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DOI: 10.1055/s-0044-1791988
Komplementdysregulation als Biomarker für Post Covid
Etwa 5% der Fälle erholen sich nach COVID langfristig nicht. Bisher existieren keine zuverlässigen diagnostischen Tests und effektive Therapien. Die Studiengruppe begleitete Personen mit postinfektiöser Remission und mit Post Covid und verglich >6500 Proteine im Serum. Dabei stellten sich eine Dysregulation der terminalen Komplementkaskade und Zeichen der Thromboinflammation heraus.
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Aktuelle Hypothesen zur Pathophysiologie von Post Covid schließen eine Gewebeschädigung, Autoimmunität, persistierende Inflammation und Virusreservoirs ein. Cervia-Hasler et al. führten eine prospektive Studie mit gesunden Kontrollen, Genesenen nach COVID und Patient*innen mit Post Covid durch. Dazu analysierten sie initial und nach 6 und 12 Monaten Serumproben mit Hochdurchsatz-Proteomics. Künstliche Intelligenz und experimentelle Auswertungen identifizierten Kandidaten als Biomarker für Post Covid.
113 COVID-19-Erkrankte wurden bis zu 1 Jahr begleitet. Zusätzlich nahmen 39 nicht Erkrankte an der Studie teil. 33% der Betroffenen hatte nach der WHO-Definition einen schweren Verlauf. 58% erholten sich vollständig. Bei 48 Erkrankten persistierten bei der Verlaufskontrolle nach 6 Monaten Symptome. In 8 Fällen bestanden ausschließlich Geschmacks- und Riechstörungen. Die Personen mit isolierter chemosensorischer Störung wurden von den Analysen ausgeschlossen. In der Gruppe mit Post Covid nach 6 Monaten waren mehr Erkrankte mit schweren als mit leichten oder moderaten COVID-19-Verläufen. Bei der Kontrolle nach 12 Monaten hatten 22 Patient*innen weiterhin Beschwerden, 10 waren genesen und 8 entzogen sich der Verlaufsuntersuchung.
Die Analyse des Proteoms nach 6 Monaten bestätigte das Komplementsystem als den Top-Signalweg bei Long-Covid:
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Terminale Komplementkomplexe (TCC) waren reduziert.
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Beinhaltet waren die löslichen C7-Komplexe C5b-7, C5b-8 und C5b-9.
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Die TCC-Formation C5bC6 war gesteigert nachweisbar.
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Die Komplementaktivität war insgesamt erhöht.
Die C5bC6/C7-Ratio bildete auch nach den Ergebnissen aus Maschinellem Lernen die Imbalance der TCC quantitativ am zuverlässigsten ab. Die Bindung von C7 an stabile C5bC6-Komplexe erleichtere dem trimolekularen C5b-7-Komplex die Integration in die Zellmembran. Die Ergebnisse sprächen für eine gesteigerte Membraninsertion von TCC mit konsekutiv gesteigerter Gewebeschädigung. Die Gewebeschädigung sei gleichzeitig Folge und Ursache für die Komplementaktivierung und entspräche möglicherweise einem sich selbst unterhaltenden Prozess.
Die Verletzungsmarker im Blut waren flankiert von einer thromboinflammatorischen Signatur. Von Willebrand Faktor als Hinweis auf die Endothelaktivierung und Häm als Zeichen eines Erythrozytenzerfalls waren gesteigert. Es bestanden ein niedriges Antithrombin III und eine erhöhte Thrombininaktivierung als Treiber der TCC-Formation. Insbesondere bei Erkrankten mit Post Covid >12 Monate war der klassische Komplementweg antikörpermediiert aktiviert. Dabei waren Immunglobulin G gegen Cytomegalie- und Epstein-Barr-Virus vermehrt nachweisbar.
Erkrankte mit Post Covid wiesen langfristig eine Kombination aus dysregulierter Komplementkaskade und Thromboinfl ammation auf. Verfügbare Medikamente, die den terminalen Komplementsignalweg adressieren, seien mögliche therapeutische Optionen. Antivirale Substanzen gegen SARS-CoV-2 und Herpesviren könnten die thromboinfl ammatorischen Reaktionen eindämmen. Die Studiengruppe spricht sich zudem für ein frühes kardiovaskuläres Assessment bei von Post Covid Betroff enen aus. Alle Ergebnisse seien in größeren Studien zu validieren, die auch Subgruppenanalysen beinhalten sollten, so Cervia-Hasler et al.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publication History
Article published online:
23 October 2024
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