Suchttherapie 2024; 25(S 01): S57
DOI: 10.1055/s-0044-1790431
Abstracts
Symposien
S35 Wege zur Akzeptanz: Entstigmatisierung von Suchterkrankungen als gesellschaftliche Herausforderung

Einstellungsmuster von Medizinstudierenden gegenüber Menschen mit Alkoholkonsumstörungen

Anja Bischof
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
,
Gallus Bischof
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
,
Sven Speerforck
2   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Jenny Spahlholz
2   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Christian Sander
2   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Georg Schomerus
2   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Hans-Jürgen Rumpf
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
› Institutsangaben
 
 

    Hintergrund und Fragestellung: Die Stigmatisierung von Alkoholkonsumstörungen liegt im Vergleich zu anderen psychischen Erkrankungen in ausgeprägterer Form vor. Auch Ärztinnen und Ärzte, die als Gatekeeper eine zentrale Funktion in der Identifizierung, Frühintervention und Weiterverweisung innehaben, weisen stigmatisierende Einstellungen auf, was bereits bei Medizinstudierenden nachweisbar ist.

    Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Im Rahmen der Studie „Strategien für Interventionen zu Grundannahmen bei Medizinstudierenden in Bezug auf Alkoholkonsumstörungen (StIGMA)“, in der an den Universitäten Lübeck und Leipzig ein Curriculum zur Entstigmatisierung entwickelt wird, wurde als Baseline- und Kontrollbedingung ein Online-Survey bei Medizinstudierenden im Blockpraktikum Psychiatrie durchgeführt. Hierfür wurden standardisierte Fragebogenverfahren zu emotionalen Reaktionen, sozialer Distanz, Recovery Expectation und Ressourcen-Allokation eingesetzt.

    Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Im Wintersemester 2023/24 konnten insgesamt 231 Studierende der Humanmedizin an beiden Standorten in die Studie eingeschlossen werden. Die emotionalen Reaktionen umfassten Angst (27,6%; Angst, Unbehagen, Verunsicherung), Ärger (23,7%; Ärger, Lächerlich machen, Genervt sein, Unverständnis) und eingeschränktes Mitgefühl (53,0%; kein Mitleid, keine Sympathie, kein Bedürfnis zu helfen). Von den Teilnehmenden hatten 9,6% die Einschätzung, Menschen mit Alkoholkonsumstörungen würden sich nicht genug anstrengen gesund zu werden, 52,6% würden sich selbst für schwach halten, eine Alkoholkonsumstörung nicht ohne Hilfe überwinden zu können. 25,3% gaben an, nicht neben einer Person mit Alkoholkonsumstörung wohnen zu wollen. Trotzdem gaben 89% an, dass sie davon ausgehen, dass eine Alkoholabhängigkeit erfolgreich behandelt werden kann.

    Diskussion und Schlussfolgerung: Die Daten zeigen, dass bei einem substanziellen Teil der Medizinstudierenden ungünstige Einstellungsmuster gegenüber Alkoholkonsumstörungen vorliegen. Mit Blick auf eine Verbesserung der Erreichbarkeit und Versorgung Betroffener sind frühzeitige destigmatisierende Maßnahmen im Rahmen des Studiums der Humanmedizin erforderlich. Entsprechende Maßnahmen werden derzeit an den Universitäten Lübeck und Leipzig entwickelt und evaluiert.

    Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

    Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert.


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    19. September 2024

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