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DOI: 10.1055/s-0043-1770375
Residuale Venenokklusion nach längerer Antikoagulanzien-Therapie nicht mit erneuten venösen Thromboembolien assoziiert
Residual Venous Obstruction as an Indicator of Clinical Outcomes following Deep Vein Thrombosis: A Management Study.
Thromb Haemost 2023;
DOI: 10.1055/a-2059-4737
Eine residuale Venenokklusion (RVO) gilt als Risikofaktor für ein erneutes Auftreten und möglicherweise auch für andere klinische Ereignisse nach einer tiefen Venenthrombose (TVT). Die aktuellen Leitlinien unterstützen eine auf die RVO abgestimmte Dauer der Antikoagulanzien-Therapie nicht. Aktuelle Daten zu solchen Behandlungsstrategien sind kaum vorhanden.
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Die klinische Versorgung der TVT zielt hauptsächlich auf die Verringerung des Rezidivrisikos ab und basiert in erster Linie auf einer Antikoagulanzien-Therapie. Antikoagulanzien sind zwar unbestreitbar wirksam bei der Verhinderung eines Rezidivs, doch die Notwendigkeit einer Verängerung der Ersttherapie über 3 Monate hinaus ist nach wie vor umstritten. Es sind alternative Strategien erforderlich, die es den Patienten ermöglichen, die Antikoagulanzien-Therapie nach einer maßgeschneiderten Dauer bei akzeptablen Rezidivraten zu beenden. Eine solche Stratifizierung könnte auf dem Vorhandensein einer RVO basieren, d. h. dem Verbleib von thrombotischem Material, das mehrere Monate nach einer TVT festgestellt wird. Die RVO wird mit einem signifikanten Rezidivrisiko in Verbindung gebracht und man geht davon aus, dass das Risiko durch eine verängerte Antikoagulanzien-Therapie gemindert wird.
Da es jedoch nur wenige Daten über die Anwendbarkeit und Wirksamkeit einer maßgeschneiderten Therapiedauer auf der Grundlage der RVO in der klinischen Praxis gibt, testen niederändische und deutsche Ärzte in einer aktuellen Studie nun eine solche Behandlungsstrategie und untersuchten den Zusammenhang zwischen RVO und Rezidiv, postthrombotischem Syndrom, arteriellen Ereignissen und Krebs.
Patienten mit symptomatischer, proximaler TVT wurden im Rahmen eines zweijährigen klinischen Behandlungspfads (CCP) am Maastricht University Medical Center behandelt und bis zu 5 Jahre nachbeobachtet. Die normale Antikoagulanzien-Therapie betrug 3 Monate bei provozierter und 6 Monate bei unprovozierter TVT. Das Vorliegen einer RVO wurde 1 Woche vor Beendigung der reguären Therapie beurteilt und bei positivem Nachweis die Antikoagulation auf das Doppelte der reguären Dauer verängert (d. h. 6 bzw. 12 Monate). D-Dimere wurden 1 Monat nach Absetzen der Antikoagulanzien gemessen und bei hohen Werten (500 ng/ml) die Möglichkeit einer unbegrenzten Wiederaufnahme der Antikoagulanzien mit den Patienten besprochen
Von den insgesamt 825 Patienten schlossen 804 Patienten den CCP ab und 755 standen für eine ängere Nachuntersuchung zur Verfügung. Patienten mit hohem Rezidivrisiko (N = 194) erhielten eine dauerhafte Antikoagulanzien-Therapie. Von den restlichen Patienten konnten die meisten (76,5%) die gerinnungshemmende Therapie wieder absetzen.
Die durchschnittliche Dauer der Antikoagulanzien-Therapie betrug 4,2 Monate bei Patienten mit provozierter TVT ohne RVO (68,9%), 6,6 Monate bei provozierter DVT mit RVO (31,1%) und 6,4 Monate bei unprovozierter DVT ohne RVO (60%), 11,9 Monate bei unprovozierter DVT mit RVO (40%). Einen Monat nach der maßgeschneiderten Antikoagulanzien-Therapie setzten nur 3,4% der Patienten die Antikoagulanzien-Therapie aufgrund einer hohen D-Dimer Konzentration auf unbestimmte Zeit fort.
Die Inzidenzrate für ein Rezidiv betrug 4,4 pro 100 Patientenjahre. Bei Patienten mit unprovozierter TVT war die Rezidivrate für eine venöses Thromboembolie (VTE) dreimal so hoch wie bei Patienten mit provozierter TVT.
Die Inzidenzraten für das postthrombotische Syndrom (PTS), arterielle Ereignisse und Krebs betrugen 11,9, 1,7 bzw. 1,8 pro 100 Patientenjahre.
Eine RVO lag bei 318 von 780 Patienten (40,8%) vor. Die Prävalenz stieg von Patienten mit provozierter TVT zu Patienten mit unprovozierter TVT und war bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko am höchsten. Patienten mit RVO hatten ein mehr als 1,5- bzw. 2-fach erhöhtes Risiko für PTS und arterielle Ereignisse, aber es wurde kein Zusammenhang mit rezidivierenden VTEs oder Krebs festgestellt.
Hohe D-Dimer-Werte fanden sich bei 279 Patienten (45,1%), wobei die niedrigste Prävalenz bei „provozierten“ Patienten ohne RVO und die höchste bei „unprovozierten“ Patienten unabhängig von einer RVO zu verzeichnen war. Hohe D-Dimere waren mit einem 3,5-fach erhöhten Risiko für rezidivierende VTE verbunden, nicht jedoch mit anderen klinischen Ergebnissen.
Mit der RVO-basierten Behandlungsstrategie war es einem hohen Prozentsatz an Patienten möglich, die Antikoagulation abzusetzen. Die Gesamtrezidivrate für venöse Thromboembolien betrug 4,4 pro 100 Patientenjahre. Da es einen Zusammenhang zwischen RVO und PTS sowie arteriellen Ereignissen gab, scheint eine auf die RVO zugeschnittene Prävention von PTS und ein verstärktes kardiovaskuäres Risikomanagement bei Patienten mit RVO sinnvoll. RVO war nicht mit rezidivierenden VTE assoziiert, was auf eine unabhängige pathogene Verbindung von RVO mit PTS und arteriellen Ereignissen hindeutet.
Dr. Michaela Bitzer, Tübingen
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Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
20. Juni 2023
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