Pneumologie 2018; 72(02): 95-96
DOI: 10.1055/s-0043-124810
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intraoperative lungenprotektive Beatmung bessert nicht postoperative Spirometrie

Treschan TA. et al.
Ventilation with high versus low peep levels during general anaesthesia for open abdominal surgery does not affect postoperative spirometry: A randomised clinical trial.

Eur J Anaesthesiol 2017;
34: 534-543
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Publication Date:
20 February 2018 (online)

 

    Die maschinelle Beatmung während operativer Eingriffe, vor allem bei Abdominaleingriffen, führt typischerweise zu Atelektasen und reduzierten Lungenvolumina. Problematisch ist dabei das Anhalten dieser Veränderungen in die postoperative Phase hinein: Sie erschweren die Erholung der Lungenfunktion nach der Operation und können zu pulmonalen Komplikationen prädestinieren. Kann eine sog. lungenprotektive Beatmung diese Komplikationen verhindern?


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    Das hat die randomisierte klinische Studie PROVHILO untersucht (PROtective Ventilation using HIgh versus LOw PEEP) und keinen Unterschied zwischen einer lungenprotektiven und einer Standardbeatmung gefunden. In einer vorab geplanten Substudie haben Treschan et al. darüber hinaus den Einfluss der Beatmungseinstellungen auf die Ergebnisse postoperativer spirometrischer Untersuchungen geprüft.

    In diese Auswertung gingen insgesamt 57 Patienten der Universitätsklinik Düsseldorf ein, bei denen zwischen November 2011 und Januar 2013 ein elektiver abdominalchirurgischer Eingriff in Allgemeinanästhesie erfolgt war. Die Einschlusskriterien entsprachen denen der Hauptstudie und umfassten u. a. ein erhöhtes Risiko für postoperative pulmonale Komplikationen gemäß dem ARISCAT-Score (Assess Respiratory Risk in Surgical Patients in Catalonia) und einen Body-Mass-Index ≤ 40 kg/m2. Sie waren nach dem Zufallsprinzip 1 von 2 Gruppen zugewiesen worden:

    • intraoperative Beatmung mit einem PEEP (positive endexpiratory pressure) von 12cmH2O und regelmäßigen Rekrutierungsmanövern (nach der Intubation, vor der Extubation und bei jeder akzidentellen Trennung vom Beatmungsgerät) (Gruppe 1; n = 27) oder

    • intraoperative Beatmung mit einem PEEP von < 2cmH2O und ohne Rekrutierungsmanöver (Gruppe 2; n = 30).

    Das Hubvolumen betrug in beiden Gruppen 8 ml/kg Körpergewicht, die inspiratorische Sauerstoffkonzentration ≥ 40 % zur Aufrechterhaltung einer pulsoximetrischen Sättigung von ≥ 92 %. Die Atemfrequenz wurde so gewählt, dass ein endtidaler CO2-Partialdruck zwischen 35 und 45 mmHg gewährleistet war, mit einem Verhältnis von Inspirationsdauer zu Exspirationsdauer von 1:2. Als primären Endpunkt beurteilten die Mediziner die postoperativen zeitlich gewichteten Mittelwerte der forcierten 1-Sekunden-Kapazität (FEV1) und der forcierten Vitalkapazität bis Tag 5 nach dem Eingriff.

    Die Auswertung ergab in beiden Gruppe

    • eine deutliche Verminderung von FEV1 und FVC im Vergleich zu den präoperativen Werten (um ca. 50 %), aber

    • keine Unterschiede zwischen den Gruppen in Abhängigkeit von den Beatmungsparametern, mit

      • einer FEV1 von 1,2 l sowohl in Gruppe 1 als auch in Gruppe 2 und

      • einer FVC von 1,8 l in Gruppe 1 und von 1,7 l in Gruppe 2.

    Ein erheblicher Anteil der Patienten (42%; n = 24) entwickelte postoperativ pulmonale Komplikationen, die Rate entsprach etwa der der Gesamtstudie. Eine Post-hoc-Analyse zeigte dabei Unterschiede zwischen den postoperativen spirometrischen Ergebnissen: Sowohl FVC als auch FEV1 lagen bei Patienten mit pulmonalen Komplikationen um ca. 30 % niedriger als bei den Patienten mit unauffälligem Verlauf.

    Fazit

    Die intraoperative Beatmung mit hohem PEEP und geplanten Rekrutierungsmanövern beeinflusst anscheinend nicht die spirometrischen Ergebnisse unmittelbar postoperativ, so die Autoren. Die Ergebnisse waren jedoch – eigentlich wenig überraschend – schlechter bei Patienten mit pulmonalen Komplikationen. Aus technischen und praktischen Gründen werden postoperative spirometrische Untersuchungen derzeit nicht routinemäßig durchgeführt. Prospektive Untersuchungen dazu scheinen trotzdem sinnvoll.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim


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