Hamostaseologie 2024; 44(06): 426
DOI: 10.1055/s-0044-1800985
Forum

Keine genetische Korrelation zwischen Rauchen und venösen Thromboembolien

Du H-C. et al
No Genetic Causality between Tobacco Smoking and Venous Thromboembolism: A Two-Sample Mendelian Randomization Study.
Thromb Haemost 2024; 124: 795-802
 

    Bisherige Beobachtungsstudien liefern widersprüchliche Ergebnisse über den Zusammenhang zwischen Raucherstatus und venösen Thromboembolien (VTE). Ausserdem haben frühere Studien gezeigt, dass das VTE-Risiko sowohl bei aktuellen als auch früheren Rauchern zwar leicht erhöht ist, dies aber nicht unbedingt eine direkte Folge des Tabakkonsums selbst ist, sondern eher eine Folgeerkrankung, die in Zusammenhang mit dem Tabakkonsum steht.


    #

    In einer aktuellen Studie untersuchten chinesische Forschende der Guangxi University of Chinese Medicine in Nanning nun mithilfe der Mendelschen Randomisierung (MR) den Zusammenhang zwischen dem Raucherstatus (aktuell und früher) und dem VTE-Risiko aus genetischer Sicht. Die MR ist ein gut geeignetes Instrument, um einen kausalen Nachweis zu erbringen, sowohl in Beobachtungsstudien als auch in randomisierten kontrollierten Studien, bei denen ein Kausalitätsnachweis nicht möglich ist. Mit der MR-Analyse wollten Du und Kollegen die Frage beantworten, ob der Raucherstatus negativ, neutral oder positiv mit VTE assoziiert ist.

    Die MR beruhte auf drei Grundannahmen: (1) Ausgewählte Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs) sind signifikant mit dem Rauchen assoziiert; (2) die SNPs sind unabhängig von bekannten oder potenziellen Störfaktoren; (3) die SNPs sind nur über den Tabakkonsum mit VTE assoziiert, d. h. eine Pleiotropie sollte ausgeschlossen sein. Die Analysedaten stammten aus der öffentlich zugänglichen OpenGWAS-Datenbank der Integrative Epidemiology Unit (IEU), die sich hauptsächlich auf Männer und Frauen mit europäischer Abstammung stützt.

    In der univariaten MR-Analyse wurden keine signifikanten kausalen Zusammenhänge zwischen aktuellem und früherem Tabakkonsum und dem Risiko für VTE, tiefe Venenthrombose (DVT) und Lungenembolie (PE) gefunden. Auch wenn alle SNPs ausgeschlossen wurden, die signifikant mit Adipositas oder dem Body Mass Index und Krebs (unabhängig von der Art) assoziiert sind, blieben die Ergebnisse unverändert bestehen.

    Nach Korrektur für potenzielle Interaktionen zwischen aktuellem und früherem Rauchen deuteten die Ergebnisse der multivariablen MR-Analyse ebenso wie die der univarianten Analyse darauf hin, dass es keine signifikanten Kausalzusammenhänge zwischen aktuellem und früherem Tabakkonsum und dem Risiko einer VTE, DVT bzw. PE gab. Allerdings lieferten sowohl die MR-Lasso-Schätzungen als auch die Medianschätzungen Hinweise auf eine negative Korrelation zwischen früherem Tabakrauchen und einem VTE-Risiko. Die MR-Lasso-Schätzung deutet auch auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen früherem Tabakrauchen und dem Risiko einer DVT hin.

    FAZIT

    Sowohl univariate als auch multivariable MR-Analysen haben gezeigt, dass es keine signifikanten kausalen Zusammenhänge zwischen aktuellem und früherem Rauchen und venösen Thromboembolien, tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien gibt. Dies steht im Widerspruch zu positiven Korrelationen, die in einigen früheren Beobachtungsstudien angegeben wurden und die möglicherweise durch andere Einflussfaktoren, beispielsweise durch mit dem Rauchen assoziierte Erkrankungen, und nicht durch einen direkten kausalen Effekt des Tabakkonsums selbst erklärt werden können. Die vorliegende Studie liefert demnach die genetische Evidenz für die in anderen Beobachtungsstudien gewonnene Erkenntnis, dass Rauchen keinen Einfluss auf das VTE-Risiko hat.

    Dr. Michaela Bitzer, Tübingen


    #

    Publication History

    Article published online:
    10 December 2024

    © 2024. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany