Pneumologie 2017; 71(10): 621-622
DOI: 10.1055/s-0043-117913
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

ECMO-Therapie: Langzeitüberleben bei respiratorischem Versagen

Bahr V. et al.
Long-Term Survival in Adults Treated With Extracorporeal Membrane Oxygenation for Respiratory Failure and Sepsis.

Crit Care Med 2017;
45: 164-170
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Publication Date:
10 October 2017 (online)

 

    Die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) bei respiratorischem oder kardialem Versagen (Extracorporeal Life Support; ECLS) ist dank zahlreicher technischer Verbesserungen mittlerweile in vielen Kliniken als Behandlungsverfahren etabliert. In der Datenbank der ELSO (Extracorporeal Life Support Organization) sind mehr als 73 000 Anwendungen dokumentiert.


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    Im Rahmen der H1N1-Pandemie 2009 konnte insbesondere für die respiratorische Unterstützung ein gutes Patienten- Outcome gezeigt werden, und heutzutage sind neben den klassischen Indikationen als Bridge-to-Transplant weitere Anwendungen im Rahmen der Herzinsuffizienztherapie und Sepsis etabliert. Die steigende Zahl der Anwendungen in Kombination mit der Invasivität, den potenziellen Risiken für den Patienten und den hohen Material- und Personalkosten führen zu einem steigenden Bedarf an Untersuchungen und Studien, die das Langzeitergebnis nach ECMO bezogen auf Überlebensdauer und Lebensqualität evaluieren.

    Wissenschaftler und Kliniker des Karolinska ECMO Centers an der Karolinska Universitätsklinik in Stockholm, Schweden, führten eine retrospektive Datenanalyse der Patienten durch, die zwischen 1995 bis Dezember 2013 eine ECMO-Therapie bei Lungenversagen im Rahmen einer respiratorischen, traumatologischen/septischen Indikation erhalten hatten.

    Ziel der Untersuchung war die Untersuchung von Kurzzeit- und Langzeitüberleben sowie die Analyse von Todesursachen, die nach ECMO-Therapie im Rahmen des Swedish National Cause of Death Register (Zentrales Todesursachenregister) dokumentiert waren.

    Analog zu den ELSO-Kriterien für respiratorische Diagnosen wurden 4 Gruppen gebildet, z. T. mit Subgruppen: Pneumonie (bakteriell, viral, Aspirationspneumonie), Infektion ohne respiratorischen Fokus, SIRS (nach Trauma/OP, andere), traumatische Thorax- und/oder Lungenkontusion. In einer 5. Gruppe wurden andere, von 2 ECMO-Spezialisten nicht gruppierbare Auslöser zusammengefasst.

    Es konnten 255 von 288 ECMO-Therapien ausgewertet werden. Ein Follow-up war im Schnitt 4,4 Jahre möglich. Nur 26 der eingeschlossenen Patienten waren älter als 65 Jahre. Die Ergebnisse und die relevanten demografischen Daten zeigt die [Tab.1].

    Tab. 1

    SIRS = Systemic Inflammatory Response Syndrome.

    Ergebnisse

    Pneumonie

    andere Infektion

    SIRS

    Trauma

    andere

    bakteriell

    viral

    Aspiration

    n

    134

    31

    19

    24

    23

    9

    15

    Alter

    37–59

    29–53

    32–57

    23–66

    24–46

    23–51

    33–63

    ∅ Behandlungstage

    9

    15

    5

    4

    6

    7

    7

    ∅ Follow-up (Jahre)

    5,2

    4,2

    5,4

    2

    10,4

    10,3

    6,1

    ∅ Follow-up (Tagen), nach KH-Entlassung, aber Tod im Verlauf

    48

    56

    4/502
    n = 2

    21/157/334/727
    n = 4

    5/14/15/60
    n = 4

    1/3/15/870
    n = 4

    12

    Insgesamt überlebten 168 (66 %) Patienten die ECMO-Therapie, 5 davon starben vor Entlassung aus der Klinik. Von den überlebenden 163 Patienten verstarben 24 (15 %) innerhalb der ersten 90 Tage nach Therapie, was in einem 90-TageÜberleben von 55 % resultiert.

    Nach weiteren 5 Jahren Follow-up lebten noch 47 % der Patienten. Patienten, die aus infektiologischen Gründen mit einer ECMO versorgt worden waren, hatten mit einem Langzeitüberleben von 51–57 % die beste Prognose. 17 Patienten verstarben nach > 90 Tagen nach ECMO-Therapie (6 im 1. Jahr und 16 innerhalb der ersten 3 Jahre). Todesursachen waren Substanzabusus, kardiovaskuläre Ereignisse, Nierenversagen, Sepsis und Pankreatitis. Nur 3 Patienten verstarben unmittelbar im 1. Jahr an den Folgen der Grunderkrankung, die zum Lungenersatz geführt hatte (Trauma, zystische Fibrose und interstitielle Lungenerkrankung).

    Fazit

    Die Ergebnisse zeigen, dass das Langzeitüberleben nach EMCO-Therapie bei adäquater Patientenselektion insbesondere bei respiratorischen Indikationen wie Pneumonie, Sepsis oder Infektion nach Trauma in dem beobachteten Patientenkollektiv deutlich besser ist. Gleichzeitig zeigen die Autoren aber auch, dass in den ersten 90 Tagen nach ECMO-Therapie die Mortalität deutlich erhöht ist, weshalb der Begriff „Survival to discharge“/Überleben bei Entlassung neu definiert werden sollte. Interessant in dieser Studie ist auch das für die Therapie „junge“ Patientenkollektiv, was sich im Rahmen der Indikationserweiterung im Rahmen der extrakorporalen Verfahren nicht mit den mir bekannten Daten deckt. Es ist dringend notwendig, auch das 90-Tage-Überleben, die Lebensqualität und die Überlebensdauer nach ECMO/ECLS in zentralen und nationalen Datenbanken zu evaluieren, um diese sinnvolle Therapie auch gegenüber immer kritischer werdenden Kostenträgern weiterhin rechtfertigen zu können.

    Dr. med. Ralf Quabach, Solingen


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