Hamostaseologie 2025; 45(01): 010
DOI: 10.1055/s-0045-1804540
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Endometriose steigert Risiko für venöse Thrombembolien unter oraler Kontrazeption

De Corte P, Milhoranca I, Mechsner S. et al.
Unravelling the Causal Relationship between Endometriosis and the Risk for Developing Venous Thrombembolism: A Pooled Analysis.
Thromb Heamost 2024; 10.1055/a-2407-9498 PubMed: 39222924
 

    Weltweit leiden ca. 10% aller Frauen im reproduktionsfähigen Alter unter Endometriose. Die genauen Mechanismen der Entstehung dieser Erkrankung sind bisher nicht bekannt, aber man weiß, dass betroffene Patientinnen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben. Eine aktuelle Studie zeigte, dass die Einnahme von oralen Kontrazeptiva zudem mit einer Risikosteigerung für venöse Thrombembolien verbunden ist.


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    Die Untersuchungen fokussierten auf Frauen mit bzw. ohne Endometriose (n = 22072 bzw. n = 91056) und der Neueinnahme eines oralen Kontrazeptivums. In die gepoolte Analyse gingen Daten von insgesamt 113128 Teilnehmerinnen dreier großer internationaler Studien ein, in denen jeweils begünstigende Faktoren bei der Entstehung venöser Thrombembolien erforscht wurden. Während in die INAS-VIPOS-Studie Patientinnen mit Endometriose und neu etablierter Hormontherapie (Danazol, GnRH-Analoga, Kontrazeptiva) eingeschlossen worden waren, nahmen an der INAS-FOCUS und der INAS-SCORE-Studie nur Frauen teil, die mit der Einnahme eines oralen Kontrazeptivums begonnen hatten. Kombinierte Kontrazeptiva wurden in der Gesamtkohorte häufiger eingenommen als reine Gestagenpräparate, und die Mehrzahl der Frauen wendete ein Präparat der 4. Generation an. Patientinnen mit einer venösen oder arteriellen Thrombembolie in der Vorgeschichte waren von der Studienteilnahme ausgeschlossen. Klinische Informationen wurden in allen drei Studien über Fragebögen erhoben. Frauen mit Endometriose waren im Vergleich zu Frauen ohne Endometriose im Mittel älter (32,6 Jahre versus 27,5 Jahre), nahmen vor Studienbeginn seltener ein Kontrazeptivum ein (25,8% versus 59,0%) und hatten häufiger eine familiäre Vorbelastung für venöse Thrombembolien (7,8% versus 2,6%).

    Ergebnisse

    Innerhalb einer Beobachtungszeit von 60 Monaten wurden insgesamt 168 venöse Thrombembolien verzeichnet. In der Gruppe der Patientinnen mit Endometriose lag die Inzidenzrate bei 5,2 pro 10000 Frauen gegenüber 4,1 pro 10000 Frauen in der Vergleichsgruppe. Ein adjustiertes Modell ergab für Frauen mit Endometriose ein um 79% höheres Risiko für venöse Thrombembolien (HR 1,79; 95%-KI 1,24-2,57). Bei Frauen, die erstmals in ihrem Leben ein orales Kontrazeptivum einnahmen, lag die adjustierte Risikosteigerung bei 45% (HR 1,45; 95%-KI 0,78-2,71). Demgegenüber ergab sich in der Gruppe der Frauen mit Endometriose, die schon zuvor ein orales Kontrazeptivum angewendet hatten ein mehr als doppelt so hohes adjustiertes Risiko für venöse Thrombembolien (HR 2,07; 95%-KI 1,33-3,22). Patientinnen mit venöser Thrombembolie waren im Vergleich zu Frauen ohne Thrombembolie im Mittel älter (33,6 versus 28,5 Jahre), hatten einen höheren Body Mass Index (28,1 versus 23,4kg/m2), hatten häufiger schon in der Vergangenheit orale Kontrazeptiva angewendet (70,2% versus 51,6%) und wiesen eine höhere Zahl kardiovaskulärer Risikofaktoren auf, wie Bluthochdruck bzw. eine familiäre Vorbelastung für venöse Thrombembolien. Genetische Studie wiesen in der Vergangenheit auf gemeinsame Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen und Endometriose hin. Dies könnte für biologische Vorgänge im Körper sprechen, die beide Erkrankungen begünstigen, so die Autor:innen.

    Fazit

    Die Anwendung von oralen Kontrazeptiva erhöhte bei Patientinnen mit Endometriose das Risiko für venöse Thrombembolien. In zukünftigen Studien sollten die Zusammenhänge zwischen Endometriose und dem venösen Thrombembolierisiko auch bei Frauen untersucht werden, die keine orale Kontrazeption einnehmen. Aus den aktuellen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass individualisierte und informierte Entscheidungen bei der Anwendung von oralen Kontrazeptiva sinnvoll sind, wenn eine manifeste Endometriose vorliegt.

    Dr. Katharina Franke, Darmstadt


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    Publication History

    Article published online:
    19 February 2025

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