Rofo 2000; 172(10): 847-848
DOI: 10.1055/s-2000-7897
DER INTERESSANTE FALL
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

MR-tomographische Abklärung vonAortenisthmusstenosen

M. Lorenzen1 , C. H. Lund1 , C. Beythien2 , P. Steiner1
  • 1 Abteilung Röntgendiagnostik
  • 2 Kardiologische Klinik, Univrsitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Table of Contents

Die Aortenisthmusstenose (Koarktation) ist eine isolierte Enge der Aorta in unmittelbarer Nachbarschaft zum Ductus arteriosus und hat eine Inzidenz von ca. 4 : 10 000 Neugeborenen. Sie ist oft mit anderen kongenitalen Herzfehlbildungen wie Aortenstenose, Ventrikelseptumdefekt und bikuspidaler Aortenklappe vergesellschaftet (Keck, Kardiologie, Urban & Schwarzenberg 1989: 155 - 157).

Während sich die juvenile Form der Aortenisthmusstenose bereits im frühen Säuglingsalter durch einen Rechts-Links-Shunt mit Zyanose der unteren Körperhälfte und Rechtsherzbelastung bzw. -insuffizienz bemerkbar macht, kommt es bei Patienten mit postduktaler Aortenisthmusstenose oft erst im jungen Erwachsenenalter zu Symptomen der arteriellen Hypertonie der oberen Körperhälfte bzw. Hypotonie der unteren Körperhälfte (Dees et al., Dtsch-Med-Wochenschrift 1999; 124 (45): 1329 -, 1334). Die Therapie der postduktalen wie auch der präduktalen Koarktation besteht in der operativen Stenosebeseitigung; unbehandelt versterben die Patienten meist an den Folgen des arteriellen Hypertonus im 30. - 35. LJ (Campbell et al., Brit Heart J 1956, 18: 475 - 495).

Im Folgenden berichten wir über zwei Patienten, bei denen im Rahmen einer Hypertonusabklärung eine hochgradige Aortenisthmusstenose bzw. Verschluss der Aorta thoracalis descendens als Zufallsbefund diagnostiziert und mittels Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) konklusiv abgeklärt wurde.

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Fallbericht

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Patient 1

In den Thoraxaufnahmen einer seit Jahren hypertensiven 44-jährigen Patientin, die über Cephalgien und Vertigo klagte, fiel ein aortal konfiguriertes links verbreitertes Herz mit Rippenusuren auf. Kardiologisch wurde die Patientin mittels Echokardiographie und konventioneller Angiographie abgeklärt. Zur Komplettierung der bildgebenden Diagnostik erfolgte eine MRT-Untersuchung (1,5 T; Magnetom Vision, Siemens, Erlangen) unter Verwendung der „Body-Array”-Spule. Angefertigt wurden transversale, koronale und schräg-sagittale atemangehaltene, EKG-getriggerte T1-gewichtete „black-blood” TSE-Sequenzen und eine transversale T2-gewichtete „black-blood” TSE-Sequenz in 7 mm Schichtdicke. Bei einer Matrix von 180 × 256 und einem FoV von 35 cm2 betrug die „in-plane”-Auflösung 1,9 × 1,4 mm.

Die TSE-Sequenzen zeigten den typischen Befund einer 85 % hämodynamisch relevanten postduktalen Koarktation. Bereits auf den transversalen Schichten waren kräftige Aa. thoracicae internae und bds. ausgeprägte periskapuläre arterielle Gefäße dargestellt.

Die anschließende schräg-sagittal durch den Aortenbogen platzierte, EKG-getriggerte, atemangehaltene CINE-Sequenz demonstrierte die Durchgängigkeit der Koarktation und wies die Lokalisation der maximalen Strömungsgeschwindigkeit als signalarmen, poststenotischen Jet auf (Abb. [1]). An dieser Stelle erfolgte die quantitative Flussmessung mittels geschwindigkeitskodierter Phasenkontrastangiographie. Der auf dem Boden der stenosegradadaptierten, vereinfachten Bernoulli-Gleichung errechnete Druckgradient von 54 mmHg entsprach in etwa dem invasiv gemessenen Druck (60 mmHg), wobei der stenosegradadaptierte k-Wert 4.6 betrug. Im Vergleich zu der üblichen vereinfachten Bernoulli Gleichung, die unabhängig vom Stenosegrad einen k-Wert von 4 definiert, hat sich gezeigt, dass eine Stenosenadaptation des Wertes die Genauigkeit des im MRT evaluierten Druckgradienten erhöht (Oshinski JN et al., J Am Coll Cardiol 1996; 28: 1818 - 1826). Der Druckgradient implizierte die Durchführung einer operativen Intervention. In unserer Klinik erfolgt dies ab einer Druckdifferenz von 30 mmHg. Abschließend erfolgte eine schräg sagittale, atemangehaltene, dynamische kontrastmittelunterstützte 3D-Turbo-Flash-Sequenz (TR/TE = 4, 6/1,8 ms, Flipwinkel = 30, Matrix 165 × 512, FoV 313 × 500, Schichtdicke 2 mm) 20 s und 40 s nach Start der i. v. Injektion (2,5 ml/s) mit transversalen Rekonstruktionen (Schichtdicke 1,7 mm) (Abb. [2]). Von beiden KM-Phasen wurden Maximum intensity projection (MIP) angefertigt.

Die transösophageale Echokardiographie (TEE) und Angiographie wiesen eine bicuspidale Aortenklappe nach und bestätigten die hochgradige Aortenstenose.

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Patient 2

Der 50-jährige Patient wurde seit 9 Jahren aufgrund eines arteriellen Hypertonus medikamentös therapiert. Vor einer geplanten Augenoperation wurden im konventionellen Röntgenthorax wegweisende Veränderungen für eine Koarktation diagnostiziert (Abb. [3]).

Die MRT-Untersuchung erfolgte nach o. a. Schema. MR-tomographisch zeigte sich ein Aneurysma der Aorta ascendens mit einer maximalen Lumenweite von 9 × 8 cm. Dieses erstreckte sich von unmittelbar distal der Aortenklappe auf einer Länge von 8 cm. Auch bei diesem Patienten lag eine ausgeprägte Kollateralisierung vor. Die kontrastmittelunterstützten Sequenzen demonstrierten einen kompletten Aortenverschluss und wiesen die hämodynamische Auswirkung nach (Abb. [4]).

Die TEE und Angiographie bestätigten das Aneurysma der Aorta ascendens sowie den Verschluss der Aorta descendens. Darüber hinaus gelang der Nachweis einer bicuspidalen Aortenklappe.

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Diskussion

Bei beiden Patienten ermöglichte die MRT eine synoptische, konklusive und komplette Abklärung der Gefäßerkrankung. Dies beinhaltete die Evaluation des Schweregrades der Stenose, der Kollateralverhältnisse sowie des Druckgradienten. Dabei erwies sich die Kombination aus TSE-, kontrastverstärkter 3D-GRE-, multiphasischer CINE- und geschwindigkeitskodierter Phasenkontrast-Sequenz als sinnvoll. Jede Sequenz steuerte wichtige, z. T. zusätzliche Informationen bei. Die prästenotische Dilatation war auf den TSE-Bildern adäquat visualisiert, während das Ausmaß der Stenose auf den CINE-Sequenzen exakter zur Darstellung kam. Dies entspricht bereits publizierten Erfahrungen (Riquelme C et al., Magn Reson Imag 1999; 17(1): 37 - 46). Bei beiden Patienten lieferte die CINE wegweisende Hinweise für die Differenzierung Stenose vs. Okklusion. Konnte beim ersten Patienten ein postobstruktiver Jet abgebildet werden, war beim zweiten eine Kontinuität des Blutflusses nicht nachweisbar. Die kontrastverstärkte 3D-GRE erlaubte eine hochauflösende, multiplanare Beurteilung der Kollateralversorgung. Auch bei unseren Patienten erwies sich die quantitative Druckgradientenbestimmung als im Vergleich zu den invasiven Methoden valide Alternative (Oshinski JN et al., J Am Coll Cardiol 1996; 28: 1818 - 1826).

Die Untersuchungsdauer der Patienten im MRT betrug knapp 30 Minuten, wobei diese Zeit weiter reduziert werden könnte, falls z. B. auf einzelne konventionelle TSE-Sequenzen verzichtet würde.

Eine Besonderheit stellt der bis ins hohe Alter unentdeckt gebliebene komplette Verschluss der Aorta dar. Dabei war die Ausprägung der multiplen, typischen Kollateralen bei beiden Patienten nur geringfügig unterschiedlich. Die überwiegende Kollateralversorgung lief in beiden Fällen sowohl über die Aa. subclaviae, Aa. mammariae internae und Aa. intercostales wie auch über periscapuläre Gefäßkonvolute.

Die Symptomfreiheit bei postduktalem Aortenverschluss und ausgeprägten Kollateralen deutet auf eine langsame Progredienz von der Aortenisthmusstenose zum Verschluss hin. Dabei ist das Vorliegen einer postduktalen Aortenisthmusstenose typisch, da eine präduktal lokalisierte Stenose (infantile Form) meist ein schweres Krankheitsbild darstellt, an dem bereits die Neugeborenen bzw. Säuglinge sterben. Für das Aneurysma der Aorta ascendens dürfte die Funktion als Kollateralgefäß in Kombination mit dem chronischen Hypertonus als ursächlich angesehen werden.

Zusammenfassend wird an diesem Fallbericht verdeutlicht, dass sich die MRI unter Einbeziehung der neuen, atemangehaltenen, z. T. quantitativen Sequenzen als bildgebende Methode zur konklusiven Abklärung der Koarktation eignet.

M. Lorenzen, C. H. Lund, C. Beythien, P. Steiner, Hamburg-Eppendorf

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Abb. 1Bildbeispiel der CINE-Sequenz mit schräg sagittaler Schichtführung, mit Darstellung einer Signalauslöschung in der Aorta ascendens im Sinne einer poststenotischen Blutflussverwirbelung.

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Abb. 2Schräg sagittales Quellbild der 3D-Turbo-Flash-Sequenz durch den Aortenbogen mit Darstellung der Aortenisthmusstenose und der kräftigen A. subclavia sin. (18 mm im Durchmesser), über die ein Teil der Kollateralversorgung läuft. Die Aorta thoracalis descendens zeigt beginnend auf Höhe der supraaortalen Gefäße eine konoide Verjüngung.

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Abb. 3Thoraxübersicht p. a. mit aortal konfiguriertem links verbreitertem Herz, aneurysmatischer Erweiterung der Aorta ascendens und Usuren der 4. - 8. Rippe bds.

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Abb. 4Sagittale MIP in einer früharteriellen Phase mit Darstellung des Aortenverschlusses. Nachweis einer deutlich höheren Signalintensität in der proximalen thorakalen Aorta gegenüber distal. In keiner Kontrastmittelphase ist eine Kontinuität zwischen proximaler und distaler Aorta descendens nachweisbar, gleichzeitig jedoch Darstellung des ausgeprägten Kollateralkreislaufes. Der posteriore Kollateralkreislauf wird vorwiegend über periskapuläre Gefäße versorgt, der anteriore über die Aa.mammariae internae und die Interkostalarterien.

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Abb. 1Bildbeispiel der CINE-Sequenz mit schräg sagittaler Schichtführung, mit Darstellung einer Signalauslöschung in der Aorta ascendens im Sinne einer poststenotischen Blutflussverwirbelung.

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Abb. 2Schräg sagittales Quellbild der 3D-Turbo-Flash-Sequenz durch den Aortenbogen mit Darstellung der Aortenisthmusstenose und der kräftigen A. subclavia sin. (18 mm im Durchmesser), über die ein Teil der Kollateralversorgung läuft. Die Aorta thoracalis descendens zeigt beginnend auf Höhe der supraaortalen Gefäße eine konoide Verjüngung.

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Abb. 3Thoraxübersicht p. a. mit aortal konfiguriertem links verbreitertem Herz, aneurysmatischer Erweiterung der Aorta ascendens und Usuren der 4. - 8. Rippe bds.

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Abb. 4Sagittale MIP in einer früharteriellen Phase mit Darstellung des Aortenverschlusses. Nachweis einer deutlich höheren Signalintensität in der proximalen thorakalen Aorta gegenüber distal. In keiner Kontrastmittelphase ist eine Kontinuität zwischen proximaler und distaler Aorta descendens nachweisbar, gleichzeitig jedoch Darstellung des ausgeprägten Kollateralkreislaufes. Der posteriore Kollateralkreislauf wird vorwiegend über periskapuläre Gefäße versorgt, der anteriore über die Aa.mammariae internae und die Interkostalarterien.