Hintergrund und Fragestellung: Zu den Grundannahmen des I-PACE Modells zählt, dass prädisponierende Merkmale (z.B.
psychopathologische Symptome) in Interaktion mit affektiven (z.B. Reizreaktivität/Craving)
und kognitiven Prozessen (z.B. Exekutivfunktionen) zur Entwicklung und Aufrechterhaltung
von spezifischen Internetnutzungsstörungen (INS; z.B. Computerspielstörung, Pornografie-Nutzungsstörung,
Shoppingstörung, Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung) beitragen. Ausgehend von diesem
Modell wurde anhand von vorläufigen Längsschnittdaten aus der FOR2974-Kohorte untersucht,
ob sich der Schweregrad von INS im 6-Monats-Follow-up durch psychopathologische Symptome
in Kombination mit affektiven und kognitiven Funktionen vorhersagen lässt.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Personen mit unterschiedlichen Schweregraden einer spezifischen INS (unproblematisch,
riskant, pathologisch) absolvierten zu t1 eine extensive Laboruntersuchung mit klinischem
Interview, standardisierten Fragebögen und Verhaltenstests und nahmen 6 Monate später
(t2) an einer Online-Nachbefragung teil, die einen standardisierten Fragebogen zur
Erfassung der Symptomschwere enthielt. Anhand einer blockweisen hierarchischen Regressionsanalyse
wurde die Vorhersage der Symptomschwere der INS zu t2 auf der Basis folgender zu t1
erhobener Daten untersucht: psychopathologische Symptome (Depressivität, soziale Unsicherheit,
Distress, Zwanghaftigkeit), Exekutivfunktionen (Decision Making, kognitive Flexibilität),
Impulsivität (aufmerksamkeitsbasierte Impulsivität, ADHS-Symptome), Anpassungsfähigkeit
(evasives Coping, Selbstkontrolle), Erleben von Gratifikation/Kompensation, Reizreaktivität/Craving
und stimulus-spezifische Inhibitionskontrolle.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Zum Zeitpunkt der Abstrakteinreichung lag ein aggregierter Datensatz von 195 Proband:innen
vor. Das Regressionsmodell war insgesamt signifikant [F(20, 174)=4.703, p< .001) und
zeigte, dass insbesondere psychopathologische Symptome, das Erleben von Gratifikation/Kompensation
durch die Internetnutzung und Reizreaktivität/Craving zu t1 die Symptomschwere der
INS zu t2 vorhersagten (Varianzaufklärung 35,1%).
Diskussion und Schlussfolgerung: Die vorläufigen Ergebnisse verdeutlichen die prominente Rolle von Psychopathologie,
Verstärkungsmechanismen und Reizreaktivität/Craving bei der Entstehung und Aufrechterhaltung
von spezifischen INS. Diese Zusammenhänge sollten in der Prävention und Behandlung
von INS berücksichtigt werden.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre
keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die
Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wurde im Rahmen der Forschungsgruppe ACSID,
FOR2974, durchgeführt, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert
wird – 411232260.