Z Orthop Unfall 2018; 156(03): 287-297
DOI: 10.1055/s-0043-123831
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Komplikationen in der Behandlung periprothetischer Frakturen bei einliegender Knietotalendoprothese – eine klinisch-radiologische Outcome-Analyse

Article in several languages: English | deutsch
Anna Janine Schreiner
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Christoph Gonser
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Christoph Ihle
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Max Konstantin Zauleck
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Tim Klopfer
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Fabian Stuby
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Ulrich Stöckle
1   Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Björn Gunnar Ochs
2   Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg
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Publication Date:
17 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund Die Inzidenz periprothetischer Frakturen bei einliegender KTP (PpFxK) beträgt 0,3 – 5,5%. Circa 40% der Fälle betreffen Revisionsendoprothesen. Es ist meist das distale Femur betroffen. Die Klassifikation erfolgt i. d. R. nach Rorabeck (RB). Bei RB-I- und -II-Frakturen wird meist eine osteosynthetische Versorgung mittels winkelstabiler Platte oder retrogradem intramedullärem Nagel und bei RB-III-Frakturen ein KTP-Wechsel auf ein achsgeführtes Modell durchgeführt. Periprothetische Frakturen (PpFx) im Bereich der Patella bzw. Tibia können nach Goldberg bzw. nach Felix klassifiziert werden. Eine Sonderform der PpFx stellen die interprothetischen Frakturen dar. Aufgrund steigender Zahlen in der endoprothetischen Versorgung ist ebenfalls mit einer Komplikationszunahme zu rechnen.

Patienten Im Rahmen der vorliegenden retrospektiven Untersuchung erfolgte konsekutiv das klinisch-radiologische Follow-up von 50 Patienten (14 Männer, 36 Frauen). Diese waren alle Patienten, die im Zeitraum von 2011 bis 2015 aufgrund einer PpFx des Femurs, der Tibia und der Patella bei einliegender Knietotalendoprothese (KTP) an einem Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung eines überregionalen Traumazentrums behandelt wurden.

Ergebnisse Das Follow-up aller Patienten betrug 68% mit durchschnittlich 19,1 ± 14,6 (1 – 49) Monaten zwischen Frakturversorgung und klinischer Nachuntersuchung. 16% der Patienten wurden primär extern versorgt und zur Weiterbehandlung bzw. Revision an unsere Klinik verlegt. Das Durchschnittsalter betrug 78,0 ± 8,8 (55 – 94) Jahre. Der Großteil der Patienten war orthopädisch und internistisch vorerkrankt. Die PpFxK traten durchschnittlich 5,0 ± 4,8 (0 – 20) Jahre nach Index-OP (KTP-Primärimplantation oder -Revision) bei mehrheitlich einliegenden Oberflächenersatzprothesen auf, wohingegen Felix-Frakturen signifikant früher bei überwiegend achsgeführten KTPs vorzufinden waren. Führend waren mit 60% aller Fälle Rorabeck-II-Frakturen (n = 30). Die Score-Ergebnisse ergaben für das Gesamtkollektiv 31,1 ± 9,9 (14 – 46) Punkte im Oxford Knee Score, 52,6 ± 24,4 (20 – 100) Punkte im funktionellen Knee Society Score (KSS) und 58,7 ± 26,8 (0 – 99) Punkte im Knie-KSS (n = 25). Die radiologische Auswertung des RB-I- und -II-Kollektivs zeigte in 20,6% ein kombiniertes Malalignment in der Frontal- und Sagittalebene. Die Komplikationsrate des gesamten Kollektivs betrug 50%. Im Kollektiv der RB-Patienten war in 44% der Fälle eine operative Revision notwendig. Im RB- und Felix-Kollektiv traten Pseudarthrosen, Materialversagen, Infektionen, Wundheilungsstörungen und Refrakturen auf.

Schlussfolgerung PpFxK stellen eine schwere Verletzung dar, deren Therapie von hohen Komplikationsraten begleitet ist. Das Patientengut ist oft komplex mit einer entsprechenden Revisions- oder Infektanamnese. Die Versorgung sollte an einem Zentrum mit Expertise in der Traumatologie und Revisionsendoprothetik erfolgen. Eine präoperative Infektdiagnostik sowie adäquate Bildgebung sind essenziell. Aufgrund hoher Komplikationsraten nach osteosynthetischer Versorgung von RB-II-Frakturen empfehlen wir insbesondere bei hochbetagten Patienten mit fraglich osteosynthesefähigem periimplantärem Knochenstock und Frakturnähe zur KTP die Indikation zum geplanten Prothesenwechsel frühzeitig zu evaluieren. Bei der osteosynthetischen Versorgung ist immer auf eine korrekte Reposition in allen Ebenen zu achten und ggf. eine Doppelplattenosteosynthese durchzuführen.