeschränkten Zugang zur psychoonkologischen Unterstützung
und dieser ist meist mit langen Wartezeiten verbunden.
Unter dem Motto „so viel ambulant wie möglich, so viel stationär wie nötig“ fordern
die Kostenträger bzw. der MDK stärker als bisher eine ambulante Leistungserbringung,
um den Ausgabenanstieg im Gesundheitssektor zu bremsen. Mit Blick auf die ambulante
Operation der Mammakarzinompatientinnen würde dies die aktuelle Situation und den
Kostendruck noch weiter deutlich verschärfen.
Um die potenziellen Auswirkungen der ambulanten Durchführung der Operation einer Mammakarzinompatientin
näher zu beleuchten und darzustellen, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein
theoretisches Modell entwickelt, um die stationäre und ambulante OP-Durchführung zu
vergleichen. Bei Gegenüberstellungen zeigen sich deutliche Unterschiede im Entgelt
von 39,20 bis 52,82%. Noch ausgeprägter sind die Unterschiede, wenn der Vergleich
zu den realen DRGs und nicht zur theoretischen 1-Tages-DRG gezogen wird. Am Beispiel
der Mastektomie mit SNB und zusätzlicher Entfernung nicht markierter Lymphknoten aus
Level I zeigt sich ein DRG-Entgelt bei mittlerer Verweildauer für Normallieger von
5140,19 €. Im EBM-System läge das Entgelt bei 1313,81 €; somit ergibt sich ein Unterschied
von 3826,38 €. Unter anderem sind dabei die erlösmindernden Abzüge zulasten der ambulanten
Operationen zu betrachten, die zum einen aus der Nichtberücksichtigung der verschiedenen
Prozeduren bei einer brusterhaltenden Operation bzw. Mastektomie, und zum anderen
aus dem Abschlag von 27,5% bei der postoperativen Behandlung durch den Operateur resultieren.
Das ambulant operierende Krankenhaus müsste die dadurch entstandene Einbuße zwischen
164,97 € (inkl. SLB und Abschlag von 27,5%) und 329,53 € (inkl. SNB, ALND und Abschlag
von 27,5%) selbst tragen. Darüber hinaus wird der Aufwand für die Vorstellung einer
Patientin im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz inklusive Vorbereitung
nicht vergütet. Seit dem 01.10.2015 ist dies zwar im EBM abgebildet, aber ausschließlich
als Leistung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach § 116b SGB
V und hat somit keine Relevanz für die Leistungsbewertung in der vorliegenden Arbeit
[22].
Selbst unter der Annahme, dass das aktuelle stationäre DRG-Entgelt zu einer Kostendeckung
führen würde, ist zu konstatieren, dass eine vergleichbare Kostendeckung weder für
die ambulant vorgenommene BET noch für die ambulante MRM erzielt werden könnte. Ohne
eine Änderung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen wird es Krankenhäusern
nicht gelingen, eine operative Therapie des primären Mammakarzinoms kostendeckend
ambulant zu erbringen. Neben der dargestellten Problematik der adäquaten Vergütung
stellt sich zudem die Frage nach der Finanzierung der zusätzlichen Aufgaben des Zentrums,
wie oben bereits aufgeführt. Diese sind im ambulanten Sektor nicht hinterlegt. Wenn
folgend ein notwendiger Zuschlag für ein zertifiziertes Zentrum von 643,65 € für das
Beispiel der MRM hinzugerechnet wird, welcher von Patientinnen als gerechtfertigt
angesehen wird [23], so zeigt sich eine Differenz von 4470,03 € – dieses bei gleichen Leistungen. Zusammenfassend
würde die ambulante Durchführung der Mammakarzinomoperation zu einer deutlichen Unterdeckung
führen. Des Weiteren könnten die Zusatzleistungen der zertifizierten Zentren, die
aktuell ohne Zuschläge und adäquate Vergütung erbracht werden, wie die Koordination
der Patientin, interdisziplinäre Therapieplanung, die psychoonkologische und sozialmedizinische
Betreuung mit Einbindung der Angehörigen, die ausführliche Dokumentation und letztendlich
die Versorgung in zertifizierten Strukturen selbst, nicht mehr aufrechterhalten werden.
Die erreichte Prozess- und Ergebnisqualität wäre somit deutlich gefährdet.
Die vorliegende Arbeit zeigt Limitationen. Zunächst ist die Grundlage ein rein theoretisches
Modell. Es ist zu berücksichtigen, dass die analysierten Operationen z. T. nicht im
Katalog „Ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe
gemäß § 115b SGB V“ [9] gelistet sind. Die Kostenträger sind jedoch aktuell der Meinung, dass ihre Aufnahme
in den AOP-Katalog und eine ambulante Leistungserbringung möglich wäre. Des Weiteren
können die tatsächlichen Punktwerte regional von dem bundeseinheitlichen Orientierungswert
abweichen, insbesondere, um regional unterschiedlichen Kosten- und Versorgungsstrukturen
Rechnung zu tragen. Rekonstruktive Maßnahmen der Brust wurden in der Analyse nicht
berücksichtigt. Dieses erfolgte aufgrund der Komplexität und weil eine ambulante Durchführung
als nicht realistisch angesehen wird. Zuletzt können die tatsächlichen Kosten der
Leistungserbringer bei ambulanter Durchführung niedriger sein, da pflegerische Kosten,
Kosten für Mahlzeiten, etc. reduziert sind. Durch die Bildung der 1-Tages-DRG wurde
dieser Limitation entgegengewirkt. Zudem fällt der Großteil der Kosten bei Diagnostik
und Operation an, die in beiden Szenarios identisch sind.
Fazit
Im Mittelpunkt der operativen Therapie der Patientin mit einem primären Mammakarzinom
steht die leitlinienkonforme, multimodale Behandlung unter aktiver Einbeziehung der
aufgeklärten Patientin sowie der vertrauensbasierte Arzt-Patient-Kontakt und nicht
vom Sparzwang getriebene Maßnahmen. Krankenhäuser bzw. zertifizierte Zentren sind
keine „erwerbswirtschaftlichen Unternehmen“; vielmehr sind sie bedarfswirtschaftliche
Einrichtungen zur Erfüllung ihres gesellschaftlichen Auftrags der gesundheitlichen
Daseinsvorsorge. Neben den zahlreichen praktischen und moralischen Argumenten gegen
eine ambulante Durchführung von Mammakarzinomoperationen zeigt die vorliegende Arbeit
auf, dass diese zudem zu einer deutlichen ökonomischen Belastung der Kliniken durch
eine fehlende Kostendeckung führen würde.