Key words
cartilage - surgery - skeletal-axial - extremities - bones - MR imaging
Einleitung
Die Knie-MRT liefert eine hohe Genauigkeit für die Detektion von traumatischen und degenerativen Kniebinnenschäden [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]. Als nicht invasive Methode ist die MRT in der klinischen Routine zur Beurteilung des akuten Knietraumas und zur Darstellung möglicher Kniebinnenschäden etabliert. Bei der Beurteilung der Kniegelenkarthrose ist die klinische Rolle der MRT weniger klar definiert, wird aber häufig zum Ausschluss von freien Gelenkkörpern oder instabilen Meniskusrissen zum Beispiel bei rezidivierenden Knieblockaden eingesetzt.
Der technische Fortschritt der letzten Jahre erlaubt es hochaufgelöste Bilder in kürzerer Zeit zu erzeugen. Im Wesentlichen sind dafür MRT-Systeme mit höherer Magnetfeldstärke, hochleistungsfähige Gradienten, der Einsatz von Mehrkanalspulen und Pulssequenzen mit paralleler Bildgebung und damit kürzerer Akquisitionszeit verantwortlich [9]
[10]
[11]. Bei der parallelen Bildgebung werden die Rohdaten gleichzeitig über zwei oder mehrere Empfangsspulen akquiriert. Durch Anordnung der Spulenelemente in Phasenkodierrichtung können die Phasenkodierschritte reduziert werden, was eine Beschleunigung der Scanzeit zur Folge hat. Die schnelleren MRT-Protokolle sind nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht interessant, sondern minimieren auch Bewegungsartefakte infolge der kürzeren Scanzeiten. Nachteile der parallelen Akquisitionstechnik sind ein verringertes Signal-Rausch-Verhältnis und ein mögliches Auftreten von Artefakten bei nicht perfektem Bildrekonstruktionsalgorithmus [12]. Bisherige Studien, welche die diagnostische Wertigkeit eines beschleunigten MRT-Protokolls mit paralleler Bildgebung für die Beurteilung von Kniegelenkveränderungen analysierten, verwendeten häufig das konventionelle Protokoll als Referenzstandard [12]
[13]
[14].
Ziel dieser Studie ist die Bestimmung der diagnostischen Wertigkeit eines zeitoptimierten MRT-Protokolls unter Verwendung paralleler Bildgebung mit einer Gesamtscanzeit von unter 9 min im Vergleich zur Arthroskopie als Referenzstandard bei Patienten mit traumatisch oder degenerativ bedingten Kniebeschwerden.
Material und Methoden
Patientenpopulation
Insgesamt wurden 706 konsekutive Patienten mit dem zeitoptimierten MRT-Protokoll untersucht, von diesen wurden 162 Patienten, davon 97 Männer und 65 Frauen im Alter zwischen 17 und 77 Jahren im Anschluss arthroskopiert und in die Studie eingeschlossen. Die Arthroskopie erfolgte zwischen 35 und 39 Tagen nach der MRT-Untersuchung. Die Indikation zur Arthroskopie wurde aus dem MRT-Befund abgeleitet. Bei Diskrepanz zwischen MRT-Befund und Klinik des Patienten lag es im Ermessen des Operateurs die Indikation zur Arthroskopie zu stellen.
Die Ergebnisse der Arthroskopien wurden retrospektiv mit den Befunden der MRT verglichen. Ethische Richtlinien wurden in Übereinstimmung mit der Deklaration von Helsinki eingehalten. Aufgrund des retrospektiven Designs und kompletter Anonymisierung der Daten wurde auf eine formale Antragstellung eines Ethikvotums und auf die schriftliche Zustimmung durch das Institutional Review Board (IRB) verzichtet.
MRT-Protokoll
Die Untersuchungen wurden an einem 1,5 T MRT-Scanner (Magnetom Aera, Siemens Healthineers, Erlangen) mit einer 15-Kanal-phased-array Kniespule (TxRx15 ChKnee von Siemens) durchgeführt. Zur Anwendung kam ein 4-Sequenz-Protokoll mit paralleler Bildgebung (GRAPPA, Beschleunigungsfaktor 2) und den in [Tab. 1] im Detail aufgeführten Parametern. Die Scanzeit betrug < 9 min.
Tab. 1
Bildparameter der einzelnen Sequenzen.
Parameter
|
Sagittale PD TSE FS
|
Coronale PD TSE FS
|
Transversale PD TSE FS
|
Sagittale PD TSE
|
TR (msec)
|
3080
|
3000
|
3000
|
1300
|
TE (msec)
|
41
|
38
|
37
|
44
|
Matrixgröße
|
323 × 384
|
358 × 448
|
314 × 448
|
285 × 320
|
Sichtfeld (mm)
|
180
|
180
|
160
|
160
|
Schichtdicke (mm)
|
3,5
|
3,5
|
3,5
|
2
|
Voxelgröße (mm³)
|
0,5 × 0,5 × 3,5
|
0,2 × 0,2 × 3,5
|
0,4 × 0,4 × 3,5
|
0,5 × 0,5 × 2
|
Bandbreite (Hz/Px)
|
110
|
140
|
140
|
130
|
Echozüge pro Schicht
|
46
|
47
|
20
|
45
|
Averages
|
1
|
1
|
2
|
1
|
Sequenzdauer (min)
|
2:26
|
2:29
|
2:16
|
1:01
|
iPAT[1] Grappa[2]
|
2
|
2
|
2
|
2
|
1 Integrated parallel acquisition techniques.
2 Generalized autocalibrating partially parallel acquisitions.
Arthroskopie
Alle Arthroskopien wurden von einem erfahrenen Unfallchirurgen (ca. 700 Arthroskopien/Jahr, insgesamt ca. 16 000 Arthroskopien) durchgeführt. Der Operateur war bzgl. der Ergebnisse der zuvor erfolgten MRT-Untersuchung nicht verblindet. Der operative Zugang zum Gelenk erfolgte von ventral (anterolateraler und anteromedialer Zugang mit einer 30°-Winkeloptik). Per Videoübertragung wurde zunächst mit dem Tasthaken eine leitliniengerechte Prüfung und Beurteilung des medialen, lateralen, intercondylären und retropatellaren Kompartiments auf Stabilität durchgeführt, sowie die prä- und postoperative Dokumentation des Zustandes von Menisken, Knorpel und Kreuzbändern, dem Vorhandensein von Plicae mediopatellares (PM) und freien Gelenkkörpern (FGK) in den oben genannten Kompartimenten korrespondierend zur radiologischen Untersuchung. Nach dem diagnostischen Teil wurden vom Operateur dann ggf. therapeutische Maßnahmen in die Wege geleitet.
Befundung der MRT-Untersuchungen
Die retrospektive Auswertung der in der klinischen Routine akquirierten Knie MRT-Bilder wurde von einem Radiologen mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung nach bestandener Facharztprüfung vorgenommen. Es handelte sich um eine sekundäre Auswertung anhand standardisierter Kriterien nach initial schon erhobenem klinischem MRT-Befund. Beurteilt wurden Menisken, Kreuzbänder und Gelenkknorpel in sämtlichen Kompartimenten, sowie das Vorhandensein von FGK und PM. Der Auswerter kannte den Befund der Arthroskopie nicht.
Die Befundung der Menisken erfolgte anhand der Diagnosekriterien nach Nguyen [15] und De Smet [16]. Die Diagnose „Riss“ wurde nach folgenden Kriterien gestellt: Meniskusdistorsion oder eine Signalsteigerung mit Erreichen der Gelenkoberfläche auf mindestens zwei Schichtbildern bei 3 mm Schichtdicke. Diese mussten nicht aufeinanderfolgend sein, zulässig waren sowohl zwei koronale, zwei sagittale oder auch jeweils ein koronales und ein sagittales Bild. Ein einzelnes Bild gemäß den genannten Kriterien oder eine intrameniskale Signalsteigerung ohne Kontakt zur Oberfläche wurde in der Auswertung als „kein Riss“ zusammengefasst. Eine Ausnahme bildeten dislozierte Meniskusfragmente, die als Meniskusschaden und somit als „Riss“ galten, obgleich bei solchen Patienten nicht immer eine lineare Signalsteigerung zur Oberfläche auf mehr als einem Bild zu finden ist [16].
Die Chondropathiestadien wurden in Anlehnung an das Klassifikationssystem von Noyes definiert [17], wobei Grad 0 normalem, physiologischem Knorpel und Grad 1 einer Signalalteration von morphologisch intaktem Knorpel entsprach. Grad 2A bedeutete einen oberflächlichen Knorpeldefekt ≤ 50 % der gesamten Knorpeldicke, Grad 2B einen tiefen Knorpeldefekt > 50 % der gesamten Knorpeldicke und Grad 3 eine Knorpelläsion, die bis zum subchondralen Knochen reichte ([Tab. 2]). Die Oberflächenausdehnung wurde bei der Graduierung nicht berücksichtigt. Graduiert wurde in 6 Kompartimenten: tibial und femoral jeweils medial und lateral, sowie retropatellar und im Gleitlager. Wenn keine eindeutige Entscheidung zwischen zwei Graden möglich war, wurde stets der höhere Grad gewählt (z. B. Grad 1 – 2A ist 2A).
Tab. 2
Chondropathiestadien in Anlehnung an Noyes [17] für Radiologen und Arthroskopeure.
|
MRT-Befund
|
Arthroskopie-Befund
|
Grad 0
|
unauffällig
|
unauffällig
|
Grad 1
|
oberflächliche Signalalterationen
|
lokalisierte Erweichung
|
Grad 2A
|
oberflächlichen Knorpeldefekt ≤ 50 % der gesamten Knorpeldicke
|
massive Auffaserung /
Mazeration
|
Grad 2B
|
tiefer Knorpeldefekt entsprechend > 50 % der gesamten Knorpeldicke
|
Grad 2A + Knorpelverluste / Knorpelrisse / Instabilitäten
|
Grad 3
|
Erosion des Knorpels bis auf den subchondralen Knochen
|
Erosion des Knorpels bis auf den subchondralen Knochen
|
Als Kreuzbandruptur wurde eine umschriebene Diskontinuität, ein vollständiges Fehlen des Kreuzbandes, keine regelrechte Signalintensität, eine wellige Kontur oder eine schlechte Abgrenzbarkeit der ligamentären Fasern gewertet. MR-tomografisch diagnostizierte subtotale Kreuzbandrupturen wurden statistisch als „Kreuzbandriss“ gewertet, da im MRT-Befund keine Aussage über die Stabilität getroffen werden kann ([Tab. 3]).
Tab. 3
Kreuzbandschäden in der radiologischen (in Anlehnung an Robertson et al. [18]) und arthroskopischen Beurteilung.
|
MRT-Befund
|
Arthroskopie-Befund
|
Studie
|
Grad I
|
kein Riss
|
kein Riss
|
„kein Kreuzbandriss“
|
Grad II
|
Partialruptur
|
stabile Teilschädigung
|
„Kreuzbandriss“
|
Grad III
|
Ruptur
|
in der Tasthakenuntersuchung instabil
|
|
|
Die Detektion von FGK wurde als positiv gewertet, wenn mindestens ein freier Gelenkkörper in der MRT beschrieben wurde.
Eine „bildgebend-symptomatische“ Plica wurde in der MRT bei gleichzeitigem Vorliegen einer Plica und eines Knorpelschadens loco typico an der medialen Patellafacette gewertet.
Die MRT-Befunde der Menisken, Kreuzbänder, FGK und PM wurden nach Kenntnis der erfolgten Arthroskopie noch einmal nachevaluiert, um in den genannten Bereichen methodische Fehler (z. B. MR-tomografisch nicht dargestellte strukturelle Läsion) von Fehlern bei der Befundung (z. B. in der MRT sichtbarer, aber nicht gewerteter Befund) zu trennen. Die nachträglich erhobenen Daten hatten jedoch keinen Einfluss auf die zuvor durchgeführten statistischen Berechnungen.
Statistische Analyse
Bezüglich der Detektion von Schäden der Menisken bzw. Kreuzbänder, des Knorpels in sämtlichen Kompartimenten und dem Vorhandensein FGK und PM wurden Sensitivität (SE), Spezifität (SP), positiver (PPV) und negativer Vorhersagewert (NPV) bestimmt. Die Genauigkeit einer korrekten Beurteilung wurde als Anteil der von der MRT richtig gestellten Diagnosen im Vergleich zur Arthroskopie ausgedrückt.
Bezüglich der Knorpelbeurteilung wurde ein Unterschied von bis zu einem Grad im Vergleich zum arthroskopischen Befund als nicht relevante Abweichung toleriert. Zur Bestimmung der korrekten Beurteilung des Knorpelschadens wurde zusätzlich eine Rangreihenabschätzung nach Wilcoxon durchgeführt. Alle statistischen Analysen wurden mit einem Statistikprogramm ausgewertet (SPSS Statistik, Version 20, SPSS Inc./IBM, Chicago, IL).
Ergebnisse
Eine detaillierte Übersicht über SE, SP, PPV, NPV und die diagnostische Genauigkeit des Kurzprotokolls bezüglich Meniskus- und Kreuzbandschäden, FGK und PM findet sich in [Tab. 4].
Tab. 4
Charakteristika des Kurzprotokolls bezogen auf Meniskus- und Kreuzbandschäden, freie Gelenkkörper und Plicae mediopatellares.
|
SE [%]
|
SP [%]
|
PPV [%]
|
NPV [%]
|
Genauigkeit [%]
|
Innenmeniskus
|
97
|
88
|
94
|
94
|
94
|
Außenmeniskus
|
77
|
99
|
98
|
89
|
91
|
vorderes Kreuzband
|
90
|
94
|
77
|
98
|
93
|
hinteres Kreuzband
|
100
|
100
|
100
|
100
|
100
|
FGK
|
48
|
96
|
62
|
93
|
90
|
PM
|
57
|
88
|
18
|
98
|
87
|
Menisken
Es ergab sich eine Genauigkeit der Erkennung von Meniskusschäden am Innen- und Außenmeniskus von 93 %, was 300/324 richtigen Diagnosestellungen entspricht.
Bezüglich des Innenmeniskus wurden arthroskopisch 104 Risse festgestellt (Prävalenz 64 %), davon wurden 101 in der MRT richtig erkannt, in 3 Fällen konnte ein arthroskopisch nachgewiesener Innenmeniskusriss nicht detektiert werden. Beim Außenmeniskus fanden sich arthroskopisch bei 57 Patienten Rissbildungen (Prävalenz 35 %), 44 wurden korrekt erkannt ([Abb. 1]), 13x ließen sich Risse nicht diagnostizieren. Bei nochmaliger Durchsicht der MRT-Bilder waren alle zunächst unentdeckten Risse des Innenmeniskus trotz Kenntnis des Arthroskopiebefundes nicht nachzuvollziehen. Im Außenmeniskus wurden 3/13 nicht entdeckte Rissbildungen in der Befundung übersehen.
Abb. 1 Beispiel eines zur Unterfläche ziehenden schräg-horizontalen Risses bei einem 58-jährigen Patienten ohne Traumaanamnese. a Das MRT-Bild (koronale fettunterdrückte Sequenz) zeigt den Riss als lineare Signalsteigerung im Bereich der Pars intermedia (weißer Pfeil). b Die arthroskopische Dokumentation bestätigt den Befund, der Meniskus ist kräftig zerstört mit unterschlagenem Riss in der pars intermedia (schwarze Pfeile).
Kreuzbänder
Es ergab sich eine Genauigkeit der korrekten Beurteilung von vorderen und hinteren Kreuzbandschäden von 97 %, was 313/324 richtigen Diagnosestellungen entspricht. In der Arthroskopie fanden sich 30 Rupturen des vorderen Kreuzbandes (Prävalenz 19 %), davon wurden in der MRT 27 richtig beschrieben ([Abb. 2]), in 3 Fällen lieferte sie einen falsch positiven Befund. Ein Patient hatte eine hintere Kreuzbandruptur (Prävalenz < 1 %), die mit der MRT korrekt beschrieben wurde.
Abb. 2 Beispiel einer 17-jährigen Patientin mit akuter vorderer Kreuzbandruptur durch indirektes Trauma beim Skifahren. a MR-tomografisch (sagittales protonengewichtetes Bild) lässt sich keine Kreuzbandkontinuität mehr darstellen, lediglich der distale Stumpf ist noch als ligamentäre Struktur mit regulärer Hypointensität zu erkennen (Pfeil). b Arthroskopisch ist das Kreuzband interkondylär mit dem Tasthaken nicht mehr durchgehend fassbar, darstellbar ist der distale Ansatz des Bandes (Pfeil).
FGK und PM
Die Arthroskopie wies FGK in 21 Fällen nach (Prävalenz 13 %), in 10 Fällen wurden diese von der MRT korrekt beschrieben. Bei 7 Patienten ergab die Arthroskopie eine PM (Prävalenz 4 %), die in 4 Fällen mit der MRT erkannt wurde.
Knorpel
Eine Übersicht über SE, SP, Über- und Unterschätzungen des Chondropathiegrads und die diagnostische Genauigkeit des Kurzprotokolls bezüglich Knorpelschäden in den einzelnen Kompartimenten findet sich in [Tab. 5].
Tab. 5
Charakteristika des Kurzprotokolls bezogen auf Schäden im Bereich des Knorpelbelags.
|
SE [%]
|
SP [%]
|
Genauigkeit [%]
|
überschätzt [%]
|
unterschätzt [%]
|
Retropatellar
|
63
|
60
|
62
|
38
|
< 1
|
trochleares Gleitlager
|
76
|
94
|
83
|
9
|
7
|
Femur medial
|
81
|
81
|
81
|
15
|
4
|
Femur lateral
|
70
|
75
|
73
|
21
|
6
|
Tibia medial
|
76
|
80
|
77
|
17
|
6
|
Tibia lateral
|
71
|
92
|
77
|
12
|
11
|
Insgesamt wurde in 733/972 (75 %) ausgewerteten Kompartimenten die Knorpeloberfläche korrekt beurteilt, in 183 Fällen (19 %) wurde der Chondropathiegrad überschätzt, in 56 Fällen (6 %) unterschätzt. Es ergab sich eine SE von 72 %, eine SP von 80 %, ein PPV von 86 %, sowie ein NPV von 61 %.
Retropatellar wurde ein korrekter Befund in 100/162 (62 %) erhoben, in 61 Fällen (38 %) wurde überschätzt, lediglich bei einem Patienten (< 1 %) wurde der Knorpelschaden MR-tomografisch unterschätzt.
Im trochlearen Gleitlager ergab sich eine korrekte Graduierung bei 135/162 (83 %), in 15/162 (9 %) wurde überbewertet und 12/162 (7 %) unterbewertet.
Die femorale Gelenkfläche wurde medial in 131/162 (81 %) der Fälle korrekt graduiert, in 25 Fällen (15 %) wurde der Knorpelschaden überschätzt und 6x (4 %) unterschätzt. In 118/162 (73 %) Fällen wurde der laterale Knorpelüberzug korrekt graduiert, in 34 Fällen (21 %) überschätzt und 10x (6 %) unterschätzt.
Die tibiale Gelenkfläche wurde medial in 124/162 (77 %) der Fälle korrekt graduiert ([Abb. 3]), in 28 Fällen (17 %) wurde der Knorpelschaden überschätzt und in 10 Fällen (6 %) unterschätzt. Lateral wurde in 125/162 (77 %) ein korrekter Befund erhoben, 20x (12 %) überschätzt und 17x (11 %) unterschätzt ([Abb. 4, ]
[Abb. 5]).
Abb. 3 Detektion von Knorpelschäden bei einer 46-jährigen Patientin ohne anamnestisch eruierbares Trauma. a MR-tomografisch (koronales protonengewichtetes fettunterdrücktes Bild) zeigen sich Chondropathieareale Grad 3 mit diffuser Knorpeldenudation tibialseitig wie auch femoral (Pfeile). Ferner finden sich subchondrale Knochenmarködem-ähnliche Areale, die nur MR-tomografisch zu detektieren sind (Pfeilspitzen). b Arthroskopisch wurde der Knorpelbefund bestätigt. Die Dokumentation zeigt tibialseitig ein großes Areal mit Denudation bis zum subchondralen Knochen i. S. einer Grad 3 Knorpelläsion (Pfeile).
Abb. 4 Beispiel eines falsch negativen MRT Befundes bei der Knorpelbeurteilung. a Bei einem 45-jährigen Patient nach Traumaereignis stellt sich MR-tomografisch (koronales protonengewichtetes fettunterdrücktes Bild) der lateral tibialseitige wie auch femorale Knorpelbelag mit intakter Oberfläche dar. Nebenbefundlich zeigt sich ein knöchernes Kontusionsödem tibialseitig (kurze Pfeile) und ein radiärer Meniskusriss (langer Pfeil). b Arthroskopisch ergibt sich ein Chondropathiegrad 2B. Der Tasthaken sinkt ein und zeigt eine partielle Knorpeldelamination (Pfeil).
Abb. 5 55-jähriger Patient mit lateral betonten atraumatischen Schmerzen. a Die MRT (koronales protonengewichtetes fettunterdrücktes Bild) zeigt lateral tibial eine intakte Knorpeloberfläche und lediglich eine umschriebene intrachondrale Signalhypointensität i. S. eines unspezifischen Befundes (Pfeil). b Arthroskopisch ergibt sich ein Chondropathiegrad 2B. Der Knorpeleinriss lässt sich mit dem Tasthaken unterminieren (Pfeile). Retrospektiv muss die Hypointensität in der MRT in Kenntnis des Arthroskopiebefundes als Knorpelläsion gewertet werden.
Diskussion
Die hier gezeigten Daten belegen, dass die Knie-MRT bei einer Gesamtscanzeit von < 9 min im Vergleich zur Arthroskopie verlässliche Ergebnisse von hoher diagnostischer Wertigkeit liefert.
Die SE und SP für die Detektion von Innenmeniskusrissen von 97 bzw. 88 % und SE und SP bezüglich des Außenmeniskus von 77 und 99 % sind vergleichbar mit den in der Literatur angegebenen Werten. In einer kürzlich publizierten Metaanalyse bezüglich der diagnostischen Genauigkeit der MRT für die Detektion von Meniskusrissen betrug die SE und SP für den Innenmeniskus 89 und 88 bzw. 78 % und 95 % für den Außenmeniskus [19]. In unserer Studie war die große Mehrheit aller nicht detektierten Rissbildungen (13/16 = 81 %) trotz Kenntnis des Arthroskopiebefundes bei nochmaliger Durchsicht auf den MRT-Bildern nicht nachzuvollziehen, was v. a. kleineren Rissen oder der Gesamtausdehnung eines komplexeren Risses entsprach. Gründe hierfür sind primär methodischer Art, da die MRT das Knie als Momentaufnahme in unbewegtem Zustand abbildet und die Arthroskopie mittels Tasthakenuntersuchung eine funktionelle Exploration der Schäden ermöglicht. Gerade Meniskusrisse oder Rissausläufer, die sehr fein sind und passend adaptiert aufeinanderliegen, bleiben MR-tomografisch unentdeckt, während die Tasthakenuntersuchung auch solche Risse aufspüren kann.
Vordere Kreuzbandrupturen konnten in unserer Studie mit einer Genauigkeit von 93 %, einer SE und SP von 90 bzw. 94 % zuverlässig diagnostiziert werden. Diese Ergebnisse sind mit den Werten der bereits bei den Menisken zitierten Metaanalyse vergleichbar. Hier wird eine SE von 87 % und eine SP von 93 % für die vordere Kreuzbandruptur angegeben [19].
Die Diagnostik von „bildgebend-symptomatischen“ PM war mit dem hier vorgestellten Kurzprotokoll nur eingeschränkt möglich. Isolierte „bildgebend-symptomatische“ PM waren in unserem Patientengut nicht vorhanden, konnten als Co-Pathologie aber in der Mehrzahl der Fälle (57 %) diagnostiziert werden. Die Metaanalyse von Stubbings et al. [20] ergab eine SE von 77 % und eine SP von 58 %, im Vergleich hierzu lagen unsere Werte bei der SE bei 57 % und der SP bei 88 %. Gründe für die eingeschränkte Beurteilbarkeit einer PM in der MRT dürften die Kriterien sein, anhand derer die Diagnose PM gestellt wird, die nicht einheitlich definiert sind. Die von Radiologen und Arthroskopeuren allgemein anerkannte arthroskopisch erstellte Klassifikation nach Sakakibara [21] dient in erster Linie zur Gliederung nach der Größe und der Lage einer PM. Auch eine Charakterisierung der Plica anhand ihrer Dicke korreliert nicht signifikant mit der klinischen Symptomatik [22]. Auch die von uns gewählte Einteilung von „radiologisch-symptomatischer“ Plica mit begleitendem Knorpelschaden lieferte keine zuverlässigen Ergebnisse.
Neben der Evaluation der „bildgebend-symptomatischen“ Plica stellt auch die Evaluation von Knorpelschäden in der MRT nach wie vor unabhängig von der Feldstärke eine Herausforderung dar [23]
[24], was sich auch in unseren Ergebnissen mit einer SE von 72 % und SP von 80 % wiederspiegelt. Unsere Werte liegen knapp über den von Kijowski et al. [25] publizierten Ergebnissen. Diese Arbeitsgruppe untersuchte 100 Patienten an einem 1,5 T MRT mit einem 5-Sequenz-Standardprotokoll (sagittal: Intermediär gewichtete T2 FSE; koronal: Intermediär gewichtete T1 FSE; transversal: T2 FSE) und einer Gesamtscanzeit von 14:40 min. Die SE für die Detektion von Knorpelschäden lag bei 69 %, die SP bei 78 %. Im Vergleich zu einer Metaanalyse von Zhang et al. [24] war die SE unseres Kurzprotokolls vergleichbar (72 vs. 75 %), die SP jedoch deutlich niedriger (80 vs. 94 %). Gründe für das schlechtere Abschneiden des Kurzprotokolls dürften in den Einschlusskriterien der Metaanalyse liegen. Es wurden unter anderem Studien eingeschlossen, die mit 3 T durchgeführt wurden und 3D-Sequenzen beinhalteten, sodass diese Ergebnisse nur eingeschränkt mit unseren Studienergebnissen verglichen werden können.
Mit unserer Studie vergleichbare Arbeiten unter Verwendung von paralleler Bildgebung und Arthroskopie als Goldstandard finden sich in der Literatur nur bei drei Publikationen [26]
[27]
[28], von denen zwei am identischen Patientenkollektiv durchgeführt wurden.
Magee et al. [26] untersuchten 34 Patienten unter Anwendung von SMASH (Simultaneous acquisition of spatial harmonics) und ausschließlich T2-gewichteter Sequenzen. Verglichen wurden diese mit einem konventionellen 5-Sequenz-Protokoll (sagittal: T2 TSE FS; koronal: T1 TSE, T2 TSE FS; axial: T2 TSE FS) und der Arthroskopie als Goldstandard. Die Gesamtscanzeit bei der Verwendung von SMASH betrug 6 min 38 sec. Die SE und SP für Meniskusrisse, vordere Kreuzbandruptur und Knorpeldefekte betrug 100 %. Auf eine detaillierte Auswertung des Gelenkknorpels wurde verzichtet. Dies dürfte neben der geringen Patientenanzahl auch der Grund für die hohe SE und SP sein.
Neben Magee et al. untersuchten auch Van Dyck et al. [27]
[28] Patienten mithilfe paralleler Akquisitionstechniken und der Arthroskopie als Goldstandard. Diese Gruppe untersuchte 100 Patienten und verglichen ihre Ergebnisse mit der Arthroskopie als Referenzstandard. Wie in unserer Studie wurde ein Beschleunigungsfaktor von 2 bei der parallelen Bildgebung verwendet. Das MRT-Protokoll umfasste 4-Sequenzen (sagittal: T2 PD; koronal: T1, T2 PD FS; axial: T2 PD FS) mit einer Gesamtscanzeit von genau 9 min.
Die Ergebnisse wurden in 2 Publikationen präsentiert, wobei eine Arbeit Meniskus- und vordere Kreuzbandschäden behandelt [27], die andere Knorpelschäden [28]. Beim Innenmeniskus ergab sich eine SE von 93 % und eine SP von 90 %, beim Außenmeniskus eine SE von 77 % und SP von 99 %. Für den Innenmeniskus sind unsere Ergebnisse vergleichbar (SE 97 %, SP 88 %), für den Außenmeniskus sind sie identisch (SE 77 %, SP 99 %). Für Schäden des vorderen Kreuzbandes wurde bei van Dyck et al. eine SE von 78 % sowie eine SP von 100 % angegeben. Unsere Studie lieferte eine höhere SE von 90 % bei einer gering niedrigeren SP von 94 %. Bei der Beurteilung des Gelenkknorpels ergab sich bei van Dyck et al. eine SE von 60 % bei einer SP von 96 %. Ähnlich wie bei der Auswertung des vorderen Kreuzbandes liegen unsere Ergebnisse bei der SE über diesen Werten (73 %) bei jedoch im Vergleich niedrigerer SP (80 %). Die diagnostische Genauigkeit für den Gelenkknorpel lag bei Van Dyck et al. bei 87 %, wohingegen sie in unserer Studie bei 75 % lag. Wir erklären diesen Unterschied v. a. mit der relativ niedrigen SP bei der Beurteilung von patellaren Knorpelveränderungen, wo es häufig zu einer Überbewertung arthroskopisch unauffälligen Knorpelüberzuges kam. Bei der retrospektiven Nachbeurteilung zeigte sich, dass Signalveränderungen fälschlich als Oberflächendefekte beurteilt wurden.
Limitation der Studie
Der Arthroskopeur war über die Ergebnisse der zuvor erfolgten MRT-Untersuchung informiert und nicht verblindet. Ihm stand es frei bei klinischer Diskrepanz zwischen unauffälligem MRT-Befund und auffälligem klinischen Befund dennoch eine Arthroskopie durchzuführen. Dies war nur bei 3/162 Patienten (2 %) der Fall, sodass die Hauptaussage der Studie nicht beeinträchtigt wird.
Eine weitere Limitation ist, dass ein unmittelbarer Sequenzprotokollvergleich bei nur eingeschränkt zur Verfügung stehender Scanzeit nicht durchführbar war.
Es wurde nicht bei allen 706 konsekutiven Patienten eine „diagnostische“ Arthroskopie zur Sicherung des MRT-Befundes durchgeführt. Dies war aus ethischen Gründen nicht zu vertreten. Außerdem wurden die MRT-Daten von einem und nicht von mehreren Radiologen ausgewertet. Da in der klinischen Routine die MRT-Befunde allerdings auch „nur“ von einem Radiologen erstellt werden, lassen sich unsere Ergebnisse gut mit dem klinischen Alltag vergleichen.
In unserem Patientengut sind sowohl traumatische als auch degenerative Schädigungsmuster zu finden. Eine weitere diesbezügliche Unterscheidung wurde in der vorliegenden Arbeit nicht vorgenommen, was als Limitation anzuführen ist.
Für die dezidierte Beurteilung einer Knochenmarksinfiltration durch infektiöse oder tumoröse Prozesse ist das in dieser Studie verwendete Protokoll nur eingeschränkt anwendbar, da keine T1-SE-Sequenzverwendet wurde. Bezüglich der Akquisitionszeit würden sich hierdurch jedoch keine relevanten Unterschiede ergeben.
Eine weitere prinzipielle Limitation stellt die für Radiologen und Arthroskopeure verwendete Einteilung nach Noyes [17] zur Beurteilung von Knorpelschäden dar. Während der Radiologe lediglich die Knorpeldicke und die Signalhomogenität als Korrelat eines Knorpelschadens verwendet, kann der Arthroskopeur zusätzlich mittels Tasthakenuntersuchung die Konsistenz des Knorpels beurteilen. Dies ist allerdings lediglich für sog. Grad 1-Läsionen relevant. Auch wurde die Oberflächenausdehnung der Knorpelschäden weder radiologisch noch arthroskopisch erfasst.
Außerdem wurden möglicherweise klinisch relevante Veränderungen des subchondralen Knochens MR-tomografisch nicht ausgewertet, was eine Limitation darstellt. Diese Veränderungen haben, vor allem posttraumatisch, einen Einfluss auf die Prognose, wobei insbesondere osteochondrale und subchondrale Frakturen zu erwähnen sind, die arthroskopisch schlecht oder nicht erfasst werden können [29]
[30].
Als letzte Limitation ist der relativ hohe zeitliche Abstand zwischen MRT und Arthroskopie anzuführen, welcher es prinzipiell möglich erscheinen lässt, dass zwischenzeitlich zusätzliche, MR-tomografisch nicht erfassbare Pathologien hätten auftreten können.
Schlussfolgerung
Mithilfe paralleler Bildgebung hat das in unserer Studie vorgestellte Knie-MRT-Protokoll bei 1,5 T mit einer Gesamtscanzeit < 9 min eine hohe diagnostische Wertigkeit im Vergleich zur Arthroskopie und liefert verlässliche Ergebnisse in der klinischen Routine.
Klinische Relevanz der Studie
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Ein Kurzprotokoll einer Kniegelenks-MRT bei 1,5 T mit einer Gesamtscanzeit < 9 min und paralleler Bildgebung hat im Vergleich zur Arthroskopie eine hohe diagnostische Wertigkeit.
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Im Vergleich mit anderen Studien liefert das Kurzprotokoll im Bereich der Menisken und Kreuzbänder vergleichbare Ergebnisse.
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Bei der Detektion von Knorpelschäden besteht eine Tendenz zur Überschätzung.
Offenlegung
Die vorliegende Arbeit wurde gemäß den Anforderungen zur Erlangung des akademischen Grades „Dr. med.“ erstellt.