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DOI: 10.1055/s-0043-119703
Tuberkuloserisiko bei Beschäftigten im Gesundheitswesen
Publication History
Publication Date:
07 December 2017 (online)
Haben im Gesundheitswesen Beschäftigte ein erhöhtes Risiko, an Tuberkulose zu erkranken? Dieser Frage gingen Jennifer A. Davidson und Kollegen im Vereinigten Königreich nach. Hierfür analysierten sie retrospektiv im Rahmen der nationalen Tuberkuloseerhebung erhobene Daten über einen Zeitraum von 4 Jahren.
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In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Tuberkuloseepidemiologie im Vereinigten Königreich drastisch gewandelt: Heute gibt es deutlich mehr Tuberkulosefälle als noch in den 1990er Jahren – die meisten davon unter Migranten aus Ländern mit einer hohen Tuberkuloseinzidenz. Gleichzeitig werden immer mehr medizinische Fachkräfte aus dem Ausland im Vereinigten Königreich angestellt. Frühere Studien zeigten ein erhöhtes Risiko bei im Gesundheitswesen Beschäftigten, an Tuberkulose zu erkranken. Jedoch wurde in keiner dieser Studien das Geburtsland als Parameter berücksichtigt.
Die Studie von J. A. Davidson et al. ist nun die erste, in der das Geburtsland als Faktor in die Datenauswertung mitaufgenommen wurde. Die Forscher analysierten die Daten der nationalen Tuberkuloseerhebung zwischen 2009 und 2013. Als Beschäftigte im Gesundheitswesen definierten sie Ärzte, Krankenpfleger, Arzthelfer und sonstiges Gesundheitspersonal mit direktem Patientenkontakt. Zudem nutzten sie demografische Daten (Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Geburtsland sowie die Zeit des bisherigen Aufenthalts im Vereinigten Königreich) sowie klinische Merkmale (Ort der Erkrankung, vorangegangene Tuberkuloseinfektion, Dauer zwischen ersten Symptomen und Behandlungsbeginn sowie BCG-Impfung). Anhand von Genotypisierungsdaten sowie epidemiologischer Daten untersuchten sie zudem, ob es zu nosokomialen Infektionen kam.
Ergebnisse
Insgesamt wurden von 2009 bis 2013 im Vereinigten Königreich 34 573 Tuberkulosefälle im Alter von 16 – 64 Jahren registriert; 2320 davon waren Beschäftigte im Gesundheitswesen. 85 % von ihnen waren im Ausland geboren. Die Tuberkuloserate lag bei 23,4 pro 100 000 (95%-Konfidenzintervall [KI] = 22,5–24,4) im Vergleich zu 16,2 in der restlichen Bevölkerung (95%-KI = 16,0–16,3). Nach Stratifizierung der Daten nach Geburtsland stellte sich in dieser Studie jedoch heraus, dass das Risiko einer Tuberkuloseinfektion bei Beschäftigten im Gesundheitswesen im Vergleich zur restlichen Bevölkerung nicht statistisch signifikant erhöht ist. Das Geburtsland scheint also eine entscheidende Rolle für die Tuberkuloserate zu spielen.
In den Jahren 2010 und 2012 kam es unter den in dieser Studie untersuchten medizinischen Angestellten zu 10 bestätigten nosokomialen Übertragungen; in lediglich 2 dieser Fälle wurden Patienten infiziert.
In dieser Studie waren Tuberkuloseinfektionen bei medizinischen Angestellten nicht primär auf eine beruflich bedingte Exposition mit dem Erreger zurückzuführen, so die Autoren. Die meisten im Ausland geborenen Erkrankten hätten sich vermutlich in ihrem Geburtsland infiziert. Der Fokus der Präventionsbemühungen sollte daher auf der Untersuchung und Behandlung von latenten Tuberkuloseinfektionen bei medizinischen Angestellten aus Ländern mit hoher Tuberkuloseinzidenz liegen, so das Fazit der Autoren.
Kathrin Strobel, Mannheim
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