Einleitung
Einleitung
Der Tuberkulin-Hauttest stellt aktuell den diagnostischen Standard dar zur Identifizierung
von Patienten, die zwar eine Infektion mit M. tuberculosis aufweisen, aber nicht akut
an einer Tuberkulose erkrankt sind [[1], [2], [3]]. Patienten mit einer latenten Tuberkulose aufzudecken, ist eine entscheidende Strategie
in der Tuberkulose-Bekämpfung.
Internationaler Standard ist der intrakutane Tuberkulintest nach Mendel-Mantoux, wobei
ein genau abmessbares Quantum Tuberkulin strikt intradermal appliziert wird [[4]]. Der intrakutane Tuberkulintest wurde 1909 von F. Mendel in Deutschland und von
C. Mantoux in Frankreich eingeführt [[5], [6]]. Um die Spezifität des Tuberkulintestes zu verbessern, wurde das von Robert Koch
entwickelte Alttuberkulin 1934 von F. Seibert gereinigt und als Standard- und Referenztuberkulin
zur Verfügung gestellt [[7], [8]]. Das so gereinigte Tuberkulin wurde 1952 von der WHO als internationaler Standard
empfohlen (PPD-S, Purified Protein Derivative, Standard) [[9], [10]]. Nach Arbeiten von Furcolow und Palmer über die anzuwendende Tuberkulintestdosis
ergab sich übereinstimmend die Empfehlung, 5 Einheiten PPD-S Tuberkulin (5 Tuberkulin-Einheiten
= TE PPD-S) zu verwenden [[4], [11], [12]].
In bisher durchgeführten Studien wurde die Tuberkulinreaktivität in bestimmten Risikogruppen
untersucht, wie für HIV-Infizierte, i. v. Drogenabhängige und Bewohner von Pflegeheimen
[[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]]. Die vorliegende Arbeit untersucht die Tuberkulinreaktivität in einem pneumologischen
Patientenkollektiv eines innerstädtischen Akutkrankenhauses.
Patienten und Methodik
Patienten und Methodik
Die vorliegende, prospektive Untersuchung wurde über einen Zeitraum von anderthalb
Jahren von Juli 1998 bis Dezember 1999 bei 815 stationären Patienten einer pneumologischen
Abteilung eines Akutkrankenhauses durchgeführt. Zur Testung der Tuberkulin-Reaktivität
wurden 5 Einheiten PPD-S Tuberkulin intradermal nach der Mendel/Mantoux-Technik appliziert
(MM5-Test).
Alle stationären Patienten der pneumologischen Abteilung erhielten bei Aufnahme einen
MM5-Test. Ausgenommen wurden diejenigen Patienten, bei denen die zu erwartende Aufenthaltsdauer
zu kurz war, um Test und Ablesung durchführen zu können. Ebenfalls keinen MM5-Test
erhielten die Patienten, die mit gesicherter, aktiver Tuberkuloseinfektion eingewiesen
wurden oder bei denen eine Tuberkulose in der Vorgeschichte bekannt war, um nekrotische
Hautreaktionen zu vermeiden. Wiederholt stationäre Patienten wurden während des Studienzeitraums
nur einmal getestet.
Für die Tuberkulintestung wurden 0,1ml GT 10 Behring (entsprechend 5 Tuberkulineinheiten
PPD-S [[24]]) intradermal auf der volaren Seite des Unterarms injiziert. Die Ablesung des MM5-Testes
erfolgte nach 72 Stunden; gemessen wurde die Induration in Millimetern transvers zur
langen Achse des Unterarms. Die Interpretation des MM5-Testes erfolgte entsprechend
den Richtlinien der „American Thoracic Society” und des „Centers for Disease Control”
[[3]] nach der Größe der Induration in Millimetern und dem individuellen Risikoprofil
der Patienten (s. Tab. [1]). Zur Ermittlung des Risikoprofils der Patienten wurden Informationen über Alter,
Geschlecht, Kontakt zu Tuberkulosekranken und über den sozioökonomischen und immunologischen
Status erhoben.
Abb. 1Testergebnisse nach Größe der Induration in Millimetern in den einzelnen Diagnosegruppen
(Angaben in %).
Ergebnisse
Ergebnisse
Von insgesamt 815 im Studienzeitraum erstmals aufgenommenen Patienten erhielten 687
Patienten einen MM5-Test. Bei 118 Patienten war die zu erwartende Aufenthaltsdauer
zu kurz, um Test und Ablesung durchführen zu können. Bei 10 Patienten war entweder
eine Tuberkulose in der Vorgeschichte (5 Patienten) oder eine aktive Tuberkuloseinfektion
(5 Patienten) zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt, so dass kein MM5-Test durchgeführt
wurde. Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 697 Patienten, wobei die Auswertung
getrennt erfolgte für die Patienten mit der Diagnose Tuberkulose und die Patienten
mit anderen Diagnosen.
447 der 687 Patienten, die einen MM5-Test erhielten, waren Männer (65,1 %), 240 waren
Frauen (34,9 %). Das Alter lag im Mittel bei 64 Jahren, mit einem Minimum von 17 Jahren
und einem Maximum von 96 Jahren. Die genaue Altersverteilung ergibt sich aus Tab.
[2].
Von den 687 getesteten Patienten litten 45 Patienten (6,5 %) an einer Tuberkulose,
175 (25,5 %) an einer COPD, bei 89 Patienten (13 %) bestand eine Pneumonie, bei 231
(33,6 %) eine maligne Grunderkrankung mit Beteiligung der Lunge oder Pleura. Die übrigen
147 Patienten (21,4 %) litten an anderen Erkrankungen (s. Tab. [2]).
Bei insgesamt 687 durchgeführten MM5-Testen waren 238 Tuberkulinreaktionen (34,6 %)
als positiv und 449 Tuberkulinreaktionen (65,4 %) als negativ zu bewerten. Für die
Gruppe der Patienten mit der Diagnose Tuberkulose ergaben sich entsprechend 41 positive
Testreaktionen (91,1 %) und 4 negative Testreaktionen (8,9 %) (s. Tab. [3]). Für die anderen Diagnosegruppen (COPD, Pneumonie, Malignom, sonstige) fanden sich
zusammengefasst 197 positive Tests (30,7 %) und 445 negative Tests (69,3 %). Dabei
lagen die positiven Testraten in den einzelnen Diagnosegruppen zwischen 25,2 % (Sonstige)
und 34,6 % (Malignom) (s. Tab. [3]).
Unter den Patienten mit der Diagnose Tuberkulose waren 27 Männer (60 %) und 18 Frauen
(40 %), davon waren bei den Männern die Testergebnisse in 96,3 % positiv und bei den
Frauen in 83,3 % positiv. Für die Diagnosegruppen COPD, Pneumonie, Malignom und andere
Erkrankungen fanden sich zusammenfassend bei den Männern in 36 % und bei den Frauen
in 20,7 % positive Testergebnisse (s. Tab. [3]).
Die Aufteilung der Testergebnisse nach Größe der Induration in Millimetern in den
einzelnen Diagnosegruppen ist in Abb. [1] dargestellt. In der Gruppe der Tuberkulosekranken (45 Patienten) hatten 4 Patienten
einen Test der Größe 0 - 4 mm, 1 Patient einen Test der Größe 5 - 9 mm, 5 Patienten
einen Test der Größe 10 - 14 mm und 35 Patienten einen Test von 15 mm und größer.
Für die Diagnosegruppen COPD, Pneumonie, Malignom und sonstige Erkrankungen fanden
sich 387 Patienten (60,3 %) mit einer Induration von 0 - 4 mm Größe, 33 Patienten
(5,1 %) mit einer Induration von 5 - 9 mm, 41 Patienten (6,4 %) mit einer Induration
von 10 - 14 mm und 181 Patienten (28,2 %) mit einer Induration größer oder gleich
15 mm.
Die Größe der Induration des MM5-Testes in Abhängigkeit von Alter und Diagnose ist
in Abb. [2] und [3] dargestellt. In der Diagnosegruppe Tuberkulose waren 42,2 % der Patienten zwischen
40 und 59 Jahre alt, 26,7 % zwischen 20 und 39 Jahre, 17,8 % zwischen 60 und 79 Jahre,
die übrigen Patienten jünger als 20 oder älter als 80 Jahre. Einen MM5-Test von 15
mm und größer hatten in der Gruppe der unter 20-Jährigen 100 %, in der Gruppe 20 -
39 Jahre 83,3 %, in der Altersgruppe 40 - 59 Jahre 84,2 %, in der Gruppe 60 - 79 Jahre
62,5 % und bei den über 80-Jährigen 0 % (s. Abb. [2]).
In den Diagnosegruppen 2 - 5 (COPD, Pneumonie, Malignom und sonstige Erkrankungen)
waren 59,3 % der Patienten 60 - 79 Jahre alt, 23,7 % der Patienten 40 - 59 Jahre alt
und 10,9 % älter als 80 Jahre. Die übrigen Patienten waren jünger als 40 Jahre. Von
den unter 40-Jährigen hatten 71,7 % der Patienten einen MM5-Test kleiner als 5 mm,
bei den 40 - 59-Jährigen lag dieser Anteil bei 63,8 %. In der Gruppe der 60 - 79-Jährigen
lag das Testergebnis bei 53,8 % der Patienten unter 5 mm und bei 34,1 % der Patienten
bei 15 mm und darüber. Bei den über 80-Jährigen war der Test in 81,4 % der Fälle kleiner
5 mm (s. Abb. [3]). Bezogen auf die Reaktivität des MM5-Testes fand sich der größte Anteil positiver
Testergebnisse in der Gruppe der 60 - 79-Jährigen (36,7 %) und der größte Anteil negativer
Reaktionen bei den über 80-Jährigen (85,7 %) (s. Tab. [4]).
Auswertung der Diagnosegruppe Tuberkulose
Insgesamt fand sich bei 55 Patienten die Diagnose Tuberkulose, 33 der Patienten waren
Männer und 22 waren Frauen. Von diesen 55 Patienten litten 45 Patienten an einer aktiven
Tuberkulose, bei 10 Patienten wurde ein Z. n. Tuberkulose diagnostiziert ohne Hinweis
auf Reaktivierung.
Von den 45 Patienten mit aktiver Tuberkulose (25 Männer und 20 Frauen) erhielten 5
Patienten keinen MM5-Test (Tuberkulose bei Einweisung bereits gesichert oder alte
Tuberkulose mit Reaktivierung). 2 Patienten mit aktiver Tuberkulose hatten einen negativen
MM5-Test (0 - 4 mm), 1 Patient hatte einen MM5-Test von 5 - 9 mm, 4 Patienten zeigten
einen Test der Größe 10 - 14 mm und bei 33 Patienten war der Test größer oder gleich
15 mm. In 32 Fällen handelte es sich um eine Ersterkrankung (71 %), in 13 Fällen um
eine Reaktivierung (29 %). 35 Patienten hatten eine Lungentuberkulose, bei 5 Patienten
fand sich ein Befall der Lunge und der Pleura, 3 Patienten hatten eine Pleuritis tuberculosa
und 2 Patienten hatten andere Formen der Tuberkulose. Der kulturelle Nachweis von
Mycobacterium tuberculosis gelang in 30 Fällen.
Bei den Patienten mit Z. n. Tuberkulose ohne Hinweis auf Reaktivierung (8 Männer und
2 Frauen) hatten 2 Patienten einen negativen MM5-Test, bei 3 Patienten war der MM5-Test
positiv und bei 5 Patienten wurde der Test nicht durchgeführt.
Tab. 1Positivitätskriterien für den Tuberkulin-Hauttest nach den Richtlinien der „American
Thoracic Society” und des „Centers for Disease Control” [[3]]
Positivitäts-Kriterium |
Patientengruppe |
5 mm |
Patienten mit Röntgenbild vereinbar mit einer Tuberkulose, enger Kontakt zu Patienten
mit offener Tuberkulose, Patienten mit HIV-Infektion, Patienten mit zellulärem Immundefekt |
10 mm |
Personen aus einem Land mit hoher Tbc-Prävalenz, intravenöse Drogenabhängige, Wohnsitzlose,
Bewohner eines Altenheims oder Gefängnisses, Patienten mit Diabetes mellitus, Silikose,
M. Hodgkin oder terminaler Niereninsuffizienz |
15 mm |
Patienten ohne Risikofaktoren |
Tab. 2Alter, Geschlecht und Erkrankung des Patientenkollektivs
|
Anzahl Patienten |
(%) |
gesamt- Männer- Frauen |
687447240 |
10065,134,9 |
Altersgruppen (Jahre): |
|
|
< 20 |
5 |
0,7 |
20 - 39 |
50 |
7,3 |
40 - 59 |
171 |
24,9 |
60 - 79 |
389 |
56,6 |
> 80 |
72 |
10,5 |
Erkrankungen: |
|
|
Tuberkulose |
45 |
6,5 |
COPD |
175 |
25,5 |
Pneumonie |
89 |
13,0 |
maligne Erkrankung |
231 |
33,6 |
sonstige Erkrankungen |
147 |
21,4 |
Tab. 3Tuberkulin-Reaktivität in Abhängigkeit von Diagnose und Geschlecht bei 687 Patienten
MM5-Test |
positiv: Anzahl (%) |
negativ: Anzahl (%) |
|
gesamt |
♂ |
♀ |
gesamt |
♂ |
♀ |
alle Diagnosen |
238 (34,6) |
177 |
61 |
449 (65,4) |
270 |
179 |
Tuberkulose |
41 (91,1) |
26 |
15 |
4 (8,9) |
1 |
3 |
COPD |
52 (29,7) |
35 |
17 |
123 (70,3) |
68 |
55 |
Pneumonie |
28 (31,5) |
22 |
6 |
61 (68,5) |
41 |
20 |
Malignom |
80 (34,6) |
68 |
12 |
151 (65,4) |
107 |
44 |
sonstige |
37 (25,2) |
26 |
11 |
110 (74,8) |
53 |
57 |
Tab. 4Tuberkulin-Reaktivität in Abhängigkeit von Alter und Diagnose bei 687 Patienten
MM5-Test |
Patienten gesamt (%) |
MM5 positiv: Anzahl (%) |
MM5 negativ: Anzahl (%) |
Diagnose |
Tuberkulose |
COPD, Pneumonie,Malignom, sonstige |
Tuberkulose |
COPD, Pneumonie,Malignom, sonstige |
Tuberkulose |
COPD, Pneumonie, Malignom, sonstige |
Alter |
|
|
|
|
|
|
< 20 |
4 (8,9) |
1 (0,2) |
4 |
0 (0) |
0 |
1 (100) |
20 - 39 |
12 (26,7) |
38 (5,9) |
10 |
8 (21) |
2 |
30 (79) |
40 - 59 |
19 (42,2) |
152 (23,7) |
19 |
39 (25,7) |
0 |
113 (74,3) |
60 - 79 |
8 (17,8) |
381 (59,3) |
7 |
140 (36,7) |
1 |
241 (63,3) |
> 80 |
2 (4,4) |
70 (10,9) |
1 |
10 (14,3) |
1 |
60 (85,7) |
gesamt |
45 |
642 |
41 |
197 (30,7) |
4 |
445 (69,3) |
Abb. 2Testergebnisse nach Größe der Induration in Millimetern in den einzelnen Altersgruppen
für die Diagnosegruppe Tuberkulose (Anzahl).
Abb. 3Testergebnisse nach Größe der Induration in Millimetern in den einzelnen Altersgruppen
für die Diagnosegruppen COPD, Pneumonie, Malignom, sonstige (Angaben in %).
Diskussion
Diskussion
Die Studie zeigt eine hohe Prävalenz der Tuberkuloseinfektion bei Patienten, die einer
pneumologischen Abteilung eines innerstädtischen Akutkrankenhauses zugewiesen wurden.
Insgesamt hatten 36,2 % (252/697) der Patienten eine Tuberkuloseinfektion, 7,9 % (55/697)
hiervon waren an einer aktiven Tuberkulose erkrankt oder hatten eine alte Tuberkulose
in der Vorgeschichte. 30,7 % (197/642) der Untersuchten mit einer anderen Diagnose
als Tuberkulose wiesen einen positiven MM5-Test auf. Die Assoziation zwischen positivem
MM5-Test und männlichem Geschlecht sowie höherem Alter stimmt überein mit der bekannten
höheren Prävalenz der Tuberkulose bei älteren Menschen und bei Männern.
Untersuchungen zur Tuberkulinreaktivität in einem pneumologischen Patientenkollektiv
sind bisher nicht bekannt. Unterschiedliche epidemiologische und geografische Faktoren
schränken einen direkten Vergleich unserer Ergebnisse mit anderen Literaturdaten ein
[[25], [26], [27]]. Janis et al. [[19]] fanden bei einer Untersuchung von stationären Patienten einer internistischen Abteilung
in Maryland, U.S.A. eine Tuberkulinreaktivität von 29 % (103 von 351 Untersuchten).
12 % der Patienten waren an einer aktiven Tuberkulose erkrankt oder hatten eine Tuberkulose
in der Vorgeschichte und 20 % der Patienten mit anderer Diagnose zeigten einen positiven
MM5-Test.
Woeltje et al. [[20]] wiesen bei einem gemischten Patientenkollektiv einer Universitätsklinik eine Tuberkulose-Prävalenz
(positiver Tuberkulin-Hauttest oder bekannte, alte Tuberkulose) von 11,6 % nach, wobei
die Rate der anergen Patienten mit 33,7 % relativ hoch war. Unter Einschluss nur der
nicht anergen Patienten ergab sich eine Tuberkulose-Prävalenz von 19,4 %. Salomon
et al. [[21]] fanden eine Prävalenz der Tuberkuloseinfektion von 14 % in einem Kollektiv von
i. v. Drogenabhängigen in New York City. Für Obdachlose in Kansas City wurde eine
Prävalenz von 13,6 % ermittelt [[22]]. Eine hohe Prävalenz von 43,8 % Tuberkulin-Positivität wurde für Bewohner eines
Altersheims in China gefunden [[23]].
Auffällig bei der vorliegenden Untersuchung war die niedrige Durchseuchungsrate der
über 80-jährigen Patienten (15,3 % im Vergleich zu 36,2 % im Gesamtkollektiv). Dieses
ist am ehesten bedingt durch eine im Alter zunehmende Anergie. Während bei gesunden
Freiwilligen Anergieraten zwischen 1 % und 4 % gefunden wurden, lagen diese bei hospitalisierten
und in Altenheimen wohnenden Personen bei bis zu 30 % [[28], [29], [30]].
Bei den 40 getesteten Patienten mit aktiver Tuberkulose wiesen 38 einen positiven
MM5-Test auf. Die Sensitivität des Mendel-Mantoux-Tests für die aktive Tuberkulose
betrug somit 95 %. Dies steht in guter Übereinstimmung mit den Angaben in der Literatur
[[3], [4], [31]]. Zwei Patienten mit aktiver Tuberkulose hatten einen negativen MM5-Test. Für beide
Patienten wurde der Immunstatus mittels Multi-Merieux-Test überprüft. Dieser war in
beiden Fällen negativ, so dass die Patienten als anerg identifiziert wurden. Negative
MM5-Reaktionen bei an aktiver Tuberkulose Erkrankten können erklärt werden sowohl
durch unspezifische als auch (seltener) für Tuberkulin spezifische Anergie [[19], [32]]. Bei Patienten mit aktiver Tuberkulose wurden bis zu 20 % negative Testresultate
gefunden [[32]].
Eine Einschränkung der vorliegenden Untersuchung ist darin zu sehen, dass über die
Sensitivität der Tuberkulin-Hauttestung in Bezug auf eine latente Tuberkuloseinfektion
keine Aussage möglich ist. Um falschnegative Resultate aufzudecken, ist eine parallel
durchgeführte Testung des Immunstatus erforderlich, um anerge Patienten herauszufiltern.
Die erschwerte Interpretation des Tuberkulin-Hauttestes durch falschnegative und falschpositive
Ergebnisse ist bekannt [[3], [4]]. Faktoren, die zu falschnegativen Ergebnissen führen, sind Immundefekte, falsche
Handhabung des Tuberkulins und technische Fehler im Anlegen und Ablesen des MM5-Testes.
Falschpositive Ergebnisse werden verursacht durch Kreuzreaktionen mit nichttuberkulösen
Mykobakterien und, möglicherweise, durch Reaktionen auf Verunreinigungen in der Tuberkulin-Lösung.
Die vorliegende Untersuchung zeigt eine mit 36,2 % hohe Prävalenz der Tuberkulose-Infektion
in einem pneumologischen, hospitalisierten Patientenkollektiv. Der Tuberkulin-Hauttest
ist derzeit das einzig verfügbare diagnostische Mittel, um eine latente (nicht aktive)
Tuberkuloseinfektion nachzuweisen [[1], [2]]. Nach Aufgabe der Röntgenreihenuntersuchungen und der systematischen Tuberkulintestungen
in Deutschland ist die routinemäßige Testung im Krankenhaus eine praktikable Methode
zur Durchführung eines Tuberkulose-Screenings in einem definierten Patientenkollektiv,
hier Patienten einer pneumologischen Abteilung.
Der Nutzen eines Tuberkulose-Screenings liegt insbesondere darin, mit Hilfe des Tuberkulin-Hauttests
in der hier dargestellten Technik nach Mendel/Mantoux [[3]] die Patienten in einer Risikogruppe aufzudecken, die von der Therapie einer latenten
Tuberkulose profitieren würden [[1]]. Ein weiteres Argument für ein Routine-Screening im stationären Bereich ist die
Prävention des Ausbruchs und der Verbreitung nosokomialer, medikamenten-resistenter
Tuberkulose-Formen [[19]].
Der Nutzen einer Tuberkulin-Screening-Untersuchung bei Patienten, die einer Risikogruppe
mit erhöhter Tuberkulose-Prävalenz angehören, ist in der Literatur unumstritten [[3], [4], [19], [33], [34]]. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um den Nutzen eines routinemäßig durchgeführten
Tuberkulin-Screenings bei stationären Patienten in einer pneumologischen Abteilung
eines Akutkrankenhauses zu ermitteln.