Pneumologie 2000; 54(6): 222-224
DOI: 10.1055/s-2000-3823
STANDPUNKT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Behandlung der Pulmonal Arteriellen Hypertonie

H. Olschewski, W. Seeger
  • Ambulanz für Pulmonale Hypertonie, Medizinische Klinik II, Justus-Liebig-Universität, Giessen
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Dr H Olschewski

Ambulanz für Pulmonale Hypertonie Medizinische Klinik II Justus-Liebig-Universität

35392 Gießen

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Publication Date:
31 December 2000 (online)

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Deutschland gehört zu den wenigen hoch technisierten Ländern, die ihren Patienten mit pulmonaler Hypertonie keine zugelassene Therapie anbieten können. Im Gegensatz dazu haben Länder wie Österreich, Frankreich, Holland, Belgien und Italien in Analogie zu den USA intravenöses Prostacyclin zur Therapie zugelassen. Im Unterschied zu den USA, wo die Zulassung mit erheblichen Auflagen an den Arzneimittelhersteller erfolgt ist, wurden in Europa nicht so strenge Auflagen gemacht. Das hatte unter anderem zur Folge, dass der Medikamentenpreis in Europa unvergleichlich höher liegt. Wo die Zulassung besteht, ergeben sich teilweise schon heute Probleme durch die enormen Kosten, die im Laufe der Therapie entstehen. Zu Beginn der Therapie müssen Medikamentenkosten von DM 600.- pro Tag kalkuliert werden, nach 2 - 3 Jahren muss aber mit einer 10-fach höheren Dosis entsprechend Therapiekosten von DM 6000.- pro Tag gerechnet werden. In Deutschland werden die meisten Patienten gegenwärtig mit inhaliertem Iloprost, einem stabilen Analogon von Prostacyclin, behandelt, welches von Seiten der Risiken, Nebenwirkungen und Kosten erhebliche Vorteile gegenüber intravenösem Prostacyclin aufweist. Gleichzeitig laufen kontrollierte Studien zur Prüfung der Effektivität und Tolerabilität dieser Therapie, welche aber in frühestens 18 Monaten abgeschlossen sind. In dieser Situation sind die spezialisierten Zentren und Kostenträger zu einer intensiven Diskussion über ein rationales Vorgehen verpflichtet, welches den therapiebedürftigen Patienten gerecht wird.

Die Pulmonal Arterielle Hypertonie (PAH) ist ein neu definiertes Krankheitsbild, das die Primäre Pulmonale Hypertonie (unbekannter Auslöser) und ähnliche Krankheitsbilder mit bekanntem Auslöser (Appetitzügler, Kollagenosen, HIV-Infektion, Portale Hypertension, kardiale Shuntvitien) beinhaltet. Diese Erkrankungen können nach dem aktuellen Stand der Forschung alle mehr oder weniger effektiv mit Prostanoiden behandelt werden. Diese Medikamente neigen allerdings zu schweren systemischen Nebenwirkungen und lebensbedrohlichen Komplikationen und sind darüberhinaus sehr kostspielig.

Die Therapie der Pulmonal Arteriellen Hypertonie richtet sich zunächst gegen die Grundkrankheit (sofern vorhanden), beispielsweise mittels Tripeltherapie der HIV-Erkrankung. Mögliche Auslösefaktoren (Appetitzügler, Hormonpräparate) und vasokonstriktive Medikamente (Alpha-Agonisten, Beta-Blocker) müssen möglichst abgesetzt werden. Für alle Patienten mit fortgeschrittener Rechtsherzinsuffizienz gilt das Gebot der körperlichen Schonung und alle sollten antikoaguliert werden (Ziel INR 1,5 bis 2,0), sofern keine Kontraindikationen vorhanden sind. Sofern der zentralvenöse Druck erhöht ist, werden Diuretika notwendig. Manche Patienten profitieren von Digitalispräparaten, insbesondere wenn intermittierendes oder chronisches Vorhofflimmern vorliegt.

Bei der PAH aber auch bei der Lungenfibrose und der chronischen Lungenembolie kann die pulmonale Vasokonstriktion das herausragende Merkmal der Krankheit sein. Die entsprechenden Patienten reagieren auf eine gefäßrelaxierende Substanz mit einer ausgeprägten pulmonalen Vasodilatation und haben eine gute Chance, unter einer lebenslangen, hochdosierten Therapie mit Calciumantagonisten ein fast normales Leben zu führen. Eine Verbesserung der Mortalität wurde allerdings bisher nur für die PPH selbst gezeigt [[16]]. Bei den Lungenfibrosen und chronischen Lungenembolien muss häufiger mit Problemen durch vermehrten Shuntfluss oder Ventilations-Perfusions-Verteilungsstörungen gerechnet werden. Aber selbst von den PPH-Patienten kann nur ein relativ kleiner Teil (ca. 10 - 20 %) langfristig erfolgreich mit hochdosierten Calciumantagonisten behandelt werden. Die anderen profitieren nicht von dieser Therapie und können stattdessen schwere, zuweilen auch lebensbedrohliche Nebenwirkungen erleiden. In den letzten Jahren ist bei der Identifizierung der idealen Kandidaten für die Therapie mit Calciumantagonisten ein erheblicher Fortschritt erzielt worden. Eine Testung der pulmonalen Vasoreaktivität mit inhaliertem Stickoxid (NO) erlaubt nämlich die Vorhersage, ob ein Patient auf Calciumantagonisten ansprechen wird [[19]]. Inhaliertes NO ist ein pulmonal selektiver Vasodilatator und die Testung ist deshalb nicht von systemischen Nebenwirkungen und Risiken belastet. Offensichtlich werden alle Patienten, die auf Calciumantagonisten ansprechen, sicher durch den NO-Test identifiziert. Verschiedentlich wurde auch eine Langzeittherapie mit inhaliertem NO angewendet [[3]], aber das Risiko der überschießenden Vasokonstriktion bei versehentlicher Unterbrechung der Therapie, unabsehbare toxikologische Gefahren und Schwierigkeiten in der Praktikabilität dieser Therapie schränken den klinischen Nutzen von inhalativem NO gegenwärtig erheblich ein.

Die kontinuierliche Infusion mit Prostacyclin (Prostaglandin I2), bewirkt eine Verbesserung der Mortalität, der körperlichen Belastbarkeit und der Hämodynamik bei PPH [[1], [2], [9]] und wurde 1995 in den USA zur Therapie der PPH im NYHA Stadium III und IV zugelassen. Bei der Anwendung dieser Therapie bestehen große Unterschiede zwischen Europa und den USA und sogar zwischen den einzelnen amerikanischen Zentren, wie eine aktuelle Publikation zeigt [[17]]. Es ist aber unbestritten, dass diese Therapie bereits erheblichen Einfluss auf die Indikationsstellung zur Lungentransplantation genommen hat, indem viele Patienten aufgrund einer erfolgreichen medikamentösen Therapie von der Transplantationsliste zurückgenommen wurden [[4]]. Prostacyclin wird bereits seit 1980 in England klinisch eingesetzt [[23]] und die längste Erfahrung mit dieser Therapie liegt bei Prof. Higenbottam, der in letzter Zeit auch Iloprost, das stabile Analogon von Prostacyclin, zur intravenösen Therapie verwendet [[7]]. In einer aktuellen Analyse der Gruppe über die Langzeitergebnisse der Therapie stellte sich heraus, dass die Prostanoide nur bei solchen Patienten die Lebenserwartung verbesserten, die bei Therapiebeginn bereits Zeichen der rechtsventrikulären Dekompensation aufwiesen. Dagegen war bei Patienten, die noch kardial kompensiert waren (zentralvenöse Sauerstoffsättigung über 60 %) kein Therapieeffekt nachweisbar [[8]]. Das bedeutet, dass die lebensverlängernden Effekte der intravenösen Prostanoide ausschließlich auf die Rekompensation der rechtsventrikulären Funktion zurückzuführen waren und dass die unbestrittenen günstigen Effekte der Prostanoide auf die Lungengefäße durch die Komplikationen der Therapie zunichte gemacht wurden. Diese Komplikationen sind fast ausschließlich auf die intravenöse Applikation zurückzuführen und betreffen septische Ereignisse, katheterassoziierte Embolien und technisch bedingte Therapieunterbrechungen.

Auf der Suche nach alternativen Applikationswegen wurden orale Präparate [[10], [18]] und die subkuante Dauerinfusion über eine modifizierte Insulinpumpe angewendet. Zur Zeit liegen noch keine kontrollierten Daten zu diesen Verfahren vor. Es muss aber betont werden, dass es sich in beiden Fällen um systemische Applikationen handelt, die stets auch systemische Nebenwirkungen hervorrufen.

Zur Erzielung einer pulmonal selektiven Wirkung in den ventilierten Arealen der Lunge wurden inhalierte Prostanoide eingesetzt. Wir haben gezeigt, dass Patienten mit primärer und sekundärer pulmonaler Hypertonie während der Vernebelung mit Prostanoiden erheblich pulmonal vasodilatieren, begleitet von einem Abfall des pulmonal arteriellen Drucks und einem Anstieg des Herzzeitvolumens, ohne dass signifikante intrapulmonale Gasaustauschstörungen induziert werden [[11], [13]]. Diese Ergebnisse bestätigten die früheren Befunde an beatmeten Patienten mit ARDS [[15], [20], [21], [22], [24]] und anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen mit kritischer Störung von Gasaustausch und rechtsventrikulärer Funktion [[5], [6]]. In klinischen Situationen mit einem aussichtslos erscheinenden Kreislaufschock bei rechtsventrikulärer Dekompensation aufgrund einer PPH [[12]] und bei schwerer Lungenfibrose [[13]], die refraktär gegenüber einer maximalen konventionellen Therapie waren, ließ sich eine hervorragende Verbesserung der Hämodynamik und eine langfristige Rekompensation durch den Einsatz von wiederholten Inhalationen mit Iloprost erzielen. Bei einer Gruppe von 19 Patienten mit klinisch instabiler pulmonaler Hypertonie konnte eine signifikante Verbesserung der Belastbarkeit und der Hämodynamik statistisch nachgewiesen werden [[14]].

Zur Zeit laufen zwei zulassungsorientierte Studien, in denen inhalatives Iloprost geprüft wird. Diese Studien sind aber zeitlich begrenzt. Außerdem können prinzipiell nicht alle therapiebedürftigen Patienten in Studien eingeschlossen werden. In dieser Situation muss für die meisten Patienten ein individueller Weg zu einer ausreichenden Therapie gefunden werden. Wir sehen aufgrund der vorliegenden Erfahrungen und Studiendaten gute Gründe für die Annahme, dass die inhalative Therapie mit Iloprost derzeit die Therapie der ersten Wahl bei prostanoidpflichtigen Patienten darstellt. Nach unserem jetzigen Stufenschema ziehen wir die intravenöse Zufuhr von Prostanoiden (Iloprost, Prostacyclin) in das Behandlungskonzept ein, wenn es unter einer inhalativen Iloprost-Therapie zu einer Progression der pulmonalen Hypertonie kommt. Der endgültige Stellenwert der inhalativen Iloprost-Therapie kann erst nach Abschluss der multizentrischen Studien beurteilt werden.

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Literatur

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  • 13 Olschewski H, Ghofrani H A, Walmrath D, Schermuly R, Temmesfeld-Wollbrück B, Grimminger F, Seeger W. Inhaled prostacyclin and iloprost in severe pulmonary hypertension secondary to lung fibrosis.  Am J Respir Crit Care Med. 1999;  160 (2) 600-607
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Dr H Olschewski

Ambulanz für Pulmonale Hypertonie Medizinische Klinik II Justus-Liebig-Universität

35392 Gießen

#

Literatur

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