Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86(05): 264
DOI: 10.1055/s-0044-101748
Fokussiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Duchenne-Muskeldystrophie: Langzeitwirksamkeit der Steroidbehandlung

McDonald CM. et al.
Long-term effects of glucocorticoids on function, quality of life, and survival in patients with Duchenne muscular dystrophy: a prospective cohort study.
Lancet 2017 doi: 10.1016/S0140-6736(17)32160-8.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. Mai 2018 (online)

 

    Bei Patienten mit Muskeldystrophie des Typs Duchenne kann das Nachlassen der Muskelkraft mit Glukokortikoiden zumindest kurzfristig verlangsamt werden. Ob auch langfristig Vorteile entstehen, ist weniger gut belegt. In einer großen prospektiven Studie konnten McDonald et al. die Annahme bestätigen, dass ein früher Nutzen der Steroidtherapie auch die Krankheitsprogression über die Lebenszeit verzögert und das Überleben verbessert.


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    Für die Studie der „Cooperative International Neuromuscular Research Group“ wurden an 20 Zentren in 9 Ländern insgesamt 440 Patienten im Alter von 2–28 rekrutiert. Die US-amerikanischen Mediziner beurteilten die Daten gehfähiger Teilnehmer am Beginn der Studie sowie nach 3, 6, 9 und 12 Monaten, bei den nicht gehfähigen Patienten nach 6 und 12 Monaten. Untersuchungen für die 10-jährige Nachbeobachtung fanden nach 18 und 24 Monaten und anschließend jährlich statt. Entsprechend der Therapiedauer wurden 2 Gruppen verglichen: kumulative Glukokortikoidanwendung ≥ 12 Monate vs. < 1 Monat oder niemals mit Glukokortikoiden behandelt. Dabei verglichen McDonald et al. auch die Wirksamkeit von Prednison oder Prednisolon mit der von Deflazacort. Zu den beurteilten Meilensteinen der Krankheitsprogression gehörten Aufstehen aus der Rückenlage, 4 Treppenstufen steigen, 10 Meter laufen, Händebeweglichkeit, Hände zum Mund führen, Heben der Arme über den Kopf.

    Deutlich verlangsamter Muskelschwund

    Die Patienten mit einer Glukokortikoid-Therapiedauer ≥ 12 Monate profitierten statistisch signifikant von einer längeren Zeit bis zum Auftreten aller Meilensteine der Krankheitsprogression. Bei ihnen traten Mobilitätsverluste in den Beinen im Vergleich zu den Patienten mit < 1 Monat Therapie um 2,1–4,4 Jahre verzögert auf. Die Beweglichkeit der Arme und Hände blieb bei Glukokortikoid-Anwendungen von über einem Jahr 2,8–8,0 Jahre länger erhalten. Dabei waren Patienten unter Deflazacort gegenüber den mit den anderen Steroiden Behandelten beim Verlust der Fähigkeit aus der Rückenlage aufzustehen, der Gehfähigkeit und der Fähigkeit, die Hände zum Mund zu führen, um 2,1–2,7 Jahre älter. Innerhalb von 10 Jahren starben aufgrund der Duchenne-Muskelatrophie 9 % von 311 Studienteilnehmern mit einer Therapiedauer ≥ 12 Monate und 19 % von 58 Patienten ohne anamnestisch bekannte Steroidtherapie.

    Fazit

    Die Ereignis-Zeit-Analyse dieser Studie belegt einen deutlich verlangsamten Muskelschwund in Folge der Duchenne-Muskeldstrophie, wenn Glukokortikoid-Therapie mindestens 1 Jahr andauert. Gleichzeitig verbesserte sich das Gesamtüberleben.

    Matthias Manych, Berlin


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