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DOI: 10.1055/s-0043-1774695
Definition „Adverser Events“ der schweren frühen Präeklampsie: Einigung auf Entbindungsindikatoren im Delphi-Konsensus
Einleitung Die Prolongation einer Schwangerschaft ist ein wichtiges Ziel bei früher (early-onset) Präeklampsie. Erfahrungsgemäß werden die Indikationen zur Entbindung jedoch vom Behandlungsteam sehr nach eigenem Ermessen und subjektiver Einschätzung des Erkrankungszustands und des Risikos für weitere ungünstige Ereignisse bestimmt. Obwohl häufig als Surrogat-Endpunkt genutzt, lässt dies „die Entbindung“ zu keinem guten „primary Outcome“ in klinischen Studien machen. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, ein Punktesystem zur Einstufung des Schweregrads einer early-onset Präeklampsie anhand von möglichen Entbindungskriterien zu entwickeln, um so ein objektiveres Bewertungsschema für zukünftige klinische Studien zu haben.
Material und Methodik Es wurde ein Fragebogen mit 4 Kategorien (i bis iv) und 49 Items entwickelt: (i) 19 kardinalskalierte klinische Parameter (z.B. Laborparameter, Blutdruck), (ii) 9 nominalskalierte klinische Befunde (z.B. Lungenödem, Pleuraerguss, Hyperreflexie, Eklampsie, vaginale Blutungen), (iii) 12 nominalskalierte Fragen zu subjektiven klinischen Symptomen der Patientin (z.B. Dyspnoe, Kopfschmerzen, Sehstörungen), (iv) 9 nominalskalierte Fragen zum fetalen Wohlbefinden (nach FGR-Leitlinie). Der Fragebogen wurde an 69 Experten ausgegeben. Von diesen nahmen 52 an einem Delphi-Konsensverfahren teil. In einer letzten Runde wurden vorgegebene Kriterien in Bezug auf die Notwendigkeit einer Entbindung anhand einer 5-Punkte-Likert-Skala (0 bis 4) bewertet. Der Konsens wurde bei einer Übereinstimmung von > 70% erreicht.
Ergebnisse 26 Parameter wurden als sehr relevant eingestuft (Likert-Score 3 oder 4), 14 Parameter wurden als relevant eingestuft (Likert-Score 1 oder 2), und 12 Parameter wurden als nicht relevant für die Entbindung eingestuft. Bei 3 Parametern konnte kein Konsens erzielt werden. Parameter mit eindeutiger Entbindungsindikation (Likert-Score 4) sind:
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Blutdruck von mehr als 220/140 mmHg,
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kardiale Ereignisse jeglicher Art,
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Somnolenz,
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Eklampsie,
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Kopfschmerzen mit struktureller Hirnschädigung,
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Pleuraerguss,
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Lungenödem,
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Netzhautablösung,
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Thrombozytenzahl <50G,
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Leberhämatom,
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DIC,
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akutes Leberversagen mit gestörter Gerinnung und
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vaginale Blutungen bei abruptio placentae.
Zusammenfassung Das hier entwickelte Scoring-System kann als Instrument zur Unterscheidung zwischen leichter und schwerer Präeklampsie dienen und zukünftig bei klinischen Studien eine Endpunktdefinition bieten. Eine Validierung in einer prospektiven Kohorte ist geplant.
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
02. Oktober 2023
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