Einleitung
Einleitung
Hochgradige, maligne Bronchialverengungen können bei Patienten, die an einem Lungentumor
erkrankt sind, zu einer Reihe von Komplikationen führen. Obwohl die chirurgische Resektion
die besten Chancen für eine kurative Behandlung bietet, ist nur ein geringer Prozentsatz
dieser Patienten operabel, insbesondere wenn sich bereits respiratorische Symptome
eingestellt haben [[1 ], [2 ]]. Die Verringerung in der Offenheit von Atemwegen verursacht sehr häufig schwere
Dyspnoe, Stridor und verschlechtert die Schleimexpektoration, was konsekutiv zu Komplikationen
wie Pneumonie, Atelektase oder Lungenabszeß führt [[3 ], [4 ]]. Deshalb ist es wesentlich, Stenosen zu beseitigen, wobei Chemotherapie und Bestrahlung
die kausalen Behandlungsmodalitäten der ersten Wahl darstellen [[5 ], [6 ]]. Beide Therapiestrategien können mit einer endobronchialen Laserresektion [[7 ]] oder mit Brachytherapie sehr effektiv kombiniert werden [[8 ]]. Die endobronchiale Stentimplantation bietet ein zusätzliches Instrument um das
wiederhergestellte Bronchuslumen zu optimieren und zu stabilisieren [[9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]]. In Endstadien stellt dies häufig die einzig verbleibende therapeutische Option
zur Linderung der respiratorischen Symptome dar. Der Wert der Stentimplantation bei
Patienten mit Bronchusstenosen hängt wesentlich von der Verbesserung der Ventilation
[[1 ], [13 ]] und der Normalisierung des pulmonal-arteriellen Blutflusses innerhalb des tumorös
veränderten Lungenabschnitts ab. Eine verringerte Perfusion in der betroffenen Lunge
resultiert u. a. aus hypoxieinduzierter Vasokonstriktion, direkter Tumorinfiltration
oder -kompression von Blutgefäßen [[14 ], [15 ]]. Bislang war unklar, ob die Wiederherstellung der Offenheit der Atemwege nur die
Ventilation begünstigt, ohne die Perfusion zu verbessern, d. h. daß es durch die rekonstruierende
Maßnahme zu einem Anstieg in der Totraumventilation kommt, insbesondere wenn der unterbrochene
Blutfluß bereits längerfristig besteht [[16 ]]. Hierbei würde die endobronchiale Stentimplantation die Ventilation in Arealen
verbessern, in denen z. B. ein hoher Anteil an Shunt-Blut vorliegt [[17 ]]. In dieser Untersuchung wurde geprüft, ob die endobronchiale Stentimplantation
sowohl eine Verbesserung von szintigraphischen Ventilations- als auch Perfusionsparametern
bewirkt und inwiefern diese begleitet werden von Änderungen der Meßwerte in der Lungenfunktion.
Material und Methoden
Material und Methoden
Bei 14 Patienten (59 ± 4 J.) mit intra- oder extraluminalem Tumorwachstum und hochgradiger
Stenosierung von Hauptbronchus (n = 9), Intermediärbronchus (n = 3) und Unterlappenbronchus
(n = 2) erfolgte eine flexibel bronchoskopische Stentimplantation aufgrund schwerer
Dyspnoe oder deutlich eingeschränkter Ventilation (Tab. [1 ]). Einen Tag vor und 7 Tage nach Stentimplantation wurde der Effekt der Behandlung
mittels quantitativer Ventilations-/Perfusionsszintigraphie, Lungenfunktionsprüfung
und arterieller Blutgasbestimmung erfaßt. Alle Patienten gaben vor der Intervention
ihr schriftliches Einverständnis.
Tab. 1 Biographische Patientendaten, Lokalisation und Art der Stenose sowie verwendeter Stenttyp.
Patient Nr.
weibl. (f) männl. (m)
Alter (J.)
Lokalisation der Stenose
Tumorart (i/e)
Stenttyp: Strecker (S) Accuflex (A)
1
f
60
RMB
i
S
2
m
43
LMB
i
A
3
m
67
LMB
i
S
4
m
68
LMB
i/e
A
5
m
67
IB
i/e
S
6
m
31
LLB
e
S
7
m
50
IB
i/e
S
8
m
75
RMB
i
A
9
m
55
IB
i/e
A
10
f
66
LMB
i
A
11
m
82
LLB
i/e
A
12
f
40
LMB
i
S
13
m
79
RMB
i
A
14
f
49
LMB
i/e
A
LMB: linker Hauptbronchus; LLB: linker Unterlappenbronchus; RMB: rechter Hauptbronchus;
IB: Intermediärbronchus; i: intraluminal; e: extraluminal
Einteilung der Stenosegrade
Einteilung der Stenosegrade
Der Grad der Stenose wurde semiquantitativ durch bronchoskopische Beurteilung des
verbleibenden Querschnitts kalkuliert. Stenosen wurden in vier Klassen eingeteilt:
100 % = Verschluß; 99 % = subtotale Stenose; 95 % = hochgradige Stenose; 90 % = höhergradige
Stenose. Die prozentuelle Einteilung des wiederhergestellten Lumens erfolgte analog:
100 % = komplette Wiedereröffnung; 90 % = fast komplette Wiedereröffnung; 75 % = erfolgreiche
Wiedereröffnung und 50 % = inkomplette Rekanalisierung.
Stentsysteme
Stentsysteme
Der Strecker Stent (Boston Scientific, Watertown, USA) ist ein passiv expandierbarer
Metallmaschenstent, der aus einem Tantalumdraht gewoben ist und auf einen 5-F-Ballonkatheter
montiert ist (Abb. [1 ]). Nach seiner Plazierung im Stenoseareal erfolgt eine Balloninsufflation mit einem
Druck von 7 atü, wodurch der Stent von dem Führungskatheter gelöst und in der Stenose
plaziert wird. Die für die Interventionen benutzten Stents hatten einen erreichbaren
Enddurchmesser von 11 mm und eine Länge von 4 cm.
Der Accuflex Stent (Boston Scientific, Watertown, USA) besteht aus einem Nitinoldrahtgeflecht,
welches auf dem inneren Schaft eines Führungskatheters montiert ist und einen selbstexpandierenden
Mechanismus aufweist. Der Stent wird durch einen äußeren Hüllkatheter in einer komprimierten
Position gehalten. Zur Stententfaltung wird das proximale Ende des inneren Katheteranteils
fixiert, während der Hüllkatheter zurückgezogen wird (Abb. [2 ]). In expandiertem Zustand weist der Stent eine tubuläre Form auf und entfaltet sich
zu einem maximalen Durchmesser von 10 mm bei einer Länge von 4 cm.
Abb. 1 Entfaltungsweise des Strecker-Stents. Durch Balloninsufflation wird der Stent in der
Bronchialwand freigesetzt.
Abb. 2 Entfaltungsweise des Accuflex-Stents. Durch Zurückziehen eines Hüllkatheters wird
die Entfaltung des Stents in Gang gesetzt.
Stentimplantation
Stentimplantation
Die flexible Bronchoskopie und Stentimplantation wurde wie kürzlich beschrieben durchgeführt
[[17 ], [18 ]]. Vor Beginn der Intervention erfolgte die bronchoskopische Intubation mit einem
metallverstärkten Silikontubus (Rüsch, Kernen). Während der Intervention wurde über
einen separaten Sauerstoffkanal an der Außenseite des Tubus zusätzlich Sauerstoff
(8 bis 10 l/Minute) verabreicht (Abb. [3 ]). Nachdem bronchoskopisch die Stenose passiert war, erfolgte die Markierung der
distalen Stenosegrenze mittels röntgendichter Hautmarkierungen unter Durchleuchtungskontrolle.
Nachfolgend wurde der Stent über einen Führungsdraht vorgeschoben und unter radiologischer
und bronchoskopischer Kontrolle (Pentax FB 10 X; Durchmesser 2,8 mm, Pentax, Hamburg)
positioniert. Dieses Vorgehen gewährleistete eine höchstmögliche Genauigkeit in der
Plazierung der Prothese. Die Stentpositionierung wurde als erfolgreich angesehen,
wenn die Stentenden die Stenose distal und proximal mindestens 1 cm überdeckten und
die Stenose nachfolgend mit einem 5,8 mm Bronchoskop passiert werden konnte. Der Grad
der Bronchusstenose vor und nach Stentimplantation erfolgte semiquantitativ.
Abb. 3 Schematische Darstellung der Vorgehensweise zur Stentimplantation.
Lungenfunktionsprüfung und arterielle Blutgasanalyse
Lungenfunktionsprüfung und arterielle Blutgasanalyse
Lungenfunktionsanalytisch wurden spirometrische und ganzkörperplethysmographische
Untersuchungen durchgeführt (Bodyscreen; Jäger GmbH & Co. KG, Würzburg). Zur Spirometrie
wurde ein offenes System mit Integration der Flußsignale angewandt, zur Ganzkörperplethysmographie
wurde ein volumenkonstantes System angewandt und die Resultate entsprechend internationaler
Normwertprotokolle ausgewertet [[20 ]]. Die Darstellung der Lungenfunktionsdaten vor und nach Stentimplantation erfolgten
als Istwert, Abweichung des Istwertes in Prozent sowie in Prozent vom Soll. Sämtliche
Blutgasanalysen wurden mit einem automatischen Blutgasanalysesystem (280 Blutgassystem,
Ciba Corning Diagnostics, Fernwald) durchgeführt.
Ventilations- und Perfusionsszintigraphie
Ventilations- und Perfusionsszintigraphie
Für die Ventilationsszintigraphie wurde ein ultrafeines 99m Tc-Pertechnetat Aerosol (Technegas) benutzt, das nach Inhalation Aufnahmen in verschiedenen
Projektionen ermöglicht. Dadurch wird ein direkter Vergleich mit den korrespondierenden
Aufnahmen der Perfusionsszintigraphie möglich. Zudem verhindert die ideale Aufnahmeenergie
eine Photonenabschwächung durch darüber liegendes Weichteilgewebe [[21 ], [22 ]].
Die markierten ultrakleinen Carbonpartikel (Technegas, mit Genix Belgien) wurden in
einem Technegas-Generator durch komplette Trocknung mittels Verdampfung hergestellt.
Etwa 350 bis 400 MBq Na-99m TC-Pertechnetat wurden in einem Grafittiegel (Tetley Crucible, Medgenix, Belgien)
in reiner Argon-Atmosphäre auf 2500 °C erhitzt und das dabei entstandene Gasgemisch
als Inhalationsagens benützt. Die Inhalation des Gases erfolgte mittels eines Mundstückes,
das mit dem Generator durch Plastikleitungen verbunden ist. Die Patienten inhalierten
langsam in aufrechter Position, um abschließend den Atem bei maximaler Inspiration
für einige Sekunden anzuhalten. Dieses Manöver wurde maximal 8 × wiederholt, bis eine
adäquate Zählrate erreicht war. Statistische Aufnahmen in sitzender Position wurden
unmittelbar nach Inhalation in den Projektionen anterior, posterior, schräg links
und rechts posterior sowie links- und rechtslateral mit einem festgesetzten Maximum
von 50000 Counts pro Aufnahme durchgeführt [[23 ]]. Ventilationsaufnahmen erfolgten jeweils unmittelbar vor den Perfusionsaufnahmen.
Für die Perfusionsszintigraphie wurden etwa 185 MBc 99m Tc-markiertes, makroaggregiertes Albumin (SOLCO MAA, Sorin Biomedica, Saluggia, Italien)
mit einem Gesamtgehalt von 100 000 bis 500 000 Partikeln bei maximaler Inspirationslage
und liegendem Patienten in eine Armvene injiziert. Analoge Aufnahmen erfolgten in
den gleichen Einstellungen wie bei der Ventilationsuntersuchung, mit einer festgesetzten
totalen Zählrate von 400000 Counts pro Aufnahme. Der Patient befand sich dabei in
sitzender Position. Eine Subtraktion der Technegas-Abbildungen von den Perfusionsaufnahmen
wurde nicht durchgeführt.
Die Ventilations- und Perfusionsuntersuchungen erfolgten mittels einer Großfeld-Gamma-Kamera
(Digital Dyna A 4, Picker International, München) mit einem LEAP-(low-energy, all-purpose)
Kollimator. Die Kamera ist mit einem Micro/Max DELTA-Computer (Siemens, Erlangen)
verbunden, was eine quantitative Analyse der Bilddaten ermöglicht. Bei allen Ventilations-
und Perfusionsuntersuchungen wurden die anterioren und posterioren Projektionen digital
aufgezeichnet und in einer RIO-Technik (region of interest) analysiert und der geometrische
Mittelwert der Zählimpulse aus den anterioren und posterioren Projektionen zur Berechnung
herangezogen. Der geometrische Mittelwert wurde dem arithmetischen Mittelwert vorgezogen,
da er eine Tiefenkorrektur ermöglicht und somit eine genauere Abschätzung der gesamten
pulmonalen Zählimpulse erlaubt. Zur Berechnung der Seitenverhältnisse (FS) wurde das
geometrische Mittel der betroffenen Lunge in das Verhältnis zur Impulsrate beider
Lungen gesetzt:
FS = <$>{textstyle stut Durchschnittszchar228 hlratederbetreffendenLungeover textstyle
strut Durchschnittszchar228 hlratebeiderLungen}x100
Um die prozentuellen Veränderungen in der Ventilation und Perfusion nach Stentimplantation
zu beurteilen, wurde die proportionale Aufnahme der radioaktiven Trägersubstanz in
der gesunden Lunge vor und nach Stent als konstant betrachtet und als Referenzwert
für die betroffene Lunge verwendet. Entsprechend wurde ein Verhältniswert (RS) für
die Ventilation und Perfusion der betroffenen Lunge gebildet und als das Verhältnis
des FS der betroffenen Lunge zum FS der gesunden Lunge berechnet:
RS = <$>{textstyle FSderbetroffenenLungeover textstyle strut FSdergesundenLunge}x100.
Dieser Verhältniswert wurde für die Beurteilung der prozentualen Änderung (PC) in
Ventilation und Perfusion der betroffenen Lunge nach der Stentimplantation herangezogen:
PC = <$>{textstyle RSvorStentimplantationover textstyle strut RSnachStentimplantation}x100.
Statistische Berechnungen
Statistische Berechnungen
Die Daten sind als Durchschnittswert ± SEM angegeben. Ergebnisse vor und nach Stentimplantation
wurden mittels Students-T-Test für gepaarte Stichproben analysiert. Ein p-Wert < 0,05
wurde als signifikant angesehen.
Ergebnisse
Ergebnisse
Reduktion der Stenosen
Mittels Stentimplantation wurden Stenosen zwischen 75 und 100 % (Durchschnitt 93 %
± 1,5 %) behandelt. Die Stentimplantation war bei allen 14 Patienten erfolgreich und
führte postinterventionell zu einer Verringerung auf 16 ± 4 % (Abb. [4 ]).
Abb. 4 Stenosegrad der 14 Studienpatienten vor und nach Stentimplantation.
Lungenfunktionsanalyse
Bei der Mehrzahl der Patienten lag die totale Lungenkapazität (TLC) im Normalbereich
(93 % ± 3 %, Bereich: 74 - 118 %). Dies ist zum einen durch eine gewisse Restdurchgängigkeit
der Bronchien der betroffenen Lunge sowie zum anderen durch eine kompensatorische
Hyperinflation der nicht betroffenen Seite zu erklären (Tab. [2 ]). Die Vitalkapazität war vor Stentimplantation auf 66 % ± 3 % des alterentsprechenden
Normalwertes erniedrigt. Ebenso war der forcierte exspiratorische 1-Sekunden-Wert
(FEV1 ) mit 61 % ± 4 % vom Sollwert als auch der exspiratorischen Spitzenfluß mit 54 % ±
3 % Soll reduziert. Die meisten Patienten wiesen vor Stentimplantation eine mäßige
bis schwere Hypoxämie mit einem arteriellen Sauerstoffpartialdruck (PaO2 ) von 65 ± 2 mmHg auf. Der Durchschnittswert der arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO2 ) lag bei 92 % ± 1 %. Entsprechend wies die Mehrzahl der Patienten eine Hyperventilation
auf (durchschnittlich PaCO2 33 ± 1 mmHg).
Nach Stentimplantation ergab sich eine geringgradige, aber signifikante Verbesserung
der Vitalkapazität auf 75 ± 4 % des Sollwertes (p < 0,01) (Tab. [2 ], Abb. [5 ]). Ebenso war eine signifikante Zunahme der Flußparameter FEV1 auf 67 ± 4 % und PEF
auf 58 ± 4 % zu beobachten (p < 0,05). Es zeigte sich eine tendenzielle Reduktion
des spezifischen Atemwegswiderstandes (prä: 1,5 ± 0,1 kPa · s, post: 1,3 ± 0,1 kPa
· s), welche jedoch keine statistische Signifikanz erreichte. Mit Ausnahme eines Patienten,
der bei Kontrolle 8 Tage nach Intervention eine Abnahme des PaO2 (von 79 auf 68 mmHg) zeigte, zeigten alle anderen Patienten eine Besserung der arteriellen
Sauerstoffspannung von durchschnittlich 65 ± 2 mmHg auf 71 ± 2 mmHg (p < 0,05). In
Verbindung mit dem PaO2 -Anstieg wurde auch ein PaCO2 -Anstieg von 33 ± 1 mmHg auf 35 ± 1 mmHg (p < 0,05) und eine Besserung der Sauerstoffsättigung
von 92 % auf 94 % (p < 0,05) beobachtet.
Abb. 5 Signifikant veränderte Lungenfunktionsparameter und Blutgasanalysen der 14 Studienpatienten
vor und nach Stent implantation (PEF-Werte aufgeführt in Tab. [2 ]).
Tab. 2 Lungenfunktionsparameter der 14 Studienpatienten vor und nach Stentimplantation.
vor Stent
nach Stent
TLC (L) % Soll
6,1 ± 0,4 92 ± 3
6,3 ± 0,3 98 ± 3
VC (L) % Soll
2,6 ± 0,2 66 ± 3
3,0 ± 0,2** 75 ± 4
SRaw (kPa s) % Soll
1,47 ± 0,10 144 ± 14
1,33 ± 0,11 132 ± 10
FEV1 (L) % Soll
1,9 ± 0,1 61 ± 4,0
2,1 ± 0,1* 67 ± 4
PEF (L s-1 ) % Soll
4,1 ± 0,3 55 ± 3
4,6 ± 0,3* 58 ± 4
PaO2 (mmHg)
65 ± 2
71 ± 2,4*
PaCO2 (mmHg)
33 ± 1
35 ± 1*
SaO2 (%)
93 ± 0,8
94 ± 0,6*
*: p < 0,05; **: p < 0,01 Mittelwerte ± SEM
Ventilations- und Perfusionsszintigraphie
Vor Stentimplantation zeigte sich, daß Defekte in den Perfusionsaufnahmen sich eindeutig
mit den Ventilationsdefekten deckten (Abb. [6 ]). Die Ventilationsaufnahmen nach Stentimplantation zeigten eine 65 %ige Verbesserung
der Radionukliddeposition in der betroffenen Lunge, was einer Depositionszunahme von
37 % ± 8 % auf 61 % ± 6 % entsprach (p < 0,05). Nur ein Patient wies eine Abnahme
der Tracerdeposition um 7 % nach Stentimplantation auf (Tab. [3 ], Abb. [7 ]). Mit einer Ausnahme führte die Stentimplantation bei allen Patienten zu einer signifikanten
Verbesserung der Perfusion von 27 % ± 4 % auf 46 % ± 5 % (p < 0,01). Somit nahm die
relative Perfusion auch bei den Patienten mit initial kompletten Atemwegsverlegungen
um durchschnittlich 71 % zu. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Ventilationsuntersuchungen
war auch in der Perfusionsstudie bei Patient 5 eine Abnahme der Radioaktivitäts-Deposition
nach Stentimplantation zu messen (Tab. [3 ], Abb. [7 ]). Im Vergleich der Veränderungen von Ventilations- und Perfusionszuwachs wurde eine
positive Korrelation von r = 0,77 berechnet.
Abb. 6 Anteriore Projektionen der Ventilations- (oben) und Perfusionsszintigraphie (unten)
eines Patienten mit subtotalem Verschluß des linken Hauptbronchus einen Tag vor (pre)
und sieben Tage nach (post) Implantation eines Nitinol-Stents. Es zeigt sich nach
Intervention eine korrespondierende Verbesserung in beiden Radionuklidstudien.
Abb. 7 Ventilation und Perfusion der erkrankten Lungenseite vor und nach Stentimplantation.
Die Resultate der 14 Studienpatienten vor und nach Intervention sind dargestellt als
Mittelwerte ± SEM. Die Ventilation und Perfusion der nicht betroffenen Lunge wurde
als Referenzwert (100 %) eingesetzt.
Tab. 3 Quantitative Analyse von Ventilations- und Perfusionsszintigraphie über der erkrankten
Lungenseite vor und nach Stentimplantation.
Patient Nr.
Perfusion vor Stent (%)
Perfusion nach Stent (%)
Ventilation vor Stent (%)
Ventilation nach Stent (%)
1
19
27
28
38
2
7
26
1
53
3
11
24
1
24
4
18
78
1
83
5
40
37
84
65
6
43
76
70
88
7
41
48
56
72
8
59
71
52
69
9
47
62
76
95
10
22
30
17
36
11
19
25
30
33
12
25
32
33
35
13
23
41
66
67
14
1
67
1
89
MW ± SEM
27 ± 4
46 ± 5**
37 ± 8
61 ± 6*
*: p < 0,05; **: p < 0,01
Diskussion
Diskussion
In dieser Studie konnte mittels V/Q-Szintigraphie gezeigt werden, daß bei Patienten
mit malignen Stenosen der zentralen Atemwege eine endobronchiale Stentimplantation
zu einer Verbesserung der Ventilations- und Perfusionsverhältnisse und konsekutiv
zu einem verbesserten Gasaustausch führt.
Die Indikation für eine endobronchiale Stentimplantation besteht bei hochgradigen
Stenosen der großen Atemwege, die durch extraluminales oder endobronchiales Tumorwachstum
verursacht sind [[2 ], [12 ], [24 ]]. In den meisten Fällen führt die Stentimplantation innerhalb kurzer Zeit zu einer
deutlichen Reduktion der Stenosekomponente und somit zu einer sofortigen Besserung
der Dyspnoe des Patienten. In ähnlicher Weise kann je nach Tumorart eine Laserbehandlung
oder, mit zeitlicher Verzögerung, eine Chemo- oder Strahlentherapie durch Gewebsreduktion
und Dekompression von Bronchien und Blutgefäßen zu einer Verringerung der Gasaustauschstörung
beitragen [[17 ], [25 ]]. Als Ursache eines verbesserten Gasaustausches wird ein erhöhter Blutfluß nach
Behebung regionaler, reflektorisch bedingter Minderperfusionen angenommen [[2 ]]. Eine Verbesserung der Ventilation innerhalb eines komplett oder teilweise verschlossenen
Lungenabschnittes kann selten auch ohne Verbesserung des Gasaustausches eintreten,
wenn die Rekanalisierung nicht von einer Zunahme der pulmonal-arteriellen Durchblutung
begleitet wird [[17 ]]. Dieser dann ausbleibende Erfolg ist als Folge der Kompression oder Infiltration
arterieller oder venöser Blutgefäße durch die Tumorausdehnung zu verstehen, was sich
in vielen Fällen nicht anhand radiologischer Verfahren vorhersagen läßt [[15 ]]. Bei bis zu einem Drittel der Patienten mit bronchogenen Karzinomen ist das radiologische
Erscheinungsbild des Tumors irreführend, und es werden unerwartete Perfusionsstörungen
gefunden [[26 ]]. Im ungünstigsten Fall könnte somit eine Wiederherstellung des Bronchiallumens
lediglich zu einer Totraumventilation oder einer Erhöhung des Shuntvolumens in dem
entsprechenden Areal führen und nicht eine Verbesserung des arteriellen Sauerstoff-Partialdrucks
bewirken [[27 ]]. Um zu untersuchen, ob derartige funktionelle Mißverhältnisse zwischen Ventilation
und Perfusion durch die endobronchiale Stentimplantation zu erwarten sind, wurden
quantitative V/Q-Szintigraphien und Lungenfunktionsuntersuchungen 24 Stunden vor und
eine Woche nach Stentimplantation durchgeführt.
Wenngleich die Szintigraphie keine Daten hinsichtlich der Absolutwerte von Ventilation
und Perfusion liefern kann, so kann doch durch die Technik der seriellen Bildaufzeichnung
ein Maß für relative Änderungen im Ausmaß der funktionellen Störung berechnet werden
[[28 ]]. Mit dieser Methodik wurde gezeigt, daß die endobronchiale Stentimplantation nicht
nur zu einer signifikanten Verbesserung der relativen Ventilationsverteilung führt,
sondern - mit einer Ausnahme - auch einen Anstieg der Perfusionsanteile innerhalb
der betroffenen Lungenareale zur Folge hat, unabhängig vom initialen Ausmaß der tumorbedingten
Bronchuseinengung. Nur bei einem Patienten führte ein rasch wachsender Tumor innerhalb
kurzer Zeit zu einer Penetration der Stentmaschen mit Sekretretention und einer klinischen
Verschlechterung des körperlichen Zustandes. Szintigraphisch zeigte sich bei diesem
Patienten eine verminderte Tracer-Deposition sowohl in der Ventilations- als auch
in der Perfusionsstudie. Alle übrigen Patienten wiesen nach der Stentimplantation
trotz der chronischen tumorösen Veränderungen ihrer betroffenen Lungenabschnitte szintigraphisch
eine konkordante Verbesserung von Ventilation und Perfusion auf. Ähnliche Ergebnisse
wurden 2 bis 4 Tage nach Laserreduktion von bronchialen Karzinomen beschrieben. Bei
diesen Patienten verbesserte sich jedoch die Ventilation stärker als die Perfusion
und die Änderungen im Gasaustausch waren nicht signifikant [[27 ]].
Im Gegensatz dazu wurden in dieser Studie die übereinstimmenden Verbesserungen von
Ventilation und Perfusion durch signifikante Verbesserungen in Lungenfunktionsparametern
ergänzt. Eine signifikante Verbesserung dieser Meßwerte war eng verbunden mit dem
Erfolg der Stentimplantation, abschätzbar durch die Radionuklid-Szintigraphie und
die Bestimmung des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks. Lediglich bei einem Patienten
zeigte sich eine Diskrepanz zwischen den szintigraphischen Daten und den Parametern
des Gasaustausches.
Schlußfolgerung
Schlußfolgerung
Diese Studie zeigt mit Hilfe von V/Q-Szintigraphie und Lungenfunktionsanalyse, daß
die endobronchiale Stentimplantation zur Behandlung von stenosierenden, zentral gelegenen
Tumoren eine effiziente Methode darstellt und auch zu einer Gesamtverbesserung des
relativen pulmonalen Blutflusses, der Lungenfunktionsparameter und des Gasaustausches
führt. Auch nach Rekanalisierung kompletter Bronchusverschlüsse geht die Abnahme der
alveolären Hypoxie mit einer Zunahme der regionalen Perfusion einher. Sowohl die ventilations-
als auch die perfusionsszintigraphischen Ergebnisse bestätigen übereinstimmend die
Effektivität der endobronchialen Stentimplantation und liefern klare Hinweise, daß
eine Wiedereröffnung eines tumorverschlossenen Bronchus wahrscheinlich nicht die Schaffung
einer Totraumventilation begünstigt. Weitere Studien sind erforderlich, um das Zeitfenster
der funktionell effektiven Bronchiallumen-Rekonstruktion zu erfassen.
Danksagung
Danksagung
Wir danken Frau Gitti Dzewas für die hervorragende technische Assistenz bei der Durchführung
der Szintigraphien und Frau Dr. Claire Duvernoy, Division of Cardiology, Department
of Internal Medicine, University of Michigan, Ann Arbor, MI für die Durchsicht des
englischen Manuskriptes.