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DOI: 10.1055/s-0044-101415
Vom Verdacht bis zur Meldung
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
23 February 2018 (online)
- Summary
- Große Frage: Darf ich das behandeln oder nicht?
- Ich darf nicht behandeln! Wie gehe ich weiter vor?
- Melden ist (fast immer) Pflicht
Summary
Der § 24 IfSG bestimmt, welche Krankheiten der Heilpraktiker nicht behandeln darf. Darunter fallen unter anderem sexuell übertragbare Erkrankungen. Den Verdacht auf namentlich meldepflichtige Erkrankungen gemäß § 6 Abs. 1 IfSG muss der Heilpraktiker binnen 24 Stunden dem zuständigen Gesundheitsamt melden. A und O bei jedem Verdacht ist situationsangepasstes Handeln: von Erster Hilfe und Aufklärung über Hygiene und Meldung bis zur Dokumentation.
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Keywords
Infektionsschutzgesetz - IfSG - Behandlungsverbot - Infektionskrankheiten - Meldung - Meldepflicht - Dokumentation - Aufklärungspflicht - Sorgfaltspflicht - Hygieneplan - Hygiene - Gesundheitsamt - Robert-Koch-Institut - Erste HilfeSie hegen bei einem Patienten den Verdacht auf eine Erkrankung mit BEHANDLUNGSVEBOT für Heilpraktiker. Wie gehen Sie weiter vor?
Elvira Bierbach
STELLEN SIE SICH folgende Situation vor: Eine Patientin kommt in Ihre Praxis. Sie ist bleich, klagt über Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Weil sie am nächsten Tag einen wichtigen Termin hat, bittet die Patientin Sie, ihr ein Mittel zu verschreiben. Am liebsten ein homöopathisches, denn damit hat sie bisher gute Erfahrungen gemacht. Woran denken Sie als erstes? An Nux vomica? Vielleicht doch eher an Ipecacuanha oder Camphora? Sicher nicht. Denn bei den beschriebenen Symptomen werden Sie sich zunächst ganz andere Fragen stellen:
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Handelt es sich um einen Notfall?
Braucht meine Patientin Erste Hilfe? Sie beobachten die Patientin aufmerksam, achten auf Hinweise einer instabilen Kreislaufsituation, messen je nach Augenschein auch sofort Blutdruck und Puls – und klären die zweite wichtige Frage:
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Hat die Patientin womöglich eine Erkrankung, die ich nach dem Infektionsschutzgesetz nicht behandeln darf?
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) klärt unter anderem, welche Erkrankungen der Heilpraktiker nicht behandeln darf. Das Behandlungsverbot bestimmt der § 24 IfSG für:
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namentlich meldepflichtige Erkrankungen nach § 6 Abs. 1, 2 und 5 IfSG, zum Beispiel Masern, Windpocken und – unter bestimmten Voraussetzungen – auch mikrobielle Lebensvergiftung oder infektiöse Gastroenteritis
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Erkrankungen, vor denen Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 34 Abs. 1 geschützt werden müssen, zum Beispiel Skabies
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Infektionskrankheiten, die durch im § 7 IfSG aufgezählte Erreger übertragen werden, zum Beispiel Hepatitis-Virus, Rotavirus
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sexuell übertragbare Erkrankungen, zum Beispiel Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae oder Candida albicans (Infektion des Genitaltrakts). Wichtig ist der Wortlaut „sexuell übertragbar“. Es handelt sich demnach um Krankheiten, die potenziell sexuell übertragen werden können. Sie müssen nicht zwingend sexuell übertragen worden sein.
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alle noch nicht im Infektionsschutzgesetz genannten Erkrankungen, die zukünftig aufgrund des § 15 Abs. 1 IfSG in die Meldepflicht mit aufgenommen werden
Große Frage: Darf ich das behandeln oder nicht?
Es gilt, schnell und zuverlässig einzuschätzen, ob für Sie als Heilpraktiker ein Behandlungsverbot besteht (siehe Kasten). Bei den beschriebenen Symptomen drängt sich der Verdacht auf eine mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftung oder eine akute infektiöse Gastroenteritis auf. Diese Erkrankungen sind in § 6 Abs.1 (2) aufgeführt. Der Heilpraktiker muss diese Erkrankung melden,
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wenn zwei oder mehrere Personen erkrankt sind (anamnestische Frage: „Haben noch andere Personen in Ihrer Umgebung diese oder ähnliche Symptome?“) und / oder
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der Patient eine in § 42 Abs. 1 beschriebene Tätigkeit ausübt. Das heißt, er kommt mit Lebensmitteln in Berührung (anamnestische Frage: „Haben Sie beruflich mit Lebensmitteln zu tun?“).
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Der § 24 IfSG bestimmt, welche Krankheiten der Heilpraktiker nicht behandeln darf. Darunter fallen unter anderem sexuell übertragbare Erkrankungen.
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Den Verdacht auf namentlich meldepflichtige Erkrankungen gemäß § 6 Abs. 1 IfSG muss der Heilpraktiker binnen 24 Stunden dem zuständigen Gesundheitsamt melden.
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A und O bei jedem Verdacht ist situationsangepasstes Handeln: von Erster Hilfe und Aufklärung über Hygiene und Meldung bis zur Dokumentation.
Durchfall und Erbrechen können allerdings auch Symptome beispielsweise eines Reizdarmsyndroms oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit beziehungsweise -allergie sein. In diesem Fall dürfen Heilpraktiker selbstverständlich behandeln. Inwieweit dies bei der Patientin aus dem geschilderten Fall zutrifft, ist nun herauszufinden durch eine solide Anamnese (zum Beispiel: Begleitsymptome? Fieber? Nahrungsmittel der letzten Tage?) und klinische Untersuchung (beispielsweise Fieber- und Blutdruckmessung, Auskultation und Palpation des Bauchraums). Wenn sich keine entsprechenden Hinweise finden, löst sich vielleicht der Verdacht auf eine IfSG-Erkrankung in Luft auf.
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Ich darf nicht behandeln! Wie gehe ich weiter vor?
Besteht eine Meldepflicht (egal für wen!) nach IfSG, ist die Behandlung für den Heilpraktiker verboten. Behandlungsverbot bedeutet jedoch nicht, dass Sie die Untersuchung augenblicklich abbrechen müssen, sobald Sie den Verdacht auf eine IfSG-Erkrankung haben. Eine allgemeine klinische Untersuchung ist nach den Gesetzeskommentatoren Bales / Baumann nicht verboten. Ausdrücklich verboten ist jedoch die Veranlassung beziehungsweise Durchführung eines Labornachweises. Das Infektionsschutzgesetz deutet bereits eine gezielte Diagnostik (zum Beispiel Blutentnahme für den Antikörpernachweis, Abstrich für eine bakteriologische Untersuchung) als Behandlung.
Merke: Das Infektionsschutzgesetz macht keinen Unterschied zwischen gezielter Untersuchung und Behandlung. Beides ist Heilpraktikern nicht gestattet.
Man könnte argumentieren, dass die mikrobielle Gastroenteritis einer Informatikerin, die als einzige im Umfeld erkrankt ist, doch gar nicht meldepflichtig sei und deshalb auch nicht dem Behandlungsverbot unterläge. Somit sei auch die Behandlung dieser konkreten Patientin erlaubt. Im Zweifelsfall (und erst recht im Schadensfall und vor Gericht) ist jedoch der vermutete Gesetzeswille der Wegweiser, und dieser wird kaum in der Behandlung hochinfektiöser Erkrankungen durch Heilpraktiker liegen. Deshalb raten Juristen von solchen Gratwanderungen dringend ab.
Außerdem sind im § 7 IfSG zahlreiche Erreger (zum Beispiel enterohämorrhagische Stämme des E. coli, Norwalk-ähnliches Virus, Rotavirus) aufgelistet, die infrage kommen könnten – wodurch wiederum definitiv Behandlungsverbot besteht.
Sie entscheiden sich somit, die Patientin nicht zu behandeln, sondern zunächst zum Arzt zu schicken, um eine meldepflichtige Infektionserkrankung ausschließen zu lassen.
Situationsangepasst ist das Zauberwort
Sie müssen stets sowohl nach juristischen als auch medizinischen und infektionshygienischen Aspekten einwandfrei vorgehen – und zwar situationsangepasst. Eine Patientin, die gerade vor Ihnen kollabiert, werden Sie notfallmäßig versorgen und ihr nicht peinlich genau das Infektionsschutzgesetz erklären. Eine Mutter mit ihrem an Masern erkrankten Kind schicken Sie zum Arzt. Aber nicht, bevor
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Sie sie nicht ausdrücklich über mögliche Komplikationen und die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung aufgeklärt haben.
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Sie dafür Sorge getragen haben, dass die Arztpraxis über die Ankunft eines infektiösen Kindes Bescheid weiß. Entweder gibt die Mutter selbst Bescheid oder Sie übernehmen dies, nachdem die Mutter Sie von Ihrer Schweigepflicht befreit hat.
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Sie die Mutter bitten, das Kind auf direktem Wege und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt zu befördern.
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Nicht gleich wegschicken, sondern auch anschauen
Das Behandlungsverbot entbindet Sie nicht von Ihrer Sorgfaltspflicht. Vergewissern Sie sich, ob die Patientin wirklich eigenständig zum Arzt kann – und die Situation nicht instabil oder gar lebensbedrohlich ist. Das Behandlungs- und somit Untersuchungsverbot gilt zwar für die im Infektionsschutzgesetz aufgeführte Erkrankung. Untersuchung und Behandlung sind jedoch erlaubt, um einen Notfall zu identifizieren und adäquat zu reagieren.
Merke: Sie sind gemäß § 323c StGB verpflichtet, in einer lebensbedrohlichen Situation Erste Hilfe zu leisten.
Ist die Patientin zum Beispiel kreidebleich, zittrig und geschwächt? Gibt es Symptome einer Exsikkose? Bestehen außerdem Adrenalinzeichen wie Unruhe, Schweißausbruch, kalte Hände oder erweiterte Pupillen? In dem Fall müssen Sie den Blutdruck und Puls messen. Bei auffälligem Schockindex oder anderen Hinweisen auf einen (drohenden) Volumenmangelschock würden Sie
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einen Rettungs- oder Notarztwagen anfordern,
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die Patientin in eine sichere Lagerung bringen, ihre Beine zur Autotransfusion hochlagern,
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einen sicheren venösen Zugang legen und rasch mindestens 500 ml einer physiologischen Kochsalz- oder Elektrolytlösung infundieren.
Ist die Patientin bei klarem Bewusstsein und kann ohne erneuten Brechreiz trinken, können Sie ihr etwas zu trinken geben.
Diese Maßnahmen beziehen sich ausschließlich auf den Notfall – und sind somit erlaubt. Sie dürften der Patientin jedoch nicht zusätzlich Nux vomica verabreichen, um die Symptome der Grunderkrankung zu lindern.
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Behandlungsverbot entbindet nicht von Aufklärungspflicht
Gehen wir nun von einem Szenario ohne Notfall aus. Die Patientin weiß allerdings von zwei anderen erkrankten Personen und arbeitet auch im Lebensmittelgewerbe. Es besteht für Sie also definitiv Behandlungsverbot.
Sie kommen nun Ihrer Aufklärungspflicht nach und teilen der Patientin mit, dass Sie
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den Verdacht auf eine mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftung oder eine akute infektiöse Gastroenteritis haben.
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die Patientin nicht gezielt untersuchen oder behandeln dürfen.
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die Erkrankung dem Gesundheitsamt melden müssen.
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ihr dringendst raten, sich in ärztliche Behandlung zu begeben.
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Weitere Baustelle: Hygiene!
Die Patientin ist zu ihrem Hausarzt gegangen, vielleicht auch, um sich für die nächsten Tage krankschreiben zu lassen. Sie hat Ihre Praxis also verlassen. Nun sind Hygienemaßnahmen erforderlich. Auch hierbei gilt situationsangepasstes Handeln. Das heißt, dass die jeweilige Situation die Reihenfolge der nächsten Schritte bestimmt.
Zunächst einmal führen Sie – wie nach jedem Patientenkontakt – eine sorgfältige Händehygiene durch.
Als nächstes werden Sie alle Flächen desinfizierend reinigen, mit denen die Patientin wahrscheinlich in Berührung gekommen ist. Hat sie das WC benutzt, sich dort gegebenenfalls sogar übergeben, gilt besondere Wachsamkeit: Sie werden – um sich selbst vor erregerhaltigen Aerosolen zu schützen – einen Atemschutz anlegen. Bei der Desinfektion denken Sie nicht nur an die WC-Brille, sondern – wie in Ihrem Hygieneplan beschrieben und in Ihrer Praxis üblich – auch an den Türgriff, die Wassertaste und sämtliche Armaturen. Hierfür verwenden Sie ausschließlich die hierfür zugelassenen Flächendesinfektionsmittel (siehe DHZ 4/2013, S. 64). Eine Liegenauflage aus Papier wird sicher entsorgt. Einen Liegenbezug transportieren Sie als infektiöse Wäsche in einem geschlossenen Wäschesack, um ihn in einem (chemo-thermischen) Waschverfahren bei ≥ 60 °C zu reinigen.
Öffnen Sie die Fenster weit und lüften Sie die Räumlichkeiten. Viele Erreger werden auch über die Luft übertragen, zum Beispiel Windpocken, Röteln, Keuchhusten.
Tragen Sie bei den Hygienemaßnahmen zum Eigenschutz Handschuhe, gegebenenfalls extra Schutzkleidung (Einwegkittel). Nach diesen Maßnahmen ist es auch wichtig, die Berufskleidung zu wechseln. Sie wird ebenfalls als infektiöse Wäsche transportiert und gereinigt.
Merke: Immer Berufskleidung zum Wechseln in der Praxis haben.
Befinden sich zur gleichen Zeit andere Patienten in der Praxis? Diese dürfen selbstverständlich nicht das noch kontaminierte WC benutzen. Informieren Sie sie unter Wahrung der Schweigepflicht, wenn die Gefahr einer Infektion bestehen könnte. Das heißt, Sie teilen keine persönlichen Daten der Erkrankten mit. Erklären Sie den Patienten, dass sich womöglich eine Patientin mit einer mikrobiellen Gastroenteritis in der Praxis aufgehalten hat. Raten Sie Immungeschwächten und Schwangeren zu einem Arztbesuch. Bei anderen ansteckenden Erkrankungen wie Windpocken oder Röteln gilt das auch für Patienten ohne Impfschutz oder erworbene Immunität. Schützen Sie auf dieselbe Weise auch Ihre Mitarbeiter vor einer Infektion.
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Nicht vergessen: Dokumentieren!
Erledigt! Sie haben alle Hygienemaßnahmen getroffen. Doch noch können Sie die Füße nicht hochlegen. Sie kommen zunächst Ihrer Dokumentationspflicht gemäß § 630f BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nach. Sie dokumentieren alle in diesem Fall relevanten medizinischen, hygienischen und rechtlichen Gesichtspunkte in der Patientenakte. Falls Sie andere Patienten über die eventuelle Infektionsgefahr aufgeklärt haben, dokumentieren Sie dies in deren jeweiliger Patientenakte.
Doch damit nicht genug. Es empfiehlt sich, alle Maßnahmen der Desinfektion und der Aufklärung Dritter in Ihrem persönlichen Praxisordner oder Praxishandbuch zu dokumentieren, allerdings zur Wahrung der Verschwiegenheitspflicht ohne Nennung der Patientennamen. Stattdessen verwenden Sie zum Beispiel ein Namenskürzel. Beispiel: „Am 18.01.18 bei der für 10:30 Uhr bestellten Patientin K.O. die Verd.-Diagn. „Infekt. GE“ gestellt. Pat. arbeitet im Lebensmittelgewerbe. Hygienegerechte Aufbereitung der Praxis, Entsorgung kontaminierter Materialien. Um 17:35 Uhr habe ich den Verdacht dem Gesundheitsamt XY per E-Mail gemeldet (siehe Kopie der E-Mail anbei), Lesebestätigung angefordert und erhalten.“
Diese Dokumentation im Praxisordner oder -handbuch ist hilfreich bei eventuellen Nachfragen oder einer Kontrolle durch das Gesundheitsamt.
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Melden ist (fast immer) Pflicht
Im Infektionsschutzgesetz ist auch das Meldewesen verankert. Die §§ 6–15 IfSG regeln, welche Erkrankungen dem Gesundheitsamt gemeldet werden müssen. Das ist weder Schikane noch reine Bürokratie. Es geht darum, dass das zuständige Gesundheitsamt und die entsprechende Landesbehörde gezielt Schutzmaßnahmen einleiten können. Bei einem Norovirus-Ausbruch in einem Altersheim oder Krankenhaus zum Beispiel werden ganze Abteilungen infektionshygienisch vom Gesundheitsamt überwacht. Vielleicht erinnern Sie sich an die EHEC-Epidemie aus dem Jahr 2011, bei der 53 Menschen starben. Die Behörden zogen unter anderem verschiedene Lebensmittel aus dem Verkehr. Nach einem Legionellen-Ausbruch in Warstein im Jahr 2013 hat man Reisewarnungen ausgesprochen und eine Brauerei unter stärkste Kontrollen gestellt. Auch zahlreiche Grundrechte können zeitweise eingeschränkt werden, zum Beispiel die Versammlungsfreiheit: Beim Auftreten mehrerer Meningitis(verdachts-)fälle an einer Schule kann die Abiturfeier abgesagt werden. Solche Maßnahmen verhindern nicht nur, dass sich Infektionskrankheiten unkontrolliert ausbreiten können. Sie sichern zum Beispiel auch die Lebensmittel- und Trinkwasserqualität.
Die Patientin aus unserem Beispiel würde vom Gesundheitsamt kontaktiert, über notwendige medizinische und hygienische Maßnahmen aufgeklärt und gegebenenfalls einbestellt werden. Ihren Beruf im Lebensmittelgewerbe dürfte sie erst dann wieder ausüben, wenn das Gesundheitsamt dies nach Gesundheitsprüfung gestattet hat.
Was muss der Heilpraktiker melden?
Der Heilpraktiker muss alle Erkrankungen und Situationen melden, die in § 6 Abs. 1 IfSG gelistet sind. Die in Deutschland weitaus am häufigsten gemeldeten Erkrankungen sind die infektiösen Gastroenteritiden und bakteriellen Lebensmittelinfektionen. Weitere meldepflichtige Erkrankungen sind zum Beispiel Keuchhusten, Windpocken und Masern.
Achtung: Der Heilpraktiker muss die Erkrankung auch dann melden, wenn er davon ausgeht,
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dass sich der Patient deswegen bereits in einer ärztlichen Behandlung befindet oder in eine begeben wird.
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dass bereits eine Meldung erfolgt ist. Nur der schriftliche Nachweis einer ärztlichen Behandlung oder bereits erfolgten Meldung entbindet den Heilpraktiker von der Meldepflicht!
Das Meldewesen unterscheidet zwischen namentlichen und nichtnamentlichen Meldungen. Alle Erkrankungen, die der Heilpraktiker melden muss (§ 6 Abs. 1 IfSG), sind namentlich zu melden, also unter Angabe des Patientennamens und seiner Adresse.
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Wie läuft eine Meldung ab?
Gemeldet wird stets über ein sogenanntes Meldeformular, das Sie auf der Webseite des Gesundheitsamtes oder auf des Robert Koch-Instituts (www.rki.de) erhalten. Die Meldung muss das Gesundheitsamt binnen 24 Stunden ab dem Verdachtsmoment erreichen und erfolgt meist elektronisch. Sie ist immer an das Gesundheitsamt gerichtet, das für den Aufenthaltsort des Patienten zuständig ist.
Infektionskrankheiten heute
Vor allem in der westlichen Welt sind Infektionen für die Bevölkerung nicht mehr so bedrohlich wie einst. Das bedeutet leider nicht, dass wir über sie triumphiert haben:
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Jeder 5. Tropenreisende kommt krank von der Reise zurück.
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Die Migration großer Bevölkerungsgruppen lässt die Zahl bestimmter Infektionskrankheiten wie Diphtherie und Tuberkulose ansteigen.
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An Krankenhausinfektionen sterben jährlich ca. 30 000 Menschen in Deutschland.
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Etwa 10 % der jährlichen Krankenhausaufnahmen in Deutschland erfolgen aufgrund von Infektionskrankheiten.
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Neue sowie gefährliche Krankheitserreger, zum Beispiel Zika-Virus und HIV, bedrohen in vielen Ländern große Teile der Bevölkerung.
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Es ist zu erwarten, dass immer aggressivere Varianten bereits bekannter Krankheitserreger entstehen, zum Beispiel EHEC als pathogener E.-coli-Stamm.
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Viele Krankheitserreger zeigen sich aufgrund des massiven und unkontrollierten Antibiotika-Einsatzes zunehmend resistent gegen Antibiotikatherapie, zum Beispiel multiresistente Keime.
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Sexuell übertragbare Erkrankungen wie Gonorrhoe nehmen wieder zu, weil das Bewusstsein für Safer Sex in der Bevölkerung abgenommen hat.
Tipp: Warten Sie nicht, bis der akute Fall eines Behandlungsverbots eintritt. Erkundigen Sie sich im Vorfeld schon im Internet oder direkt beim Gesundheitsamt Ihres Praxisstandpunkts:
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Wo finde ich den Meldebogen?
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Wie sieht der Meldebogen aus?
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Wie und auf welchem Weg ist der Meldebogen an das Gesundheitsamt zu übermitteln?
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Irren ist menschlich und erlaubt
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Verdacht auf Masern beim Gesundheitsamt gemeldet. Sie erfahren nach einigen Tagen jedoch, dass der Arzt Dreitagefieber diagnostiziert hat. Ihre Verdachtsdiagnose war somit falsch. Nun sind Sie verpflichtet, die Meldung gemäß § 8 IfSG zurückzunehmen. Die falsche Meldung hat für Sie keinerlei rechtliche Konsequenzen.
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Behandlungsverbot ist nicht immer gleich Meldepflicht
Meldepflichtige Erkrankungen dürfen Sie als Heilpraktiker nicht behandeln. Es gibt jedoch auch nicht meldepflichtige Erkrankungen, die Sie nicht behandeln dürfen, zum Beispiel eine Infektion der Geschlechtsorgane mit Candida albicans (§ 24 IfSG) oder die ansteckende Borkenflechte (§ 34 IfSG).
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Paragraf 7: Meldepflicht, aber nicht für den Heilpraktiker
Der § 7 IfSG listet auf, welche nachgewiesenen Krankheitserreger gemeldet werden müssen. Dabei muss der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten Infektion vorliegen. Die Meldepflicht gilt für Labore, nicht für Heilpraktiker. Dennoch müssen Sie die in § 7 IfSG gelisteten Erkrankungen kennen und erkennen können, denn Sie dürfen sie nicht behandeln.
Es wäre schon ein Verstoß gegen das Behandlungsverbot, wenn Sie ein Labor mit der Nachweisführung für eine dieser Erkrankungen beauftragen. Zufallsbefunde gelten nicht als Verstoß. Beispiel: Ein Patient ist schlapp und müde. Sie untersuchen ihn und finden keine klare Ursache. Um den Zustand des intestinalen Mikrobioms beurteilen zu können – denn bekanntlich liegt die Gesundheit im Darm – veranlassen Sie, dass der Patient durch ein Labor eine Stuhlprobe untersuchen lässt. Das Labor findet Giardia lamblia im Stuhl. Das Labor ist in der Meldepflicht.
Manche Erregernachweise, die Labore an das Gesundheitsamt melden müssen, sind aus diversen Gründen nur nichtnamentlich meldepflichtig. Das heißt, das Labor meldet die Infektion, ohne persönliche Daten des Patienten preiszugeben. Das gilt zum Beispiel für eine HIV-Infektion. Der Grund: Diese Erkrankung ist in unserer Gesellschaft immer noch stigmatisiert. Menschen, die bei sich eine HIV-Infektion vermuten, könnten aus Angst vor Stigmatisierung einen Test verweigern. Eine namentliche Meldepflicht würde die Behandlung somit gefährden.
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Behandlungsverbot gilt für die Erkrankung, nicht für den Patienten
Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Patienten ist zum Beispiel mit HIV oder Hepatitis C infiziert. Wegen der Infektion dürfen Sie ihn nicht behandeln. Wegen einer Kniearthrose, einer Migräne oder jeder anderen Erkrankung, die für Heilpraktiker nicht verboten ist, jedoch schon. Oberstes Gebot ist wie immer die Sorgfaltspflicht. Ihre Behandlung darf den Zustand des Patienten nicht verschlechtern. Auch darf keine Ansteckungsgefahr für Sie und andere bestehen.
Informationen zur verwendeten Literatur erhalten Sie bei der Redaktion.
Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/s-0044-101415
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HP Elvira Bierbach
Elvira Bierbach ist Heilpraktikerin und leitet seit 1992 eine renommierte Heilpraktikerschule in Bielefeld. Außerdem hat sie verschiedene Lehrbücher für Heilpraktiker(anwärter) herausgegeben, darunter das bekannte Buch „Naturheilpraxis heute“, das StandardLehrwerk für alle HPAs, und hält Vorträge rund um die Heilpraktikerausbildung. Seit 2001 ist sie Beiratsmitglied im „Bund Deutscher Heilpraktiker (BDH)“ und seit 2006 die hauptverantwortliche Herausgeberin der Deutschen Heilpraktiker Zeitschrift DHZ.
No conflict of interest has been declared by the author(s).