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DOI: 10.1055/s-0043-124054
Lineare IgA-Dermatose mit hormonell bedingter Verschlechterung
Linear IgA Dermatosis with Menses-related AggravationKorrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
02. Mai 2018 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einführung
- Anamnese
- Klinische Befunde
- Laborparameter
- Histologischer Befund
- Therapie und Verlauf
- Literatur
Zusammenfassung
Wir berichten über eine 17-jährige Patientin, die sich mit seit ca. 2 Jahren bestehenden Hautveränderungen vorstellte.
Histologisch konnte die Diagnose einer linearen IgA-Dermatose gesichert werden, die Antikörper zeigten sich jedoch negativ. Die Erkrankung tritt typischerweise in der Kindheit auf, aber auch ältere Patienten können betroffen sein. Die meisten Formen treten idiopathisch auf, aber auch Medikamente wie Vancomycin können ursächlich sein.
Dapson stellt die etablierte Therapieform dar. Auffällig war bei unserer Patientin die deutliche und auch bilddokumentierte Verschlechterung während der Menstruation.
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Abstract
We report on a female patient who presented with severe itching skin lesions which aggravated during her menses. Histological findings showed a linear IgA dermatosis though no antibodies could be detected in the blood samples.
Linear IgA dermatosis or IgA-positive pemphigoid is a rare disease, commonly seen in children but also in adults. Most of the cases are idiopathic, but could also be caused by drugs like vancomycine. Dapsone is the commonly used drug in the treatment of the disease.
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Einführung
Blasenbildende Dermatosen sind für den Dermatologen bei Patienten im jüngeren Alter noch immer keine häufige und insbesondere nicht immer eine Blickdiagnose. Die lineare IgA-Dermatose ist eine seltene Erkrankung, die jedoch die häufigste bullöse Autoimmunerkrankung des Kindesalters darstellt.
Der vorliegende Fall beschreibt das Auftreten einer linearen IgA-Dermatose bei einem 15-jährigen Mädchen, bei welchem sich die Hautveränderungen stets während der Menses verschlechterten. Dapson, welches insbesondere auch beim bullösen Pemphigoid eine Art Renaissance erlebt, führte zu einer schnellen und deutlichen Besserung.
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Anamnese
Die sehr stark juckenden (VAS 7/10) kleinen Bläschen seien zuerst an den Armen aufgetreten und hätten sich dann über den ganzen Körper verteilt. Die bisherige ambulante Therapie bestand aus rückfettenden Externa und systemischen Antihistaminika.
Die Anamnese war insbesondere in Bezug auf Allergien oder Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis leer, regelmäßige Medikamenteneinnahme wurde verneint.
Die Familienanamnese war bis auf eine Psoriasis der Großmutter unauffällig. Erwähnenswert ist die deutliche und auch bilddokumentierte Verschlechterung der Beschwerden während der Menstruation.
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Klinische Befunde
Bei der Aufnahmeuntersuchung zeigten sich am gesamten Integument disseminierte, 2 – 4 mm große, synchrone, polymorphe Hauterscheinungen mit Bläschen, Urtikae, Papeln, verkrusteten Erosionen, Exkoriationen und vereinzelten Narben ([Abb. 1] und [Abb. 2]). Die Schleimhäute waren frei.
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Laborparameter
Das Routinelabor war bis auf eine diskrete Erhöhung des Gesamt-IgE von 174 IU/l (normwertig < 113 IU/l) unauffällig.
Die indirekte Immunfluoreszenz zeigte sich negativ für zöliakiespezifische Autoantikörper (tTransglutaminase-IgA- und IgG-AK [FEIA]) und ebenfalls negativ für Anti-BP-180 und -BP-230-AK (IFT).
Die direkte Immunfluoreszenz zeigte IgA-Ablagerungen an der Basalmembran und war zusätzlich positiv für IgG und C3.
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Histologischer Befund
An der Oberfläche zeigt sich orthohyperkeratotisch, diskret parakeratotisch verhornendes Plattenepithel mit scharfer basaler Begrenzung. In zentralen Anteilen eine subepidermale Blasenbildung und Entzündungszellinfiltrate sowohl im oberen Korium als auch intraluminal von Neutrophilen und Eosinophilen. Keine PAS-positiven Pilzhyphen ([Abb. 3] und [Abb. 4]).
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Therapie und Verlauf
In der Zusammenschau des klinischen Bildes und der Ergebnisse der histologischen sowie immunhistochemischen Aufarbeitung besteht trotz der negativen Autoantikörper-Konstellation eine lineare IgA-Dermatose.
Wir leiteten eine systemische Therapie mit Prednisolon beginnend mit 60 mg (entsprechend 1 mg/ kg/KG) in absteigender Dosierung per os unter Magenschutz mit Pantoprazol 20 mg 1 × tgl. ein. Zur Kortikoidreduktion verabreichten wir zusätzlich eine systemische Therapie mit Dapson, initial 25 mg 3 × tgl., welches im Verlauf auf 50 mg 2 × tgl. (unter Monitoring der Hämolyseparameter sowie Met-Hb-Kontrolle) erhöht wurde.
Die Lokaltherapie erfolgte mit kortikoidhaltigen Externa in angepasster Wirkstärke, teils mit antiseptischem Zusatz.
Unter dieser Therapie kam es im Verlauf zu einer sehr raschen und deutlichen Befundbesserung mit komplettem Sistieren der Blasenbildung sowie Abklingen des Juckreizes (VAS 0/10) ([Abb. 5]).
Bei der linearen IgA-Dermatose, auch IgA-positives bullöses Pemphigoid genannt, handelt es sich um eine sehr seltene Erkrankung, die v. a. bei Frauen und Kindern auftritt. Die Inzidenz beträgt in Mitteleuropa 0,2 – 0,5 Neuerkrankungen pro 1 Million Einwohner und Jahr. Erst 1979 wurde die lineare IgA-Dermatose von der Dermatitis herpetiformis abgegrenzt [2]. Es ist die häufigste bullöse Autoimmunerkrankung im Kindesalter. Man unterscheidet die lineare IgA-Dermatose des Kindes von der linearen IgA-Dermatose des Erwachsenen. Bei Kindern beginnt die Erkrankung meist vor dem 5. Lebensjahr, beim Erwachsenen kann sie von der Pubertät bis ins hohe Alter auftreten, am häufigsten aber jenseits des 60. Lebensjahrs.
Zumeist ist das Auftreten idiopathisch, jedoch kann es auch medikamenteninduziert sein. Die häufigsten genannten Medikamente sind Antibiotika, Antihypertensiva und nicht-steroidale Antiphlogistika. Von allen genannten Gruppen soll Vancomycin der häufigste Auslöser sein [4].
Darüber hinaus wurden Assoziationen mit systemischem Lupus erythematodes [10], lymphoproliferativen Erkrankungen [8] [9], Infektionen [11] [12] und Colitis ulcerosa [7] berichtet [13]. Prädilektionsstellen der Erkrankung sind das Kapillitium, das Gesicht und die Anogenitalregion. Daneben sind auch häufig Stamm und Extremitäten sowie insbesondere die Augen betroffen.
Zunächst finden sich meist stark juckende, elevierte Erytheme. Hier, aber auch in zuvor gesunder Haut, kommt es zu prallen Bläschen und Blasen, die mit klarer, selten hämorrhagischer Flüssigkeit gefüllt sind. Sie können anulär, herpetiform oder „juwelenartig“ angeordnet sein.
Schleimhautbeteiligung ist häufig (etwa 80 % der Fälle) und bei der adulten Form meist stärker ausgeprägt. Bei Beteiligung der Konjunktiven kann es wie beim Schleimhautpemphigoid zu Vernarbungen bis hin zur Erblindung kommen [1] [2] [3].
Die Zielantigene des IgA befinden sich an der Basalmembran, genauer an der Lamina lucida oder im Bereich der Sublamina densa-Zone.
Einige Antigene wurden identifiziert, darunter Kollagen VII, BP230 und BP180. Die meisten Patienten entwickeln Antikörper, die gegen LABD-97- (97 kDa) und LAD-1- (120 kDa) Subdomänen gerichtet sind. Dies sind extrazelluläre Anteile von BP180, ein Transmembran-Glykoprotein, welches die Hemidesmosomen der Keratinozyten der Basalschicht bildet [3] [6] und daher die Spaltbildung häufig im Bereich der Lamina lucida entstehen lässt.
Die histopathologische Untersuchung ist nicht spezifisch für die Erkrankung und zeigt subepidermale Blasen mit typischerweise eher neutrophilem Infiltrat und gelegentlichen Eosinophilen und Lymphozyten. Mikroabszesse in den dermalen Papillen können auftreten [14]. Die direkte Immunfluoreszenz ist zur weiteren Diagnostik empfehlenswert und zeigt eine lineare und homogene Abscheidung von IgA an der Basalmembran. Die Detektion von IgG und/oder C3 erfolgt gelegentlich [14] [15].
Die indirekte Immunfluoreszenz, die verwendet wird, um zirkulierende Antikörper zu detektieren, kann bei Verwendung eines Anti-IgA-Antiserums in 7 – 30 % der Fälle positiv sein [15].
Im Salt-Split-Verfahren zeigt sich im Allgemeinen die Fluoreszenz an der epidermalen Seite der induzierten Blase, da die meisten Antikörper gegen BP180-Antigene gerichtet sind, die sich an der Lamina lucida befinden [15].
Die Behandlung der LABD variiert mit dem Grad der Beteiligung und Identifizierung von möglichen Auslösefaktoren. Das Medikament der ersten Wahl für die Behandlung stellt auch heute noch Dapson dar, wobei im akuten Schub die Anwendung von Glukokortikoiden meist unverzichtbar ist. Andere genannte Medikamente sind Sulfonamide, Mycophenolat-Mofetil, Azathioprin, Methotrexat und Ciclosporin. Ähnlich wie beim bullösen Pemphigoid gibt es Berichte über den Einsatz von Antibiotika wie Doxycyclin und Erythromycin [1] [2] [3] [5] [6] [13].
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Interessenkonflikt
Dr. Heronimus: Beratertätigkeiten/Reisekostenzuschüsse von Novartis, MSD, BMS, Roche, Pfizer und AbbVie.
Danksagung
Wir danken Herrn F. Dietrich, Chefarzt der Pathologie am LSK Hoyerswerda, für die freundliche Bereitstellung der histologischen Bilder.
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Literatur
- 1 Schmidt E, Zillikens D. Diagnostik und Therapie bullöser Autoimmundermatosen. Dtsch Arztebl 2011; 108: 399-405
- 2 Guide SV, Marinkovich MP. Linear IgA bullous dermatosis. Clin Dermatol 2001; 19: 719-727
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- 4 Palmer RA, Ogg G, Allen J. et al. Vancomycin-induced linear Ig A disease with autoantibodies to BP 180 and LAD 285. Br J Dermatol 2001; 145: 816-820
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- 6 Passos L, Rabelo RF, Matsuo C. et al. Linear IgA/IgG bullous dermatosis: Successful treatment with dapsone and mycophenolate mofetil. An Bras Dermatol 2011; 86: 747-750
- 7 Taniguchi T, Maejima H, Saito N. et al. Case of linear IgA bullous dermatosis-involved ulcerative colitis. Inflamm Bowel Dis 2009; 15: 1284-1285
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- 9 Jouan N, Plantin P, Berthou C. et al. Association of IgA linear dermatitis and non-Hogkin’s malignant lymphoma. Rev Med Interne 1992; 13: 153-155
- 10 Tobón GJ, Toro CE, Bravo JC. et al. Linear IgA bullous dermatosis associated with systemic lupus erythematosus: a case report. Clin Rheumatol 2008; 27: 391-393
- 11 Baldari U, Raccagni AA, Celli B. et al. Chronic bullous disease of childhood following Epstein-Barr virus seroconversion: a case report. Clin Exp Dermatol 1996; 21: 123-126
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- 13 Chen S, Mattei P, Fischer M. et al. Linear IgA Bullous Dermatosis. Eplasty 2013; 13: ic 49
- 14 Morrison LH. Direct immunofluorescence microscopy in the diagnosis of autoimmune bullous dermatoses. Clin Dermatol 2001; 19: 607-613
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Korrespondenzadresse
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