Einleitung
Trichomonaden können in seltenen Fällen zu Infektionen der Atemorgane führen. Die pulmonale Trichomoniasis manifestiert sich klinisch als Infiltrat, Lungenabszeß oder Pleuraerguß/-empyem [[1 ]
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[9 ]]. Systematische Untersuchungen zur Inzidenz dieses seltenen Krankheitsbildes liegen nicht vor. Die überwiegende Mehrheit der publizierten Fälle klinisch relevanter pulmonaler Infektionen mit Trichomonaden trat bei Immunsupprimierten (Akoholismus, Karzinome) oder bei Bronchiektasen auf [[1 ], [6 ]]. Trotz systematischer Suche fanden sich in der deutschsprachigen Literatur keine Hinweise auf diese Protozoenerkrankung im Bereich der Atemwege. Vereinzelte Fälle wurden aus verschiedenen geographischen Gebieten berichtet, eine größere Anzahl von Fällen (19 von 112 Patienten, 17 %) wurden in einer russischen Studie zusammengetragen [[1 ], [10 ]]. Im Gegensatz zur genitourethralen Trichomoniasis ist der Erreger der pulmonalen Affektion in der Regel nicht Trichomonas vaginalis. Die Infektion wird überwiegend durch Trichomonas tenax hervorgerufen [[1 ], [3 ]]. Dieser Erreger kommt als harmloser Saprophyt in der Mundhöhle vor. Eine Assoziation von Infektion und mangelnder enoraler Hygiene wurde wiederholt beschrieben [[11 ], [12 ]].
Fallbericht
Eine 45jährige Frau stellte sich beim Hausarzt wegen zunehmendem trockenen Husten, Belastungsdyspnoe und Abgeschlagenheit vor. Die Patientin war beruflich auf einer Intensivstation in einer oberbayerischen Kleinstadt tätig, war nie im Ausland gewesen, Nichtraucherin und gab einen maßvollen Alkoholkonsum an. Ihre Mundhygiene war gut, sie war regelmäßig beim Zahnarzt gewesen. Medikamente, die das Immmunsystem beeinträchtigen, wurden nicht eingenommen. Aus der Vorgeschichte ist erwähnenswert, daß die Patientin vor ca. 20 Jahren eine Sarkoidose der Lunge durchgemacht hatte, die nachfolgend ohne Therapie asymptomatisch verlaufen war. Weitere Erkrankungen der Lunge oder extrapulmonale Erkrankungen wurden nicht angegeben. Aufgrund einer Progredienz der Beschwerden wurde die Patientin an einen Pneumologen zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie überwiesen.
In der Lungenfunktion zeigte sich bodyplethysmographisch keine Restriktion (TLC 133 % Soll) und keine Obstruktion (Rtot 0.13 kPa*s/l, FEV1 95 % Soll). Nach Provokation mit 1,5 mg Histamin kam es zu einem Abfall des FEV1 von 95 % auf 71 % des Sollwertes als Ausdruck einer bronchialen Hyperreagibilität. Die Diffusionskapazität war nicht eingeschränkt (TLCO in mmol/min/kPa [single-breath] 100 % Soll).
Nachdem initial bereits eine Antibiose mit einem Breitspektrumpenicillin ohne Erfolg war und eine dreimonatige inhalative antientzündliche und bronchodilatorische Therapie zu keiner Besserung der Symptomatik, bei unverändertem Röntgenbefund, führte, wurde eine bronchoalveoläre Lavage unter dem Verdacht auf ein Rezidiv der Sarkoidose durchgeführt.
Abb. 1 Trophozoiten von Trichomonas tenax im zytologischen Präparat (May-Grünwald-Giemsa-Färbung) der BAL
a) Trophozoiten (Pfeil) mit respiratorischem Epithel
b) Trophozoiten (Pfeil) mit Alveolarmakrophage
c) Alveolarmakrophagen, Trophozoiten (Pfeil) in einem Bakterienhaufen
Therapie und Verlauf
Metronidazol, 3 × 400 mg oral per die, über 40 Tage verabreicht, führte zur vollständigen Beschwerdefreiheit der Patientin und zur Normalisierung der erhöhten ACE-Spiegel im Serum. Nach Absetzen der Therapie blieb die Patientin rezidivfrei über nunmehr 12 Monate.
Diskussion
Die Diagnose dieser seltenen Protozoenerkrankung der Atemwege wurde im vorliegenden Fall neben dem klinischen Verlauf durch die bronchoalveoläre Lavage erbracht, die den direkten morphologischen Erregernachweis ermöglichte. Der klinische Verlauf war nach 6monatigen Beschwerden durch ein promptes Ansprechen, sowie Rezidivfreiheit nach antiparasitärer Therapie gekennzeichnet. Die klinischen Manifestationen der pulmonalen Trichomoniasis reichen von Zeichen der Hyperreagibilität bis zu radiologisch nachweisbaren Infiltraten und Ergüssen und sind somit von anderen bronchopulmonalen Infekten nicht zu unterscheiden. Laborchemisch zeigt sich häufig eine Eosinophilie, die differentialdiagnostisch an ein exogen-allergisches Asthma bronchiale denken läßt, aber im vorliegenden Fall nicht nachweisbar war [[2 ]]. In den seit 1942 beschriebenen Fällen lag zumeist eine pulmonale Grunderkrankung sowie eine Beeinträchtigung des Immunsystems (z. B. Bronchialkarzinom, Lungenabszeß, Bronchiektasen) vor [[1 ]
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[9 ]]. Die Pathogenität der Erreger, d. h. Trichomonas tenax, ist bei immunkompetenten Patienten unklar, über chronische Tonsillitis [[12 ]] und Befall einer Speicheldrüse wurde berichtet [[13 ]]. Eine Assoziation mit erhöhten ACE-Spiegeln im Serum oder Granulombildung ist aus der englischsprachigen Literatur nicht bekannt. Die Infektion erfolgt in der Regel durch Aspiration von Schleim mit Trichomonaden, die als harmlose Kommensalen die Mundhöhle besiedeln. Die enorale Besiedelung ist in der Regel nicht häufig und wird in der Literatur zwischen 4 und bis zu 53 % angegeben [[1 ], [14 ], [15 ]]. Trichomonadeninfektionen der Atemwege wurden als Einzelfälle beschrieben, eine größere Population mit pulmonaler Infektion wurde bisher lediglich aus Rußland (19 Fälle) berichtet [[10 ]]. Im Vergleich zu den bekannten Fällen wies die Patientin keine der angeführten Risikofaktoren auf.
Der Nachweis einer Trichomoniasis der tiefen Atemwege kann grundsätzlich durch Sputumuntersuchungen geführt werden, allerdings mit eingeschränkter klinischer Wertigkeit. Die bronchoalveoläre Lavage erbrachte im vorliegenden Fall den Nachweis der Trichomonaden. Der Erregernachweis gemeinsam mit der Chronizität und dem klinischen Ansprechen der antiparasitären Therapie bestätigte indirekt die Diagnose der pulmonalen Trichomoniasis. Serologische Untersuchungen sind aufgrund der Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Trichomonas-Arten und der hohen Prävalenz der urogenitalen Trichomoniasis ohne diagnostischen Wert. Therapeutisches Mittel der Wahl ist Metronidazol.
Die pulmonale Trichomoniasis ist eine äußerst seltene Ursache bronchopulmonaler Infektionen, die möglicherweise zu selten diagnostiziert wird, da das Schrifttum nur spärliche Hinweise liefert. Der Krankheitsverlauf bei unserer Patientin verdeutlicht, daß es sich wahrscheinlich nicht um eine simple Kontamination, sondern um eine klinisch relevante Infektion mit Trichomonaden gehandelt hat. Wie häufig in der Medizin muß der endgültige Beweis der Kausalität letztlich offen bleiben.