Unsere Bevölkerung wird immer älter und damit auch die Hände, die uns pflegen
sollen. (nessyal/Adobe Stock)
Aufgrund der Alterung der Gesellschaft wird sich der Gesundheits- und
Pflegeversorgungsbedarf weiter erhöhen, während sich der Pflegenachwuchs zahlenmäßig
verringert. Es ist davon auszugehen, dass sich der Personalmangel in der Pflege in
den nächsten Jahren über die bisherigen zyklischen Verknappungen hinaus verschärft.
[1]
Drohender Mangel an Pflegefachkräften
Drohender Mangel an Pflegefachkräften
Demografischer Wandel
Menschen, die in den geburtenstarken Jahrgängen der 1960er-Jahre auf die Welt
kamen, sind heute 50 Jahre alt. Ihr Anteil ist in den Bevölkerungspyramiden
deutlich erkennbar ([
Abb. 1
]). Diese
geburtenstarken Jahrgänge werden voraussichtlich um 2030 aus dem Berufsleben
ausscheiden. Seit dem Ende der Sechzigerjahre ist ein stetiger Geburtenrückgang
zu verzeichnen. [2] Diese rückläufige Geburtenrate
steht einer höheren Lebenserwartung gegenüber. Im Vergleich zu 2009 wird
Berechnungen zufolge die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2050 um etwa 50
% auf 4,5 Millionen ansteigen. Dies hat direkte Auswirkungen auf den Bedarf an
qualifiziertem Pflegepersonal, der somit im Laufe der Jahre kontinuierlich
ansteigen wird.
Abb. 1 Demografische Entwicklung in Deutschland 1950, 2000 und
2050 – eigene Darstellung. (Statistisches Bundesamt)
Der demografische Wandel bedeutet aber nicht nur, dass die Bevölkerung insgesamt
älter wird, auch das Alter der Pflegekräfte steigt an. Zugleich wird die Zahl
derer, die im Pflegeberuf arbeiten, abnehmen, sodass es im Jahr 2030 bis zu
500.000 offene Arbeitsstellen im Bereich der Pflege geben könnte. [3] Durch den Stellenabbau im Pflegebereich in den
Jahren 1996–2008 wird dieses Phänomen zusätzlich verstärkt. Der
Altersdurchschnitt im Pflegeberuf erhöht sich dadurch schneller als in der
Gesamtbevölkerung. [4]
Fachkräftemangel
Bereits jetzt kann von einem Mangel an examinierten Fachpflegekräften ausgegangen
werden. Arbeitgeber signalisieren, dass es zunehmend schwerfällt, offene Stellen
zu besetzen. Die Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit liefert die wohl
genauesten Zahlen. Basis hierfür sind gemeldete offene Arbeitsstellen und
registrierte Arbeitslose. Allerdings kann hier von einer Abweichung zur realen
Situation ausgegangen werden, da es in Deutschland keine Meldepflicht für offene
Arbeitsstellen gibt. Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit zufolge wird
lediglich die Hälfte der offenen Stellen gemeldet. [5,]
[6]
Kamen 2014 auf 100 gemeldete offene Stellen in der Gesundheits- und Krankenpflege
noch 82 registrierte Arbeitslose, waren es 2016 nur noch 64 Arbeitslose. Auch
die Vakanzzeit (2014: 111 Tage; 2016: 132 Tage) der als offen gemeldeten Stellen
im Bundesdurchschnitt macht den fortschreitenden Fachkräftemangel deutlich. Es
wird zukünftig immer länger dauern, eine freie Stelle entsprechend neu zu
besetzen. [5,]
[6]
Nachwuchsmangel – ein Imageproblem?
Zukünftig werden sich immer weniger Schulabgänger für eine Ausbildung in einem
Pflegeberuf entscheiden. Dies wird vor allem auf die stetig schlechter werdenden
Arbeitsbedingungen in der Pflege zurückgeführt. [7]
Der Pflegeberuf gehört nicht zu den favorisierten Berufen der zukünftigen
Schulabgänger. Nur knapp 7 % ziehen ernsthaft die Wahl eines Pflegeberufs in
Betracht. Hierbei sind es eher die Absolventen der Mittelschulen (11,4 %),
gefolgt von Realschülern (5,3 %) und Gymnasiasten (3,4 %). Ebenso zeigt sich,
dass Faktoren wie Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsqualität und
Aufstiegsmöglichkeiten bei der Berufswahl von Bedeutung sind. [8]
Gründe für einen frühzeitigen Ausstieg aus dem Pflegeberuf
Gründe für einen frühzeitigen Ausstieg aus dem Pflegeberuf
In der als Längsschnittstudie angelegten Nurse’s Early Exit Study (NEXT-Studie)
wurden die Ursachen, Umstände und Folgen des vorzeitigen Berufsausstiegs aus dem
Pflegeberuf untersucht. In zehn europäischen Ländern wurden zeitgleich 78.000
anonymisierte Fragebögen an Pflegekräfte versendet und von annähernd 40.000
Pflegenden beantwortet.
Die Befragung enthielt Fragen zum Arbeits- und Privatleben und zu den
Zukunftsperspektiven der Teilnehmer. Teilnehmende Pflegende, die ihre Einrichtung
innerhalb der darauffolgenden zwölf Monate verlassen haben, erhielten weitere
Fragebögen, um Gründe für ihr Ausscheiden und die Folgen und Konsequenzen ihres
Ausstiegs zu untersuchen.
Pflegende, die in ihren Einrichtungen geblieben sind, erhielten zwölf Monate nach der
Befragung einen abschließenden Fragebogen, der sich mit möglichen Veränderungen der
relevanten Umstände und deren Auswirkung auf eine dauerhafte Ausübung des
Pflegeberufs befasste. [9]
Faktoren, die zu einem frühzeitigen Berufsausstieg beitragen können, sind:
-
Gesundheitliche Gründe und körperliche Belastungen
-
Familiäre und soziale Gründe
-
Weiterqualifikation und Weiterbildung
-
Betriebliche Gründe
Diese einzelnen Faktoren können nicht isoliert betrachtet werden, sondern stehen
immer miteinander in Verbindung.
Ein wichtiger Faktor bezüglich der Arbeitszufriedenheit und Gesundheit ist die
Arbeitszeitgestaltung. Diese beinhaltet Arbeitsstunden, Schichtdienst,
Regelmäßigkeit und Vorhersehbarkeit von Dienstzeiten und den eigenen Einfluss auf
die Dienstplangestaltung.
Gesundheitliche Gründe und körperliche Belastung
Gesundheitliche Gründe und körperliche Belastung
Nacht- und Schichtarbeit können schädlich für die Gesundheit werden. Zu typischen
Gefährdungen zählen in erster Linie Schlafstörungen bzw. gestörte
Schlafverhältnisse, gastrointestinale Probleme, kardiovaskuläre Störungen sowie
psychische, psychosomatische und onkologische Erkrankungen. Frauen haben häufig
Menstruationsbeschwerden, zudem steigt das Risiko von Fehlgeburten. [9]
Dienstpläne bestimmen die Freizeitgestaltung der Beschäftigten. Die besonderen
Arbeitszeiten haben Auswirkungen auf den gesamten Alltag der Schichtarbeiter und
können neben den gesundheitlichen auch zu sozialen Problemen führen. [9]
Mitarbeiter des Pflegedienstes müssen zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar sein,
um die medizinisch-pflegerische Versorgung der Patienten je nach Bedarf
sicherzustellen. Schicht-, aber auch Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste sind
gängige Modelle, um beispielsweise Spitzenzeiten oder Notfallsituationen abzudecken.
[10] Dies beeinträchtigt die Lebensqualität der
Beschäftigten sowie deren Familien zum Teil erheblich. Eine optimale Gestaltung der
Nacht- und Schichtarbeit sollte sowohl den Gesundheitsschutz der Beschäftigten als
auch die betrieblichen Erfordernisse sicherstellen. [11]
Schichtarbeit kann sowohl die Gesundheit der Mitarbeiter beeinträchtigen als auch zu
einem Konflikt zwischen Arbeit und Familie führen und somit gleich mehrere Faktoren
für einen potenziellen Berufsausstieg betreffen.
Auch die körperliche Belastung kann eine Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit
haben. Über 80 % der befragten deutschen Pflegekräfte gaben an, mit der bestehenden
körperlichen Belastung unzufrieden zu sein. In diesem Zuge werden Tätigkeiten wie
Heben, Lagern, Umsetzen und Mobilisieren von Patienten genannt. 56 % der
Pflegekräfte in Deutschland nehmen häufiger als sechsmal täglich eine unbequeme
Körperhaltung ein. Auch das Stehen für sechs Stunden oder länger wurde hier mit 65 %
sehr häufig genannt. [9] Pflegekräfte haben im
Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein 1,6-fach erhöhtes Risiko einen
Bandscheibenvorfall zu erleiden. [12]
Datenauswertungen unterschiedlicher Krankenkassen und Rentenversicherungsträger
zeigen auf, dass bei der Gruppe der Erwerbstätigen über 50 Jahre die Zahl an
psychischen und physischen Erkrankungen, die zu temporärer Arbeitsunfähigkeit oder
gar zu Frühberentungen führen, etwa doppelt so hoch ist wie die der restlichen
sozialversicherungspflichtigen Bürger. Viele beruflich Pflegende verlassen vor dem
Erreichen des Rentenalters den Pflegeberuf. Von den im Zuge der
Pflegethermometererhebung befragten Pflegekräfte gaben 25 % an, eine Reduzierung
ihrer Arbeitszeit aufgrund von Überforderung anzustreben. Zusätzlich geht nur jede
zweite Pflegekraft davon aus, ihren Beruf bis ins Rentenalter ausüben zu können.
[4]
In Deutschland geben 40 % der Pflegekräfte Probleme mit dem Bewegungsapparat an – im
europaweiten Vergleich ist das die höchste Zahl. Diejenigen Pflegenden, die von
starker körperlicher Belastung und gesundheitlichen Einschränkungen berichten, waren
auch diejenigen, die einen Ausstieg aus dem Pflegeberuf in Betracht ziehen (56,7 %).
[9]
Familiäre und soziale Gründe
Nacht- und Wochenendarbeit sind vor allem das Sozial- und Familienleben
beeinflussende Stressoren. 16 % der befragten Pflegenden in Deutschland mussten
mindestens dreimal pro Monat kurzfristig eine Schicht übernehmen. Dies ist im
Vergleich mit anderen Ländern ein sehr hoher Anteil. Die Notwendigkeit des
ständigen Abrufbarseins bedeutet einen weiteren Stressfaktor. Im Zuge der
NEXT-Studie ließ sich auch ein Zusammenhang mit der Dienstplanzufriedenheit und
dem Wunsch, den Beruf zu verlassen, feststellen. Von denjenigen Befragten, die
mit ihren Dienstplänen nicht zufrieden waren, dachten 21 % daran, den
Pflegeberuf aufzugeben. Damit waren dies doppelt so viele wie diejenigen, die
ihre Arbeitszeitgestaltung hinsichtlich ihres Privatlebens als befriedigend
empfanden. [9]
Weiterqualifikation und Weiterbildung
Das Erwägen eines vorzeitigen Berufsausstiegs bedeutet aber nicht, dass nicht
auch nach Alternativen innerhalb des Pflegeberufs gesucht wird. So erwägt ein
Drittel der Ausstiegswilligen die Möglichkeit der Weiterqualifizierung innerhalb
ihres Berufs. Das Anbieten von Weiterbildungsmöglichkeiten gilt als gute Option,
einige der ansonsten Ausstiegswilligen im Beruf zu halten. Attraktiv wird eine
Weiterqualifizierung aber erst, wenn diese mit erhöhter Verantwortlichkeit bei
der Arbeit und höherem Einkommen verbunden ist. [9]
Mehr als die Hälfte der im Pflegethermometer 2009 Befragten schätzen die Pflege
als einen Beruf, in dem es gute Entwicklungschancen gibt. Der Pflegeberuf wird
größtenteils nicht mehr als Sackgassenberuf angesehen. Erklärt werden kann dies
neben der hohen Arbeitsplatzsicherheit durch die mannigfaltigen Handlungsfelder
und Schwerpunkte, die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und die langsam
zunehmenden Studienangebote. 23,7 % der Befragten können sich ein Studium im
Pflegebereich vorstellen. Dies betrifft nicht nur die Berufsanfänger, sondern
zieht sich durch alle berufstätigen Altersgruppen. Der Trend zum lebenslangen
Lernen zeichnet sich also ab. Im Gegensatz dazu zeigt sich eine deutliche
Unzufriedenheit bezüglich der Bezahlung. 86 % der befragten Pflegekräfte in
Deutschland empfinden diese als nicht angemessen. [4]
Betriebliche Gründe
Es gibt auch Unterschiede innerhalb einzelner Institutionen. Attraktive
Einrichtungen scheinen ihr Personal deutlich länger zu binden und es im Beruf zu
halten. In dem Krankenhaus, in dem die meisten Pflegenden angaben, den Beruf
verlassen zu wollen, betrug die Zahl derer, die in dieser Einrichtung mehr als
fünf Jahre gearbeitet hatten, 44,7 %. Im Gegensatz dazu dachten Pflegende in
Kliniken, in denen bis zu 82 % der Pflegekräfte länger als fünf Jahre
beschäftigt sind, am seltensten an einen Berufsausstieg. [9]
Wegen Personalknappheit, erhöhter Arbeitsintensität und Ausfallzeiten durch
erkrankte Kollegen kommt es mehrfach zum kurzfristigen Einspringen vakanter
Pflegender. Davon abgesehen, dass diese „eingesprungenen“ Tage zumeist schon
privat anderweitig verplant wurden, können sie nun nicht mehr zur benötigten
Erholung genutzt werden. Nur 5,6 % der Befragten gaben an, in den letzten sechs
Monaten vor der Befragung keine Überstunden geleistet zu haben. Daher kann davon
ausgegangen werden, dass das Erbringen von Überstunden keinesfalls eine
Ausnahme, sondern eher die Regel ist. Bei nur einem Drittel der Pflegekräfte
waren es unter 25 Überstunden, bei 40 % häuften sich in sechs Monaten 46–70
Überstunden an. Durch die zunehmende Arbeitsbelastung können die durch diese
zusätzlichen Dienste oder durch eine Verlängerung der Arbeitszeit aufgebauten
Überstunden nicht zeitnah wieder abgebaut werden. Für eine unzureichende
Stellenbesetzung spricht, dass dies bei den Befragten mit 58,8 % mehrheitlich
der Fall ist. Auf alle Pflegenden in Deutschland hochgerechnet werden
Überstunden geleistet, die dem Volumen der Stellenkürzungen in den letzten
Jahren entsprechen. [4]
Personalgewinnung und Personalerhaltung
Personalgewinnung und Personalerhaltung
Der Arbeitsmarkt im Wandel zum Arbeitnehmermarkt
Der Arbeitsmarkt in der Pflege erlebt einen Wandel zum Arbeitnehmermarkt. Gerade
in Metropolregionen, wo es eine Vielzahl verschiedener Kliniken sowie
unterschiedlicher Träger gibt, haben Bewerber freie Auswahl an geeigneten
Stellen. Das spiegeln auch die statistischen Erhebungen der Bundesagentur für
Arbeit wider. Die Anzahl der gemeldeten Arbeitsstellen übersteigt die der
arbeitslos gemeldeten Gesundheits- und Krankenpfleger zunehmend ([
Abb. 2
]). [13]
Mehr denn je sind Arbeitgeber bei der Suche nach potenziellen Mitarbeitern in der
Pflicht, die Bewerber auf sich aufmerksam zu machen und sich zudem mit
Besonderheiten von der Konkurrenz abzugrenzen, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.
[14]
Abb. 2 Durchschnittliche Entwicklung der Arbeitsmarktsituation in
der Gesundheits- und Krankenpflege – eigene Darstellung. (Bundesagentur für Arbeit)
Es werden zukünftig nicht mehr die Arbeitnehmer sein, die sich bei ihrer
Bewerbung um eine Stelle besonders hervorheben, sondern die Arbeitgeber, die bei
den Bewerbern punkten müssen. Ebenso werden Arbeitnehmer zukünftig eher
Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen stellen, als sie dies in der
Vergangenheit getan haben. Die Veränderungen des demografischen Wandels werden
dazu führen, dass qualifizierte Bewerber auf dem Arbeitsmarkt zukünftig ein
knappes Gut sein werden. [15]
Ein weiteres Problem im Generationenwechsel ist, dass Arbeitgeber und potenzielle
Arbeitnehmer scheinbar nicht mehr zusammenfinden. Eine von StepStone und dem
Thieme-Verlag durchgeführte Umfrage unter in Gesundheitsberufen Beschäftigten
ergab, dass das Internet die am meisten genutzte Quelle für die Suche nach
Arbeitsplätzen ist. 60 % der Stellenangebote werden laut StepStone aber in
Printmedien geschaltet. [16]
Printanzeigen als externes Personalmarketinginstrument in Fachzeitschriften
verlieren daher aufgrund der zunehmenden Digitalisierung an Bedeutung.
Betrachtet man lediglich die quantitative Qualität der Personalakquise, gehen
die meisten Bewerbungen über Online-Kanäle ein. [14]
Ein weiterer Vorteil von Onlinestellenbörsen ist die Möglichkeit überregional auf
offene Stellen im Unternehmen aufmerksam zu machen und neue Mitarbeiter zu
werben. 39 % der befragten Pflegekräfte in der StepStone-Umfrage haben
angegeben, dass sie für eine neue Stelle umziehen würden. [16]
Ein Image ist das, was man bräuchte, dass die anderen denken, dass man so
ist, wie man gerne wäre. [17]
Arbeitgeber müssen überzeugen
Schlechte Arbeitsbedingungen, Überstunden und Kommunikationsschwierigkeiten in
Kliniken sprechen sich nicht nur in Internet und sozialen Netzwerken schnell
herum. Auch Krankenpflegeschüler, Praktikanten und Bewerber, die sich die Klinik
und deren Stationen bei Vorstellungsgesprächen, Bewerbertagen oder im Rahmen von
„Probe-Arbeitstagen“ ansehen, bemerken schnell potenziell schlechtes
Arbeitsklima und negative Stimmung. Arbeitgeber, die beliebt sind und bei denen
die Mitarbeiter gern arbeiten, gelten als Marken. Es ist jedoch deutlich
schwieriger für ein Unternehmen eine solch positive Stimmung in der Bewerberwelt
zu positionieren.
Dieses Employer Branding lässt sich vom Unternehmen aber zumindest zum Teil
steuern. Eine mehrseitige Hochglanzbroschüre mit
„Vorzeige-Mitarbeiterorientierung“, in denen dem Bewerber alle erdenklichen
Kriterien angepriesen werden, reicht dabei bei Weitem nicht aus, um sich auf dem
Arbeitgebermarkt gegenüber der Konkurrenz behaupten zu können. Es ist
unabdingbar, in Führungskräfte zu investieren. Eine Vertrauensbasis zum
Vorgesetzten besteht dort, wo Mitarbeiter gern zum Dienst kommen. Mitarbeiter,
die sich auf ihre Vorgesetzten verlassen können und Weiterqualifizierung sowie
Personalentwicklung auch tatsächlich erfahren, denen ermöglicht wird, ihre
Expertise kontinuierlich auszubauen, arbeiten gern in diesem Unternehmen. Diese
Mitarbeiter sind die besten Multiplikatoren für ein Unternehmen. Je mehr
Multiplikatoren, also zufriedene Mitarbeiter ein Unternehmen hat, desto mehr
wird sich dies auf das Employer Branding auswirken. Ein wirksames Employer
Branding erreicht auch die für Kliniken wichtige jüngere Zielgruppe der zwischen
1980 und 1995 Geborenen. [18]
Schlechte Führungsqualität und Arbeitsunzufriedenheit oder besser gesagt ein
schlechtes Employer Branding führen zu einer Abwanderung von Mitarbeitern, wenn
die Erwartungen der Mitarbeiter nicht erfüllt werden. Die Führungsqualität steht
in direktem Zusammenhang mit Mitarbeiterbindung und Arbeitszufriedenheit. [9]
Da sich die Arbeit von Pflegekräften grundlegend am Wohlergehen der Patienten
orientiert, ist es für Unternehmen notwendig, pflegerischen Tätigkeiten große
Aufmerksamkeit zu widmen, damit Pflegende die Möglichkeit haben, ihre
beruflichen Wünsche (das Wohlergehen der Patienten) auch umzusetzen. Aber auch
Kerngrößen wie Personalausstattung, Weiterqualifizierungsmöglichkeiten,
Arbeitsaufteilung, Leistungsbewertung und Leistungszulagen sind direkt mit der
Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter verbunden. [9]
Auf der Erwartungsliste ganz oben steht für Mitarbeiter die Dienstplansicherheit
und -qualität. Spätestens beim Antritt der neuen Arbeitsstelle hat der
Mitarbeiter Einblick in den Dienstplan. Es hat auch schon Bewerber gegeben, die
sich beim Vorstellungsgespräch den Dienstplan von ihrem potenziellen neuen
Arbeitgeber haben zeigen lassen. Aufgrund der verzeichneten Überstunden bei den
Kollegen können Rückschlüsse auf Dienstplanqualität und Mitarbeiterwertschätzung
gezogen werden. [18]
Generationenorientiertes Human Resources (HR) Management
Um langfristig den Bedarf an Pflegekräften sicherstellen zu können, bedarf es
eines nachhaltigen Personalmanagements, das vielseitig und auf die Möglichkeiten
und Ressourcen der Unternehmen angepasst sein soll. [19]
Das Fünf-Säulen-Modell bietet den Vorteil, dass die inhaltliche Ausgestaltung des
Modells je nach Schwerpunktlage variabel ist. So können je nach Einrichtung und
Ausprägung innerhalb der einzelnen Säulen Variationen stattfinden. Bei einer
einrichtungsspezifischen Gestaltung, die an die entsprechende Situation
angepasst ist, können die einzelnen Säulen unterschiedlich stark ausgeprägt sein
([
Abb. 3
]). Wichtig für ein
nachhaltiges Personalmanagement ist jedoch, dass ein ausbalanciertes Konzept
vorherrscht. Würden einzelne Säulen vollständig vernachlässigt und andere
überdimensional stark ausgeprägt werden, wäre auch der Grundgedanke der
Nachhaltigkeit vernachlässigt. Als Folge davon würde das Modell instabil werden
([
Abb. 4
]). [19]
Abb. 3 Modulare Anpassung des 5-Säulen-Konzepts. [19]
(Nina Rammler)
Abb. 4 Instabiles Modell des 5-Säulen-Konzepts. [19]
(Nina Rammler)
Gesundheitsmanagement. Beinhaltet nicht nur betriebliche Pflichtvorgaben
der Gesundheitsfürsorge. Vielmehr ist Gesundheitsmanagement das Angebot seitens
der Arbeitgeber, den Mitarbeitern Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung zur
Verfügung zu stellen. Auch präventive Gesundheitsmaßnahmen können ergriffen
werden, wie das Angebot von Rückenschulprogrammen oder bestimmter
Schutzimpfungen für die Mitarbeiter. Dies sollte altersgruppenübergreifend
stattfinden. In betriebliches Gesundheitsmanagement zu investieren bringt auch
wirtschaftliche Vorteile für das Unternehmen. So wird die Krankheitsquote durch
die Förderung der Mitarbeitergesundheit gesenkt und es trägt zur Teamentwicklung
bei. Das heißt, Gesundheitsmanagement umfasst sowohl präventive als auch
kurative Instrumente. Angebote, die am Gesundheitsverhalten und
Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter ansetzen, beispielsweise Sportgruppen
oder Ernährungsberatung, werden als Verhaltensprävention eingeordnet. Hingegen
werden Optimierung der Arbeitsabläufe, Arbeitsplatzgestaltung und
Führungsverhalten – z. B. Dienstplangestaltung – zur Verhältnisprävention
gezählt. [19]
Angebote des Gesundheitsmanagements sollen bedürfnisorientiert sein und sowohl
Bedürfnisse der Mitarbeiter, aber auch die des Unternehmens beinhalten.
Lebenslanges Lernen. Das menschliche Gehirn ist mit seinen Fähigkeiten,
Erinnerungen zu speichern und wieder abzurufen, das vielleicht
außergewöhnlichste Phänomen der Natur. [20]
Im Zusammenhang mit lebenslangem Lernen wird häufig der Begriff
Personalentwicklung genannt. [19] Sie fördert die
Mitarbeiterbindung an den Betrieb, was sich wiederum auch wirtschaftlich auf das
Unternehmen auswirkt. Dies wird auch als internes Personalmarketing bezeichnet.
Ziel des externen Personalmarketings wäre es, im Rahmen des Employer Branding
als attraktiver Arbeitgeber zu gelten und so neue, qualifizierte Mitarbeiter
anzuwerben. [19]
Gleichzeitig ist lebenslanges Lernen die am häufigsten vernachlässigte Ressource
des Personalmanagements. [19] Der Wunsch nach
einer beruflichen Weiterqualifizierung kristallisierte sich auch bei der
NEXT-Studie heraus. So dachten in Deutschland 28 % der Befragten mehrfach im
Monat über eine Weiterqualifizierung nach. [9] Die
Möglichkeiten hierzu sind mittlerweile auch in Deutschland vielfältig. Wichtig
für eine nachhaltige Personalentwicklung ist aufseiten des Unternehmens die
Feststellung des Bedarfs an bestimmten Qualifikationen sowie die Einbeziehung
der Mitarbeiter im Rahmen von Personalentwicklungsgesprächen.
„Die Attraktivität des Berufs kann nur gestärkt und Mitarbeiter im Berufsfeld
Pflege können nur gehalten werden, wenn gut aus- und weitergebildete
Pflegekräfte in ihrem Engagement belohnt werden und Unterstützung bei ihrer
Karriereplanung erfahren.“ [21]
Organisation und Arbeitsgestaltung. Aufgrund arbeitsschutzrechtlicher
Vorgaben und im Rahmen von physischen sowie psychischen Unterstützungsangeboten
– beispielweise das Angebot von Schulungen zu Mobilisations- und
Lagerungstechniken – besteht ein sehr enger Bezug zum Gesundheitsmanagement,
aber gleichzeitig auch zum Element des lebenslangen Lernens. Konkret geht es
hier jedoch auch um das Belegungsmanagement einer Station, das an die aktuelle
Personalsituation angepasst sein muss. Auch die Arbeitszeitregelung sowie die
Dienstplangestaltung dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden.
Grundvoraussetzung für die Organisation und Gestaltung des Arbeitsablaufs sind
klare Arbeitsaufträge seitens der Führungskräfte. Dadurch wird eine Verbindung
zum Element Führung hergestellt. Eine Überschneidung zum Element des
lebenslangen Lernens wird beispielsweise durch das Ermöglichen von Rotationen
der Mitarbeiter in verschiedenen Abteilungen des Hauses erreicht. Somit besteht
für die Mitarbeiter die Option einer Weiterentwicklung, gleichzeitig können
durch einen Perspektivenwechsel Prozesse und Arbeitsabläufe optimiert und
verbessert werden. Obwohl es häufig ein Tabuthema ist und da aufgrund
tarifrechtlicher Vorgaben bisweilen auch nur ein kleiner Spielraum besteht, ist
an dieser Stelle das Thema Vergütung einzuordnen. Aber auch diesen Rahmen müssen
Führungskräfte nutzen, um eine überdurchschnittliche Leistung oder ein
besonderes Engagement einzelner Mitarbeiter zu honorieren. [19]
Personal- und Rekrutierungspolitik. Personalgewinnung und
Mitarbeiterrekrutierung sind im Pflegebereich mittlerweile zu einem großen
Wettbewerbsmarkt geworden. Krankenhäuser haben inzwischen Probleme, Fachkräfte
für ihr Unternehmen zu gewinnen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach
qualifizierten Pflegekräften aufgrund der steigenden Zahlen an Pflegebedürftigen
weiter an. Bereits 2007 hatte sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in
Deutschland um 11,4 % gegenüber 1999 erhöht. [22]
Um dieser steigenden Zahl an Nachfrage für Pflegeleistungen in Zukunft gerecht
zu werden, bedarf es einer Veränderung in der Personalpolitik der Unternehmen.
Vor allem die Altersnachfolgeregelung würde sich durch ein nachhaltiges
Personalmanagement vorausschauend planen lassen. [19]
Wenn die Arbeitsbedingungen in der Pflege sich verbessern, wird der
Pflegeberuf interessanter für alle – für Neueinsteiger ebenso wie für
bereits vorhandenes Personal. (Coloures-Pic/Fotolia.com)
Hierzu ist eine rechtzeitige Festlegung des Anforderungsprofils für zu
besetzenden Stellen notwendig. Zudem wird eine Aufstellung der
Anforderungskriterien für den weiteren Verlauf des Rekrutierungsmanagements
essenziell. Es muss jedem Personalmanager klar sein, dass er unter Umständen
eine gewisse Kooperationsbereitschaft gegenüber den Bewerbern zeigen muss. Denn
ein Bewerber, der allen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht wird und
zusätzlich dem Unternehmen nur Vorteile bringt, ist auf dem Arbeitsmarkt nur
schwer zu finden.
Neben den inhaltlichen Anforderungen einer Stellenausschreibung müssen auch die
äußeren Anforderungen festgelegt werden. Dabei ist auf ein einheitliches Layout
und eine den Leser ansprechende Gestaltung zu achten. Jede Stellenausschreibung,
egal ob diese online oder in Printmedien erscheint, ist Öffentlichkeitsarbeit
für das Unternehmen und gleichzeitig Imagepflege für die Berufsgruppe. [19]
Anzeigen und Plakatwände mit Slogans wie „Du weißt, auf welche Beats man nicht
tanzen kann“ oder „Du weißt, womit man sich nicht die Haare schneidet“ und
Ähnlichem mögen zunächst zwar witzig klingen. Wertschätzung gegenüber den
Mitarbeitern und der Professionalität des Pflegeberufs wird jedoch kaum erbracht
und mit generationenorientierter Personalgewinnung hat das nichts zu tun. [23]
Beim generationsgerechten Personalmarketing muss vielmehr darauf geachtet werden,
dass die Stellenausschreibung den potenziellen Bewerber auch erreicht. Ergänzend
zu Anzeigen in Printmedien muss dringend über die Option von Online-Jobbörsen
nachgedacht werden. Ebenso können Instrumente wie Social Media Netzwerke vor
allem junge Bewerber auf das Unternehmen und die Stellenangebote aufmerksam
machen. [19,]
[23]
Führung und die Rolle der Führungskraft. Unternehmen müssen in ihre
Führungskräfte investieren, und diese wiederum müssen ihren Mitarbeitern Gehör
schenken. Führungskräfte von heute müssen Vertrauen zu ihren Mitarbeitern
aufbauen. Ehrlichkeit und Empathie gehören ebenso zum Eigenschaftskatalog einer
Führungskraft wie Motivation der Mitarbeiter durch Unterstützung und Bestätigung
in ihrem Tun und Handeln. [19,]
[24]
Dreh- und Angelpunkt einer guten Personalpolitik wird immer die Führungskraft
sein, denn durch sie werden alle anderen Elemente des Fünf-Säulen-Konzepts
beeinflusst. Die Investition eines Unternehmens in gut ausgebildete und
motivierte Führungskräfte ist lohnenswert, denn dies hat direkte Auswirkungen
auf die Arbeitszufriedenheit der einzelnen Mitarbeiter. Vertrauen zu den
Vorgesetzten ist die wichtigste Grundlage für eine gute Zusammenarbeit von
Führungskräften und Mitarbeitern und bietet damit die Chance auf eine
langfristige Mitarbeiterbindung an das Unternehmen. [7]
Wer pflegt uns 2050?
Eine explizite Lösung, um dem Pflegenotstand in Zukunft entgegenzuwirken, gibt es
bisher nicht. Es können lediglich mögliche Lösungsansätze und Denkanstöße für ein
zukünftiges Personalmanagement herausgearbeitet werden.
In der NEXT-Studie werden vier theoretische Möglichkeiten benannt, um die Anzahl der
aktiven beruflich Pflegenden zu erhöhen.
Eine Möglichkeit wäre, den „Input“, also die Ausbildungsplätze in
Krankenpflegeschulen und damit die Anzahl der jährlichen Absolventen zu erhöhen. Da
jedoch bereits jetzt aufgrund einer gewissen Unattraktivität des Pflegeberufs in
Deutschland nicht alle vorhandenen Ausbildungsplätze besetzt werden können, ist es
eher unwahrscheinlich, allein dadurch den zukünftigen Bedarf an Pflegekräften decken
zu können. Der Deutsche Bundestag hat am 22. Juni 2017 mit dem Pflegeberufegesetz
die Reform der Pflegeausbildung verabschiedet. Dieses sieht eine generalistisch
ausgerichtete berufliche Pflegeausbildung vor, die nach dreijähriger theoretischer
und praktischer Ausbildung mit einer staatlichen Prüfung abschließt. Im Vergleich
zur bisherigen Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege wird sich allerdings
nicht sehr viel ändern. [25] Dem ehemaligen Patienten-
und Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung Karl-Josef Laumann zufolge soll die
neue generalisierte Grundausbildung den Einstieg in den Pflegeberuf auf der einen
Seite interessanter werden lassen, anderseits sollen die so Ausgebildeten später
flexibler einsetzbar sein. [26]
Eine andere Möglichkeit, ebenfalls den „Input“ zu erhöhen, könnte in der Zuwanderung
und Immigration von qualifizierten Pflegekräften aus anderen Staaten liegen. [9] Eine Akquise von Pflegekräften aus dem Ausland, wie
von einigen Kliniken bereits betrieben, sieht Laumann nicht als die Lösung des
Problems, sondern bestenfalls als kurzfristige Überbrückung an. [26] Allerdings ist bei der Personalakquise aus dem
Ausland auch zu bedenken, dass die rekrutierten Kollegen oftmals eine deutlich
umfangreichere Ausbildung und einen deutlich höheren Ausbildungsabschluss
mitbringen. [7] Somit müssen für diese Kollegen die
Arbeitsbedingungen in Deutschland mindestens so attraktiv sein wie in den jeweiligen
Herkunftsländern.
Die Option, durch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters den „Output“ zu senken,
erscheint sehr unrealistisch, denn eine Vielzahl von Pflegekräften verlässt vor dem
Eintritt ins Rentenalter bereits den Pflegeberuf – oftmals aus gesundheitlichen
Gründen. Somit würde dies vermutlich lediglich die Zahl der frühzeitig Berenteten
erhöhen.
Einzige Option, am „Output“ etwas zu ändern, besteht nach Ansicht der Autorin drin,
die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und damit dem vorzeitigen
Ausstieg aus dem Pflegeberuf vor allem auch unter jungen Kollegen
entgegenzuwirken.
Beachtet man die Ergebnisse der NEXT-Studie und das Fünf-Säulen-Konzept, so wird
klar, dass ein Zusammenhang zwischen beiden besteht. Nachhaltiges Personalmanagement
unter Berücksichtigung der Elemente Gesundheitsmanagement, lebenslanges Lernen und
Führung muss herangezogen werden, um durch frühzeitige Maßnahmen einen weiteren
Ausstieg von Pflegepersonal aus dem Beruf einzudämmen.
Auch Andreas Westerfellhaus, Präsident des Deutschen Pflegerates e. V., ruft auf,
eine Neujustierung der Arbeitsbedingungen in der Pflege vorzunehmen, um Nachwuchs
werben und vorhandenes Personal halten zu können. Ansatzpunkte hierbei sind eine
höhere Personaldichte, bessere Bezahlung und Arbeitsorganisation, ein angepasstes
Gesundheitsmanagement sowie mehr Wertschätzung. [27]
Der Aufbruch jedoch muss von den Pflegenden selbst kommen. Um Veränderungen zu
bewirken, benötigt die Pflege eine Stimme in der Politik. Diverse Pflegeverbände
versuchen sich Gehör zu verschaffen. Die Einführung einer Pflegekammer und somit die
„Verkammerung“ des Pflegeberufs wäre eine zielführende Strategie, um Pflegenden eine
berufliche Selbstverwaltung und Interessenvertretung auf Augenhöhe mit anderen
medizinischen Berufsgruppen auch auf Bundesebene zu ermöglichen. Es ist logisch und
nachvollziehbar, dass sich vor allem die Politik sowie Arbeitgeberverbände gegen
eine Interessenvertretung der Pflegenden in Form einer Pflegekammer aussprechen. Die
Verweigerung einer Pflegekammer gegenüber den Pflegenden durch die bayerische
Staatsregierung mit der Begründung, eine Pflegekammer sei den Pflegenden derzeit
nicht zu vermitteln, kommt einem Kniefall vor den Arbeitgeberverbänden und
Gewerkschaften gleich und bescheinigt der Staatsregierung nichts anderes als
Konzeptlosigkeit und fehlende Akzeptanz des Pflegeberufs. Eine Befragung von
beruflich Pflegenden der Hochschule München im Auftrag des Bayerischen
Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit 2013 zeigt jedoch, dass sich zum
Zeitpunkt der Befragung lediglich 34 % beruflich Pflegender gegen die Einführung
einer Pflegekammer in Bayern ausgesprochen haben. [28]
In welcher Form auch immer – die Pflege braucht eine starke Selbstorganisation, um
sich geschlossen vertreten zu können. Die Pflege muss erwachsen werden und lernen,
für sich und ihre Interessen einzustehen. Solange sich Pflegende nur um andere
kümmern, aber nicht um sich selbst, wird das Image des Pflegeberufs in der
Bevölkerung, aber auch die Attraktivität des Berufs nicht zunehmen.