Strahlenrisiken durch Röntgenuntersuchungen zur Altersschätzung im Strafverfahren

Zusammenfassung.

Ziel: Für gerichtliche Zwecke wird zur Altersschätzung im Allgemeinen eine Röntgenuntersuchung der linken Hand oder eine Panorama-Schichtaufnahme des Gebisses angefordert. An zwei Beispielen wird das prinzipielle Vorgehen bei der Abschätzung der Strahlenrisiken demonstriert, die mit den genannten Röntgenuntersuchungen verbunden sind. Methode: Auf der Basis der Risiko-Koeffizienten nach ICRP und unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Massenanteile von strahlenexponiertem Anteil zum gesamten Organ wurden Mortalitätsrisiken berechnet. Für die Röntgenaufnahme einer Hand wurde eine Strahlendosis von 0,15 mGy zugrunde gelegt. Bei der Panorama-Schichtaufnahme wurde von folgenden Dosen ausgegangen: Knochenoberfläche und rotes Knochenmark 0,25 mGy, Haut im Nackenbereich 0,56 mGy, Schilddrüse 0,053 mGy. Ergebnisse: Für die Röntgenaufnahme einer Hand ergab sich ein Mortalitätsrisiko von 5,1 · 10^-8 und für eine Panorama-Schichtaufnahme von 1,8 · 10^-7. Zur Veranschaulichung wurde abgeschätzt, dass diese Risiken vergleichbar sind mit den Mortalitätsrisiken, denen man bei Teilnahme am Straßenverkehr während knapp einer Stunde bzw. während 2¹/₂ Stunden ausgesetzt ist. Schlussfolgerung: Die Strahlenrisiken der betrachteten Röntgenuntersuchungen sind somit von gleicher Größenordnung wie das Risiko, dem die untersuchte Person auf dem Weg zur Untersuchung oder zum Gerichtstermin ausgesetzt ist. Allerdings bedürfen die prinzipielle Anwendbarkeit und die Grenzen der radiologischen Methoden zur Altersschätzung einer intensiven Diskussion.

Radiation risk associated with radiological procedures for age estimation for forensic purposes.

Aim: Age estimation for forensic purposes is, in general, based on a radiogram of the left hand or an orthopantomogram of the teeth. Two examples are given exemplifying the principal procedure that may be applied for estimating the radiation risks associated with the radiological examinations considered. Method: Mortality risks were calculated using the risk coefficients of ICRP and the mass ratio of radiation-exposed portion to total organ. For a radiogram of the hand, a radiation dose of 0.15 mGy was adopted. For an orthopantomogram the following doses were used: bone surface and red bone marrow 0.25 mGy, skin on the neck 0.56 mGy, thyroid gland 0.053 mGy. Results: Mortality risks obtained were 5.1 · 10^-8 for a radiogram of the hand and 1.8 · 10^-7 for an orthopantomogram. For comparison, it was estimated that the calculated risks might be equivalent to the mortality risks associated with public road traffic during less than one hour or about 2.5 hours, respectively. Conclusions: The calculated radiation risks are of a similar order of magnitude as are the risks the respective person is exposed to on the way to the medical examination or to the court. However, the applicability and the limits of the radiological procedures applied for age estimation require extensive and critical discussion.

Strahlenrisiko - Handröntgen - Orthopantomogramm - Altersabschätzung

Radiation risks - Radiogram of hand - Orthopantomogram - Age estimation

Literatur

• 1 ICRP Recommendations of the International Commission on Radiological Protection.  ICRP Publication 60. Pergamon Press Oxford; 1991
• 2 Jung H. Die Risiken der Röntgendiagnostik.  Röntgenstrahlen. 1991;  66 46-53
• 3 Jung H. Strahlenrisiken.  In: Ewen, K. (Hrsg) Moderne Bildgebung. Thieme Stuttgart; 1998: 24-44
• 4 NRPB Estimates of late radiation risks to the UK population. Documents of the NRPB 1993 4: 66
• 5 Reinhardt G, Zink P, Lippert H-D. Röntgenuntersuchungen am lebenden Menschen im Strafverfahren. Zur Frage der Zulässigkeit nach RöV und StPO.  Medizinrecht. 1985;  Heft 4 155-157