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DOI: 10.1055/s-0043-122884
Zirkulierende Tumorzellen, zirkulierende Tumor-DNA und zirkulierende microRNA beim metastasierten Mammakarzinom – oder: Welche Rolle spielt die Liquid Biopsy beim Brustkrebs?
Article in several languages: English | deutsch- Zusammenfassung
- Einleitung
- Zirkulierende Tumorzellen
- Zirkulierende Tumor-DNA
- microRNA
- Schlussfolgerung
- References/Literatur
Zusammenfassung
Die Streuung von Tumorzellen und Entstehung solider Metastasen findet sowohl über das Lymph- als auch das Blutsystem statt. Der Nachweis zirkulierender Tumorzellen (CTCs) und der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) im venösen Blut ist sowohl beim frühen als auch beim metastasierten Mammakarzinom möglich. Ihre prognostische Relevanz wurde bereits mehrfach bewiesen. Dabei ist die repetitive Untersuchung der CTCs bzw. ctDNA im Sinne einer regelmäßigen „liquid biopsy“ jederzeit und problemlos möglich. Durch die zusätzlichen molekularen Analysen ist es möglich, Tumorcharakteristika und ihre Heterogenität, die mit möglichen Resistenzen einhergehen, zu definieren. Dies ermöglicht den Einsatz einer personalisierten und zielgerichteten Therapie, um neben einem verlängerten Gesamtüberleben auch die Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.
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Schlüsselwörter
Brust - Her-2/neu (humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor) - Hormonrezeptor - Tumor der Brustdrüse - MetastaseEinleitung
Die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms (MBC) befindet sich dank zahlreicher neuer Behandlungskonzepte und Therapeutika in ständiger Weiterentwicklung. Dennoch ist das MBC weiterhin mit einer hohen Mortalität und Einschränkung der Lebensqualität verbunden. Die Entscheidung, welche Therapie erkrankte Patientinnen erhalten sollen, stellt Arzt und Patientin gleichermaßen vor eine große Herausforderung. Aktuelle Therapieregime orientieren sich am Phänotyp des Tumors, wie dem Hormonrezeptor-(HR-) oder HER2-Rezeptorstatus, der hauptsächlich zum Zeitpunkt der Primärdiagnose erfasst wurde. Mögliche phänotypische Veränderungen des Tumorgewebes wurden in der Vergangenheit oft nicht erfasst und daher auch bei Nichtansprechen auf eine Therapie nicht berücksichtigt. Da sich Tumoreigenschaften jedoch im Laufe der Brustkrebserkrankung verändern können, empfehlen aktuelle Behandlungsleitlinien die zusätzliche Charakterisierung von zum Beispiel soliden Metastasen [1]. Diese Empfehlung ist jedoch mit der Durchführung von weiteren invasiven Biopsien verbunden, die technisch nicht immer möglich sind und bei Patientinnen auf eingeschränkte Compliance stoßen. Somit bleibt die sequenzielle HR- bzw. HER2-Bestimmung aus und die Tumorheterogenität fließt nicht in die Therapieentscheidung ein [2], sodass die Therapie möglicherweise nicht effizient, da nicht zielgerichtet, ist. Dies gilt auch für andere tumorbiologische Marker.
Mit dem Ziel, das progressionsfreie Überleben (PFS) und die Lebensqualität (LQ) zu verbessern, werden im Rahmen verschiedener Studienkonzepte Methoden evaluiert, die es ermöglichen, repetitive und vor allem weniger invasive Tumorcharakterisierungen durchzuführen. Im Sinne einer sogenannten „liquid biopsy“ bieten Biomarker wie zirkulierende Tumorzellen (CTC) und zirkulierende Tumor-DNA aus dem venösen Blut eine vielversprechende Alternative zur Untersuchung der Tumoreigenschaften (HR-/HER2-Status), des Therapieansprechens und des Erkrankungsverlaufs.
Damit soll die Etablierung von individuellen, personalisierten und dadurch effektiveren Therapiestrategien ermöglicht werden.
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Zirkulierende Tumorzellen
Biologische und klinische Relevanz
Im Jahr 1869 wurden CTCs von Thomas Ashworth erstmalig beschrieben. Zusammen mit disseminierten Tumorzellen (DTC) im Knochenmark werden sie als „minimal residual disease“ (minimale Resterkrankung) bezeichnet und scheinen der Ursprung für die Entstehung solider Fernmetastasen zu sein [3]. Beim primären Mammakarzinom konnte die prognostische Bedeutung der DTCs bereits demonstriert werden [4]. Darüber hinaus wurde in einer Follow-up-Studie gezeigt, dass der Nachweis von DTCs im Knochenmark nach Abschluss einer adjuvanten Systemtherapie mit einem höheren Rezidivrisiko verbunden ist [5]. DTCs scheinen daher grundsätzlich geeignet für die Verlaufskontrolle der Brustkrebserkrankung und ihre Prognose zu sein. Wie bei der Biopsie von Metastasen ist die zur Gewinnung der DTCs erforderliche Knochenmarkpunktion jedoch eine invasive Untersuchungsmethode, die nicht beliebig oft durchgeführt werden sollte. Im Gegensatz dazu ist die Analyse von CTCs, die sich durch Abnahme von wenigen Millilitern venösen Bluts gewinnen lassen, eine weniger invasive, wiederholbare und somit praktikablere Alternative. CTCs sind sowohl beim primären als auch beim metastasierten Mammakarzinom nachweisbar. 65 – 85% aller Patientinnen mit MBC haben mindestens eine, und 40 – 50% aller Patientinnen mit MBC haben sogar mindestens 5 CTCs in einer Probe von 7,5 ml venösen Blutes [6], [7].
Der Nachweis von CTCs hat ebenfalls eine prognostische Wertigkeit. So zeigte bereits im Jahre 2004 die Arbeitsgruppe um Cristofallini, dass bei Patientinnen mit MBC der Nachweis von mindestens 5 CTCs in 7,5 ml Blut mit einem verkürzten PFS und Gesamtüberleben (OS) verbunden ist [7]. Ähnliche Ergebnisse wurden 2012 von Müller et al. mithilfe des CELLSEARCH®-Systems [8] und 2014 in einer gepoolten Analyse von fast 2000 Patientinnen von Bidard und Kollegen beschrieben [9]. Darüber hinaus konnte die SUCCESS-Studiengruppe demonstrieren, dass der Nachweis von CTCs sowohl vor als auch nach adjuvanter Chemotherapie mit einem reduzierten krankheitsfreien Überleben sowie Gesamtüberleben assoziiert ist [10]. Schließlich wurde im Jahr 2016 in einer gepoolten Analyse aus 3173 Patientinnen beschrieben, dass die Präsenz von CTCs bei Erstdiagnose eines Mammakarzinoms mit einer verschlechterten Prognose einhergeht [11]. CTC-Analysen werden jedoch bislang nicht im klinischen Alltag durchgeführt, sodass diese Untersuchungsergebnisse aktuell noch nicht in der klinischen Routine berücksichtigt werden.
Welche Rolle die Prävalenz von CTCs, ihre Dynamik und ihr Phänotyp als prädiktive Faktoren für die Prognose der Erkrankung und ein mögliches Therapieansprechen haben, sowie der genaue Mechanismus der Zelldisseminierung und der Entstehung von Metastasen sind Gegenstand aktueller Grundlagenforschung und klinischer Untersuchungen.
Dass sich der Phänotyp solider Metastasen bezüglich der HER2- und HR-Expression vom Primärtumor unterscheiden kann, wurde bereits mehrfach demonstriert [12], [13]. Dieser vom Primärtumor diskordante Phänotyp wird im klinischen Alltag bereits berücksichtigt [1]. Darüber hinaus reflektieren jedoch sowohl DTCs als auch CTCs nicht immer den exakten Phänotyp ihres Primärtumors. In zahlreichen Untersuchungen konnten, analog zur Diskordanz der HR- bzw. HER2-Expression solider Metastasen, ähnliche Ergebnisse für die Diskrepanz des Phänotyps zwischen solidem Tumorgewebe, d. h. Primärtumor und/oder Metastasen, und CTCs demonstriert werden [14], [15], [16], [17]. In einer weiteren aktuellen Untersuchung wurde gezeigt, dass die Diskordanz der HER2-Expression zwischen Primärtumor und CTCs mit dem histologischen Subtyp und dem HR-Status des Primärtumors sowie der absoluten Menge an detektierten CTCs in 7,5 ml Blut assoziiert ist [18]. Aktuelle Therapieentscheidungen richten sich jedoch nach dem Phänotyp des Primärtumors. Mindestens eine weitere Biopsie solider Metastasen mit immunhistologischer Bestimmung der HR- bzw. HER2-Expression wird zumindest empfohlen, um ein Therapieregime reevaluieren und ggfs. an einen möglicherweise abweichenden Phänotyp anpassen zu können [19].
Eine klinisch relevante Studie ist die S0500-Studie der Southwest Oncology Group (SWOG), welche die Rolle der CTCs beim MBC untersucht hat. Hierbei zeigte sich keine signifikante Verbesserung des PFS bzw. OS bei Patientinnen mit MBC und mindestens 5 CTCs zu Therapiebeginn, bei welchen das Regime nach einem Therapiezyklus geändert wurde, falls es zu keiner CTC-Abnahme unter 5 CTCs pro 7,5 ml Blut kam. Dieser sehr frühe Wechsel führte zwar nicht zu einer Prognoseverbesserung, aber gegebenenfalls zu einer verbesserten Therapieführung mit verminderter Toxizität. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Effektivität des neuen Therapieregimes im Falle eines doch sehr frühen Wechsels bei Ausbleiben einer CTC-Abnahme.
Die Rolle von CTCs und die Diskordanz ihres Phänotyps vom Primärtumor werden daher weiterhin genauer analysiert, zumal CTCs potenziell die Möglichkeit einer einfachen, wiederholbaren und wenig invasiven Untersuchung zur Tumorcharakterisierung darstellen. Im Sinne einer sogenannten „liquid biopsy“ wäre es möglich, die Tumorheterogenität und die Veränderung der Tumorbiologie im Erkrankungsverlauf wiederholt zu überprüfen. Die Anpassung und potenzielle Optimierung der Therapiestrategie könnte dann ohne invasive Biopsie (verschiedener) solider Metastasen erfolgen.
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Aktuelle klinische Studien
Im Rahmen der COMETI P2-Studie (Daniel F. Hayes, M. D., University of Michigan Cancer Center) wird ein CTC-ETI (endocrine therapy index) berechnet, um das Ansprechen auf eine Hormontherapie vorherzusagen. Im Falle eines schlechten prognostizierten Ansprechens würde eine Chemotherapie gegenüber einer endokrinen Therapie bevorzugt werden [20]. Der CTC-ETI wird mithilfe des quantitativen CTC-Nachweises und des Phänotyps der CTCs berechnet. Er basiert auf der Annahme, dass eine hohe ER- und Bcl-2-Expressionsrate mit einer höheren und eine hohe HER2- und Ki67-Expressionsrate mit einem niedrigeren Ansprechen auf eine endokrine Therapie assoziiert ist. Aus den Ergebnissen dieser „proof-of-principle“-Studie soll eine weitere Studie generiert werden, die den CTC-ETI beim HR-positiven, HER2-negativen MBC etabliert.
Ein weiteres aktuelles Studienkonzept ist die CirCé01-Studie (Prof. Jean-Yves Pierga, Institut Curie, Paris) [21]. Hierbei wird untersucht, ob der Wechsel eines Therapieregimes nach ausbleibender CTC-Abnahme unter einer Systemtherapie einen positiven Effekt auf das Therapieansprechen hat. In dieser Studie werden Patientinnen mit MBC und Progress nach der Zweitlinien-Chemotherapie und Nachweis von mindestens 5 CTCs/7,5 ml Blut 1 : 1 zu einem CTC- bzw. Kontrollarm randomisiert. Im CTC-Arm erfolgt nach jedem 1. Zyklus einer folgenden Chemotherapie-Linie eine CTC-Analyse. Bei unzureichender CTC-Abnahme erfolgt ein Wechsel des Chemotherapie-Regimes. Diese klinische Studie basiert auf der Annahme, dass bei fehlender CTC-Abnahme nach dem 1. Zyklus eines Chemotherapie-Regimes mit einem unzureichenden Therapieansprechen zu rechnen ist. Im Rahmen der bereits erwähnten ähnlich konzipierten randomisierten S0500-Studie konnte keine signifikante Verbesserung des PFS oder OS bei Patientinnen mit MBC nach Wechsel des Chemotherapie-Regimes bei persistierender Anzahl von mindestens 5 CTCs in 7,5 ml Blut 21 Tage nach Therapiebeginn nachgewiesen werden [22]. Es bedarf daher weiterer klinischer Untersuchungen, um die Rolle von CTCs für den klinischen Alltag genauer zu definieren.
Die französische STIC CTC-Studie (Prof. Jean-Yves Pierga, Institut Curie, Paris) ist eine randomisierte Studie, bei der sich die Entscheidung über die Erstlinientherapie beim HR-positivem MBC an der Anzahl der nachgewiesenen CTCs orientiert. Im CTC-Arm erhalten die Patientinnen bei Nachweis von < 5 CTCs/7,5 ml Blut eine endokrine Therapie, bei ≥ 5 CTCs/7,5 ml Blut eine Chemotherapie. Im Kontrollarm wird das Therapieregime vom Prüfarzt festgelegt. Ziel dieser „non-inferiority“-Studie ist es, nachzuweisen, dass die CTC-basierte Therapieentscheidung keinen Nachteil in Hinsicht auf das PFS darstellt. Insgesamt sollen 994 Patientinnen in Frankreich rekrutiert werden [23].
Ein wichtiges Studienkonzept sind in diesem Zusammenhang die DETECT-Studien der DETECT-Studiengruppe ([Abb. 1]). Als weltweit größtes Studienprogramm für MBC basieren hier Therapieentscheidungen auf der CTC-Detektion und deren Phänotypisierung, wobei insbesondere die HER2-Expression der CTCs berücksichtigt wird. In einem gemeinsamen Screening werden Patientinnen mit HER2-negativem MBC auf die Präsenz zirkulierender Tumorzellen untersucht. Patientinnen mit HER2-positiven CTCs werden im Rahmen der DETECT-III-Studie zu einer Standard-Chemo- oder endokrinen Therapie mit oder ohne einer HER2-zielgerichteten Therapie mit Lapatinib randomisiert. Bei ausschließlich HER2-negativen CTCs erhalten postmenopausale Patientinnen mit HR-positivem MBC eine Kombinationstherapie mit dem mTOR-Inhibitor Everolimus und endokriner Therapie (DETECT IVa). Besteht eine Indikation zur Chemotherapie, erhalten diese Patientinnen, wie auch Patientinnen mit triple-negativem MBC, eine Monochemotherapie mit dem Halichondrin B-Analogon Eribulin (DETECT IVb). Sponsor für die DETECT-III- und DETECT-IV-Studie ist das Universitätsklinikum Ulm, vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Janni, Direktor der Universitätsfrauenklinik Ulm. Leiterin der klinischen Prüfung der DETECT-III- und -IV-Studie ist Frau Prof. Dr. Tanja Fehm (Universitätsfrauenklinik Düsseldorf). Geplantes Studienende für beide Studien ist 2021.
Ergänzend zu DETECT III und IV werden in der DETECT-V-Studie Therapiestrategien beim HER2- und HR-positiven MBC evaluiert. Auch hier spielt die Detektion von CTCs und die Evaluation ihrer potenziellen prädiktiven Wertigkeit eine zentrale Rolle. Patientinnen werden 1 : 1 zu einer dualen HER2-zielgerichteten Therapie aus Pertuzumab und Trastuzumab in Kombination mit einer Chemotherapie oder endokrinen Therapie randomisiert. Im Rahmen dieser Phase-III-Studie wird die Sicherheit und Verträglichkeit beider Therapiearme (erfasst über die Präsenz von unerwünschten Nebenwirkungen) als primärer Endpunkt untersucht. Darüber hinaus soll mittels eines „endocrine responsiveness scores“ (ERS) ein Score auf Basis von CTCs und ihrer Östrogenrezeptor- und HER2-Expression erhoben werden, mithilfe dessen das Ansprechen auf eine endokrine Therapie prognostiziert werden kann. Ähnlich wie bei der bereits erwähnten COMETI P2-Studie basiert dieser ERS auf der Annahme, dass eine starke Östrogenrezeptorexpression mit einer hohen und eine starke HER2-Expression mit einer niedrigen Ansprechrate auf eine endokrine Therapie verbunden sind. Ziel dabei ist, bei Patientinnen mit einem potenziell guten Ansprechen auf ein endokrines Therapieregime eine Chemotherapie, die mit einer stärkeren Beeinträchtigung der Lebensqualität verbunden ist, zu vermeiden. Sponsor für die DETECT-V-Studie ist ebenfalls das Universitätsklinikum Ulm, vertreten durch Prof. Dr. Wolfgang Janni, Direktor der Universitätsfrauenklinik Ulm; Leiter der klinischen Prüfung ist Prof. Dr. Jens Huober (Universitätsfrauenklinik Ulm). Geplantes Studienende ist 2021.
Ein wichtiger Aspekt bei der Etablierung von CTCs als prognostischer und/oder prädiktiver Marker ist die Untersuchung von CTCs auf molekularer Ebene. Hierbei ist besonders hervorzuheben, dass das DETECT-Studienprogramm von zahlreichen translationalen Forschungsprojekten begleitet wird. Dadurch sollen weitere Marker (bzw. Mutationen) identifiziert werden, die zusätzliche prädiktive und prognostische Informationen beinhalten und somit eine spezifischere Tumorcharakterisierung mittels „liquid biopsy“ ermöglichen. Ein Schwerpunkt im Rahmen des translationalen Forschungsprogramms der DETECT-Studien ist die Analyse des Phosphatidylinositol-3-kinase (PI3k)/Akt-Signaltransduktionsweges. Hier auftretende Mutationen scheinen für die Kanzerogenese und die Resistenz gegenüber HER2-zielgerichteten Therapien verantwortlich zu sein [24], [25]. Schließlich wurde bereits demonstriert, dass diese Mutationen diskordant zwischen dem Primärtumor und soliden Metastasen auftreten können [26], beispielsweise als Gain-of-Function-Mutationen erst im Verlauf der Erkrankung in Metastasen auftreten und zu einer erworbenen Resistenz gegenüber einer HER2-gerichteten Therapie führen können. Im Rahmen der translationalen Forschung des DETECT-Konzeptes werden mithilfe der SNaPshot-Technologie HER2-positive CTCs von Patientinnen mit HER2-negativem MBC auf das Vorhandensein aktivierender PI3K/Akt-Mutationen untersucht, um möglicherweise einen Erkrankungsprogress bei Patientinnen mit HER2-positiven CTCs trotz HER2-zielgerichteter Therapie erklären zu können. Weitere translationale Fragestellungen, welche im Rahmen der DETECT-Studien untersucht werden, befassen sich mit der Expression von Epithelial-mesenchymal-Transitions-(EMT-)Markern und Tumorsuppressorgenen (z. B. LKB1) auf CTCs sowie Untersuchungen zu Mechanismen zur in Tumorzellen häufig gefundenen Resistenz gegen Anoikis (programmierter Zelltod aufgrund des Verlusts von Zell-Matrix-Kontakt).
Das DETECT-Studienprogramm stellt auch die Grundlage des aktuell von der Deutschen Krebshilfe geförderten kollaborativen translationalen Forschungsprojekts „DETECT CTC: Detection and molecular characterization of circulating tumor cells and cell-free nucleic acids in advanced breast cancer in the context of tumor heterogeneity“ dar. Ziel der im Rahmen von DETECT-CTC zusammengefassten Forschungsprojekte ist es, durch die Anwendung innovativer Verfahren und Versuchsansätze zur Isolierung und Charakterisierung von CTCs und frei zirkulierender Nukleinsäuren herauszufinden, inwieweit sie sich als „Liquid biopsy“ zur Beurteilung der biologischen Eigenschaften fortgeschrittener Brustkrebstumore bzw. als prädiktive Marker für Therapieansprechen und Monitoring eignen, um die Krebsbehandlung optimieren und weiter personalisieren zu können. Ein wichtiger Aspekt besteht auch darin, CTCs und frei zirkulierende Nukleinsäuren hinsichtlich der vorgefundenen Mutationen zu vergleichen. Ein weiterer wichtiger Aspekt von DETECT-CTC ist die klinische Validierung ausgewählter Biomarker und Testverfahren für die verschiedenen Brustkrebs-Subtypen, für die das im Rahmen des DETECT-Studienprogramms gesammelte umfassende Biomaterial verwendet wird. Folgende Themen werden in den verschiedenen Subprojekten von DETECT-CTC behandelt:
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Evaluierung von DNA-Schadens- bzw. -Reparaturmarkern auf CTCs zur Vorhersage des Therapieansprechens bei 3-fach-negativem fortgeschrittenen Brustkrebs
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molekulare Charakterisierung (Stammzellmarker, Marker für Epithelial-mesenchymale Transition) heterogener CTC-Populationen von mit unterschiedlichen Therapieansätzen behandelten Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs
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Evaluierung von Entstehung und molekularen Ursachen der Resistenz gegenüber endokrinen Therapien auf der Ebene einzelner CTCs von Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs
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Vergleich der phänotypischen Markerexpression von CTCs, disseminierenden Tumorzellen aus dem Knochenmark, Primärtumor und Metastasen bei Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs
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molekulare Charakterisierung von frei im Blut zirkulierender DNA und microRNAs sowie von microRNAs aus CTCs bei Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs
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Untersuchungen zur Mikroevolution resistenter Subklone beim metastasierten Brustkrebs mittels CTC-Einzelzellanalysen
DETECT-CTC bietet die einzigartige Möglichkeit, Blutproben und genetisches Material, welche in der kontrollierten Umgebung einer großen klinischen Studie an Patientinnen mit MBC wiederholt im Verlauf ihrer Krebsbehandlung gesammelt worden sind, mit modernsten kombinierten Forschungsmethoden zu untersuchen und damit einen wichtigen Beitrag für die Etablierung individualisierter Behandlungsansätze zu leisten.
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Zirkulierende Tumor-DNA
Neben CTCs steht auch die zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) im Fokus aktueller Forschungsprojekte. Vor mehr als 70 Jahren wurde die zirkulierende zellfreie DNA (ccfDNA) bei gesunden Menschen erstmalig beschrieben [27]. Erhöhte Mengen an ccfDNA sind bei verschiedenen physiologischen und pathologischen Zuständen, wie Entzündungsreaktionen, Gewebetraumata und Krebserkrankungen, nachweisbar [28], [29]. Analog zu CTCs konnte im Jahr 2002 die Arbeitsgruppe um Sozzi erhöhte ccfDNA-Mengen bei an einem Bronchialkarzinom erkrankten Patienten im Vergleich zu Gesunden demonstrieren [30]. Der Einsatz einer Chemotherapie kann, wie auch bei CTCs, zu einer Abnahme der zirkulierenden DNA führen. Dies führte zu der Annahme, dass ccfDNA, die tumorspezifische Veränderungen beinhaltet, also eine sogenannte ctDNA ebenfalls als Biomarker oder sogar zum Screening verwendet werden könnte [31].
Der Nachweis relevanter ctDNA-Mengen gelang auch beim frühen und metastasierten Mammakarzinom [32]. Erhöhte ctDNA-Mengen sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Die Arbeitsgruppe um Dawson postulierte sogar, dass das Monitoring der ctDNA eine möglicherweise sensitivere Methode zur Überwachung der Tumorlast als CTCs oder das CA 15-3 ist [33]. Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse von Heidary und Kollegen. Hier konnte keine Korrelation zwischen Tumorlast und ctDNA nachgewiesen werden [34]. Es sind demzufolge weitere Untersuchungen nötig, um die Rolle der ctDNA genauer definieren zu können. Wie schon für die CTCs beschrieben, ist jedoch nicht ausschließlich die absolute Menge an detektierter ctDNA relevant. Somatische Mutationen, die für das Therapieansprechen und die Prognose der Erkrankung von Bedeutung sind, können auch in der ctDNA nachgewiesen werden. So konnten zum Tumorgewebe konkordante Raten von Mutationen des Tumorsuppressorgens TP53 und der PIK3CA, die eine wichtige Rolle im PI3K-Signaltransduktionsweg spielt, nachgewiesen werden [35], [36]. Diese Untersuchungsergebnisse unterstreichen die Hypothese, dass die ctDNA einerseits Eigenschaften des Primärtumors reflektiert, andererseits jedoch auch vom Primärtumor abweichende Eigenschaften von Metastasen widerspiegeln kann.
Zwei wichtige Studien zur Untersuchung der klinischen Relevanz der ctDNA sind die BELLE-2- und -3-Studien. Im Rahmen der randomisierten BELLE-2-Studie wurde die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie aus Fulvestrant ± Buparlisib, einem PI3K-Inhibitor, bei postmenopausalen Patientinnen mit HER2-negativem und HR-positivem MBC mit Progression nach der Therapie mit einem Aromataseinhibitor analysiert. Im Rahmen einer Subgruppenanalyse konnte gezeigt werden, dass Patientinnen mit nachgewiesener PI3K-Mutation in der ctDNA deutlich von der Kombinationstherapie aus Fulvestrant und Buparlisib profitierten (medianes PFS bei 7,0 vs. 3,2 Monaten; p < 0,001). Ein solcher Überlebensvorteil konnte bei Patientinnen ohne PI3K-Mutation innerhalb der ctDNA nicht nachgewiesen werden (medianes PFS jeweils bei 6,8 Monaten; p = 0,642) [37]. Im Unterschied zur BELLE-2-Studie wurden in der BELLE-3-Studie Patientinnen nach Progress unter endokriner Kombinationstherapie mit einem mTOR-Inhibitor randomisiert [38]. Das mediane PFS betrug 3,9 Monate bei Patientinnen, die eine Kombinationstherapie aus Buparlisib plus Fulvestrant erhielten. Im Vergleich dazu betrug das mediane PFS bei Patientinnen, die nur Fulvestrant erhielten, 1,8 Monate. Unter den Patientinnen mit einer PIK3CA-Mutation betrug das PFS 4,7 Monate im Buparlisib-Arm im Vergleich zu 1,6 Monaten im Placeboarm [39].
Ein weiterer wichtiger Angriffspunkt beim HR-positiven Mammakarzinom ist der Östrogenrezeptor α (ESR1) [40]. Erhöhte Raten an ESR1-Mutationen, die mit einer Therapieresistenz gegenüber endokrinen Therapien assoziiert sind, konnten insbesondere beim MBC nachgewiesen werden [41], [42]. Sie können, neben solidem Tumorgewebe, ebenfalls in der ctDNA nachgewiesen werden [43]. Im Rahmen einer Sekundäranalyse der BOLERO-2-Studie wurde die ctDNA aus Baseline-Proben von insgesamt 541 postmenopausalen Patientinnen mit HR-positivem, HER2-negativem MBC in Bezug auf 2 bekannte ESR1-Mutationen (Y537S und D538G) untersucht. 156 Patientinnen (28,8%) wiesen mindestens eine der beiden ESR1-Mutationen auf [44]. Diese waren mit einem verkürzten Gesamtüberleben assoziiert (32,1 Monate im Wildtyp vs. 15,2 Monate im Falle von beiden mutierten Allelen).
Auch die Expression des HER2-Rezeptors spielt eine prognostisch relevante Rolle beim MBC. In einer aktuellen Untersuchung gelang der Arbeitsgruppe um Ma et al. der Nachweis einer HER2-Überexpression mittels ctDNA-Analyse [45]. Allerdings konnte mittels der ctDNA-basierten Analyse nur bei 13 von 18 Patientinnen mit HER2-positivem MBC eine HER2-Überexpression nachgewiesen werden. Es sind daher weitere Untersuchungen erforderlich, um einen ctDNA-basierten Nachweis einer HER2-Expression zu etablieren.
Zusammenfassend scheinen ctDNA-Analysen nicht nur eine Möglichkeit zur Verlaufskontrolle der Tumorerkrankungen zu sein, sondern reflektieren auch wichtige Tumoreigenschaften. Auf diese Weise ist es möglich, Mutationen, die von Bedeutung für die Identifikation von Therapieresistenzen und möglicher therapeutischer Angriffspunkte sind, zu detektieren. Eines der weltweit größten Netzwerke, welches sich auf Gewinnung von ctDNA-Proben und weiterer relevanter Biomarker (CTCs, RNA, Proteine etc.) beim MBC konzentriert, ist das PRAEGNANT-Netzwerk (Prospective Academic Translational Research Network for the Optimization of Oncological Health Care Quality in the Advanced Therapeutic Setting). Darüber hinaus werden im Rahmen dieser Studie unter anderem Therapieverlauf, Therapieansprechen, Toxizitäten, Komorbiditäten und Lebensqualität erfasst. Ziel dabei ist, die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms zu verbessern, geeignete Studiendesigns zu generieren und Patientinnen für diese Studien auszuwählen [46].
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microRNA
Neben DTCs, CTCs und der ctDNA spielen auch microRNAs (miRNAs) in der Forschung zur Minimal residual Disease eine zunehmende Rolle. miRNAs sind kleine, nicht kodierende Moleküle, die ca. 21 – 25 Nukleotide lang sind und die Transkription verschiedenster Gene regulieren, indem sie die komplementären Basensequenzen der noch nicht translatierten Messenger-RNA-Moleküle binden [47]. Je nachdem, welche Gene gerade in der Zelle reguliert werden, sind die entsprechenden miRNAs aktiv.
Die miRNA ist nicht nur in Zellen nachweisbar, sondern kann ähnlich wie CTCs und die ctDNA auch im Blut durch eine einfache Blutentnahme nachgewiesen werden. Es gibt zahlreiche verschiedene miRNAs, von denen nur bei wenigen vermutet wird, dass sie mit dem Mammakarzinom assoziiert sind. Ansatzpunkt der Forschung ist hierbei unter anderem, dass während einer Therapie wiederholt miRNAs gemessen werden. Wenn eine miRNA, von der man vermutet, dass sie mit dem Mammakarzinom assoziiert ist zu Beginn einer Therapie erhöht ist und diese im Therapieverlauf absinkt, so kann man ein Therapieansprechen vermuten. Steigt die miRNA aber wieder an, so wird vermutet, dass es zu keinem Therapieansprechen kommt. Derzeit können noch keine Therapieentscheidungen auf Basis von miRNAs getroffen werden, vielmehr ist es noch Bestandteil aktueller Forschung, zu etablieren, welche miRNAs als „onkogen“ oder „tumorsuppressiv“ betrachtet werden können. Im Folgenden sollen exemplarisch 2 Forschungsarbeiten genannt werden:
So untersuchten Roth et al. im Serum von an Brustkrebs erkrankten Frauen und einer gesunden Kontrollgruppe die potenziell brustkrebsassoziierten miRNAs miR10b, miR34a, miR141 und miR155 [48]. Es wurden 89 Brustkrebspatientinnen (59 = M0; 30 M1) und 29 gesunde Frauen in diese Pilotstudie rekrutiert und die Analysen mittels des TaqMan MicroRNA Assays durchgeführt. Die relative Serumkonzentration der gesamten RNA (p = 0,0001) und der miR155 (p = 0,0001) unterschied sich bei den M0-Patientinnen signifikant von der gesunden Kontrollgruppe. Mittels der Konzentration von miR10b, miR34a und miR155 konnten M1-Patientinnen von den gesunden Frauen unterschieden werden (miR10b: p = 0,005; miR34a: p = 0,001; miR155: p = 0,008).
Bei den an Brustkrebs erkrankten Patientinnen korrelierte die Veränderung der gesamten RNA-Menge wie auch der Menge an miR10b-Menge, miR34a und mitR155 mit der Präsenz von manifesten Metastasen (Gesamt-RNA: p = 0,0001; miR100b: p = 0,01; miR34a: p = 0,003; miR155: p = 0,002). Zudem hatten die M0-Patientinnen, sofern sie ein höheres Tumorstadium hatten (pT3-pT4), signifikant höhere Gesamt-RNA- und miR34a-Mengen als Patientinnen mit einem niderigeren Tumorstadium (Gesamt-RNA: p = 0,0001; miR34a: p = 0,01). Die Autoren schlossen daraus, dass sich bei Patientinnen mit einem Tumorprogress ein Anstieg der tumorassoziierten RNA feststellen lässt.
Madhaven et al. untersuchten die miRNA im Plasma von 40 Patientinnen mit MBC mit „TaqMan low density arrays“, nach zuvor erfolgten Validierungsstudien an 237 MBC-Patientinnen [49].
Sie konnten zeigen, dass der Nachweis von miR200a, miR200b, miR200c, miR210, miR215 und miR486-5p signifikant mit dem Auftreten von Metastasen innerhalb von 2 Jahren nach Erstdiagnose der Brustkrebserkrankung assoziiert waren. Zudem haben sie 16 miRNAs identifiziert, die signifikant mit dem OS und weitere 11, die mit dem PFS assoziiert waren.
Es bedarf weiterer Untersuchungen, um einerseits MBC-assoziierte miRNAs zu identifizieren und andererseits zu evaluieren, welche Rolle diese jeweils im Verlauf der Bustkrebserkrankung spielen.
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Schlussfolgerung
Die Untersuchung relevanter Tumoreigenschaften, die Evaluation des Erkrankungsverlaufs und des bisherigen Therapieansprechens sind von großer Bedeutung für die Prognose und die weiteren Therapieentscheidungen beim MBC. Die invasive Untersuchung des Primärtumors und/oder solider Metastasen stellt bei sich möglicherweise wandelnden Tumorcharakteristika nicht immer eine durchführbare und repetitive Option dar. Demgegenüber stehen CTCs und die ctDNA sowie miRNA, die einerseits relevante komplementäre Informationen beinhalten und andererseits im Sinne einer „liquid biopsy“ beliebig oft untersucht werden können. Dies ermöglicht nicht nur ein potenzielles Monitoring des Erkrankungsverlaufs und des Therapieansprechens, sondern dient auch der repetitiven Tumorcharakterisierung für weitere Therapieentscheidungen.
Langfristiges Ziel der CTC/ctDNA/miRNA-basierten Analyse des metastasierten Mammakarzinoms ist die Etablierung einer personalisierten, zielgerichteten und somit effizienten Tumortherapie, die neben der Verlängerung des PFS und/oder OS auch die Verbesserung der Lebensqualität betroffener Patientinnen erreichen soll.
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References/Literatur
- 1 Aktuelle Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie primärer und metastasierter Mammakarzinome der Kommission MAMMA in der AGO e.V.. 2017 Online: http://www.ago-online.de last access: 09/2017
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Correspondence/Korrespondenzadresse
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