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DOI: 10.1055/s-0043-125297
EEG-Anfallsmuster und Anfallssemiologie
EEG Seizure Pattern and Seizure SemiologyKorrespondenzadresse
Publication History
Publication Date:
06 February 2018 (online)
Zusammenfassung
Durch die digitale Technik hat sich das EEG-Video-Monitoring wesentlich verbessert und damit unser Wissen um die Assoziation typischer Anfallssemiologie mit typischen EEG-Anfallsmuster deutlich erweitert. Dies kommt einerseits der Differenzialdiagnose epileptischer Anfälle zu Gute und hat andererseits die Möglichkeiten der epilepsiechirurgischen Behandlung entscheidend verbessert.
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Abstract
Digital technology allows for simultaneous recording of EEG and video. EEG-video recordings have improved our knowledge of the association between epileptic seizures and EEG seizure patterns. This has had a major impact on the differential diagnosis of epileptic seizures and the options for epilepsy surgery.
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Einleitung
Die simultane Aufzeichnung epileptischer Anfälle mittels digitalem EEG und Video (EEG-Video-Monitoring) hat unser Wissen über epileptische Anfälle und Epilepsien erheblich erweitert. Vorher war die Elektroenzephalografie (EEG) auf interiktale Veränderungen ausgerichtet, die im Anfallsintervall typische Befunde erbrachte [1]. Anfälle wurden nur ausnahmsweise und zufällig aufgezeichnet. Die EEG-Video-Monitoring Befunde halfen bei der Differenzialdiagnose epileptischer Anfälle und ihrer Syndromzuordnung [2]. Die simultane Aufzeichnung epileptischer Anfälle mit EEG und Video hat die differenzialdiagnostische Abgrenzung insbesondere zu den häufigen Synkopen und dissoziativen Anfällen und die Möglichkeiten der chirurgischen Behandlung der Epilepsien deutlich verbessert [3]. Während früher im Wesentlichen Schläfenlappenresektionen durchgeführt wurden hat man zunehmend extratemporale Epilepsiesyndrome zu identifizieren gelernt und durch Operationen behandelt [4]. Die Verbesserung der bildgebenden Methoden wie Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) und nuklearmedizinische Verfahren hat hierzu ebenfalls wesentlich beigetragen [5].
Der diagnostische Nutzen des EEG wird höher, wenn das EEG unabhängig vom klinischen Anfall klassifiziert wird. Dadurch wird ein systematisches Vorgehen zur Bestimmung der epileptogenen Zone möglich [6]. Die durch die Anfallssemiologie und das EEG gewonnenen syndromorientierten bzw. lokalisatorischen Informationen müssen voneinander unabhängig bewertet werden, sonst sind sie z.B. für die epilepsiechirurgische Planung nicht verwertbar [2] [7].
Im Folgenden werden die typischen EEG-Anfallsmuster bei den häufigsten Anfallsformen besprochen. Auf die speziellen EEG-Muster im Status epilepticus wird in dieser Übersicht nicht eingegangen.
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EEG-Anfallsmuster und Anfallssemiologie
EEG-Video-Monitoring
Die Aufzeichnung von epileptischen Anfällen mit EEG-Anfallsmuster und typischen Verhaltensänderungen im Video beweist eine Epilepsie. Sie bietet zudem diagnostische Informationen zur Bestimmung des Epilepsie-Syndroms ([Tab. 1]). Simultane Anfallsaufzeichnungen mittels EEG und Video dienen 2 Zielen:
EEG Anfallsmuster |
Anfallsform |
Epilepsie-Syndrom |
---|---|---|
Generalisierte 3–4 Hz Spike-Wave-Komplexe |
Dialeptischer Anfall |
Absence-Epilepsie |
>4 Hz (irreguläre) generalisierte Spike-Wave-Komplexe und Polyspikes |
Generalisierter myoklonischer Anfall |
Juvenile myoklonische Epilepsie |
Generalisierte 3–4 Hz Spike-Wave-Komplexe |
Dialeptischer Anfall |
Juvenile myoklonische Epilepsie |
Generalisierte Slow-Spike-Wave-Komplexe |
Dialeptischer Anfall |
Lennox-Gastaut-Syndrom |
Generalisierte schnelle Aktivität |
Generalisierter tonischer Anfall |
Lennox-Gastaut-Syndrom |
Paoxysmale Abflachung bei Hypsarrhythmie |
Infantiler Spasmus |
West-Syndrom |
Rhythmische temporale Aktivität mit Evolution in Frequenz und Amplitude |
Automotorischer Anfall |
Mesiale Temporallappen-Epilepsie |
Rythmische extratemporale Aktivität mit Evolution in Amplitude und Frequenz |
Fokale Anfälle |
Extratemporale Epilepsien |
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der differenzialdiagnostischen Unterscheidung epileptischer Syndrome und ihrer Abgrenzung zu nicht-epileptischen Syndromen, wie Synkopen, paroxysmalen Bewegungsstörungen und dissoziativen Anfällen [1] [8] [9]
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der Frage, ob eine epilepsiechirurgische Behandlung bei Patienten mit pharmakoresistenten Epilepsien in Frage kommt [4]
Während des EEG-Video-Monitorings muss eine Überwachung der Patienten gewährleistet sein.
EEG-Video-Monitoring erfolgt im stationären Rahmen über mehrere Tage und Nächte. Die antiepileptische Medikation wird typischerweise reduziert oder abgesetzt, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Anfälle aufzeichnen zu können. Eine enge „rund-um-die-Uhr“ Überwachung des Betroffenen durch geschultes Personal ist hierzu erforderlich, da anfallsassoziierte Verletzungen drohen. Zur Einschätzung der Bewusstseinslage und Prüfung verschiedener lokalisatorischer Informationen z.B. zur Hemisphäre des Anfallsursprunges muss eine systematische Testung der Kranken erfolgen [10]. Nur so kann z.B. eine peri-iktale Aphasie erkannt werden. Ohne Absetzen oder Reduktion der antiepileptischen Medikation kann auch im ambulanten Setting abgeleitet werden. Allerdings ist dies zeitlich und inhaltlich begrenzt, da wegen der zunehmender Artefakte durch austrocknendes Elektrodengel und wackelnde Elektroden in der Regel nur 24-Stunden abgeleitet werden. Typischerweise wird ambulant kein Video aufgezeichnet. Eine systematische Testung der Bewusstseinslage durch geschultes Personal ist ambulant nicht möglich. Die während epileptischer Anfälle aufgezeichneten EEG-Veränderungen werden EEG-Anfallsmuster genannt [11] [12] und folgen typischen Mustern ([Tab. 1]).
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EEG-Anfallsmuster bei generalisierten Epilepsien
Die Übergänge zwischen EEG-Veränderungen während eines Anfalls und im Anfallsintervall, d.h. im interiktalen Zustand, sind bei generalisierten epilepsietypischen EEG-Entladungen fließend ([Abb. 1]). Typischerweise ist die Reaktionsfähigkeit bei einer Dauer von Spike-Wave-Komplexe (SWK) über 3 Sekunden gestört [13]. Das erste klar definierte Anfallsmuster im EEG waren die generalisierten SWK bei den dialeptischen (Absence) Anfällen [7] der Patienten mit Absence-Epilepsien ([Abb. 2]) [14]. Die EEG-Anfallsmuster bei generalisierten Epilepsien ähneln oft den interiktalen epilepisetypischen Potenzialen, dauern nur länger. Mittels Reaktionszeitmessung während SWK kann die Reagibilität gemessen werden, was z.B. für die Einschätzung der Fahrtauglichkeit von großer Bedeutung ist [15]. Das EEG zeigt bei Absence-Epilepsien verläßlich Anfallsmuster, wenn klinische Anfälle auftreten. Die Patienten bemerken dialeptische Anfälle (Absencen) nicht unbedingt selbst.
Die Repetitionsfrequenz der SWK hat eine hohe Bedeutung: Eine Wiederholungsfrequenz unter 2,5 Hz spricht für dialeptische („atypische“ Absence-) Anfälle bei Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom ([Abb. 3]), während die Kinder mit Absence-Epilepsien eine Repetitionsfrequenz der SWK um 3 Hz und schneller aufweisen. Bei den Erwachsenen mit Absence-Epilepsien werden die SWK typischerweise unregelmäßiger und repetieren schneller (3–5 Hz).
Tonische Anfälle gehen oft mit paroxysmaler schneller Aktivität einher, wobei das EEG besonders abgeflacht erscheint, wenn die Grundaktivität durch hochamplitudige Verlangsamung geprägt ist ([Abb. 4]). Dies Muster findet man bei Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom oder mit bilateralen multifokalen Epilepsien.
Generalisierte myoklonische Anfälle sind meist mit kurzen Polyspikes assoziiert ([Abb. 5]). Dieses Muster sieht man bei Patienten mit juveniler myoklonischer Epilepsie, aber auch anderen Syndromen mit myoklonischen Anfällen wie z.B. Mitochondropathien. Hier ist der Grundrhythmus aber typischerweise durch eine langsam progrediente Enzephalopathie verlangsamt.
Generalisierte tonisch-klonische (konvulsive) Anfälle bei idiopathischen generalisierten Epilepsien beginnen im EEG entweder mit SWK ([Abb. 6a]) oder mit generalisierter paroxysmaler schneller Aktivität. Nach den SWK kommt es im generalisierten tonisch-klonischen Anfall zu generalisierter paroxysmaler schneller Aktivität ([Abb. 6b]), die später durch Muskelartfakte überdeckt wird ([Abb. 6c]). Danach kommt es zu einer generalisierten Abflachung ([Abb. 6d]).
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EEG-Anfallsmuster bei fokalen Epilepsien
Die EEG-Anfallsmuster bei fokalen Epilepsien sind anders, als die interiktalen epilepsietypischen Potenziale. Die Evolution der Frequenz und Amplitude sowie eine Ausbreitung über das Hirn sind die Charakteristika der fokalen EEG-Anfallsmuster [16].
Die Anfälle der Temporallappen-Epilepsien sind fast immer mit EEG-Anfallsmustern assoziiert, sofern das Bewusstsein verloren wird [17]. Das typische Muster sind repetitive Thetafrequenzen, die sich in Frequenz und Amplitude modulieren, d.h. schneller und höheramplitudig, aber auch wieder langsamer und niedrigamplitudiger werden können ([Abbs. 7] und [8]). Die Auren der Patienten mit Temporallappen-Epilepsien sind weniger verlässlich mit EEG-Anfallsmustern assoziiert. Nicht-invasive EEG-Video-Untersuchungen reichen in der Regel aus, um bei medikamentös resistenten Temporallappen-Epilepsie-Patienten anhand der elektro-klinischen Befunde und konsistenter MRT- neuropsychologischer Befunde eine vordere Temporallappen-Resektion zu empfehlen [18] [19]. Nur wenn sich Diskrepanzen zeigen, aber sich dennoch eine robuste Hypothese zur Lokalisation der epileptogenen Zone stellen läßt und eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine resektable epileptogene Zone besteht, wird man invasive Untersuchungen rechtfertigen können [1] [20].
Bei Frontallappen-Epilepsien sind die EEG-Anfallsmuster in der Regel im Vergleich zu den temporalen Epilepsien weniger gut lokalisiert, öfter nicht-lateralisiert oder durch Artefakte verdeckt [17]. Insbesondere die typischen bilateral tonischen und hypermotorischen Anfälle der Frontallappen-Epilepsien gehen oft mit so starken EMG und Bewegungsartefakten einher, dass die EEG-Anfallsmuster nicht differenziert bzw. lokalisiert werden können [1]. Rasche Ausbreitung des EEG-Anfallsmuster kann zu irrtümlicher Lokalisation führen ([Abb. 9]). Betafrequenzen, seltener langsamere Frequenzen, die sich in Frequenz und Amplitude entwickeln sind die typischen EEG-Anfallsmuster bei extratemporalen Epilepsien ([Abb. 10] und [11]). Selten gibt es bei fokalen Epilepsien Trigger, die die Anfälle regelhaft auslösen [21].
Das EEG-Anfallsmuster einer visuellen Aura bei Okzipitallappen-Epilepsie kann ungewöhnlich lange dauern, so dass ohne EEG-Aufzeichnung die Unterscheidung von einer visuellen Aura bei Migräne erschwert ist [22] [23]. Das okzipitale EEG-Anfallsmuster muß von einem pyhsiologischen okzipitalen Alpha-Grundrhythmus differenziert werden ([Abb. 12]).
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Interessenkonflikt
Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
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Korrespondenzadresse
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Literatur
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